Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg:
Beschluss vom 13. September 1994
Aktenzeichen: 5 S 1754/94

(VGH Baden-Württemberg: Beschluss v. 13.09.1994, Az.: 5 S 1754/94)

1. Die Streitwertbeschwerde des Prozeßbevollmächtigten des im Ausgangsverfahren unterlegenen Klägers, mit der er eine Erhöhung des in erster Instanz bereits auf einer Höhe festgesetzten Streitwerts begehrt, auf dessen Grundlage ihm Gebühren zuständen, die über der Schuld des Klägers aus einer mit ihm getroffenen Honorarvereinbarung liegen, ist mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig, auch wenn der Prozeßbevollmächtigte den erstrebten (erhöhten) Streitwert zur Gebührenberechnung für ein weiteres, außergerichtliches Tätigwerden für den Kläger in gleicher Sache nutzen möchte.

2. Der Streitwert einer Klage auf Erteilung eines Bauvorbescheids, mit dem die Bebaubarkeit eines Grundstücks geklärt werden soll, bestimmt sich für den Fall, daß der klagende Bauherr nicht Eigentümer des Grundstücks ist, nicht nach der zu erwartenden Bodenwertsteigerung, sondern in Anlehnung an den "Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit" (DVBl 1991, 1240) nach 1/10 der Rohbaukostensumme des beabsichtigten Vorhabens, sofern der Bauherr sein wirtschaftliches Interesse an der Sache nicht in anderer Weise zur Überzeugung des Gerichts dartut.

Gründe

Die Beschwerde der Beschwerdeführer zu 2 ist unzulässig, die des Beschwerdeführers zu 1 zulässig, jedoch nicht begründet.

1. Die Beschwerdeführer zu 2 sind als Prozeßbevollmächtigte des Klägers (= Beschwerdeführer zu 1) im Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe zwar grundsätzlich nach § 9 Abs. 2 BRAGO befugt, gegen den Streitwertbeschluß des Verwaltungsgerichts Beschwerde in eigenem Namen einzulegen. Für ihr hier mit der Beschwerde verfolgtes Ziel, den durch das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit dem angefochtenen Beschluß vom 06.06.1994 auf DM 400.000,-- festgesetzten Streitwert für das Verfahren 1. Instanz auf 2,5 Millionen DM heraufzusetzen, fehlt jedoch ihnen die erforderliche Beschwer. Die Beschwerdeführer zu 2 haben mit dem Beschwerdeführer zu 1 unter dem 22.01.1992 für das Verwaltungsgerichtsverfahren 1. Instanz das mittlerweile durch Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 20.12.1993 rechtskräftig abgeschlossen ist, eine Honorarvereinbarung des Inhalts getroffen, daß der Beschwerdeführer zu 1 unabhängig vom Streitwert ein Pauschalhonorar zwischen DM 8.000,-- und DM 12.000,-- zuzüglich Auslagen und Mehrwertsteuer schuldet, dessen genaue Höhe innerhalb dieses Rahmens vom Prozeßbevollmächtigten - den Beschwerdeführern zu 2 - nach Abschluß des Verfahrens festgelegt werden darf. Es ist nicht erkennbar, welche Nachteile die Beschwerdeführer zu 2 durch die Festsetzung des Streitwerts in dem angefochtenen Beschluß auf DM 400.000,-- angesichts dieser Honorarvereinbarung erleiden. Die angestrebte Erhöhung des Streitwerts auf 2,5 Millionen DM für das verwaltungsgerichtliche Verfahren vermag ihnen keinen rechtlich erheblichen Vorteil zu verschaffen. Die Beschwerdeführer zu 2 verweisen in diesem Zusammenhang in ihrer Stellungnahme an das Verwaltungsgericht vom 25.04.1994 darauf, daß sie für den Beschwerdeführer zu 1 hinsichtlich des im Verwaltungsgerichtsverfahren streitgegenständlichen Grundstücks in außergerichtliche Verkaufsverhandlungen mit der Stadt eingetreten seien. Für diese außergerichtliche Tätigkeit hätten sie ihre gesetzlichen Gebühren auf der Grundlage eines Gegenstandswerts des Grundstücks in Höhe von 2,5 Millionen DM in Rechnung gestellt. Da der Beschwerdeführer zu 1 sich weigere, diese Gebühren zu zahlen, seien sie auf deren Durchsetzung in einem zivilgerichtlichen Verfahren angewiesen, für dessen Ausgang es entscheidend auf den Gegenstandswert des Grundstücks ankomme. Deshalb sei die Streitwertbeschwerde geboten gewesen. Dieser Argumentation vermag der Senat nicht zu folgen. Die Beschwerdeführer zu 2 räumen damit selbst ein, daß die angestrebte Streitwerterhöhung für sie ohne Interesse ist, soweit es um die Geltendmachung ihrer Gebühren aus dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe geht. Ein etwaiger mittelbarer Vorteil einer Streitwerterhöhung aus dem gerichtlichen Verfahren für ein weiteres gebührenpflichtiges Tätigwerden hinsichtlich desselben Grundstücks im außergerichtlichen Bereich kann jedoch offensichtlich nicht zur Durchführung einer Streitwertbeschwerde berechtigen. Sie ist der gesetzlich gegebene, jedoch auch ausschließlich hierauf beschränkte Rechtsbehelf, den für das jeweilige Gerichtsverfahren angemessenen Streitwert zu erstreiten. Er kann nicht ergriffen werden, soweit es um Gebühren geht, für die der Streitwert des jeweiligen Gerichtsverfahrens nicht aufgrund entsprechender Rechtsvorschriften als maßgeblich bestimmt ist (vgl. in diesem Sinne etwa §§ 8, 9 Abs. 1 BRAGO).

2. Die Beschwerde des in der Hauptsache als Kläger unterlegenen Beschwerdeführers zu 1 mit dem Ziel der Festsetzung eines Streitwerts in der vom Verwaltungsgericht ursprünglich angenommenen Höhe über DM 30.000,-- ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe in dem angefochtenen Beschluß vom 06.06.1994 den Streitwert für das verwaltungsgerichtliche Verfahren auf DM 400.000,-- festgesetzt.

Gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Die Bedeutung der Sache für den Kläger entspricht seinem objektiv zu beurteilenden Interesse an der erstrebten Entscheidung, d.h. den wirtschaftlichen oder sonstigen Auswirkungen, welche die begehrte Entscheidung für den Kläger hat. Nur wenn der bisherige Sach- und Streitstand hierfür keine genügenden Anhaltspunkte bietet, ist ein Auffangwert in Höhe von DM 6.000,--, für Verfahren, die nach dem 01.07.1994 begonnen haben, von DM 8.000,-- gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG anzusetzen.

Soll mit einer Bauvoranfrage die Bebaubarkeit eines Grundstücks geklärt werden, ist der Streitwert eines hierauf gerichteten Klageverfahrens nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg nach der durch die Feststellung der Bebaubarkeit zu erwartende Bodenwertsteigerung zu berechnen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluß vom 12.02.1992 - 3 S 3196/91 -; Beschluß vom 15.06.1990 - 8 S 995/90 -, Die Justiz 1991, 39; ebenso der "Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit", DVBl. 1991, 1240/1241, Stichwort: Bau- und Bodenrecht, Unterstichwort: Erteilung eines Bauvorbescheids, einer Teilungsgenehmigung). Von diesem Grundsatz kann im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden, da der Beschwerdeführer zu 1 bereits vor Klageerhebung nicht mehr Eigentümer des streitgegenständlichen Baugrundstücks war. Der wiedergegebenen Rechtsprechung zur Anknüpfung der Streitwertbestimmung an die zu erwartende Bodenwertsteigerung liegt erkennbar das wirtschaftliche Interesse des die Bauvoranfrage betreibenden Bauherrn zugrunde, der diese Wertsteigerung als Eigentümer des Grundstücks auch abschöpfen kann. Dies trifft im Falle des Beschwerdeführers nicht zu, worauf das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat. Dem können die Beschwerdeführer zu 2 nach Auffassung des Senats auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, das wirtschaftliche Interesse des Beschwerdeführers zu 1 am Ausgang des Klageverfahrens sei dem des Grundstückseigentümers gleichzustellen, da er sich ungeachtet mehrerer zwischenzeitlicher Eigentumsübergänge (so zunächst an die TI-Transfinanz AG in Basel, sodann später von dieser an eine Liechtensteinische Firma namens "Etablissement zum Grünen Glück") stets wie ein Eigentümer um die wirtschaftliche Verwertung des Grundstücks bemüht habe. Diese Behauptungen zu der wirtschaftlich einem Eigentümer gleichzusetzenden Stellung des Beschwerdeführers zu 1 sind von den Beschwerdeführern zu 2 nicht näher substantiiert; auch aus den Akten ergibt sich hierfür nichts.

Auf der anderen Seite spricht nichts dafür, daß der Beschwerdeführer zu 1 das Klageverfahren um die Erteilung eines Bauvorbescheids ohne jegliches wirtschaftliches Eigeninteresse durchgeführt hat. Seine Angaben zum eigenen wirtschaftlichen Interesse an dem erstrebten Bauvorbescheid in einer Größenordnung zwischen DM 30.000,-- und DM 50.000,--, wie er sie mit Schreiben vom 12.04.1994 gegenüber dem Verwaltungsgericht dargetan hat, entbehren jeder sachlichen Grundlage. Insbesondere haben sie auch nichts mit jenem Kaufpreis-"Nachschlag" zu tun, den er nach seinen Angaben von der Firma AG in beim Verkauf seines Grundstücks an diese im Jahre 1985 nach seinen Angaben zugesagt bekommen hat, für den Fall, daß das Grundstück zu einem günstigeren Preis (als seinerzeit DM 300.000,--) verkauft werden könnte; denn von dieser Firma TI-Transfinanz AG wurde das Grundstück in der Folgezeit zum "Einkaufspreis" nach Angaben des Beschwerdeführers zu 1 weiterverkauft, ohne daß er eine entsprechende verbindliche "Nachschlags"-Zusage von dem neuen Eigentümer bekommen hätte.

In einem solchen Fall, in dem der auf die Erteilung eines Bauvorbescheids klagende Kläger offenbar ein konkretes wirtschaftliches Interesse mit der Klage verfolgt, hierzu jedoch keine näheren Angaben macht, dieses Interesse auf der anderen Seite mangels Eigentümerstellung des Klägers aber auch nicht aus der erwarteten Bodenwertsteigerung errechnet werden kann, hält es der Senat in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht für angemessen, den Streitwert mit 1/10 der Rohbaukosten zu bestimmen. Dies entspricht dem auch sonst bei Baugenehmigungen (hier mit 1/5 der Rohbaukosten) und bei Bauvorbescheiden pauschaliert angenommenen Interesse des Bauherrn an der Erteilung der Baugenehmigung oder des Bauvorbescheids (vgl. "Streitwertkatalog" für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, a.a.O.). Auch in den genannten Fällen des Streits um die Erteilung einer Baugenehmigung muß der Bauherr nach dem einschlägigen Bauordnungsrecht der Länder nicht notwendig Eigentümer des Grundstücks sein, für das er die Erteilung der Genehmigung begehrt.

Weder der Beschwerdeführer zu 1 noch die Beschwerdeführer zu 2 haben auf den Hinweis des Verwaltungsgerichts vom 28.03.1994 hin Einwendungen gegen die vom Verwaltungsgericht darin angekündigte Annahme einer Rohbaukostensumme für das Bauvorhaben des Beschwerdeführers zu 1 in Höhe von DM 4 Millionen vorgebracht. Im Hinblick hierauf sieht auch der Senat keine Veranlassung, auf die Beschwerde des Beschwerdeführers zu 1 von diesem Ansatz abzuweichen. Sein mit der Beschwerde erstmals "fürsorglich" vorgebrachter Einwand, daß die Baukosten heute wieder bei dem Niveau von 1983 angelangt seien und die Rohbaukosten des mit dem Bauvorbescheid zur Entscheidung gestellten Projekts deshalb nach heutigen Konditionen allenfalls bei einem Betrag von DM 2 Millionen liegen würden, widerspricht jeder Lebenserfahrung. Zur Einholung eines Wertgutachtens durch einen Sachverständigen (vgl. § 26 GKG) sieht der Senat daher keinen Anlaß.

Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen, da ein unterlegener Teil im Sinne des § 154 Abs. 2 VwGO fehlt. Auch ist das Beschwerdeverfahren gebührenfrei (§ 25 Abs. 4 GKG), so daß eine Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren entbehrlich ist.

Der Beschluß ist unanfechtbar.






VGH Baden-Württemberg:
Beschluss v. 13.09.1994
Az: 5 S 1754/94


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