Landgericht Hamburg:
Urteil vom 18. Juli 2008
Aktenzeichen: 408 O 274/08
(LG Hamburg: Urteil v. 18.07.2008, Az.: 408 O 274/08)
Tenor
I.
1. Der Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000,€ Euro, Ordnungshaft höchstens zwei Jahre),zu unterlassen,
die Domain "w..de" zur Adressierung eines Internetangebotes zu nutzen, in dessen Rahmen Dritten die Möglichkeit geboten wird, Werbung für Waren und/oder Dienstleistungen zu betreiben.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von Euro 20.000,€ vorläufig vollstreckbar.
und beschließt:
Der Streitwert wird auf Euro 25.000,€ festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger verlangt vom Beklagten die Freigabe der Internetdomain "w..de" gegenüber der D., hilfsweise, die Domain zur Adressierung eines Internet-Angebots zu nutzen, in dessen Rahmen Dritten die Möglichkeit geboten wird, Werbung für Waren und/oder Dienstleistungen zu betreiben.
Der Kläger ist Träger des bürgerlichen Familiennamens "W.". Weiterhin ist er Inhaber der Wortmarke
w..de
mit Priorität vom 5. Januar 2004, eingetragen am 21. März 2007 für folgende Waren/Dienstleistungen:
Buchbinderartikel; Photographien; Pinsel; Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit in Klasse 16 enthalten; Drucklettern
Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten
Telekommunikation
Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten
Entwurf und Entwicklung von Computerhardware und -software; Rechtsberatung und €vertretung
Der Beklagte ist gegenwärtig der Inhaber der Internet-Domain "w..de". Bis zum Jahre 2003 war der Kläger Inhaber dieser Domain. Der Kläger verlor die Domain, die zunächst von P. L., dann, am 7. Januar 2004, von M. L. erworben wurde. Dieser übertrug die Domain am 28. April 2006 an den Beklagten, der die Domain zur Adressierung einer Werbeplattform unter der Domain s..de verwendet. Dort wird Dritten die Gelegenheit gegeben, für ihre Waren und Dienstleistungen zu werben, und zwar unter anderem für Wachsprodukte, Holz-Oberflächenprodukte, Bastelmaterialien, Autopflegeprodukte, Mobiltelefone, Dekorationsmaterial, handbemalte Lichthäuser und Weihnachtsillumination. Zudem wurde dort die Anzeige für die Website einer Internet-Community, einer sog. Single-Börse, mit dem Hinweis "Flirte mit süßen Singles" geschaltet, und zwar so, wie nachstehend wiedergegeben.
Die auf der Internetseite unterstrichenen Wörter sind mit einem weiterführenden Link verbunden. Der Beklagte ist Inhaber weiterer Domains wie "i..de" und "s..de". Sein Geschäftsmodell besteht darin, dass er diese Domains entweder an Dritte zur Erzielung eigener Einkünfte verpachtet oder aber als Werbeplattform verwendet.
Der Kläger behauptet, dass er die Domain "w..de" wegen eines Versehens seines Providers verloren habe. Bis zu diesem Zeitpunkt habe der Kläger mit der Domain die Internetpräsenz der W. GmbH adressiert, deren Geschäftsführer und Alleingesellschafter der Kläger ist. Die beiden Unternehmen, die die Domain zwischenzeitlich erworben hätten, seien zur Herausgabe nicht bereit gewesen. Der Kläger habe DIS-PUTE-Einträge bei der D. e. G. hinsichtlich der Domain gestellt, so am 9. Januar 2004, am 23. Februar 2005 und am 13. April 2007. Zwischenzeitlich, im Jahre 2006 habe der Kläger es versäumt, den DISPUTE-Eintrag bei der D. verlängern zu lassen, so dass der Beklagte Inhaber der Domain geworden sei. Dieser verweigere ebenfalls die Herausgabe der Domain.
Der Kläger ist der Ansicht, ihm stehe aus § 14 MarkenG, § 1004 BGB ein Freigabeanspruch für die streitgegenständliche Domain zu; hilfsweise aber jedenfalls ein Unterlassungsanspruch aus der für ihn eingetragenen Wortmarke "w..de". Denn die einander gegenüberstehenden Zeichen seien identisch. Zwischen den Waren und Dienstleistungen, für die die Marke geschützt sei, und den über die streitgegenständliche Domain angebotenen Waren bestehe zumindest Warenähnlichkeit. Zudem beruft sich der Kläger auf § 12 BGB wegen seines Familiennamen "W.". Denn durch die Nutzung der streitgegenständlichen Domain trete eine Zuordnungsverwirrung durch Handlungen des Beklagten ein. Der Kläger ist weiter der Ansicht, ein Freigabe- bzw. Unterlassungsanspruch gegen den Beklagten stehe ihm aus den §§ 3, 4 Nr. 10 UWG wegen gezielter wettbewerbswidriger Behinderung zu. Eine wettbewerbswidrige Handlung des Beklagten sei hier darin zu sehen, dass er mit der Verwendung des Domainnamens "w..de" potentielle Kunden des Klägers zu erreichen versuche, um diese auf die von ihm in das Internet gestellten Seiten zu leiten. Diese Kunden erwarteten auf Grund der früheren Nutzung der Domain durch den Kläger auf ein Angebot seines Unternehmens zu gelangen. Der Beklagte partizipiere daher von den für die aufgerufenen Seiten erhobenen Nutzungsgebühren. Darin sei gleichzeitig eine Behinderung des Unternehmens des Klägers zu sehen, da dieser Gefahr laufe, durch die mit der angegriffenen Nutzung der Internetdomain "w..de" verbundenen, vom Beklagten verursachte Negativwerbung Kunden zu verlieren oder Interessenten nicht zu gewinnen.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verurteilen,
durch schriftliche Erklärung gegenüber der D.. E. G., Wiesenhüttenplatz 26, 60329 Frankfurt/Main, die Internetdomain "w..de" freizugeben;
hilfsweise,
dem Beklagten zu verbieten, die Domain "w..de" zur Adressierung eines Internet-Angebots zu nutzen, in dessen Rahmen Dritten die Möglichkeit geboten wird, Werbung für Waren und/oder Dienstleistungen zu betreiben;
weiter hilfsweise,
es dem Beklagten zu verbieten, die Domain "w..de" zur Adressierung eines Internetangebots zu nutzen, in dessen Rahmen Mobiltelefone und/oder Singlebörsen beworben werden, insbesondere wie im Schriftsatz vom 31. Januar 2008, Seite 2, wiedergegeben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte bestreitet, dass der Kläger die Domain durch ein Versehen verloren habe. Fest stehe nur, dass der Kläger bereits seit etwa vier Jahren die Domain nicht mehr innehabe und auch keinerlei Dispute-Anträge gestellt habe. Es habe zu Gunsten des Klägers ursprünglich ein Registrierungsvertrag bestanden, der sodann durch den Kläger beendet worden sei. Es spiele keine Rolle, ob dies durch den Kläger selbst oder durch einen seiner Mitarbeiter geschehen sei. Die Domain sei nach der Freigabe durch den Kläger in den Pool der frei zu registrierenden Domains übergeben worden. Der Kläger habe zudem ihm zustehende Möglichkeiten zur späteren erneuten Einräumung der Domain, etwa durch Dispute-Einträge, nicht genutzt. Die Anmeldung der Marke "w..de" durch den Kläger sei zudem bösgläubig gewesen, so dass der Kläger daraus keine Rechte herleiten könne. Denn zum Zeitpunkt der Anmeldung der Marke am 5. Januar 2004 sei der Kläger nicht Inhaber der Domain gewesen.
Der Beklagte ist der Ansicht, bei der Domain "w..de" handele es sich um eine generische Domain, auf der für eine Vielzahl von Waren geworben werde. Der Beklagte verpachte seine eingetragenen Domains an Dritte zur Erzielung eigener Einkünfte oder aber nutze sie als Werbeplattform. Unter der Domain seien unter anderem Links für Holz-Oberflächenprodukte, Politurwachs, etc. zu erreichen gewesen. Dementsprechend bestehe auch keine Identität bei den Dienstleistungen. In Betracht komme hier allenfalls der Bereich "Werbung" in der Klasse 35. Gemeint sei damit aber der Betrieb einer Werbeagentur unter der Kennzeichnung "W". Eine derartige Tätigkeit entfalte der Beklagte aber nicht. Vielmehr handele es sich bei ihm um den Betrieb eines Internet-Portals; eine derartige Tätigkeit sei in Klasse 38 einzuordnen. Dementsprechend seien weder ein markenrechtlicher Freigabe- bzw. Unterlassungsanspruch, noch Ansprüche aus Namens- oder Wettbewerbsrecht gegeben.
Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie die zur Akte gereichten Anlagen verwiesen.
Gründe
I. Die Klage ist hinsichtlich des ersten Hilfsantrages begründet; im Übrigen ist die Klage mit dem Freigabeantrag abzuweisen.
1. Der Kläger kann von dem Beklagten nach § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 MarkenG Unterlassung der Verwendung der Domain "w..de" zur Adressierung eines Internetangebotes zu nutzen, in dessen Rahmen Dritten die Möglichkeit geboten wird, Werbung für Waren und/oder Dienstleistungen zu betreiben. Denn eine derartige Nutzung fällt in den Schutzbereich der Marke des Klägers "w..de".
a. Der Beklagte verwendet die Domain "w..de" kennzeichenmäßig, indem er dort, wie dargestellt unter der streitgegenständlichen Domain Werbeanzeigen veröffentlicht, und zwar für Produkte der Telekommunikation ("Handy + Laptop"), Bank- und Zinsangebote ("Bestes Tagesgeld"), PC-, Drucker- und sonstige Geräte der Bürotechnik ("Canon iw360"), Bastelangebote ("Basteln"), Weihnachtsdekoration ("Engel mit Flöte"), Heimwerkerprodukte ("Nano-Lackversiegelung"), Pflanzenangebote ("Winterharte Banane"), Angebote für Seidenpapier ("JUNG DESIGN"), Kontaktangebote ("Flirten mit süßen Singles"), Holzpflegeprodukte ("Holz-Oberflächenprodukte") Wachsprodukte ("Politur W.") etc. Diese Anzeigen sind mit einem Link verbunden und verweisen auf andere Webseiten. Die Aufstellung der Anzeigen ist mit der Bezeichnung "W..DE" überschrieben, wobei diese Bezeichnung als Kennzeichnung der Werbepattform fungiert. Denn "W..DE" ist die Bezeichnung der vom Beklagten ins Internet gestellten Angebotsseiten, bei der der Verkehr sich über die genannten diversen Angebote informieren kann. Der Verkehr wird die Bezeichnung auch als Kennzeichnung und nicht als Gattungsbegriff und Hinweis auf eine Webseite verstehen, auf der man sich über das Material Wachs informieren kann, wie etwa auf der Seite des Internetlexikons "W.". Denn aus der Zusammenstellung der mit einem Link verbundenen Anzeigen erkennt der Verkehr auf den ersten Blick, dass auf der Webseite nicht etwa Informationen über Wachse angeboten werden, sondern vielmehr kommerzielle Anzeigen veröffentlicht werden. Insoweit fungiert "W..DE" als Kennzeichen für diese spezielle Webseite mit Angeboten und verbundenen Links.
b. Das Angebot des Beklagten ist mit den für die identische Marke des Klägers geschützten Dienstleistungen verwechslungsfähig. Die Marke des Klägers befindet sich noch in der Benutzungsschonfrist, da sie erst am 21. März 2007 eingetragen wurde. Die Marke ist geschützt für Werbung (Klasse 35) und Telekommunikation (Klasse 38). Der Beklagte betreibt unter der streitgegenständlichen Domain ein Werbeportal für eine Vielzahl von Waren; er betreibt damit "Werbung" im Sinne der eingetragenen Dienstleistung der Klasse 35. Der Argumentation des Beklagten, mit der Dienstleistung "Werbung" eingetragen in die Klasse 35 sei der Betrieb einer Werbeagentur unter der Kennzeichnung "W." gemeint, kann die Kammer nicht folgen. Denn unter den Begriff der "Werbung" in Klasse 35 fallen alle Dienstleistungen von Werbeunternehmen, die sich in Bezug auf alle Arten von Waren oder Dienstleistungen hauptsächlich mit Mitteilungen an die Öffentlichkeit und mit Erklärungen und Anzeigen durch alle Mittel der Verbreitung befassen (vgl. Klasseneinteilung von Waren oder Dienstleistungen mit erläuternden Anmerkungen, Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., S. 2156). Darunter fällt auch der Betrieb eines Internetportals bzw. einer Werbeplattform, auf dem für eine Vielzahl von Waren geworben wird, denn dabei handelt es sich um die Dienstleistung eines Werbeunternehmens. Dass der Beklagte eine derartige Werbeplattform betreibt, hat er in seinem Schriftsatz vom 29. November 2007 unstreitig gestellt; dies ergibt sich auch aus den oben abgebildeten Screenshots.
b. Soweit der Beklagte einwendet, die Marke "w..de" sei vom Kläger bösgläubig eingetragen worden, sind dafür von seiner Seite keinerlei Tatsachen vorgetragen worden. Der Umstand, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Marke nicht mehr Inhaber der Domain war, ist insoweit kein Indiz für eine Bösgläubigkeit bzw. einen sittenwidrigen Erwerb der Marke. Grundsätzlich wird ein missbräuchlicher Markenerwerb unter anderem dann bejaht, wenn die Marke zum Zwecke der Behinderung eines Konkurrenten angemeldet wurde (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., Vor §§ 14-19, Rdnr. 169 mit weiteren Nachweisen). Im Streitfall besteht aber kein echtes Konkurrenzverhältnis zum Beklagten, da dieser nach seiner eigenen Darstellung im Wesentlichen Domains an Dritte zur Erzielung eigener Einkünfte verpachtet bzw. die von ihm gehaltenen Domains als Werbeplattform verwendet. Der Kläger ist hingegen Geschäftsführer einer Beratungsgesellschaft für Unternehmenskommunikation (vgl. Anlage K 4). Letztlich streiten beide Parteien nur um die Inhaberschaft der streitgegenständlichen Domain. Der Kläger verwendet die Marke "w..de" auch nicht missbräuchlich. Offensichtlich will der Kläger die Marke "w..de" zur Bewerbung seines Unternehmens "W." verwenden und hat sie deshalb angemeldet und eintragen lassen.
Dass er sich nunmehr im Streit um die Domain "w..de" auf diese eingetragene Marke beruft, ist keinesfalls rechtsmissbräuchlich.
2. Der Kläger kann vom Beklagten aber unter keinem Gesichtspunkt die Freigabe der Domain "w..de" verlangen.
a) Ein solcher Anspruch folgt weder aus § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 6 MarkenG noch aus § 12 BGB, § 1004 BGB. Denn eine Freigabeerklärung zu Gunsten des Klägers wäre gleichbedeutend mit einem "Schlechthin-Verbot" des Domain-Namens ohne Rücksicht darauf, was sich hinter der unter dieser Anschrift erreichbaren Webseite verbirgt. Dies hat das Hanseatische Oberlandesgericht bereits mehrfach entschieden (vgl. nur Hanseatisches Oberlandesgericht, MMR 2003, 668 ff. € "Schuhmarkt. de" mit weiteren Nachweisen). Denn die Webseite ist lediglich ein Mittel, die dahinter stehenden Waren bzw. Dienstleistungen anzubieten, nicht aber selbst Ware oder Dienstleistung. Ohne Kenntnis dessen, wofür die Internetanschrift steht, lassen sich weder Feststellungen zu einer Verwechslungsgefahr noch zur Unlauterkeit eines Verhaltens treffen. Eine Freigabe, die einem solchen "Schlechthin-Verbot" entspräche, würde auch Handlungen erfassen, die möglicherweise nicht rechtswidrig sind oder für die keine Begehungsgefahr besteht. Es wäre hier immerhin möglich, dass der Beklagte zukünftig allgemeine Informationen über verschiedene Wachse anbietet; eine derartige Verwendungsweise der Domain kann ihm aber aus markenrechtlichen und namensrechtlichen Gründen nicht untersagt werden.
Der Kläger wird auch nicht in der Nutzung seines Namens durch die Verwendung der Domain "w..de" blockiert oder behindert; es entsteht auch keinerlei Zuordnungsverwirrung. Denn der Verkehr erwartet unter der Domain "w..de" nicht, den Kläger mit einer persönlichen oder geschäftlichen Webseite zu finden. Der Verkehr erwartet vielmehr, unter der Domain allgemeine Informationen über Wachse zu finden wie Informationen über verschiedenartige Wachse, Bastelideen, Bezugsquellen für Wachse etc. Der Kläger ist auch nicht gehindert, sein Unternehmen "W." unter einer griffigen und dem Verkehr sofort eingängigen anderen Internetdomain, die dennoch den Namen "W." enthält, am Markt zu präsentieren. Denn der Verkehr wird, soweit er keine Kenntnis von der genauen Domain des Unternehmens des Klägers hat, zunächst versuchen, die Webseite über eine der Internetsuchmaschinen zu erreichen. Dies wird ihm, wenn er zwar die genaue Domain-Adresse nicht kennt, wohl aber die Firma des Unternehmens, ohne weiteres gelingen. Insoweit wird der Kläger in seiner Präsentation wie auch in der Marktpräsentation seines Unternehmens in keiner Weise behindert.
b) Eine Freigabe der Domain kann der Kläger auch nicht über die §§ 3, 4 Nr. 10, 8, 9 UWG vom Beklagten verlangen. Dies folgt letztlich schon aus den obigen Darlegungen zu § 12 BGB. Soweit der Kläger dem Beklagten unter Verweis auf die Entscheidung des Hanseatischen Oberlandesgerichts "ahd.de" (vgl. MMR 2006, 608 ff.) ein missbräuchliches Verhalten vorwirft, kann die Kammer ihm nicht folgen. Der entscheidende Unterschied zur Entscheidung "ahd.de" liegt nach Auffassung der Kammer hier darin, dass es sich bei der Bezeichnung "w." um einen generischen Begriff handelt, der sich genauso gut dafür anbietet, allgemeine Informationen zu verbreiten wie für die kennzeichnende Benutzung. Unter Berücksichtigung der Entscheidung des BGH "Mitwohnzentrale.de" (GRUR 2001, 1961 ff.) stellt die Registrierung und Nutzung eines Gattungsbegriffs als Internet-Domain grundsätzlich noch keine unzulässige Behinderung der Entfaltungsmöglichkeiten von Wettbewerbern dar, denn es liegt im Wesen jeder Wettbewerbshandlung, den Spielraum von Wettbewerbern einzuschränken. Die Grenze ist erst dann überschritten, wenn ein Mitbewerber gezielt in seiner Entfaltung im Internet gehindert wird, um ihn zu verdrängen oder wenn er seine Leistung im elektronischen Geschäftsverkehr durch eigene Anstrengung nicht mehr angemessen zur Geltung bringen kann (vgl. auch Hanseatisches Oberlandesgericht, MMR 2003, 668 € "Schuhmarkt.de"). Diese Voraussetzungen sind hier aber, wie bereits oben gesagt, nicht gegeben. Bei der Bezeichnung "ahd.de" handelte es sich € anders als hier € erkennbar nicht um einen Gattungsbegriff; der von der Beklagten im dortigen Verfahren vorgebrachte Hinweis auf die Sprache Althochdeutsch war offensichtlich nur vorgeschoben, um das Zeichen für den dortigen Kläger zu sperren. Hier ist es so, dass ein etwaiges Interesse des Beklagten, die Domain "w..de" kommerziell an Dritte zu veräußern, anerkannt werden kann, weil ein allgemeines Interesse an der Nutzung von Gattungsbegriffen besteht und die Bezeichnung "w..de" insoweit für sich genommen einen kommerziellen Wert als Gattungsbegriff besitzt. Anders als in der Entscheidung "ahd.de" besteht der kommerzielle Wert der Domain nicht nur für den Kläger, sondern auch für Dritte. Dann kann es dem Beklagten auch nicht verwehrt werden, die Domain als kommerzielles Gut vorzuhalten. Es kommt hinzu, dass der Beklagte die Domain entsprechend den Regeln der D. erwarb, nachdem der Kläger den Verlust der Domain nach seinem € vom Beklagten bestrittenen Vortrag € durch Handlungen, die aus seiner Einflusssphäre stammen, letztlich selbst zu verantworten hatte. Dass der Beklagte sich in einer derartigen Situation die Domain sichert, die ihm von einem Dritten veräußert wurde, stellt kein missbräuchliches Verhalten im Sinne der Bestimmungen des UWG dar.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit
LG Hamburg:
Urteil v. 18.07.2008
Az: 408 O 274/08
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