Bundespatentgericht:
Beschluss vom 18. Juni 2002
Aktenzeichen: 33 W (pat) 270/01

(BPatG: Beschluss v. 18.06.2002, Az.: 33 W (pat) 270/01)

Tenor

Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

Gründe

I Die Marke 2 057 955 siehe Abb. 1 am Endeist am 24. Februar 1994 für folgende Waren und Dienstleitungen eingetragen worden

"Kerzen, Wachslichte, Nachtlichte und Dochte;

Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte Gegenstände und plattierte Gegenstände (soweit in Klasse 14 enthalten - ausgenommen Messerschmiedewaren, Gabeln und Löffel), Juwelierwaren, Edelsteine, Uhren und andere Zeitmeßinstrumente;

Papier, Pappe, Papierwaren und Pappwaren (soweit in Klasse 16 enthalten), Bücher;

Leder und Lederimitationen, Reise- und Handkoffer, Regenschirme;

Glaswaren, Porzellan und Steingut (soweit in Klasse 21 enthalten);

Bekleidungsstücke, einschließlich Stiefel, Schuhe und Hausschuhe;

Vermittlung und Abschluß von Handelsgeschäften für andere, Organisationsberatung, betriebswirtschaftliche Beratung, Marktforschung und Marktanalyse, Buchführung, Werbung;

Einziehen von Außenständen (Inkasso)"

Widerspruch erhoben hat die Inhaberin der Marke 636 692

"Antiko"

die für folgende Waren eingetragen worden ist:

"Eßbestecke aus Silber oder Alpaka, Edelmetalle, Gold-, Silber-, Nickelwaren, Waren aus Neusilber und ähnlichen Metallegierungen, echte und unechte Schmucksachen, Abzeichen und Plaketten aus Metall".

Mit Schriftsatz vom 5. Oktober 1994 hat die Markeninhaberin beantragt, der Widersprechenden den Nachweis der gesetzlich erforderlichen Benutzung gemäß § 5 Abs 7 WZG aufzuerlegen. Mit Schriftsatz vom 18. März 1998 hat die Widersprechende Benutzungsunterlagen vorgelegt. Daraufhin hat die Markeninhaberin mit Schriftsatz vom 6. Mai 1998 mitgeteilt, daß die Nichtbenutzungseinrede aufrechterhalten bleibe und ausgeführt, daß die Benutzung gemäß § 26 Abs 3 MarkenG in abweichender Form erfolgt sei.

Mit Beschluß vom 18. Juli 2001 hat die Markenstelle für Klasse 35 den Widerspruch gemäß § 43 Abs 2 Satz 2 MarkenG mit der Begründung zurückgewiesen, daß die Widersprechende nach Erhebung der Nichtbenutzungseinrede eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke im maßgeblichen Benutzungszeitraum des § 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG nicht glaubhaft gemacht habe. Zwar sei die Einrede der Nichtbenutzung gemäß § 5 Abs 7 WZG erhoben worden. Eine solche dürfe nicht nachträglich ohne weiteres als gemäß § 43 Abs 1 Satz 2 mögliche Einrede behandelt werden. Vielmehr müsse in jedem Fall hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht werden, daß der Inhaber der angegriffenen Marke von der Möglichkeit eines Bestreitens bzgl. des in § 43 Abs 1 Satz 2 genannten Zeitraums Gebrauch machen wolle. So verhalte es sich im vorliegenden Fall.

Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie hat - nach einer entsprechenden Einigung mit der Markeninhaberin - im Verfahren vor dem Bundespatentgericht ihren ursprünglichen Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben, zurückgenommen und beantragt nunmehr lediglich noch die Rückzahlung der Beschwerdegebühr.

Sie trägt vor, daß die Markeninhaberin nicht erklärt habe, daß die Benutzung der Widerspruchsmarke in jeder Hinsicht weiterhin im Streit sei, sondern daß diese klar und eindeutig nur die Benutzungseinrede nach § 43 Abs 1 Satz 1 MarkenG rechtswirksam erhoben habe. Die Markenstelle habe jedenfalls den Anspruch der Widersprechenden auf rechtliches Gehör gemäß Art 103 GG verletzt, wonach ein Verbot von Überraschungsentscheidungen bestehe. Die Widersprechende habe aufgrund der von der Markeninhaberin abgegebenen Verfahrenserklärungen nicht erkennen können, daß die Markenstelle ihre Entscheidung auf eine Einrede stützen würde, die in objektiver Hinsicht nicht von der Markeninhaberin erhoben worden sei. Damit habe die Markenstelle gegen die ihr obliegende Aufklärungspflicht nach § 139 ZPO verstoßen.

Die Markeninhaberin hat auf die Waren "Juwelierwaren" verzichtet, sich im Verfahren vor dem Bundespatentgericht im übrigen jedoch nicht geäußert.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Eine Sachentscheidung über den Widerspruch ist nicht mehr erforderlich. Diese Erklärung der Widersprechenden vom 14. Juni 2002, den Antrag auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zurückzunehmen, kann als Rücknahme des Widerspruchs ausgelegt werden.

Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist gemäß § 71 Abs 3 MarkenG anzuordnen. Die Gebührenrückzahlung gemäß dieser Vorschrift erfolgt aus Billigkeitsgründen in den Fällen, in denen es auf Grund besonderer Umstände unbillig wäre, die Beschwerdegebühr einzubehalten. Derartige Billigkeitsgründe können sich insbesondere aus materiellrechtlichen Fehlern, Verfahrensfehlern oder Verstößen gegen die Verfahrensökonomie ergeben, wenn zwischen dem jeweiligen Fehlverhalten und der Notwendigkeit einer Beschwerdeeinlegung Kausalität besteht (vgl Althammer/Ströbele, MarkenG 6. Aufl § 71 Rn 37 f m.w.N.).

Im vorliegenden Fall hat die Markenstelle rechtsfehlerhaft einen unzutreffenden Benutzungszeitraum zugrundegelegt und verfahrensfehlerhaft der Widersprechenden das rechtliche Gehör gemäß § 59 Abs 2 MarkenG versagt. Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen:

Mit Schriftsatz vom 5. Oktober 1994 hat die Markeninhaberin beantragt, der Widersprechenden den Nachweis der gesetzlich erforderlichen Benutzung gemäß § 5 Abs 7 WZG - der inhaltlich der Einrede nach § 43 Abs 1 Satz 1 MarkenG entspricht - aufzuerlegen.

Nach Inkrafttreten des Markengesetzes hat die Markeninhaberin mit Schriftsatz vom 6. Mai 1998 nach entsprechender Vorlage von Benutzungsunterlagen seitens der Widersprechenden erneut zur Frage der Benutzung vorgetragen. Sie hat mitgeteilt, daß die Nichtbenutzungseinrede "aufrechterhalten wird" und dann zur Frage einer abweichenden Benutzungsform nach § 26 Abs 3 MarkenG Stellung genommen.

Die Markenstelle ist in ihrem Beschluß vom 18. Juli 2001 davon ausgegangen, daß die Nichtbenutzungseinrede seitens der Markeninhaberin sowohl gemäß § 43 Abs 1 Satz 1 als auch Satz 2 MarkenG erhoben worden ist. Zwar kann eine Nichtbenutzungseinrede nach § 5 Abs 7 WZG nachträglich als gemäß § 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG mögliche Einrede ausgelegt werden (Ströbele/Althammer/Klaka aaO § 43 Rn 23). Allerdings ist insoweit erforderlich, daß ein derartiger Wille zweifelsfrei festzustellen ist und daß unmißverständlich klargestellt ist, daß die Frage der Benutzung der Widerspruchsmarke in jeder Hinsicht im Streit ist. Anhaltspunkte dafür lassen sich aus dem Vortrag der Markeninhaberin nicht bzw nicht ausreichend erkennen. Der diesbezügliche Schriftsatz vom 6. Mai 1998 befaßt sich in keiner Weise mit der Frage des Benutzungszeitraums, so daß es für die Widersprechende keine Veranlassung gab, geeignete Nachweise für den Benutzungszeitraum nach § 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG zu erbringen.

Die Markenstelle hat daher in ihrer Entscheidung rechtsfehlerhaft angenommen, daß eine Benutzungseinrede gemäß § 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG erhoben worden ist. Darüber hinaus wäre sie gemäß § 59 Abs 2 MarkenG verpflichtet gewesen, der Widersprechenden gegebenenfalls mitzuteilen, daß sie aufgrund des Vortrages der Markeninhaberin davon ausgehe, daß auch der Benutzungszeitraum des § 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG im Streit steht, so daß die Widersprechende auch dazu hätte Stellung nehmen können.

Winkler Kätker Dr. Hock Cl Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/33W(pat)270-01.1.3.gif






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Az: 33 W (pat) 270/01


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