Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. September 2004
Aktenzeichen: 24 W (pat) 27/03

(BPatG: Beschluss v. 14.09.2004, Az.: 24 W (pat) 27/03)

Tenor

Die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wortmarke

"Amical"

ist für die Waren

"Wasch- und Bleichmittel; Seifen; Parfümerien, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; Zahnputzmittel"

am 9. August 1994 gemäß § 6a WZG unter der Registernummer 2 074 330 eingetragen worden.

Dagegen hat am 17. November 1994 die Inhaberin der für die Waren

"Parfümerien, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer, Zahnputzmittel, Seifen"

eingetragenen Wortmarke 2 106 470 AMLICA Widerspruch erhoben.

Mit Beschluß vom 24. September 2002 hat die mit einem Beamten des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts die Löschung der angegriffenen Marke 2 074 330 wegen bestehender Verwechslungsgefahr mit der widersprechenden Marke 2 106 470 gemäß §§ 43 Abs 2 Satz 1, 9 Abs 1 Nr 2, 152, 158 MarkenG angeordnet. Ausgehend von überwiegend identischen oder hochgradig ähnlichen Waren sowie normaler Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke hielten die Marken in klanglicher Hinsicht nicht den zum Ausschluß einer Verwechslungsgefahr erforderlichen deutlichen Abstand voneinander ein. Mit einem überwiegend identischem Lautbestand, insbesondere den am Wortanfang regelmäßig stärker beachteten übereinstimmenden Anfangslauten "Am-", gleicher Vokalfolge, gleicher Silbenzahl sowie fast übereinstimmendem Sprech- und Betonungsrhythmus stünden sich im Gesamtklangbild hochgradig ähnliche Markenwörter gegenüber, die ein sicheres Auseinanderhalten im Verkehr nicht gewährleisten könnten, zumal die Marken regelmäßig nicht gleichzeitig nebeneinander, sondern häufig nur aufgrund eines meist undeutlichen Erinnerungsbildes miteinander verglichen würden.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke. Nach ihrer Auffassung besteht zwischen den Marken keine Verwechslungsgefahr iSd § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG. Zwar könnten sich die Marken zum Teil auf identischen Waren begegnen. Allerdings lägen die Waren "Wasch- und Bleichmittel" der jüngeren Marke nicht mehr im Ähnlichkeitsbereich der für die Widerspruchsmarke registrierten Waren, da zwischen den Waren der Kosmetikbranche und denen der Waschmittelbranche grundsätzlich die Ähnlichkeit verneint werde (vgl Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 12. Aufl, S 357). Die Marken seien in ihrem klanglichen und schriftbildlichen Gesamteindruck grundlegend verschieden. Durch die unterschiedliche Stellung des Buchstabens "l" im hinteren Bereich der Worte hebe sich die Aussprache und Betonung der Marken deutlich voneinander ab. Während die angegriffene Marke weich, harmonisch, fließend, lang und gedehnt gesprochen werde, sei die Widerspruchsmarke schwer aussprechbar und klinge disharmonisch, fremd, kurz und hart. Eine Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt der Silbenumstellung sei auszuschließen, da eine solche nach der Rechtsprechung nicht in Betracht komme, wenn, wie vorliegend, die Vergleichswörter in keiner Silbe übereinstimmten (BPatG Mitt 1992, 30 "AVEL/Vela").

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, den angegriffenen Beschluß aufzuheben und den Widerspruch zurückzuweisen.

Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie beruft sich zur Begründung auf die Ausführungen in dem angefochtenen Beschluß.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke hat in der Sache keinen Erfolg. Auch nach Auffassung des Senats besteht zwischen den Marken Verwechslungsgefahr iSd Bestimmung des § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG, welche vorliegend gemäß §§ 152, 158 Abs 2 Satz 2, 42 Abs 2 Nr 1 MarkenG auf das vor dem 1. Januar 1995 aufgrund Widerspruchserhebung nach § 5 Abs 4 Nr 1 WZG eingeleitete Widerspruchsverfahren Anwendung findet. Die Markenstelle hat daher die Löschung der angegriffenen, nach § 6a WZG eingetragenen Marke zu Recht angeordnet (§§ 158 Abs 5 Satz 2, 43 Abs 2 Satz 1 MarkenG).

Die Frage der Verwechslungsgefahr ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von den Marken erfaßten Waren oder Dienstleistungen. Darüber hinaus ist die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und - davon abhängig - der dieser im Einzelfall zukommende Schutzumfang in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dabei impliziert der Begriff der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren (vgl ua EuGH GRUR 1998, 387, 389 (Nr 22) "Sabèl/Puma"; GRUR Int 2000, 899, 901 (Nr 40) "Marca/Adidas"; BGH GRUR 2002, 626, 627 "IMS"; WRP 2004, 763, 764 "dcfix/CD-FIX"; GRUR 2004, 598, 599 "Kleiner Feigling").

Die Vergleichsmarken sind größtenteils für identische Waren im Bereich der Klasse 3 registriert. Entgegen der Auffassung der Inhaberin der angegriffenen Marke liegen auch die "Wasch- und Bleichmittel" der jüngeren Marke im - sogar engeren - Ähnlichkeitsbereich der für die Widerspruchsmarke geschützten Waren "Seifen", da dieser Warenoberbegriff, ohne Beschränkung auf kosmetische Seifen, auch Seifen für sonstige Waschzwecke umfaßt, wie zB Haushalts-, Schmier- oder Waschseifen.

Nachdem die Widerspruchsmarke als Fantasiewortbildung ohne erkennbar warenbeschreibende Anklänge von Haus aus eine normal durchschnittliche Kennzeichnungskraft besitzt, sind bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr im Hinblick auf die aufgezeigte Wechselbeziehung zwischen den jeweiligen kollisionsrelevanten Faktoren strenge Anforderungen an den von Marken einzuhaltenden Abstand zu stellen. Den danach erforderlichen deutlichen Abstand der Marken erachtet der Senat mit der Markenstelle in klanglicher Hinsicht als nicht gewahrt.

Im insofern maßgeblichen phonetischen Gesamteindruck der beiden Markenwörter dominieren die Gemeinsamkeiten klar gegenüber den vorhandenen, relativ geringfügigen Abweichungen. So weisen die jeweils dreisilbigen Wörter den gleichen Lautbestand auf, wobei gerade die Selbstlaute, denen im Klangbild grundsätzlich eine größere Bedeutung zukommt als den Mitlauten (vgl Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl, § 9 Rdn 182), hier - anders als in den der Entscheidung des Bundespatentgerichts "AVEL/Vela" (vgl aaO) zugrundeliegenden Markenwörtern - in derselben Reihenfolge (aia) stehen. Weiterhin stimmen die Marken in ihrer Anlautfolge "Am-" am regelmäßig besonders beachteten Wortanfang überein. Die Abweichungen beschränken sich damit auf die unterschiedliche Stellung lediglich der Konsonanten "c" und "l" in den hinteren Wortteilen "-ical/-LICA", woraus sich jedoch keine durchgreifende Veränderung im Gesamtklang der Markenworte ergibt. Zwar wirkt sich die Konsonantenumstellung auf die Silbengliederung und damit verbunden in gewissem Maß auf den Sprech- und Betonungsrhythmus der Wörter "A-mical/AM-LI-CA" aus. Die etwas gedehntere, fließendere Wortmelodie der angegriffenen Marke sowie die leichte Zäsur im Sprechfluß der Widerspruchsmarke, welche sich aus der Aufeinanderfolge der Konsonanten "-ML-" am Ende der ersten und zu Beginn der zweiten Silbe ergibt, tritt allerdings angesichts der ansonsten gegebenen weitgehenden phonetischen Übereinstimmung der Markenwörter nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit zutage, um Verwechslungen der Marken infolge Hör- oder Übermittlungsfehler bei ihrem Einsatz auf identischen oder nah verwandten Waren sicher ausschließen zu können. Dies insbesondere dann nicht, wenn man berücksichtigt, daß die angesprochenen Verkehrsteilnehmer die Marken selten unmittelbar miteinander vergleichen können, sondern häufig auf ein meist unvollkommenes Erinnerungsbild an eine der Marken angewiesen sind (vgl EuGH GRUR Int 1999, 734, 736 (Nr 26) "Lloyd"; BGH GRUR 2001, 158, 160 "Drei-Streifen-Kennzeichnung").

Im Hinblick auf die zu bejahende klangliche Verwechslungsgefahr kann dahingestellt bleiben, ob auch die Ähnlichkeit im Schriftbild der Markenwörter eine beachtliche Verwechslungsgefahr begründet.

Für eine Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 71 Abs 1 MarkenG besteht keine Veranlassung.

Ströbele Guth Kirschneck Bb






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Beschluss v. 14.09.2004
Az: 24 W (pat) 27/03


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