Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 16. April 2014
Aktenzeichen: 2a O 38/14
(LG Düsseldorf: Urteil v. 16.04.2014, Az.: 2a O 38/14)
Tenor
Die einstweilige Verfügung wird im Kostentenor (Ziffer III.) bestätigt.
Die weiteren Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens trägt der Verfügungsbeklagte.
Tatbestand
Die Verfügungsklägerin ist Inhaberin der im Markenregister des Deutschen Patent- und Markenamtes eingetragenen deutschen Wort-/Bildmarke "Profitec" (DE 30772805). Die Marke genießt Schutz unter anderem für die Warenklassen 9 und 35, unter die auch Netzkabel fallen, und wird von der Verfügungsklägerin seit 18 Jahren intensiv genutzt. Im Jahr 2012 erwirtschaftete die Verfügungsklägerin alleine mit ihren Profitec-Produkten einen Umsatz von etwa 2,75 Millionen €, im Jahre 2013 einen Umsatz von etwa 2,92 Millionen €.
Am 13.01.2014 stellte die Verfügungsklägerin fest, dass der Verfügungsbeklagte auf der Internetplattform Amazon ein Netzkabel unter der Bezeichnung "Profitec" wie auf Seite 3 der Klageschrift abgebildet anbot. Die Verfügungsklägerin führte daraufhin, vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigten, am 16.01.2014 einen Testkauf durch. Nachdem das bestellte Netzkabel am 22.01.2014 an seinen Kanzleisitz geliefert worden war, stellte der Prozessbevollmächtigte der Verfügungsklägerin fest, dass die Versendung der Ware ohne Originalverpackung mit Logo und damit ohne jeglichen Markenbezug erfolgt war, da bei dem vorliegenden streitgegenständlichen Produkt die Marke nicht auf dem Produkt selbst, sondern nur auf der Verpackung angebracht wird.
Wegen dieses Verhaltens mahnte die durch ihre Verfahrensbevollmächtigte Verfügungsklägerin den Verfügungsbeklagten zunächst mit Schreiben vom 27.01.2014 ab und forderte ihn erfolglos zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auf. Dem Abmahnschreiben war keine Originalvollmacht des Verfahrensbevollmächtigten beigefügt, was der Verfügungsbeklagte mit Schreiben vom 03.02.2014 rügte und im Übrigen darauf hinwies, dass und aus welchen Gründen eine Markenrechtsverletzung nicht dargetan sei.
Auf Antrag der Verfügungsklägerin erließ die Kammer mit Beschluss vom 05.02.2014 eine einstweilige Verfügung, mit der dem Verfügungsbeklagten untersagt wurde, im geschäftlichen Verkehr beim Verkauf von Netzkabeln auf der Internetplattform Amazon eben solche Produkte unter der Bezeichnung "Profitec" anzubieten oder zu bewerben oder unter der vorgenannten Kennzeichnung beworbene Ware in den Verkehr zu bringen, sofern im Rahmen der Kaufvertragserfüllung sodann nicht die Produkte der Verfügungsklägerin ausgeliefert werden, welche von dieser so unter der Marke "Profitec" in den Verkehr gebracht worden sind.
Der Verfügungsbeklagte hat am 20.02.2014 eine Abschlusserklärung abgegeben und gegen die einstweilige Verfügung mit Schriftsatz vom 25.02.2014 Widerspruch eingelegt und diesen auf die Kostenentscheidung beschränkt.
Die Verfügungsklägerin behauptet, der Verfügungsbeklagte habe kein Original "Profitec" Netzkabel geliefert. Im Übrigen ist sie der Ansicht, dass auch die Versendung der Ware ohne Originalverpackung mit Logo und damit ohne jeglichen Markenbezug eine markenrechtliche Verletzungshandlung darstelle.
Der in der Abmahnung angesetzte Streitwert für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch in Höhe von 150.000,00 € sei angemessen. Die Gefährlichkeit der durch den Verfügungsbeklagten begangenen Verletzungshandlung sei als hoch einzustufen, da eine Verletzungshandlung auf der Internetplattform Amazon eine äußerst weite Verbreitung habe und an eine unbestimmte Vielzahl von Interessenten gerichtet sei. Nirgendwo würden größere Umsätze im Online Handel getätigt als über Amazon, was von dem Verfügungsbeklagten nicht bestritten wird.
Die Verfügungsklägerin beantragt,
den Kostenwiderspruch des Verfügungsbeklagten vom 25.02.2014 zurückzuweisen.
Der Verfügungsbeklagte beantragt,
die einstweilige Verfügung vom 25.02.2014 im Kostentenor aufzuheben.
Der Verfügungsbeklagte behauptet, er habe keine markenfremde Ware verkauft, sondern Markenware der Verfügungsklägerin ohne die dazugehörige Originalverpackung.
Er ist der Ansicht, die Verfügungsklägerin habe nicht ausreichend glaubhaft gemacht, dass er bei dem erfolgten Testkauf nicht ein Original Profitec Netzkabel, sondern ein Fremdprodukt ausgeliefert habe. Dies würde der Verfügungsklägerin auch nicht gelingen, weil ihr Produkt nicht mit einer markenmäßigen Kennzeichnung versehen sei und es ihr auch nicht möglich sei, markante Unterscheidungen zwischen dem Originalprodukt und einer etwaigen Kopie zu belegen und glaubhaft zu machen. Eine Markenverletzung liege auch nicht deshalb vor, weil er das Produkt ohne die entsprechende Originalverpackung verkauft habe.
Er behauptet, er habe die Abmahnung mit Schreiben vom 03.02.2014 nicht zurückgewiesen, sondern lediglich die Vorlage einer Originalvollmacht gefordert.
Schließlich ist er der Ansicht, ein Streitwert für den Unterlassungsanspruch in der Hauptsache i.H.v. 150.000,00 € sei maßlos überhöht.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Gründe
Der zulässige Kostenwiderspruch des Verfügungsbeklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Die Kosten des Erlassverfahrens sind dem Verfügungsbeklagten aufzuerlegen, weil die Verfügungsklägerin einen Verfügungsanspruch und einen Verfügungsgrund glaubhaft gemacht hat und die einstweilige Verfügung zu Recht ergangen ist.
I.
Der Verfügungsklägerin steht der mit der einstweiligen Verfügung tenorierte Unterlassungsanspruch aus § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zu.
Nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist es Dritten untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie Schutz genießt.
Der Beklagte hat unstreitig über die Handelsplattform Amazon ein Netzkabel unter der Bezeichnung "Profitec" verkauft und damit für identische Waren ein der Klagemarke identisches Zeichen verwendet.
Die Markenrechte der Verfügungsklägerin sind auch nicht erschöpft.
Nach § 24 Abs. 1 MarkenG hat der Inhaber einer Marke oder geschäftlichen Bezeichnung nicht das Recht, einem Dritten zu untersagen, die Marke oder die geschäftliche Bezeichnung für Waren zu benutzen, die unter dieser Marke von ihm oder mit seiner Zustimmung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden sind.
Der Gesetzgeber hat das Inverkehrbringen innerhalb der Gemeinschaft mit Zustimmung des Markeninhabers als Einwand konzipiert. Es ist daher Sache des Verfügungsbeklagten darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass das von ihm veräußerte Netzkabel mit Zustimmung der Markeninhaberin in der Gemeinschaft in Verkehr gebracht worden ist (vgl. BGH GRUR 2000, 879, 880 - stüssy I; BGH GRUR 2004, 156, 158 - stüssy II; BGH GRUR 2012, 626, 628 - Converse I).
Die Verfügungsklägerin hat bereits mit der Antragsschrift dargelegt, dass es sich bei dem von dem Verfügungsbeklagten erworbenen Kabel nicht um ein Originalprodukt handelt, mithin nicht um ein Netzkabel, dass von ihr oder mit ihrer Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden ist.
Der darlegungs- und beweisbelastete Verfügungsbeklagte hat indes keine ununterbrochene, auf die Klägerin zurückführende Lieferkette vorgetragen, sondern sich lediglich auf die Behauptung beschränkt, bei dem Netzkabel handele es sich um ein Originalprodukt. Die reicht indes im Hinblick auf die dargestellte Darlegungs- und Glaubhaftmachungslast nicht aus.
Im Übrigen stellt der Vertrieb des Netzkabels nicht in der Originalverpackung auch eine Markenverletzung dar, weil ohne Verpackung nicht festgestellt werden kann, von welcher Marke das Produkt stammt.
2.
Der gemäß §§ 935, 940 ZPO erforderliche Verfügungsgrund ist gegeben und wird mit dem Kostenwiderspruch auch nicht angegriffen.
II.
Der Kostenwiderspruch hat auch nicht deshalb Erfolg, weil dem Abmahnschreiben vom 27.01.2014 keine Originalvollmacht des Verfahrensbevollmächtigten beigefügt war.
Auf die vorliegende, nach alledem berechtigte Abmahnung ist die Vorschrift des §§ 174 S. 1 BGB nicht anwendbar, da die Abmahnung mit einem Angebot zum Abschluss eines Unterwerfungsvertrages verbunden war (BGH GRUR 2010, 1120 ff). Im übrigen hat der durch seinen Verfahrensbevollmächtigten vertretene Verfügungsbeklagte mit Schreiben vom 03.02.2014 die geforderte Unterlassungserklärung auch deshalb verweigert, weil keine Rechtsverletzung dargelegt worden sei.
III.
Der in der einstweiligen Verfügung festgesetzte Streitwert von 100.000,00 € ist nicht zu beanstanden.
Gemäß §§ 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG, 3 ZPO ist der Streitwert vom Gericht grundsätzlich nach billigem Ermessen auf der Grundlage des objektiven Interesses des Klägers / Antragstellers an der Erlangung des von ihm begehrten Rechtsschutzes festzusetzen. Der von dem Kläger / Antragsteller vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens noch unbeeinflusst vom späteren Ausgang des Verfahrens vorgeschlagene Streitwert ist dabei ein maßgeblicher Anhaltspunkt dafür, wie hoch er sein Interesse am geltend gemachten Anspruch bewertet. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Parteien ihre wirtschaftlichen Interessen kennen und bewerten können. Ihren Streitwertangaben kommt mithin eine indizielle Bedeutung zu, die es anhand der objektiven Gegebenheiten zu überprüfen und mit den üblichen Wertfestsetzungen in ähnlichen Fällen zu vergleichen gilt (BGH GRUR 1977, 748, 749).
Das wirtschaftliche Interesse an der Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen wegen Kennzeichenverletzungen wird durch zwei Faktoren bestimmt, nämlich durch den Wert des verletzten Kennzeichens einerseits und das Ausmaß und die Gefährlichkeit der Verletzung, den sogenannten Angriffsfaktor andererseits (Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 142 Rn. 6). Der Angriffsfaktor kann durch eine Vielzahl von Faktoren des Einzelfalls beeinflusst werden. Im Vordergrund steht der Verletzungsumfang sowie die Intensität der Kennzeichenverletzung selbst, also insbesondere der Grad der Verwechslungsgefahr bzw. Rufausbeutung, Aufmerksamkeitsausbeutung, Rufschädigung oder Verwässerung (Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 142 Rn. 8).
Vorliegend war unter Berücksichtigung dieser Grundsätze davon auszugehen, dass der von der Verfügungsklägerin im Abmahnverfahren genannte Streitwert von 150.000,00 € nicht überhöht und die vorliegende Markenrechtsverletzung mit diesem Streitwert angemessen bewertet ist. Die Verfügungsklägerin stützt sich auf ihre deutsche Wort - / Bildmarke "Profitec", die sie seit 18 Jahren intensiv für Netzkabel benutzt. Im Jahr 2012 erwirtschaftete die Verfügungsklägerin alleine mit ihren Profitec-Produkten einen Umsatz von etwa 2,75 Millionen €, im Jahre 2013 einen Umsatz von etwa 2,92 Millionen €. Der Wert des verletzten Kennzeichens ist mithin als hoch einzustufen.
Aber auch der Angriffsfaktor ist vorliegend erheblich. Wie die Verfügungsklägerin zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich bei Angeboten über die Internetplattform Amazon um äußerst weitreichende und an eine unbestimmte Anzahl von Interessenten gerichtete Handlungen. Nirgendwo werden größere Umsätze im online Handel getätigt als dort. Ein erheblicher Teil der Produkte der Antragstellerin wird über die Internetplattform Amazon an den Endkunden verkauft.
Für das einstweilige Verfügungsverfahren ist ein Abschlag zu machen, den die Kammer mit einem Drittel bewertet, so dass ein Streitwert von 100.000,00 € anzusetzen ist.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Streitwert bis zum 02.03.2014: 100.000,-- Euro
Danach: Kosteninteresse
LG Düsseldorf:
Urteil v. 16.04.2014
Az: 2a O 38/14
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