Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 9. Januar 1998
Aktenzeichen: 6 U 77/97
(OLG Köln: Urteil v. 09.01.1998, Az.: 6 U 77/97)
1. Verwendet der Anbieter/Vermittler von Verbundwerbung und Schaltung von Anzeigen in Printmedien in Geschäftsbriefen und Rechnungen neben seiner (vollständigen und/oder teilweisen) Firma, die den Bestandteile "Primus" enthält ein Logo, das aus einer schraffierten, graphisch gestalteten Ziffer 1 besteht, liegt hierin eine markenmäßige Zeichenbenutzung; in einem solchen Falle kann offen bleiben, ob - wie nach altem Warenzeichenrecht - auch nach neuem Markenrecht Zeichen- bzw. markenmäßige Verwendung durch den Verletzer Anspruchsvoraussetzung nach § 14 MarkenG ist.
2. Der sog. "ARD-1" kommt in der eingetragenen Marke "1 Plus" prägende Kraft für das Gesamtzeichen zu.
3. Zur Frage der Verwechslungsgefahr zwischen der sog. "ARD-1" und einer schraffiert dargestellten Ziff. 1 mit breitem aufsteigendem und dachförmig verlaufenden schmälerem Schenkel.
4. Verwirkung markenrechtlicher Ansprüche ist auch bei ca. 12jähriger unbeanstandeter Nutzung des Verletzer-Logos nicht anzunehmen, wenn der Unterlassungsgläubiger keinen konkreten Anlaß hatte, von der Existenz des Verletzers und ihres Logos Kenntnis zu nehmen.
Tenor
A) Die Berufung der Beklagten gegen das am 11.3.1997 verkündete Urteil des Landgerichts Köln - 31 O 708/96 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Hauptaus-spruch des angefochtenen Urteils wie folgt neu gefaßt wird:I.) Die Beklagte wird verurteilt,1.) es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, jeweils zu vollstrecken an ihrem Ge-schäftsführer, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr im Bereich der Vermittlung von Werbeanzeigen in Printmedien zur Kennzeichnung ihres Ge-schäftbetriebes und/oder ihrer Dienstleistungen und/oder in der Werbung hierfür eine "1" in der nachstehend wieder-gegebenen Schreibweise zu benutzen:2.) dem Kläger Auskunft darüber zu erteilen, seit wann und in welchem Umfang sie in der Zeit seit dem 15.11.1993 Handlungen gem. vorstehender Ziffer I 1.) vorgenommen, insbesondere welche Umsätze sie mit diesen Handlungen ge-tätigt und welche Werbemaßnahmen sie hierfür durchgeführt hat, und zwar aufgeschlüsselt in DM-Werte und Kalender-zeiträume. II.) Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger und den übrigen Inhabern der Marken Nr. X. "1" und Nr. Y. "1 PLUS" allen Schaden zu ersetzen, der die-sen durch ihre Handlungen gem. vorstehender Ziffer I 1.) seit dem 15.11.1993 bisher entstanden ist und/oder noch entstehen wird. B) Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens haben der Kläger zu 1/5 und die Beklagte zu 4/5 zu tragen. Die Kos-ten des Berufungsverfahrens haben der Kläger zu 1/10 und die Beklagte zu 9/10 zu tragen. C) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann jedoch die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung o-der Hinterlegung in nachbenannter Höhe abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit jeweils in derselben Höhe leistet. Es ist Sicherheit in folgender Höhe zu leisten bzw. sind folgende Beträge zu hinterlegen: Bei Vollstreckung des Anspruches aufa) Unterlassung: 320.000 DM;b) Auskunft: 56.000 DM;c) Kostenerstattung: 27.500 DM. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 5.000 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet. Beiden Parteien wird nachgelassen, die Sicherheiten auch durch Gestellung einer selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Spar-kasse zu erbringen. D) Die Beschwer der Beklagten wird auf 400.000 DM fest-gesetzt.
Tatbestand
Der Kläger ist Mitglied der "Arbeitsgemeinschaft der
öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik
Deutschland" (ARD). Diese bietet u.a. ein gemeinsames
Fernsehprogramm an, das unter der Bezeichnung "Erstes Deutsches
Fernsehen" allgemein bekannt ist. Zur Kennzeichnung dieses
Programms verwendet die ARD eine graphisch gestaltete "1", wie sie
aus der nachstehend wiedergebenen Ablichtung der Quellenkennung
ersichtlich ist:
Diese "1", die bereits vorher Verwendung gefunden hat, wird seit
dem 15.4.1993 permanent als Quellenkennung oben links in das
Fernsehbild des beschriebenen gemeinsamen Programms der ARD
eingeblendet. Die "1" findet darüberhinaus im Rahmen der ARD auch
anderweit vielfältige Verwendung. Wegen der Einzelheiten hierzu
wird auf die Darstellung des Landgerichts in der angefochtenen
Entscheidung und die dort (S.7) aufgeführten Anlagen zur
Klageschrift Bezug genommen.
Für das vorstehend beschriebene, auch als "ARD-1" oder - in
Abgrenzung von ebenfalls bestehenden Kombinationszeichen - als
"nackte 1" bezeichnete Zeichen sowie für diese "1" in verschiedenen
Kombinationen besteht Markenschutz zu Gunsten (neben den anderen
Sendeanstalten der ARD) des Klägers. Insbesondere sind der Kläger
und die übrigen Sender der ARD gemeinschaftlich Inhaber der Rechte
aus den Marken Nr.X. "1" und Nr.Y. "1 PLUS". Wegen der
Ausgestaltung dieser und der weiter bestehenden Marken wird auf die
- gesondert gehefteten - Anlagen 17-24 zur Klageschrift
verwiesen.
Die Beklagte betreibt Verbundwerbung und vermittelt insbesondere
kleineren und mittleren Unternehmen die Schaltung von Anzeigen in
Printmedien. Sie erzielt seit 1988 einen Jahresumsatz von ca. 4
Mio. DM.
Die Beklagte ist unter ihrer Fa. "P. P. R. GmbH" im Jahre
1984 in das Handelsregister eingetragen worden und verwendet seit
April 1984 in Geschäftsbriefen, Rechnungen und anderen
Geschäftsunterlagen das im obigen Urteilstenor unter A I 1.)
eingeblendete Logo. Wegen der Art der Verwendung des Zeichens im
einzelnen wird beispielhaft auf die in den - ebenfalls gesondert
gehefteten - Anlagenkonvoluten B 1 und B 2 zur Klageerwiderung
enthaltenen Geschäftspapiere Bezug genommen.
Der Kläger ist der Auffassung, die Verwendung dieser Bezeichnung
verstoße gegen seine Rechte aus den beiden oben näher bezeichneten
Marken, aus §§ 5, 15 MarkenG und unter dem Gesichtspunkt der
Rufausbeute gegen § 1 UWG.
Hierzu hat er unter Vorlage dreier demoskopischer Gutachten,
wegen deren Inhalts auf die Anlagen 14-16 zur Klageschrift
verwiesen wird, die Auffassung vertreten, bei der "ARD-1" handele
es sich um ein durchgesetztes Unternehmenskennzeichen und eine im
wettbewerbsrechlichen Sinne berühmte Marke. Das angegriffene
Zeichen sei mit der "ARD-1" verwechselbar, insbesondere werde bei
den beteiligten Verkehrskreisen die unzutreffende Annahme
entstehen, es handele sich bei der Beklagten um ein in Kooperation
mit der ARD tätiges Unternehmen.
Der Kläger hat behauptet, erst kurz vor der unter dem 15.8.1996
ausgesprochenen Abmahnung, wegen deren Wortlauts auf die Anlage K
25 verwiesen wird, Kenntnis von der angegriffenen Bezeichnung
erlangt zu haben.
Er hat b e a n t r a g t,
die Beklagte zu verurteilen,
es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der
Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000 DM,
ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten,
jeweils zu vollstrecken an ihrem Geschäftsführer, zu
unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr im Bereich
der Vermarktung von P. R. zur Kennzeichnung ihres Geschäftbetriebes
und/oder in der Werbung hierfür eine in Alleinstellung und/oder
blickfangmäßig herausgestellte "1" markenmäßig zu benutzen, wie
nachstehend wiedergegeben:
(es folgte die im obigen Tenor unter A
I 1.) eingeblendete Ablichtung)
Auskunft darüber zu erteilen, seit wann und in welchem Umfang
sie Handlungen gem. Ziff. I. 1.) in nicht rechtsverjährter Zeit
bisher begangen, insbesondere welche Umsätze sie insoweit getätigt
und welche Werbemaßnahmen sie hierfür veranstaltet hat, und zwar
aufgeschlüsselt in DM-Werten und Kalenderzeiträumen;
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihm bzw. den
Markeninhabern, allen Schaden zu ersetzen, der diesen in nicht
rechtsverjährter Zeit bisher entstanden ist und/oder noch entstehen
wird.
Die Beklagte hat b e a n t r a g t,
die Klage abzuweisen.
Sie hat den Beweiswert der erwähnten Gutachten in Abrede
gestellt und die Auffassung vertreten, es liege weder eine
Verwechslungsgefahr noch eine Beeinträchtigung des guten Rufes des
Klägers vor. Im übrigen seien etwaige Ansprüche jedenfalls
verwirkt. Sie habe seit 1984 durch ihre Tätigkeit unter Verwendung
der angegriffenen Geschäftsbezeichnung in redlicher Weise einen
schutzwürdigen Besitzstand erworben. Óberdies habe sie im Mai 1993
durch das als - lose geheftete - Anlage B 7 vorgelegte Schreiben
alle Sender der ARD angeschrieben und dabei das Zeichen verwendet,
ohne daß darauf eine Reaktion erfolgt wäre.
Das L a n d g e r i c h t hat die Beklagte - gestützt auf § 1
UWG - antragsgemäß verurteilt. Es liege eine bekannte Marke vor,
der ungeachtet etwaiger markenrechtlicher Ansprüche jedenfalls
(auch) wettbewerbsrechtlicher Schutz gegen Rufschädigung, -ausbeute
und -behinderung zukomme.
Die "nackte 1" der Klägerin genieße eine enorm hohe
Verkehrsbekanntheit. Dies könne trotz gewisser struktureller
Bedenken gegen die durchgeführten Befragungen den Gutachten der
GfK-Marktforschung entnommen werden, zumal die ARD zu den
beliebtesten Sendern gehöre. Die die "nackte 1" beinhaltende Marke
Nr. X. der Klägerin genieße gegenüber dem Logo der Beklagten
Priorität. Diese sei zwar schon seit 1984 in Benutzung, erreiche
Priorität aber erst von dem Zeitpunkt der Erlangung einer
Verkehrsgeltung an. Eine solche ergebe sich indes aus dem Vortrag
der Beklagten nicht.
Das angegriffene Logo der Beklagten sei mit der "1" des Klägers
aus im einzelnen dargelegten Gründen verwechslungsfähig. Es lägen
auch - jedenfalls mittlerweile - die subjektiven Voraussetzungen
des § 1 UWG vor. Aus diesem Grund seien neben dem Unterlassungs-
auch der Auskunfts- und Schadensersatzanspruch entstanden.
Die Ansprüche seien schließlich nicht verwirkt, weil bei der
gebotenen Abwägung der Interessen die enorme Verkehrsbekanntheit
der "1" des Klägers und die Gefahr der Verwässerung Vorrang vor dem
Interesse der Beklagten haben müsse, ihr - sonderrechtlich nicht
geschütztes - Firmenlogo unverändert weiter zu benutzen.
Ihre gegen dieses Urteil gerichtete B e r u f u n g begründet
die Beklagte unter teilweiser Wiederholung und Vertiefung ihres
erstinstanzlichen Vortrags in wesentlichen wie folgt:
Ansprüche aus § 1 UWG unter den Gesichtspunkt der berühmten
Marke schieden bereits deswegen aus, weil die "ARD-1" die von dem
Landgericht angenommene enorme Verkehrsbekanntheit nicht aufweise.
Insbesondere könne dies aus den vorgelegten Umfragen deswegen nicht
abgeleitet werden, weil dabei in unzulässiger Weise geschlossene
Fragen gestellt worden seien. Die Umfragen - so meint die Beklagte
- könnten allenfalls belegen, daß das konkrete Logo der Klägerin
eine hohe Bekanntheit genieße, nicht aber, daß eine irgendwie
gestaltete "1", die auf dem Bildschirm gezeigt werde, vom Zuschauer
als Hinweis auf das erste Programm der ARD verstanden werde. Zudem
sei - wie bereits die Kammer zutreffend festgestellt habe - der
Schutzumfang der Marke "1" sehr gering. Entgegen der Auffassung der
Kammer bestehe auch keine Verwechslungsgefahr. Insoweit sei
maßgeblich, daß es sich bei ihrem Logo um ein zusammengesetztes
Zeichen handele, daß von seinem Gesamteindruck bestimmt werde. Der
Gesamteindruck ihres Logos werde indes nicht durch die Ziffer "1"
geprägt oder auch nur mitbestimmt, diese sei gegenüber dem
Wortbestandteil "P." noch nicht einmal ein gleichgewichtiger
Zeichenbestandteil, weil die Ziffer "1" ein kennzeichnungsschwaches
Element sei. Im übrigen sie der Wortbestandteil ihres Zeichens auch
deswegen maßgebend, weil sich der Verkehr in erster Linie an einem
Wort als der einfacheren Kennzeichnungsart orientiere. Es kehre
auch keines der wesentlichen Elemente der "ARD-1", die sich aus der
zweidimensionalen Abbildung eines dreidimensionalen Zeichens
ergäben, bei ihrem Logo wieder. Schließlich seien auch die
angebotenen Dienstleistungen der Parteien nicht ähnlich.
Es fehle auch an den subjektiven Voraussetzungen des Anspruches,
zumal schon das Landgericht nicht festgestellt habe, von welchem
Zeitpunkt an sie habe erkennen sollen, daß ihr älteres Zeichen mit
demjenigen der ARD verwechslungsfähig sei.
Jedenfalls sei ein etwaiger Anspruch verwirkt. Wie das
Landgericht zu Recht festgestellt habe, habe sie seit 1984 einen
redlichen Besitzstand aufgebaut. Sie habe täglich über 100
Fax-Schreiben mit dem in Kundenkreisen überaus bekannten P.-Logo
versandt. Die Beklagte wiederholt hierzu ihre Behauptung, daß das
als Anlage B 7 vorgelegte Schreiben an alle Sender - und damit auch
an den Kläger - versandt worden sei. Gerade im Sendegebiet des
Klägers sei sie besonders aktiv. Sie verfüge z.B. in einem Büro in
Duisburg über die Adressen von mindestens 30.000 Kunden, von denen
ca. 10.000 mit steter Regelmäßigkeit im Laufe eines Jahres unter
Verwendung des Logos angeschrieben würden. Die Verwirkung setze
nicht die Kenntnis des Zeichengebrauches durch den Kläger voraus,
weil ihn eine Marktbeobachtungspflicht treffe.
Die Beklagte b e a n t r a g t,
das am 11.3.1997 verkündete Urteil des
Landgerichts Köln - 31 O 708/96 - abzuändern und die Klage
abzuweisen.
Der Kläger b e a n t r a g t,
die Berufung mit der Maßgabe
zurückzuweisen, daß der Tenor der Verurteilung der Beklagten wie
oben erkannt neugefaßt wird.
Er trägt zur Erwiderung auf die Berufung vor:
Die "ARD-1" habe sich im Verkehr durchgesetzt. Die Einwände der
Beklagten gegen die Gutachten seien unbegründet, im übrigen biete
er die Einholung eines weiteren Gutachtens an. Es treffe auch nicht
zu, daß der "1" eine geringe Kennzeichnungskraft zukomme. Ebenso
bestehe nicht etwa ein Freihaltebedürfnis für die Ziffer "1" in den
beiden betroffenen Branchen.
Es bestehe auch Verwechslungsgefahr. So seien sich die
gegenüberstehenden Dienstleistungen zumindest ähnlich, weil die
Beklagte sich mit Werbung befasse und auch er einen nicht
unerheblichen Teil seiner Einkünfte aus Werbesendungen erziele. Die
Verwechslungsgefahr bestehe auch unter Berücksichtigung der
Rechtsprechung zu Gesamtzeichen. Insofern sei zu beachten, daß der
"ARD-1" wegen ihrer Durchsetzung im Verkehr eine besondere
Kennzeichnungskraft zukomme, weswegen auch Óbereinstimmungen mit
dem nicht im Vordergrund stehenden Zeichenteil eine
Verwechslungsgefahr auslösen könnten.
Es bestehe wegen der bildlichen Àhnlichkeit unmittelbare, aber
auch wegen der Nähe der Branchen mittelbare
Verwechslungsgefahr.
Vor diesem Hintergrund bestünden - trotz der Anwendbarkeit
(auch) des alten Markenrechts - zunächst markenrechtliche
Ansprüche, weil aus den vorstehenden Gründen auch die nach dem
alten Recht erforderliche Warengleichartigkeit bestehe. Óberdies
ergäben sich die Ansprüche auch aus § 1 UWG, weil sich die "ARD-1"
als Marke im Verkehr durchgesetzt habe.
Schließlich seien seine Ansprüche auch nicht verwirkt. Es fehle
bereits an einem schutzwürdigen Besitzstand. Die Beklagte verwende
das angegriffene Logo nicht bei jedem Geschäftsschreiben, wie sich
aus der Anlage BE 1 (Bl.215) ergebe. Der Kläger bestreitet die
Versendung der aus den Anlagen B 1 bis B 7 ersichtlichen
Geschäftsunterlagen, jedenfalls habe er das als Anlage B 7
vorgelegte Schreiben nicht erhalten. Es fehle auch an einem
Vertrauenstatbestand, weil ihm erst im Jahre 1996 die Verwendung
des streitgegenständlichen Logos aufgefallen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die
gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die einschließlich der
überreichten Anlagen sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung
waren.
Gründe
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet, weil dem
Kläger die streitgegenständlichen Ansprüche, soweit er sie im
Berufungsverfahren noch geltend macht, zustehen. Dabei kann
offenbleiben, ob diese Ansprüche - wie es das Landgericht
angenommen hat - mit Blick auf die große Bekanntheit der "ARD-1"
auch aus § 1 UWG hergeleitet werden können. Denn jedenfalls stehen
sie dem Kläger aus dem von ihm ebenfalls geltendgemachten
Markenrecht zu.
Der Unterlassungsanspruch ist in seiner nunmehr geltendgemachten
Fassung aus §§ 4 Ziff.1, 14 Abs.2 Ziff.2, Abs.5, 152, 153 Abs.1
MarkenG, 15 Abs.1, 24 Abs.1, 31 WZG begründet.
Die Verwendung des angegriffenen Logos ist der Beklagten nach
diesen Vorschriften zu untersagen, weil die Gefahr von
Verwechslungen mit der prioritätsälteren Marke Nr. Y. "1 PLUS" der
Klägerin besteht und der daraus der Klägerin erwachsene Anspruch
entgegen der Auffassung der Beklagten nicht verwirkt ist.
I.
Es liegen zunächst die Voraussetzungen des § 14 Abs.2 Ziff.2
MarkenG vor, der gem. § 152 MarkenG auch zum Schutz der bereits vor
dem Inkrafttreten des Markengesetzes eingetragenen Marke "1 PLUS"
des Klägers anwendbar ist.
1.)
Dabei kann dahinstehen, ob auch das neue Markenrecht - wie das
frühere Warenzeichengesetz - eine Benutzung des angegriffenen
Zeichens gerade als Marke voraussetzt (vgl. zum Meinungsstand
hierüber Fezer, Markenrecht, § 14 RZ 29 ff m.w.N.). Denn die
Beklagte benutzt das Logo auf ihren Geschäftsbriefen und Rechnungen
jedenfalls markenmäßig. Sie weist nämlich hier durch diese
Verwendung ihres Logos nicht auf ihr Unternehmen, sondern auf die
von ihr erbrachten bzw. angebotenen Dienstleistungen hin. Es
entspricht gefestigter, überwiegend noch zum früheren
Warenzeichengesetz ergangener Rechtsprechung, daß die Aufnahme
eines Zeichens in Geschäftsbriefen und Rechnungen als deren
markenmäßige Benutzung anzusehen ist (vgl. Baumbach/Hefermehl,
Warenzeichenrecht, 12. Aufl., § 15 RZ 29; bzw. Fezer, a.a.O., RZ
57, jew. mit zahlreichen Nachweisen). Ausgehend hiervon benutzt die
Beklagte das angegriffene Logo deswegen umso eher markenmäßig, als
sie es in ihren Geschäftsbriefen und Rechnungen nicht selten neben
der - vollständigen oder teilweisen - Wiedergabe ihrer Firma
verwendet. So enthalten schon die beiden ersten in der Anlage B 1
überreichten Geschäftsunterlagen, nämlich der unbeschriebene Bogen
eines Geschäftsbriefes und der als Begleitschein für die
Óbersendung von Unterlagen vorgesehene Adresszettel, neben dem
angegriffenen Logo die vollständige Firma der Beklagten. Àhnlich
enthalten die als Anlage B 2 vorgelegten Rechnungen der Beklagten
neben dem Logo - allerdings verkürzt auf "P. GmbH" - die Angabe von
deren Firma. Jedenfalls aufgrund dieser Gestaltung der
Geschäftsunterlagen faßt der Verkehr das Logo als Kennzeichnung der
Dienstleistung auf, die die Beklagte vertreibt, weswegen diese das
angegriffene Zeichen markenmäßig benutzt.
2.)
Die mit Priorität zum 3.12.1985 eingetragene Marke "1 PLUS" ist
auch prioritätsälter als das angegriffene Zeichen der Beklagten.
Das gilt ungeachtet der Tatsache, daß diese das Zeichen bereits vor
dem vorstehenden Datum, nämlich im April 1984, in Benutzung
genommen hat. Denn eine ältere Priorität könnte die Beklagte auf
diese Weise nur erreicht haben, wenn ihr Zeichen vor dem 3.12.1985
Verkehrsgeltung erlangt hätte. Das ist indes nicht der Fall.
Verkehrsgeltung ist für eine frühere Priorität deswegen
Voraussetzung, weil es sich bei dem angegriffenen Logo weder um die
Firma, noch um eine besondere Bezeichnung des Erwerbsgeschäftes der
Beklagten im Sinne des früheren § 16 Abs.1 UWG handelt, für deren
rechtlichen Schutz die bloße Benutzung ausreichen könnte. Das
angegriffene Logo ist nicht die Firma der Beklagten, die bereits
seit dem Jahre 1984 "P. P. R." lautet, und es ist - zumindest in
der bisher verwendeten Benutzungsform - auch nicht dazu bestimmt
und geeignet, gerade auf das Geschäft der Beklagten hinzuweisen.
Das Letztere ergibt sich schon aus den bereits erwähnten Gründen:
die Beklagte verwendet das Logo gerade neben ihrer Firma und damit
zur Bezeichnung der vertriebenen Dienstleistung und nicht (auch)
ihres Geschäftes. Óberdies ist die hervorgehobene Ziffer "1" für
sich genommen nicht geeignet, namensmäßig auf ihr Unternehmen
hinzuweisen, wie es für eine Anwendung des § 16 Abs.1 UWG a.F.
Voraussetzung wäre (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 17.
Aufl., § 16 UWG, RZ 140).
Hat das Zeichen aus den vorstehenden Gründen keine
Namensfunktion, so setzt sein Schutz aus § 16 Abs.3 UWG a.F. bzw. §
5 Abs.2 S.2 MarkenG und damit auch eine der Beklagten zugute
kommende Priorität - wie bereits das Landgericht entschieden hat -
jedenfalls Verkehrsgeltung voraus. Das angegriffene Logo hat aber
weder heute, noch hatte es - worauf allein abzustellen ist - vor
dem 3.12.1985 Verkehrsgeltung erlangt. Dem Zeichen käme
Verkehrsgeltung zu, wenn es von einem beachtlichen Teil des
Verkehrs als Kennzeichen gerade des Unternehmens der Beklagten
angesehen würde. Hiervon kann indes für den Zeitraum bis zum
3.12.1985 keine Rede sein. Die Beklagte ist erst im Jahre 1984 in
das Handelsregister eingetragen worden und hat im vorliegenden
Verfahren Umsatzzahlen, die Indizien für eine gewisse Bekanntheit
sein könnten, überhaupt erst für die Zeit ab dem Jahre 1988
angegeben.
3.)
Zwischen dem Zeichen "1 PLUS" und dem angegriffenen Logo der
Beklagten besteht schließlich im Sinne des § 14 Abs.2 Ziff.2
MarkenG Verwechslungsgefahr.
Dies gilt auch angesichts der Tatsache, daß sowohl das
Klägerzeichen "1 PLUS", als auch das angegriffene Logo der
Beklagten außer der streitgegenständlichen Ziffer 1 weitere,
voneinander verschiedene (Wort-) Elemente enthalten. Bei der
Beurteilung der zeichenrechtlichen Verwechslungsgefahr der beiden
sich gegenüberstehenden Bezeichnungen ist allerdings nach
gefestigter Rechtsprechung (bestätigend zusammengefasst in BGH GRUR
96,198, 199 - "Springende Raubkatze") auf den Gesamteindruck des
jeweiligen Zeichens abzustellen. Das hindert aber nicht, einem
einzelnen Bestandteil des Klägerzeichens eine besondere, das
Gesamtzeichen prägende Kennzeichnungskraft zuzumessen und deshalb
bei einer Óbereinstimmung des Drittzeichens mit dem so geprägten
Gesamtzeichen eine Verwechslungsgefahr im kennzeichenrechtlichen
Sinne anzunehmen (BGH a.a.O.). Dabei reicht es aus, wenn die
Óbereinstimmung darauf beruht, daß auch auf der Seite des
Verletzerzeichens einem seiner Bestandteile eine prägende, die
Óbereinstimmungen hervorrufende Kennzeichnungskraft beizumessen
ist. So verhält es sich im vorliegenden Streitfalle.
Zunächst kommt der in dem Klägerzeichen Nr. Y. "1 PLUS"
enthaltenen Ziffer 1 prägende Kraft für das Gesamtzeichen zu. Dem
kann nicht ein irgendwie geartetes Freihaltebedürfnis für die
Ziffer 1 als solche entgegengehalten werden. Denn die zu Gunsten
u.a. des Klägers eingetragene Marke ist ein Wort/Bildzeichen und
gewährt - wie der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 9.4.1997
- "Kabel 1/ARD-1" (NJWE 97,205) ausführlich dargelegt hat - keinen
Schutz für die Ziffer 1 als solche, sondern lediglich für die "1"
in der konkreten Schreibweise und Ausgestaltung, wie sie
Bestandteil der Marke ist. Insoweit ist indes ein
Freihaltebedürfnis nicht zu erkennen.
Die Ziffer 1 in der durch die Marke konkret geschützten
Ausgestaltung hat in dem Klägerzeichen eine selbständig
kennzeichnende Stellung und tritt nicht derart in den Hintergrund,
daß sie durch die Einfügung in das Gesamtzeichen ihre Eignung
verliert, die Erinnerung an dieses wachzurufen (vgl. zu diesen
Voraussetzungen BGH a.a.O, m.w.N.). Dies gilt auch angesichts des
Grundsatzes, daß der Verkehr sich regelmäßig eher an dem Wort-, als
an dem Bildbestandteil eines kombinierten Zeichens zu orientieren
pflegt (vgl. BGH GRUR 92,48,50 - "frei öl"). Denn der hierfür
maßgebliche Erfahrungssatz, daß das Kennwort in der Regel für die
Verkehrskreise die einfachste Form ist, um die Ware bzw.
Dienstleistung zu bezeichnen, gilt im vorliegenden Falle nicht. Das
ergibt sich schon daraus, daß auch der Aussagegehalt der Ziffer 1
ohne weiteres erfaßbar ist und die Zuordnung zur ARD möglich macht.
Óberdies kommt hinzu, daß die Ziffer 1 in ihrer konkreten
Ausgestaltung, wie sie Bestandteil auch des Zeichens "1 PLUS" ist,
sehr bekannt ist und bereits in dem maßgeblichen Zeitpunkt der
Kollision beider Zeichen bei der Anmeldung der Marke im Dezember
1985 sehr bekannt war. Letzteres ergibt sich aus der als Anlage 14
zur Klageschrift vorgelegten Untersuchung des
Marktforschungsinstitutes GfK. Danach haben über 91 % der
Befragten, die Fernsehzuschauer sind, auf Vorlage eines Kärtchens,
auf dem die "ARD-1" abgebildet war, erklärt, diese graphisch
ausgestaltete Ziffer 1 im Zusammenhang mit Fernsehsendungen zu
kennen. Óber 76 % der Fernsehzuschauer haben erklärt, das ihnen
vorgelegte Zeichen mit dem ersten Deutschen Fernsehen der ARD in
Verbindung zu bringen. Der Senat hat nicht zu entscheiden, ob diese
Umfrageergebnisse für die Annahme ausreichen, das Zeichen habe sich
im Umfragezeitpunkt bereits durchgesetzt, oder ob dem die von der
Beklagten vorgebrachte Kritik an der angeblich zu geschlossenen
Fragestellung entgegensteht. Denn jedenfalls kann angesichts der
Zahlen kein Zweifel daran bestehen, daß die "ARD-1" im Zeitpunkt
der Kollision beider Marken Anfang Dezember 1985 bereits sehr
bekannt war. Dem steht insbesondere auch nicht etwa entgegen, daß
die dem vorzitierten Gutachten zugrundeliegende Umfrage erst im
Mai/Juni 1986 und damit etwa ein halbes Jahr nach dem
Kollisionszeitpunkt durchgeführt worden ist. Denn es ist
ausgeschlossen, daß die ermittelte Bekanntheit sich in der kurzen
Zeit von nur etwa 6 Monaten entwickelt haben und die "ARD-1" vorher
nicht hinlänglich bekannt gewesen sein könnte. Der Senat sieht von
weiteren Ausführungen zur Bekanntheit der "ARD-1" ab, weil die
Beklagte selbst in der Berufungsbegründung (dort S.3 und 4) die
"hohe Bekanntheit" des - für den Rechtsstreit gerade maßgeblichen -
"konkreten Logos der Klägerin" einräumt.
Die mithin prägende Kraft der Ziffer "1" in ihrer konkreten
Schreibweise tritt schließlich auch nicht durch die Einfügung in
das Gesamtzeichen so in den Hintergrund, daß sie nicht geeignet
wäre, die Erinnerung an das Gesamtzeichen wachzurufen. Dem steht
neben der dargestellten Bekanntheit der "ARD-1" schon der Umstand
entgegen, daß die Ziffer "1" in dem Gesamtzeichen markant
hervorgehoben ist. Der Zuschauer erfaßt das Zeichen "1 PLUS" auf
Grund seiner Ausgestaltung als eine Abwandlung der "ARD-1". Damit
tritt in dem Gesamtzeichen - was für den vorliegenden Rechtsstreit
ohne Bedeutung wäre - möglicherweise der Zusatz "PLUS", jedenfalls
aber nicht die Ziffer 1 in der bekannten Ausgestaltung der "ARD-1"
in den Hintergrund. Diese sowie die weiteren, noch zu erörternden
Feststellungen vermag der Senat, dessen Mitglieder als zumindest
gelegentliche Fernsehkonsumenten zu den von den Parteien
angesprochenen Verkehrskreisen gehören, selbst zu treffen.
Auch in dem angegriffenen Logo der Beklagten weist die bildlich
dargestellte "1" prägende Kraft auf und tritt nicht in den
Hintergrund des Gesamtzeichens. Auch bei diesem Zeichen wird der
Verkehr sich nicht an dem Wortbestandteil, sondern an der Ziffer
"1" orientieren, um es zu erfassen. Das ergibt sich zunächst aus
der optischen Hervorhebung der "1", die weitaus größer als das Wort
"P." und die noch wesentlich kleineren Zusätze dargestellt ist. Es
kommt hinzu, daß die sofort als solche erkennbare Ziffer trotz
ihrer bildlichen Darstellung genauso leicht eine Zuordnung
ermöglicht, wie dies ein Wortbestandteil kann. Außerdem ist das
Wort "P." als Fremdwort für einen Großteil der angesprochenen
Verkehrskreise nicht von seinem Sinngehalt her geeignet, eine
Erinnerung an das Unternehmen der Beklagten hervorzurufen, während
umgekehrt diejenigen, die den Sinn des Wortes "P." kennen, durch
diesen wiederum an die augenfällige Ziffer "1" erinnert werden,
deren beherrschende Kennzeichnungskraft damit noch gestärkt
wird.
Ist aus den vorstehenden Gründen davon auszugehen, daß in beiden
Gesamtzeichen der jeweiligen Ziffer "1" prägende Kraft zukommt, so
zeigt eine unter diesem Gesichtspunkt vorzunehmende
Gegenüberstellung, daß die Gefahr mittelbarer Verwechslungen beider
Zeichen besteht.
Es entspricht - wie der BGH in seiner Entscheidung vom 29.9.
1994 (GRUR 95,50 f "Indorektal/Indohexal") mit Nachweisen
wiederholend ausgeführt hat - gefestigter Rechtsprechung, daß die
Beurteilung der Verwechslungsgefahr nicht nur durch die Àhnlichkeit
der verwendeten Bezeichnungen, sondern auch durch die
Kennzeichnungskraft der zu schützenden Bezeichnung und die
Warennähe der bezeichneten Produkte bzw. die Nähe der bezeichneten
Dienstleistungen bestimmt wird. Diesbezüglich kann auch zur
Beurteilung des § 14 Abs.2 Ziff.2 MarkenG auf die von der
Rechtsprechung in der Vergangenheit zur früheren Gesetzeslage gemäß
§§ 15,24,31 WZG herausgebildeten Grundsätze zurückgegriffen werden,
weil der Begriff der Verwechslungsgefahr insofern durch das
Markenrecht eine Ànderung nicht erfahren hat. Dies bedarf keiner
näheren Ausführungen, weil die Parteien selbst hiervon
ausgehen.
Dem Zeichen "1 PLUS" der Klägerin kommt eine gesteigerte
Kennzeichnungskraft zu. Die Kennzeichnungskraft ist allerdings von
Hause aus nur durchschnittlich, weil lediglich eine Ziffer mit dem
Wort "PLUS" kombiniert wird. Sie ist - und war dies bereits im
Zeitpunkt der Kollision der Marken - aber durch die bereits
beschriebene erhebliche Bekanntheit der in dem Zeichen enthaltenen
"ARD-1" deutlich gesteigert.
Die Zeichen sind auch von großer Àhnlichkeit. Die in dem Zeichen
"1 PLUS" enthaltene "ARD-1" ist geprägt durch einen breiten,
vertikal aufsteigenden und einen zweiten, demgegenüber wesentlich
schmaleren Schenkel, der als schräg verlaufendes "Dach" bezeichnet
werden kann. Diese Elemente verleihen der Ziffer 1 bei der
gebotenen Gesamtschau insofern eine Eigentümlichkeit, als die
deutlich unterschiedliche Breite der beiden Schenkel ins Auge fällt
und sich einprägt. Prägend ist auch der parallel zu der
"Dachschräge" verlaufende untere Abschluß des zunächst
beschriebenen breiten Schenkels. Zudem ist der schmalere Schenkel
auffällig kurz und läuft nicht spitz zu, sondern endet stumpf, was
ebenfalls der Ziffer eine besondere Prägung gibt. Es kommt eine
durch die angedeutete dreidimensionale Darstellung hervorgerufene
gewisse perspektivische Wirkung hinzu.
Mit dieser Ausgestaltung der Ziffer "1" weist die in dem
angegegriffenen Logo der Beklagten enthaltene "1" ganz erhebliche
Óbereinstimmungen auf. So ist auch diese "1" von einem breiten,
vertikal aufsteigenden und einem zweiten, demgegenüber wesentlich
schmaleren und kürzeren Schenkel geprägt. Diese beiden Schenkel
stehen bei beiden Zeichen aus der maßgeblichen Sicht des
Betrachters in demselben Größenverhältnis zueinander, was den
Eindruck erheblicher Àhnlichkeit vermittelt. Im übrigen endet auch
bei dem angegriffenen Logo der Beklagten der schmalere Schenkel
nicht spitz sondern kurz, und trägt so zu der erheblichen
Àhnlichkeit weiter bei.
Die beiden Zeichen unterscheiden sich im Wesentlichen überhaupt
nur darin, daß die beiden Schenkel der Ziffer "1" bei dem Logo der
Beklagten unten nicht schräg und damit wie bei der "ARD-1" parallel
zu dem "Dach", sondern waagerecht enden. Dieser Unterschied wird
indes kaum wahrgenommen werden, zumal der Betrachter die Zeichen
regelmäßig einzeln und nicht nebeneinander sehen wird. Daß bei dem
Logo der Beklagten die leicht perspektivische Wirkung des
Klägerzeichens nicht vorhanden ist, kann ebenso wie die Tatsache
außer Betracht bleiben, daß die "1" in dem angegriffenen Zeichen
anders als in der Marke "1 PLUS" des Klägers schraffiert ist. Die
perspektivische Wirkung der "ARD-1" ist so gering ausgestaltet, daß
sie kaum wahrgenommen wird, und die Schraffierung ändert an der
äußeren Form und damit der Àhnlichkeit nichts, zumal der Betrachter
weiß, daß eine flächige Wirkung im virtuellen Bereich nicht auf die
gleiche Weise wie auf Papier erzielt werden kann. Angesichts der
aufgezeigten geringfügigen Abweichungen mag die für die
Entscheidung nicht erhebliche Frage zweifelhaft sein, ob der
Verkehr die Zeichen für gleich halten wird. An der durch die
geschilderten Einzelheiten hervorgerufenen und für den
Unterlassungsanspruch ausreichenden, sogar großen Àhnlichkeit kann
indes aus den dargestellten Gründen kein Zweifel bestehen.
Angesichts der großen Àhnlichkeit der prägenden Bestandteile
beider Zeichen und der gesteigerten Kennzeichnungskraft der Marke
"1 PLUS" des Klägers wären bei der gebotenen Berücksichtigung der
oben bereits angesprochenen Wechselwirkungen zwischen diesen
Elementen die Voraussetzungen der Verwechslungsgefahr sogar schon
dann gegeben, wenn die Art der von den Parteien erbrachten
Dienstleistungen weiter voneinander entfernt wären. Tatsächlich
sind die Bereiche, in denen die Parteien Dienstleistungen
erbringen, indes sogar keineswegs völlig fern voneinder. Der Kläger
mag mit der Ausstrahlung von Fernsehprogrammen einer Tätigkeit
nachgehen, die derjenigen der Beklagten nicht vergleichbar ist. Er
bietet jedoch auch die Ausstrahlung von Werbesendungen an und wird
damit auf demselben Gebiet - nämlich der Verbreitung von Werbung -
tätig wie die Beklagte. Die Tätigkeitsfelder der Parteien sind
damit jedenfalls so nahe beieinander, wie dies unter den
dargestellten übrigen Umständen Voraussetzung für die Annahme der
Verwechslungsgefahr ist.
Nach alledem sind die tatbestandlichen Vorausetzungen des § 14
Abs.2 Ziff.2 MarkenG erfüllt.
Der Senat läßt offen, ob die beschriebene hohe Àhnlichkeit sogar
zu einer unmittelbaren Verwechslung der Zeichen, also dazu führen
wird, daß der Betrachter z.B. das angegriffene Zeichen der
Beklagten sieht und irrig meint, es handele sich bei der darin
enthaltenen Ziffer "1" um die ihm bekannte "ARD-1". Die Frage kann
dahinstehen, weil jedenfalls die für einen Anspruch aus § 14 Abs.2
Ziff. 2 MarkenG ausreichende sog. "mittelbare Verwechslungsgefahr
im weiteren Sinne" (vgl. Baumbach/Hefermehl, Warenzeichenrecht,
12.Aufl., § 31 WZG RZ 78; Fezer, a.a. O., RZ 136,140 m.w.N.)
gegeben ist. Der Betrachter des angegriffenen Logos wird nämlich
wegen der augenfälligen Àhnlichkeit zumindest an die "ARD-1"
erinnert und deswegen annehmen, daß es sich bei dem Zeichen der
Beklagten um eine Abwandlung des Zeichens des Klägers und mithin um
eine Kennzeichnung eines mit diesem zusammenarbeitenden
Unternehmens handelt, daß also zwischen dem Kläger bzw. der ARD und
der Beklagten wirtschaftliche oder organisatorische Verbindungen
bestehen, was für einen Anspruch aus § 14 Abs.2 Ziff.2 MarkenG
unter dem Aspekt der mittelbaren Verwechslungsgefahr im weiteren
Sinne genügt.
II.
Aus den vorstehenden Gründen ist nicht nur der Verbotstatbestand
des § 14 Abs.2 Ziff.2 MarkenG, sondern ebenfalls der nach früherem
Recht bestehende und aufgrund der Óberleitungsvorschrift des § 153
Abs.1 MarkenG auch im vorliegenden Verfahren noch zusätzlich
maßgebliche Verbotstatbestand der §§ 15 Abs.1, 24 Abs.1, 31 WZG
erfüllt. Das bedarf keiner näheren Begründung, weil die soeben für
die Feststellung der Verwechslungsgefahr herangezogenen Kriterien -
wie oben bereits dargelegt worden ist - auch nach altem Recht
zugrundezulegen waren und die gem. § 5 Abs.3 und 4 WZG zusätzlich
erforderliche Warengleichartigkeit bzw. Gleichartigkeit der von den
Parteien angebotenen Dienstleistungen aus den oben ebenfalls
bereits angesprochenen Gründen ohne weiteres gegeben ist. Die
Dienstleistungen sind gleichartig, weil die Parteien beide - wenn
auch in verschiedenen Medien - die Schaltung von Werbung
anbieten.
III.
Der aus den vorstehenden Gründen entstandene
Unterlassungsanspruch der Klägerin ist auch nicht verwirkt.
Zunächst ist der Verwirkungstatbestand des § 21 Abs.1 MarkenG
nicht erfüllt. Denn der Kläger hat das Zeichen der Beklagten nicht
5 Jahre lang geduldet. Das würde nämlich voraussetzen, daß er
während dieses Zeitraumes Kenntnis von dem Logo des Beklagten hatte
(vgl. allgemein zu diesem Erfordernis Fezer, a.a.O., § 21, RZ 13).
Hiervon kann indes nicht ausgegangen werden. Die hierzu allein von
ihr vorgetragene intensive Benutzung des Logos durch die Beklagte
im Geschäftsverkehr belegt nicht, daß der Kläger oder ein anderer
der in der ARD zusammengeschlossenen Sender von dem Gebrauch des
Logos Kenntnis erlangt hatte.
Aber auch nach den gem. § 21 Abs.4 MarkenG zusätzlich zu
beachtenden - im alten und neuen Recht übereinstimmenden -
allgemeinen Grundsätzen ist Verwirkung nicht eingetreten.
Die Verwirkung von markenrechtlichen Unterlassungsansprüchen
setzt zunächst voraus, daß der Verletzer durch eine länger
andauernde redliche und ungestörte Benutzung einer Bezeichnung
einen Zustand geschaffen hat, der für ihn einen beachtlichen Wert
darstellt (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 19. Aufl.,
Einl. UWG RZ 431 m.w.N.). Der Senat braucht nicht zu entscheiden,
ob - wofür allerdings die vorgelegten Umsatzzahlen sprechen - die
Beklagte einen derartigen redlichen Besitzstand geschaffen hat.
Denn es fehlt jedenfalls an dem weiter erforderlichen Umstand, daß
der Kläger über einen längeren Zeitraum untätig gewesen sein und
dadurch die Entstehung des redlichen Besitzstandes ermöglicht haben
müßte (vgl. Baumbach/Hefermehl, a.a.O. RZ 435 m.w.N.). Der Kläger
ist zwar bis zu der dem vorliegenden Verfahren vorangegangenen
Abmahnung vom 15.8.1996 und damit nach der Geschäftsaufnahme durch
die Beklagte etwa 12 Jahre lang gegen das Zeichen nicht
vorgegangen, das reicht jedoch trotz der langen Dauer für eine
Verwirkung seines Anspruches nicht aus. Denn es steht nicht fest,
daß der Kläger die Verwendung des Zeichens kannte und auch die
Beklagte hatte keinen Anlaß, dies anzunehmen. Es braucht nicht
entschieden zu werden, ob und in welchem Umfang es dem Kläger und
den übrigen an der ARD beteiligten Sendern zur Vermeidung einer
Verwirkung oblag, den Markt darauf zu beobachten, ob
verwechslungsfähige Zeichen verwendet wurden (vgl. dazu näher
Baumbach/Hefermehl, a.a.O., RZ 426 m.w.N.). Denn jedenfalls ist
auch angesichts der vorgetragenen Umsatzzahlen nicht dargelegt, auf
welche Weise der Kläger, der sich als Fernsehsender nicht mit der
Schaltung von Werbeanzeigen in Printmedien befaßt, von sich aus
hätte Kenntnis von dem verwendeten Logo erlangen sollen. Die
Beklagte trägt auch keine Umstände vor, aus denen etwa ungeachtet
der tatsächlichen Unkenntnis des Klägers jedenfalls sie hätte
annehmen können, daß dieser tatsächlich das von ihr verwendete Logo
kannte. Es kann noch nicht einmal aufgrund des von ihr als Anlage B
7 vorgelegten undatierten Schreibens vom Mai 1993 eine derartige
Kenntnis des Klägers angenommen weren. Maßgeblich wäre nämlich
nicht schon die Kenntnis eines beliebigen, auch verantwortlich
tätigen Mitarbeiters des Klägers, sondern wegen des
zeichenrechlichen Hintergrundes die Kenntnis von dessen
Rechtsabteilung. Es kann indes nicht davon ausgegangen werden, daß
das Schreiben die Rechtsabteilung des Klägers oder eines der
übrigen Sender erreicht hat. Das Schreiben betraf inhaltlich den
Ruf der auch von der Beklagten betriebenen Verbundwerbung und
richtete sich damit an den für dieses Thema verantwortlichen
Redakteur. Daß dieser Anlaß gesehen hat, das Schreiben wegen des
Logos der Rechtsabteilung des Klägers vorzulegen, steht indes nicht
fest. Aus diesem Grunde kann die zweifelhafte Frage offenbleiben,
ob der kurze anschließende Zeitraum von etwa 3 Jahren bis zur
Abmahnung für den Eintritt der Verwirkung hätte ausreichen
können.
IV.
Der aus den vorstehenden Gründen bestehende
Unterlassungsanspruch rechtfertigt den Klageantrag in seiner
nunmehr geltendgemachten Fassung in vollem Umfange. Insbesondere
umfaßt der Anspruch alle 3 mit und/oder verbundenen
Antragsalternativen. Das bedarf keiner Begründung für die
Untersagung der Verwendung des Logos der Beklagten zur
Kennzeichnung ihrer Dienstleistungen und der Werbung hierfür. Denn
die insoweit bestehende Wiederholungsgefahr ergibt sich aus den
oben zu A I.1.) festgestellten Verstößen. Es besteht aber -
ungeachtet der eingangs erörterten markenrechtlichen
Verletzungshandlung - auch Begehungsgefahr für die Verwendung des
Logos zur Kennzeichnung des Geschäftsbetriebes der Beklagten, wie
sie durch die erste Alternative des obigen Verbotstenors erfaßt
ist. Denn es ist im Sinne einer Erstbegehungsgefahr jederzeit damit
zu rechnen, daß die Beklagte das bereits bewährte Logo auch in
einer Weise verwenden kann und wird, die der Verkehr als Hinweis
auf ihren Geschäftsbetrieb versteht.
Neben dem Unterlassungsanspruch sind auch der Auskunftsanspruch
sowie der - ohne weiteres gem § 256 Abs.1 ZPO zulässige - Antrag
auf Feststellung der Schadensersatzpflicht in ihrer nunmehr im
Berufungsverfahren geltendgemachten Fassung zulässig und begründet.
Der Kläger ist insbesondere berechtigt, im Wege der
Prozeßstandschaft für die übrigen Sender auch den diesen
entstandenen Schaden geltend zu machen, weil sie ihn nach seinem
unwidersprochen gebliebenen erstinstanzlichen Vortrag hierzu
ermächtigt haben.
Die Begründetheit der Anträge ergibt sich für die Feststellung
der Schadensersatzpflicht aus den vorstehend zu A I. und II.
aufgeführten Normen in Verbindung mit § 14 Abs.6 MarkenG und für
den Auskunftsanspruch aus denselben Bestimmungen in Verbindung
zusätzlich mit § 242 BGB. Insoweit wird zur Begründung zunächst auf
die obigen Ausführungen unter A Bezug genommen, die sinngemäß auch
für den Auskunfts- und den Schadensersatzanspruch gelten. Es kann
im übrigen trotz der von dem Senat in der mündlichen Verhandlung
dargelegten erheblichen Zweifel an dem Eintritt eines unmittelbaren
Schadens das Bestehen eines Schadensersatzanspruches mit Blick auf
die Möglichkeit der Lizensierung des Zeichens nicht ausgeschlossen
werden. Die Beklagte haftet auch für eventuelle Schäden des
Klägers, weil ihr Geschäftsführer die Umstände kannte, die den
Unterlassungsanspruch begründen, und aus diesem Grunde im Sinne des
§ 14 Abs.6 MarkenG schuldhaft gehandelt hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs.1, 269 Abs.3, 523
ZPO. Die Klägerin hat die Klage im Termin vom 12.12.1997 teilweise,
nämlich bezüglich der "1" in Alleinstellung, zurückgenommen. Die
Höhe der aus diesem Grunde für beide Instanzen auszusprechenden
Kostenquote ergibt sich aus dem unten zum Streitwert dargelegten
Umfang der Klagerücknahme und - bezüglich der Kosten des
Berufungsverfahrens - aus der daraus folgenden Reduzierung der
Urteilsgebühr.
Der Senat sieht davon ab, die auf die Auskunfts- und
Schadensersatzansprüche entfallenden Kosten des Berufungsverfahrens
mit Blick auf die Unzulässigkeit der diesbezüglich in erster
Instanz gestellten Anträge gem. § 97 Abs.2 ZPO in voller Höhe dem
Kläger aufzuerlegen. Denn es ist davon auszugehen, daß dieser auf
einen gem. § 139 ZPO gebotenen richterlichen Hinweis hin - wie es
im Berufungsverfahren geschehen ist - seine Anträge dahingehend
umgestellt hätte, daß der betroffene Zeitraum durch die Angabe von
Daten und nicht mit der Formulierung "in nicht rechtsverjährter
Zeit" umschrieben worden wäre.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§
708 Nr.10, 711 ZPO.
Die gemäß § 546 Abs.2 ZPO festzusetzende Beschwer der Beklagten
entspricht dem Wert ihres Unterliegens im Rechtsstreit.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig wie
folgt festgesetzt:
bis zur mündlichen Verhandlung am 12.12.1997 in der bereits
durch Beschluß von jenem Tage einverständlich festgesetzten
Differenzierung auf 500.000 DM;
ab Antragstellung in der mündlichen Verhandlung vom 12.12. 1997
unter Reduzierung der Werte der Einzelansprüche jeweils um 1/5 auf
insgesamt 400.000 DM.
Die Neufassung des Klageantrages in der mündlichen Verhandlung
stellt insoweit bezüglich sämtlicher geltendgemachter Ansprüche
eine Teilklagerücknahme dar, als der Kläger nunmehr die Verwendung
der "1" nicht mehr in Alleinstellung angreift. Der Senat schätzt
mangels näherer Angaben der Parteien den Wert dieses Teiles der
Ansprüche gem. §§ 12 Abs.1 GKG, 3 ZPO auf 1/5 des gesamten
Streitwertes, weil das Logo bisher die "1" nicht in Alleinstellung
aufweist.
OLG Köln:
Urteil v. 09.01.1998
Az: 6 U 77/97
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/1b8cb9c960af/OLG-Koeln_Urteil_vom_9-Januar-1998_Az_6-U-77-97