Hessischer Verwaltungsgerichtshof:
Beschluss vom 13. Mai 1991
Aktenzeichen: 9 TG 699/91

(Hessischer VGH: Beschluss v. 13.05.1991, Az.: 9 TG 699/91)

Gründe

Die zulässige Beschwerde der Bevollmächtigten der Antragsteller ist begründet, denn der angefochtene Beschluß des Verwaltungsgerichts erweist sich in zweierlei Hinsicht als fehlerhaft.

1.)

Die Festsetzung des Gegenstandswertes hätte nicht durch den Berichterstatter, sondern durch die Kammer erfolgen müssen. Die auf § 87a Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. Abs. 3 VwGO gestützte Vorgehensweise greift nur im vorbereitenden Verfahren Platz. Um ein solches hat es sich aber im Zeitpunkt der Wertfestsetzung durch das Verwaltungsgericht nicht mehr gehandelt, nachdem das Verfahren in erster Instanz durch den Beschluß des Verwaltungsgerichts vom 23. Oktober 1990 abgeschlossen worden war. Zwar hätte es de lege ferenda nahegelegen, Wertfestsetzungen auch außerhalb des vorbereitenden Verfahrens durch den Vorsitzenden bzw. Berichterstatter vornehmen zu lassen, der eindeutige Wortlaut des § 87a VwGO schließt jedoch derzeit eine Wertfestsetzung durch den Einzelrichter nach Beendigung des Verfahrens aus.

2.)

Auch hinsichtlich der Höhe des festgesetzten Gegenstandswertes vermag der Senat dem Verwaltungsgericht nicht zu folgen.

Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 BRAGO bestimmt sich der Gegenstandswert in gerichtlichen Verfahren nach den für Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften. Die damit angesprochene Bestimmung des § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG, die auch in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 20 Abs. 3 GKG anzuwenden ist, bezeichnet als wertbestimmendes Kriterium jedoch lediglich die sich aus dem Antrag des Klägers ergebende Bedeutung der Sache, so daß nach weiteren Anhaltspunkten für die Wertfestsetzung gesucht werden muß. Erst wenn solche Anhaltspunkte fehlen, ist auf den sogenannten Auffangstreitwert des § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG zurückzugreifen.

Bei Anträgen auf Bewilligung laufender Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz bietet sich eine entsprechende Anwendung von § 17 Abs. 1 GKG an. Zwar sind Leistungen der Sozialhilfe keine rentengleichen Dauerleistungen, das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ist vielmehr stets neu zu prüfen; jedoch kann nach der Erfahrung davon ausgegangen werden, daß laufende Hilfe zum Lebensunterhalt in der Regel für einen längeren Zeitraum, dessen Ende zumeist nicht absehbar ist, geleistet wird. Der Senat zieht deshalb in Fällen wie dem vorliegenden in ständiger Praxis § 17 Abs. 1 GKG zur Wertbestimmung heran, nicht weil sich Ähnlichkeiten zum Unterhaltsprozeß aufdrängen, sondern weil die begehrten Leistungen wiederkehrenden Charakter haben. Die Anknüpfung an § 17 Abs. 1 GKG nötigt aus diesem Grunde in Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes auch nicht zu einem Rückgriff auf § 20 Abs. 2 GKG. Vielmehr erscheint dem Senat auch nach erneuter Prüfung die Reduzierung des Gegenstandswertes im Eilverfahren um nur 1/3 sachgerecht, weil in Verfahren der vorliegenden Art häufig die Hauptsacheentscheidung vorweggenommen wird und faktisch in vielen Fällen das einstweilige Anordnungsverfahren ein späteres Widerspruchs- und Klageverfahren ersetzt, wohingegen vorläufigen Unterhaltsregelungen des Familiengerichts regelmäßig Entscheidungen in der Hauptsache (z. B. im Verbundverfahren gemäß § 623 ZPO) folgen.

Der Gegenstandswert errechnet sich deshalb aus dem Achtfachen des monatlichen Leistungsbetrages der Antragsteller in Höhe von 1.274,04 DM.






Hessischer VGH:
Beschluss v. 13.05.1991
Az: 9 TG 699/91


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