Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. Oktober 2003
Aktenzeichen: 28 W (pat) 222/02

(BPatG: Beschluss v. 15.10.2003, Az.: 28 W (pat) 222/02)

Tenor

Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 2 vom 5. August 2002 aufgehoben soweit die Löschung der angegriffenen Marke wegen des Widerspruchs aus der Marke 399 12 347 angeordnet worden ist, und der Widerspruch zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die für die Waren

"Farben, Lacke, Rostschutzmittel, Holzkonservierungsmittel, Putze"

mit farblich gestalteten Buchstaben eingetragenen Marke Ambienteist Widerspruch erhoben worden aus der prioritätsälteren, ebenfalls farblich gestalteten Marke 399 12 347 siehe Abb. 1 die für die Waren "Farben und Lacke" geschützt ist.

Die Markenstelle für Klasse 2 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet, da vor dem Hintergrund identischer bzw. hochgradig ähnliche Waren und identischer Markenkennwörter die Gefahr von Verwechslungen auf der Hand liege.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin, die rügt, dass die Markenstelle nicht ausreichend auf den graphisch ausreichend unterschiedlichen Gesamteindruck der Marken, sondern allein auf den schutzunfähigen Wortbestandteil "Ambiente" abgestellt habe, obwohl damit nur der Verwendungs- und Bestimmungszweck der Waren zum Ausdruck gebracht werde.

Sie beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses den Widerspruch zurückzuweisen.

Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde der Markeninhaberin zurückzuweisen.

Sie schließt sich der Begründung des angefochtenen Beschlusses an und verweist darauf, dass es sich bei "Ambiente" nicht um ein besonderes Merkmal der beanspruchten Produkte im Sinne einer Sachangabe handele.

II.

Die zulässige Beschwerde der Markeninhaberin ist begründet. Nach Auffassung des Senats besteht zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke keine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

Zwar hat die Markenstelle zunächst zutreffend ausgeführt, dass sich nach der Registerlage teils identisch, teils zwanglos ähnliche Waren gegenüber stehen, was im System der markenregisterrechtlichen Wechselwirkung zwischen Waren und Markenähnlichkeit dazu führt, dass zur Verneinung einer Verwechslungsgefahr strenge Anforderungen an den Markenabstand zu stellen sind, den die jüngere Marke vorliegend aus Rechtsgründen einhält, auch wenn die dem Verkehr zur zwangslosen Benennung der Marken angebotenen und herausgestellten einzigen Wörter identisch sind.

Die Markenstelle hat dabei nämlich übersehen, dass es sich bei dem Wort "Ambiente" um eine schutzunfähige Sachangabe handelt, die nicht isoliert kollisionsbegründend bei der Frage der Markenähnlichkeit herangezogen werden kann. Bereits in seiner Entscheidung vom 9.2.1994 im Verfahren 28 W 172/92 ("Hüppe Ambiente/Ambienta") hat der Senat darauf hingewiesen, dass das Wort "Ambiente" als beliebter Sachhinweis auf eine besondere künstlerische und modisch stilgerechte Umgebung bzw. Atmosphäre, in der jemand lebt, gerade im Bereich der Wohnkultur freihaltebedürftig ist und diesem Wortbestandteil in Gesamtbezeichnungen daher keine prägende, kollisionsbegründende Bedeutung zukommen könne. Zwar ist richtig, dass mit "Ambiente" vom reinen Wortsinn her zunächst keine unmittelbare stoffliche Beschaffenheitsangabe der Farbe im Sinne von Viskosität oder chemischer Zusammensetzung verbunden ist. Wie die Markeninhaberin - und zwar bereits im Verfahren vor der Markenstelle - jedoch überzeugend dargelegt und nachgewiesen hat, wird das Wort im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren seit langem als Wirkungsangabe eingesetzt und hat in diesem Kontext seiner Verwendung nachhaltig die Verkehrsauffassung geprägt. So beschränkt sich die werbliche Anpreisung von Farben zB nicht mehr allein darauf, dass mit diesen Farben ein spezielles Wohnambiente erzielt werden kann, etwa unter dem Slogan "Farbe ist Ambiente", "Farben schaffen Ambiente" oder "Ambiente durch Farbgestaltung", sondern der Trend geht inzwischen zu ausgesprochenen "Ambiente-Farben", die nach ihrer Art und Beschaffenheit (zB der Farbtöne in Richtung weich, gedämpft, gemütlich, wie der Art der stofflichen Zusammensetzung, wie hochdeckend, farbecht usw.) selbst dem Laien versprechen, damit ein ansprechendes Ambiente zu schaffen. Typisch hierfür ist die eigene Werbepraxis der Widersprechenden, die in einem Katalog "Wohnen mit Farbe" ausdrücklich "Ambiente Wohnraumfarben" zur Erzielung einer harmonischen Wohnraumgestaltung anbietet.

Entgegen der Auffassung von Markenstelle und Widersprechenden handelt es sich mithin bei dem Wort "Ambiente" nicht bloß um einen mittelbaren Sachhinweis dahin, dass mit den Waren bei entsprechender fachgerechter und gestalterischer Arbeit eine angenehme Atmosphäre erzielt werden kann, sondern um eine durch die Verkehrsgepflogenheiten der praktischen Verwendung nunmehr üblich gewordene unmittelbare Bestimmungsangabe, die dem Zeichenschutz nicht zugänglich ist. Erschöpft sich aber wie vorliegend die markenmäßige Übereinstimmung im ausschließlich beschreibenden Bereich, hat eine die Verwechslungsgefahr begründende Markenähnlichkeit aus Rechtsgründen auszuscheiden, oder anders ausgedrückt, der Schutzumfang der Widerspruchsmarke erstreckt sich nicht auf den Wortbestandteil "Ambiente". Die Frage, ob beide Marken vor diesem Hintergrund dann überhaupt hätten eingetragen werden dürfen, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens und kann daher dahingestellt bleiben.

Die Beschwerde der Markeninhaberin hatte im Ergebnis Erfolg, der angefochtene Beschluß war aufzuheben und der Widerspruch zurückzuweisen, wobei für die Auferlegung von Kosten aus Billigkeitsgründen (§ 71 Abs 1 MarkenG) keine Veranlassung bestand.

Stoppel Schwarz-Angele Paetzold Na Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/D5320.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 15.10.2003
Az: 28 W (pat) 222/02


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