Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. August 2003
Aktenzeichen: 20 W (pat) 67/02
(BPatG: Beschluss v. 04.08.2003, Az.: 20 W (pat) 67/02)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Die Anmeldung P 44 39 354.7-45 wurde vom Patentamt zurückgewiesen, weil die Lehre des Anspruchs 1 nicht neu, sondern aus
(1) DE 42 11 441 A1, bekannt sei.
Die Anmelderin stellt den Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage des in der mündlichen Verhandlung überreichten Patentanspruchs 1 zu erteilen.
Der Anspruch 1 lautet:
"1. Verfahren zur Steuerung eines mittels Münzen, Token oder ähnlichen Zahlungsmitteln betätigbaren Spielautomaten, welcher zufallsgesteuerte symboltragende Anzeigen aufweist, die insbesondere als umlaufende Scheiben, Walzen, Würfel oder als Klappkarten oder als auf einem Bildschirm oder auf einer Flüssigkristallanzeige darstellbare Symbole ausgebildet sind, wobei die Arbeitsweise des Spielautomaten darin besteht, daß ein Zufallszahlengenerator solange Zufallszahlen ermittelt, bis diese von einer zentralen Steuereinheit als zulässig anerkannt werden, wobei Stoppositionen der Umlaufkörper oder Symbolkombinationen mehrere zulässige Zufallszahlen zuordenbar sind unddaß nachfolgend die symboltragenden Anzeigen auf dem, der jeweiligen Zufallszahl zugeordneten Symbol oder der zugeordneten Symbolkombination gestoppt werden, wobei die daraus entstehende Symbolkombination einen Gewinn oder Nichtgewinn symbolisiert, was ggf. zur Erhöhung der Inhalte von Gewinnspeicher und deren nachgeordneten Anzeigevorrichtungen führt.
dadurch gekennzeichnet, daß die zentrale Steuereinheit die Dauer der Nichtbespielung überwacht und nach Feststellung eines vorgegebenen ersten Zeitbereichs der Nichtbespielung für einen vorgegebenen zweiten Zeitbereich und/oder vorgegebene Spielabläufe zumindest bei einer der symboltragenden Anzeigen den Stoppositionen der einzelnen Symbole und/oder den einzelnen Symbolkombinationen eine größere Anzahl zulässiger Zufallszahlen zugeordnet wird, als den übrigen Symbolen, deren Stoppositionen oder den anderen ganzen Symbolkombinationen unddaß die vorgegebenen Zeitbereiche und/oder die vorgegebenen Spielabläufe, in denen sich eine Veränderung der Zuordnung von zulässigen Zufallszahlen je Stopposition und/oder Symbolkombination einstellt, dem Spieler frontseitig angezeigt wird und/oderdaß die veränderten Wahrscheinlichkeiten für die Erreichung von einzelnen Stoppostionen und/oder Symbolkombinationen dem Spieler frontseitig angezeigt wird."
In der mündlichen Verhandlung hat außer (1) noch
(3) DE 40 39 317 A1 eine Rolle gespielt.
II Der Anspruch 1 ist nicht gewährbar, sein Gegenstand nicht patentfähig, weil er sich am Anmeldetag für den Fachmann in naheliegender Weise aus (1) und (3) ergab (§ 4 PatG).
a) Ein Verfahren mit den Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 1 ist aus (1) bekannt (Sp 4 Z 40 bis 64). Dabei sind bereits Stoppositionen der einzelnen Symbole eine größere Anzahl zulässiger Zufallszahlen zugeordnet als den übrigen Symbolen (Sp 4 Z 66 bis Sp 5 Z 9).
Die Erscheinungswahrscheinlichkeit von einzelnen Symbolen ist in Abhängigkeit von bestimmten Ereignissen veränderbar, und diese Veränderung wird dem Spieler frontseitig angezeigt (Sp 5 Z 25 bis 31).
b) Ein Anlaß zum Verändern einer Gewinnkombination liegt zB in der Auszahlquote der letzten 24 Stunden (Sp 3 Z 51 bis 54). Ein Fachmann mit Ingenieursausbildung, der beruflich mit der optimalen Steuerung von münzbetätigten Unterhaltungsautomaten befaßt ist, achtet nicht nur darauf, ob während des Spielbetriebs innerhalb einer festen Zeitspanne eine bestimmte Auszahlquote zustande kommt: Vornehmlich liegt ihm an einer Aussage darüber, ob während dieses Zeitbereichs das Gerät überhaupt bespielt worden ist. Dies entspringt schon allein dem Wunsch des Automatenbetreibers nach möglichst hoher Akzeptanz der Unterhaltungseinrichtung: Findet der Automat über eine gewisse Zeit keinen Zuspruch, so muß der Spielanreiz erhöht werden. Diese Art der Absatzförderung entspricht üblichem Geschäftsgebaren und ergibt sich aus der Lebenserfahrung.
Zur Erhöhung des Spielanreizes steuert der Fachmann einen münzbetätigten Unterhaltungsautomaten dergestalt, daß er sich zu bestimmten Tages- oder Wochenzeiten - hier bei Nichtbespielung während einer vorgegebenen Zeitspanne - zu reduzierten Kosten benutzen läßt ((3) Sp 2 Z 1 bis 11). Das ist gleichbedeutend damit, daß der Spieler auch mit einer niedrigeren Geldeingabe den Automaten betätigen kann, oder mit der gleichen Geldeingabe höhere Gewinnaussichten erreicht.
Ob der Fachmann während der Spielkostenreduzierung die höhere Wahrscheinlichkeit für die ermittelten Zufallszahlen auch noch von der Geschicklichkeit des Spielers abhängen läßt ((1) Sp 3 Z 46 bis 50), liegt in seinem Belieben. Diese Zeitbereiche und die vorgegebenen Spielabläufe zeigt er dem Spieler frontseitig an ((1) Anspruch 3, (3) Ansprüche 4 und 5).
Dr. Anders Obermayer Dr. Hartung Martensbr/Be
BPatG:
Beschluss v. 04.08.2003
Az: 20 W (pat) 67/02
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/1bb29cf210d2/BPatG_Beschluss_vom_4-August-2003_Az_20-W-pat-67-02