Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. April 2007
Aktenzeichen: 32 W (pat) 43/05
(BPatG: Beschluss v. 25.04.2007, Az.: 32 W (pat) 43/05)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die am 3. Juni 2004 angemeldete Wortmarke Frühlingskräuterist für folgende Waren bestimmt:
"5: Tee und teeähnliche Erzeugnisse (Kräuter- und Früchtetees) für medizinische Zwecke, auch vitaminisiert und/oder aromatisiert und/oder instantisiert und/oder mineralisiert;
30: Tee und teeähnliche Erzeugnisse (Kräuter- und Früchtetees) für Genusszwecke, auch vitaminisiert und/oder aromatisiert und/oder instantisiert und/oder mineralisiert; Eistee; Getränke mit oder auf der Basis von Tee/Kräutertee/Früchtetee; trinkfertige alkoholfreie Getränke, insbesondere Tee/Kräutertee/Früchtetee unter Beimischung von Fruchtgetränken und/oder Fruchtsäften;
32: alkoholfreie Getränke, insbesondere Fruchtgetränke und Fruchtsäfte unter Beimischung von Tee; Energy-Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Mineralwässer und andere kohlensäurehaltige Wässer; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken".
Seitens der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts ist die Anmeldung nach vorangegangener Beanstandung, der mehrere Belegstellen aus dem Internet zur Verwendung des Markenworts beigefügt waren, mit Beschluss einer Regierungsangestellten im höheren Dienst vom 21. Februar 2005 teilweise zurückgewiesen worden, nämlich für sämtliche beanspruchten Waren mit Ausnahme von "Mineralwässer". Der im Verkehr bereits beschreibend verwendeten Bezeichnung "Frühlingskräuter" (für Kräuter, die im Frühling wachsen und geerntet werden) fehle jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Das Markenwort werde als Hinweis auf Inhaltsstoffe und Zusätze der beanspruchten Tees und Getränke verstanden, nicht aber als betriebliche Herkunftsangabe. Einer Wertung als Beschaffenheitsangabe stehe nicht entgegen, dass es unterschiedliche Frühlingskräuter gebe.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie bei sach- und interessengerechter Auslegung die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses im Umfang der Versagung erstrebt.
Selbst wenn der angesprochene Verbraucher im Blick auf die beanspruchten Waren vermuten könne, dass diese Kräuter enthielten, werde er die Bezeichnung "Frühlingskräuter" als individuellen Eigennamen verstehen, da keine klar definierte Geschmacksrichtung angegeben werde und es sich auch nicht um eine Gattungsbezeichnung handele. Ein Mindestmaß an Interpretationsbedürftigkeit und Phantasie sei vorhanden, zumal für Teetrinker bei Wahrnehmung einer Produktkennzeichnung das (emotionale) Lebensgefühl Vorrang vor dem Gedanken an Inhaltsstoffe habe.
In weiteren Schriftsätzen weist die Anmelderin auf die Eintragung der deutschen Marken "Zarte Frühlingsblüte" (u. a. für Tee) und "Alpenfrucht" (für Getränke) hin; sie ist der Auffassung, an die Beurteilung der Schutzfähigkeit der verfahrensgegenständlichen Marke dürfe kein anderer Maßstab angelegt werden.
Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin bleibt in der Sache ohne Erfolg, weil der angemeldeten Bezeichnung für die verfahrensgegenständlichen Waren jegliche Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. EuGH GRUR 2006, 233, 235, Nr. 45 - Standbeutel; BGH GRUR 2006, 850, 854, Rdn. 18, 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard). Die Prüfung, ob das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft vorliegt, muss - seitens der Markenstelle ebenso wie in der Beschwerdeinstanz - streng, vollständig, eingehend und umfassend sein (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, Rdn. 59 - Libertel; GRUR 2004, 674, Rdn. 123 - Postkantoor). Enthält eine Bezeichnung - wie hier - einen beschreibenden Begriffsinhalt, der vom Verkehr, d. h. von einem normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher (vgl. EuGH GRUR 2004, 428, Rdn. 50 - Henkel; GRUR 2004, 943, Rdn. 24 - SAT.2), ohne weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erkannt wird, so ist ihr die Registrierung als Marke zu versagen. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel hinsichtlich der betrieblichen Herkunft versteht (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2003, 1050 - Cityservice).
Das Wort "Frühlingskräuter" ist, wie bereits die Markenstelle belegt hat und die Anmelderin nicht ernsthaft in Zweifel ziehen kann, ein gängiger und häufig verwendeter Begriff der deutschen Sprache, der für den angesprochenen Verkehr in keiner Weise unklar oder mehrdeutig ist. Niemand, der auf einer Verpackung für Tee (unabhängig von der Bestimmung für medizinische oder für Genusszwecke) das Wort "Kräuter" liest, wird auf den Gedanken kommen, hiermit solle ein Hinweis auf den Herstellungsbetrieb gegeben werden. Vielmehr wird hierin ausnahmslos der sachbezogene Hinweis auf die Inhaltstoffe bzw. die Geschmacksrichtung gesehen. Für einen die Art der Kräutermischung näher spezifizierenden Begriff wie "Frühlingskräuter" (hier nach der Jahreszeit, in der die betreffenden Kräuter wachsen und geerntet werden) gilt nichts anderes. Dass ein Frühlingskräuter-Tee in der Regel aus mehreren Kräutersorten bzw. -extrakten besteht, macht den angemeldeten Begriff als solchen nicht phantasievoll oder interpretationsbedürftig. Eine etwaige Werbewirksamkeit bzw. die seitens der Anmelderin unterstellte Eignung, Interessenten auf einer emotionalen Ebene anzusprechen, vermag die fehlende Eignung zur Vermittlung eines betrieblichen Herkunftshinweises nicht zu kompensieren (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 8 Rdn. 39). Für die sonstigen verfahrensgegenständlichen Getränke, unabhängig davon, ob diese auf der Grundlage bzw. unter Beimischung von Tee hergestellt sind oder nicht (sowie für Ausgangsstoffe zur Herstellung) gilt nichts Abweichendes. Auch insoweit bezeichnet "Frühlingskräuter" naheliegenderweise die Inhaltsstoffe und/oder die Geschmacksrichtung des betreffenden Getränks.
Aus der Eintragung und Schutzgewährung für andere, vermeintlich ähnliche Marken vermag die Anmelderin keinen Anspruch auf Registrierung abzuleiten. Die deutsche Rechtsprechung geht von jeher davon aus, dass Voreintragungen - selbst identischer Marken - weder für sich, noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen führen, welche über die Eintragung zu befinden haben (vgl. z. B. BGH BlPMZ 1998, 248 - Today; BPatGE 32, 5 - CREATION GROSS; BPatG GRUR 2007, 333 - Papaya; BlPMZ 2007, 236 - CASHFLOW). Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke stellt keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage dar. Im Recht der Europäischen Gemeinschaft (Markenrichtlinie, GMV) gilt nichts Abweichendes, wie der Europäische Gerichtshof in den letzten Jahren mehrfach festgestellt hat (vgl. z. B. GRUR 2004, 674 - Postkantoor; GRUR 2004, 428, Rdn. 63 - Henkel). Eintragungen von Marken in das Gemeinschaftsmarkenregister oder in die Register einzelner Staaten können zwar Beachtung finden, führen aber nicht zu einer rechtlichen Bindung der nationalen Markenämter.
Ob im Umfang der Versagung einer Registrierung der angemeldeten Marke auch das Schutzhindernis der Merkmalsbezeichnung (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) entgegensteht, kann als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben.
Auf den Gesichtspunkt der Durchsetzung der angemeldeten Wortmarke im beteiligten Verkehr infolge Benutzung (gem. § 8 Abs. 3 MarkenG) hat die Anmelderin ihr Eintragungsbegehren nicht gestützt.
BPatG:
Beschluss v. 25.04.2007
Az: 32 W (pat) 43/05
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