Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. Juli 2000
Aktenzeichen: 28 W (pat) 107/99
(BPatG: Beschluss v. 26.07.2000, Az.: 28 W (pat) 107/99)
Tenor
Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 12 - vom 22. März 1999 aufgehoben.
Wegen des Widerspruchs aus der Marke 1 158 806 wird die Löschung der Marke 396 52 717 angeordnet.
Gründe
I.
Gegen die am 23. Januar 1997 für die Waren
"Motorräder und Motorroller"
eingetragene Marke 396 52 717 SPACER deren Eintragung am 10. April 1997 veröffentlicht worden ist, ist Widerspruch erhoben aus der Marke 1 158 806 siehe Abb. 1 am Endeeingetragen seit dem 14. Mai 1990 ua für die Waren "Landfahrzeuge, nämlich Fahrräder".
Die Markenstelle für Klasse 12 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch wegen fehlender Glaubhaftmachung der Benutzung zurückgewiesen, da in der eidesstattlichen Versicherung nicht zum Ausdruck komme, für welche Waren die Widersprechende ihre Marke benutze.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden mit dem sinngemäßen Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.
Sie legt weitere Benutzungsunterlagen vor, insbesondere eine neue eidesstattliche Versicherung, die ausdrücklich eine Benutzung für Fahrräder enthält.
Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält die Nichtbenutzungseinrede aufrecht und rügt in erster Linie, daß keine Benutzung in der eingetragenen Form stattfinde; zudem bestehe keine Ähnlichkeit zwischen den Waren Fahrrädern und den Waren der Markeninhaberin.
II.
Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses. Nach Ansicht des Senats besteht Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG zwischen den einander gegenüberstehenden Kennzeichnungen, legt man die bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr implizierte Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zugrunde.
Die Widerspruchsmarke wird rechtserhaltend für die Ware Fahrräder benutzt. Dies ergibt sich zweifellos aus den bereits im Verfahren vor der Markenstelle von der Widersprechenden vorgelegten Glaubhaftmachungsunterlagen. Zwar nennt die dort eingereichte eidesstattliche Versicherung nicht ausdrücklich die Ware, für die die Marke benutzt wird. Diese Erklärung darf jedoch nicht isoliert gesehen werden, sondern im Kontext der übrigen Unterlagen, soweit darauf - wie hier -ausdrücklich Bezug genommen wird. Das sind hier die zu den Akten überreichten Kataloge, die zeigen, daß die Widerspruchsmarke ausschließlich an Fahrrädern angebracht ist. Die vor dem Amt genannten Umsatzzahlen decken die relevanten Zeiträume nach § 43 Abs 1 Satz 1 und Satz 2 MarkenG ab und belegen vom Umfang her die Ernsthaftigkeit der Benutzung. Die mit der Beschwerdebegründung eingereichten weiteren Unterlagen stimmen damit überein.
Soweit die Markeninhaberin eine Benutzung der älteren Marke in der eingetragenen Form bestreitet, berührt die konkrete Art der Verwendung in normalen Großbuchstaben ohne graphische Gestaltung nicht den kennzeichnenden Charakter der Marke im Sinne des § 26 MarkenG. Selbst wenn es sich bei dem Markenwort "Pacer" - wie die Markeninhaberin vorträgt - um eine Anlehnung an das englische Wort "pace" (zu deutsch "Tempo") handeln sollte, beruht die Eintragbarkeit der Widerspruchsmarke nicht etwa allein auf der graphischen Gestaltung, die als bloße übliche Unterstreichung und damit Hervorhebung des Wortes den Schutz der Marke insgesamt nicht begründen könnte. Die Widerspruchsmarke wird auch nicht als bloße Typenbezeichnung verwendet, sondern wie aus den Abbildungen der Kataloge im einzelnen hervorgeht an der Ware als Zweitmarke für ein sogenanntes Hybrid-Mountainbike neben der weiteren Marke "ARROW". Daß die Fahrräder teilweise mit um Einzelbuchstaben ergänzten Kennzeichnungen wie "S-pacer, A-pacer" oder "HI-pacer" in den Katalogen erscheinen, steht der rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke ebenfalls nicht entgegen.
Was die danach zu beurteilenden Waren betrifft, geht der Senat - wie schon in seiner den Beteiligten mit der Ladung übermittelten Entscheidung vom 25. September 1996 (28 W (pat) 258/95 -"CROMATEC/ CORRATEC") - von einer gewissen Warenferne aus, nachdem die dort aufgeführten für eine Ähnlichkeit sprechenden Argumente weiterhin Gültigkeit besitzen. Zu ergänzen ist lediglich, daß nach den Feststellungen des Senats mehrere Hersteller von Motorrädern bzw Motorrollern wie beispielsweise die Firmen BMW, Herkules, Yamaha, Peugeot unter ihrer Marke ebenfalls Fahrräder anbieten. Gerade die wieder stark in Mode kommenden Motorroller werden gemeinsam mit Fahrrädern in denselben Vertriebsstätten angeboten und sind in ihrem Verwendungszweck etwa für den Einsatz im innerörtlichen Bereich austauschbar.
Vor diesem Warenhintergrund sind an den von der jüngeren Marke zur Vermeidung einer Verwechslungsgefahr einzuhaltenden Abstand zwar eher unterdurchschnittliche Anforderungen zu stellen, die diese aber wegen der starken Markenähnlichkeit nicht einzuhalten vermag.
In klanglicher Hinsicht unterscheiden sich die Marken lediglich durch einen Buchstaben mehr am Wortanfang. Eine Abweichung an dieser regelmäßig stärker beachteten Stelle fällt aber vorliegend nicht nur wegen der Identität der Marken im übrigen nicht entscheidend ins Gewicht. Berücksichtigt werden muß vielmehr zusätzlich, daß die Konsonantenverbindung "SP" gegenüber dem Anlaut "P" allein auch bei einer stärkeren Beachtung durch den Verkehr keine markanten klanglichen Unterschiede hervorrufen kann. Folglich ist mit klanglichen Verwechslungen in einem entscheidungserheblichen Umfang zu rechnen, so daß die Beschwerde der Widersprechenden Erfolg hat, ohne daß vorliegend Anlaß zur Kostenauferlegung bestand (§ 71 Abs 1 MarkenG).
Stoppel Martens Schrammprö
Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/28W(pat)107-99.2.3.gif
BPatG:
Beschluss v. 26.07.2000
Az: 28 W (pat) 107/99
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