Finanzgericht Münster:
Urteil vom 21. März 2005
Aktenzeichen: 9 K 4368/00 K, e, E
(FG Münster: Urteil v. 21.03.2005, Az.: 9 K 4368/00 K, e, E)
Tenor
Die Körperschaftsteuerbescheide für 1991 bis 1995 und die Bescheide über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gem. § 47 Abs. 1 KStG a. F. zum 31.12.1991 bis 1995, vom 06.02.1998 und 19.02.1998, in Gestalt der Ànderungsbescheide vom 14.07.1998, 18.11.1999 und 15.02.2000, sowie der Bescheid über den Einheitswert des Betriebsvermögens auf den 01.01.1996 vom 18.02.1998, sämtlich in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.06.2000, werden nach Maßgabe der Entscheidungsgründe geändert.
Im Óbrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 20 v. H. und der Beklagte zu 80 v. H.
Die Revision wird zugelassen.
Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Streitig ist, ob Verbindlichkeiten betreffend die Rückzahlung von Geschäftsguthaben an ehemalige Genossen erfolgswirksam aufzulösen sind.
Die Klägerin (Klin.) ist eine GmbH, deren Unternehmensgegenstand im Vertrieb von Food- und Non-Food-Waren aller Art besteht. Sie ist am 07.12.1998 durch Umwandlung aus der X..... AG (X.. AG) hervorgegangen. Diese wiederum ist durch Umwandlung der Y......... e.G. (Y.. e.G.) entstanden (Umwandlungsbeschluss vom 24.06.1989; Eintragung im Handelsregister am 31.08.1989).
Zum Zwecke der Vorbereitung der Umwandlung der Y.. e.G. in die X.. AG sollte der Mitgliederbestand der Y.. e.G. bereinigt werden. Die Vertreterversammlung der Y.. e.G. beschloss daher u.a. am 02.07.1988 eine Satzungsänderung, nach der postalisch nicht erreichbare Mitglieder aus der Y.. e.G. ausgeschlossen werden konnten. Am 11.08.1988 wurde in einer gemeinsamen Sitzung von Aufsichtsrat und Vorstand einstimmig beschlossen, dass nach Wirksamwerden der Satzungsänderung die postalisch nicht erreichbaren Mitglieder ausgeschlossen werden sollten.
In der Folgezeit trat die Y.. e.G. mit aufwändigen Presseartikeln an die Öffentlichkeit heran, um die Genossen auf die geplante Umwandlung und die damit verbundenen Folgen aufmerksam zu machen. Eine im August 1988 durchgeführte Anschreibeaktion an alle 29.023 Genossen führte zu folgendem Ergebnis:
Anzahl Geschäftsguthaben postalisch nicht erreichbare Genossen 17.445 4.014.162 DM unter 100 DM-Guthaben 2.840 103.999 DM Kündigung der Geschäftsguthaben 3.486 1.090.528 DM Verstorbene Mitglieder 125 55.962 DM Zwischensumme 23.896 5.264.651 DM verbleibende Mitglieder 5.127 2.055.739 DM gesamt 29.023 7.320.390 DM
Zum 31.12.1988 endete die Mitgliedschaft von 23.896 Genossen mit einem Geschäftsguthaben von insgesamt 5.264.651 DM (s. vorstehende Zwischensumme) durch Kündigung oder Ausschluss. Im Jahresabschluss für 1988 wurde der auf diese Genossen entfallende, noch nicht ausgezahlte Bestand der Geschäftsguthaben erfolgsneutral in eine Verbindlichkeit umgewandelt.
Im Jahre 1992 führte das Finanzamt für Großbetriebsprüfung A-Stadt bei der Rechtsnachfolgerin der Y.. e.G., der X.. AG, eine Betriebsprüfung (Bp) für die Veranlagungszeiträume 1987 bis 1990 durch. Der Prüfer stellte fest, dass zum 31.12.1990 noch nicht angeforderte Geschäftsguthaben ehemaliger Genossen i. H. v. 4.117.450,34 DM bestanden. Er vertrat die Ansicht, der bisherigen Auffassung der Berichtsfirma, die Verbindlichkeiten nach Ablauf der allgemeinen Verjährungsfrist von 30 Jahren oder alternativ ratierlich über 30 Jahre aufzulösen, könne nicht gefolgt werden, da nach den Ausführungen im Bilanzbericht zum 31.12.1990 für die Zukunft nicht mehr mit nennenswerten Abrufen seitens ehemaliger Genossen zu rechnen sei. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die Verjährungsfrist für den Anspruch auf Auszahlung der Geschäftsguthaben gem. § 74 des Gesetzes betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften (GenG) nur zwei Jahre betrage und gem. § 11 Abs. 3 der Satzung der Y.. e.G. sechs Monate nach dem Ausscheiden der Genossen begonnen habe. Der Prüfer schlug vor, die Verbindlichkeiten im Jahre 1990 i. H. eines mit 500.000 DM geschätzten Teilbetrages erfolgswirksam aufzulösen.
Bezüglich des Restbetrages der Verbindlichkeiten wurde ausweislich der Ausführungen im Bp-Bericht zwischen den Beteiligten vereinbart, die Verbindlichkeit beginnend ab 1991 über 15 Jahre gleichmäßig erfolgswirksam aufzulösen, wobei dem jährlichen Auflösungsbetrag bis höchstens zur Höhe dieses Betrages die tatsächlichen Auszahlungen der gleichen Jahre gegengerechnet werden sollten. Dieser Form der Abwicklung sei seitens der Finanzverwaltung zugestimmt worden, da Aufsichtsrat und Vorstand der Berichtsfirma versichert hätten, im Falle der Anforderung durch ehemalige Genossen die Einrede der Verjährung nicht geltend zu machen und eine geringe Anzahl ehemaliger Genossen ihren Ausschluss gerichtlich angefochten hätten. Die getroffene Vereinbarung könne für die Zukunft jedoch nur dann uneingeschränkt gelten, wenn sich hinsichtlich der Höhe der durchschnittlich auszuzahlenden Beträge (z. Zt. 35.000 bis 40.000 DM jährlich) sowie des Verzichts auf die Einrede der Verjährung keine wesentlichen Veränderungen ergäben. Wegen der Einzelheiten wird auf Tz. 13 des Bp-Berichts vom 26.06.1992 Bezug genommen.
Nach Durchführung der Bp teilte das Finanzamt für Großbetriebsprüfung A-Stadt dem für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzamt B-Stadt nach einer Anfrage des ehemaligen steuerlichen Beraters der X.. AG zum Verständnis von Tz. 13 des Bp-Berichts mit Schreiben vom 20.08.1992 mit, eine wesentliche Änderung im Sinne von Tz. 13 des Bp-Berichts sei
"... dann gegeben, wenn die jährlichen Auszahlungen den vereinbarten jährlichen Auflösungsbetrag ständig bzw. erheblich übersteigen.
Mit der Aufnahme des Satzteils in Tz. 13 des Bp-Berichts sollte weiter den Argumenten von Vorstand und Aufsichtsrat für den Fall Rechnung getragen werden, dass die beim AG C-Stadt zahlenmäßig in relativ geringem Umfang anhängigen Klagen über die Ausschlüsse für die Firma X.. AG abschlägig beschieden werden, sich auf Grund der Entscheidung jedoch in größerem Umfang weitere ehemalige Genossen melden.
Dagegen beinhaltet die Formulierung keine frühere Auflösung für den Fall der Minderungen der jährlichen Auszahlungen gegenüber den bisher durchschnittlich jährlich ausgezahlten Beträgen."
Dieses Schreiben wurde der X.. AG vom zuständigen Finanzamt B-Stadt mit Schreiben vom 16.09.1992 mit dem Hinweis darauf übersandt, dass die telefonisch geäußerten Bedenken des ehemaligen steuerlichen Beraters der X.. AG betreffend Tz. 13 des Bp-Berichts damit ausgeräumt sein dürften. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schreiben vom 20.08.1992 und vom 16.09.1992 Bezug genommen.
Die Verbindlichkeiten betreffend die Geschäftsguthaben der ehemaligen Genossen entwickelten sich in den Jahren 1989 bis 1995 wie folgt:
31.12.1989 4.153.886,56 DM Abruf 1990 36.436,22 DM Auflösung durch Bp 500.000 DM 31.12.1990 lt. Bp 3.617.450,34 DM Abruf 1991 37.184,04 DM Auflösung 203.981 DM 31.12.1991 3.376.285,30 DM Abruf 1992 14.168,15 DM Auflösung 240.000 DM 31.12.1992 3.122.117,15 DM Abruf 1993 17.552,50 DM Auflösung 240.000 DM 31.12.1993 2.864.564,65 DM Abruf 1994 18.264,85 DM Auflösung 240.000 DM 31.12.1994 2.606.299,85 DM Abruf 1995 16.180,01 DM Auflösung 240.000 DM 31.12.1995 2.350.119,84 DM
In den Jahren 1996 und 1997 wurden von ehemaligen Genossen Geschäftsguthaben i. H. v. 14.612,76 DM (1996) bzw. 2.350,94 DM (1997) abgerufen; in den Folgejahren wurden keine Ansprüche auf Auszahlung von Geschäftsguthaben mehr geltend gemacht.
Im Jahre 1997 fand bei der X.. AG eine Bp für die Veranlagungszeiträume 1991 bis 1995 statt. Der Prüfer vertrat hinsichtlich der Verbindlichkeiten aus nicht angeforderten Geschäftsguthaben ehemaliger Genossen die Ansicht, es liege eine wesentliche Veränderung hinsichtlich der Höhe der durchschnittlich ausgezahlten Beträge i. S. v. Tz. 13 des Bp-Berichtes vom 26.06.1992 vor, da in den Jahren 1991 bis 1996 nur noch Beträge i.H.v. 37.184,04 DM (1991), 14.168,15 DM (1992), 17.552,50 DM (1993), 18.264,85 DM (1994), 16.180,01 DM (1995) bzw. 14.612,76 DM (1996) ausgezahlt worden seien. Der Prüfer ging davon aus, dass bis zum Jahre 2005 allenfalls noch mit durchschnittlichen Abrufen von Geschäftsguthaben früherer Genossen von 16.500 DM jährlich zu rechnen sei. Es seien daher lediglich Restverbindlichkeiten von 165.000 DM zu berücksichtigen. Der Prüfer schlug vor, die zum 31.12.1995 ausgewiesenen Verbindlichkeiten von 2.350.119,84 DM in Höhe eines Betrages von 2.185.119,84 DM Gewinn erhöhend aufzulösen.
Der Bekl. folgte den Vorschlägen des Prüfers und erließ am 06.02.1998, 18.02.1998, 19.02.1998 u.a. entsprechend geänderte KSt-Bescheide für 1991 bis 1995, geänderte Bescheide über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gem. § 47 Abs. 1 Körperschaftsteuergesetz (KStG) a.F. zum 31.12.1991 bis 1995 und einen geänderten Bescheid betreffend die Einheitsbewertung des Betriebsvermögens auf den 01.01.1996.
Die X.. AG legte u.a. gegen diese Bescheide Einspruch ein. Sie beantragte, die Auflösung der Verbindlichkeiten als Einlage zu behandeln und den Bestand verwendbaren Eigenkapitals im Sinne von § 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG a.F. (EK 04) um die Auflösungsbeträge zu erhöhen. Die KSt-Bescheide für 1994 und 1995 und die Bescheide über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gem. § 47 Abs. 1 KStG a.F. zum 31.12.1994 und 1995 wurden in der Folgezeit - wegen hier nicht streitiger Punkte - mehrfach (am 14.07.1998, am 18.11.1999 und am 15.02.2000) geändert.
Die Einsprüche gegen die vorgenannten Bescheide wies der Bekl. mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 19.06.2000 als unbegründet zurück. Hiergegen hat die Klin. die vorliegende Klage erhoben. Zur Begründung ihrer Klage macht die Klin. im Wesentlichen geltend, die Verbindlichkeiten aus den Geschäftsguthaben der ehemaligen Genossen der Y.. e.G. seien in den Jahren 1991 bis 1995 zu Unrecht in Höhe von 203.981 DM (1991), 240.000 DM (1992 bis 1994) bzw. (240.000 DM zzgl. 2.185.119,84 DM =) 2.425.119,84 DM (1995) Gewinn erhöhend aufgelöst worden. Die Verbindlichkeiten müssten erfolgsneutral aufgelöst werden, da es sich ursprünglich um Eigenkapital der Y.. e.G. gehandelt habe, das lediglich bilanztechnisch in sonstige Verbindlichkeiten habe umgewandelt werden müssen. Daraus folge, dass die Auszahlung der ehemaligen Geschäftsguthaben auch dann einkommensneutral erfolgen müsse, wenn die Auszahlung erst zu einem späteren Zeitpunkt vorgenommen werde. Dies gelte umso mehr, als eine Gewinnerhöhung auch dann nicht eintrete, wenn die Verbindlichkeiten auf Grund des Eintritts der Verjährung oder auf Grund eines Verzichts der ehemaligen Genossen wegfielen. Da die Verbindlichkeiten erfolgsneutral in den Jahresabschluss zum 31.12.1988 eingestellt worden seien, sei bei Nichtauszahlung der Verbindlichkeiten eine Erhöhung des Bestandes an EK 04 vorzunehmen. Diese Ansicht sei im Rahmen einer Bp bei einer Schwestergesellschaft der Klin. auch vom Bekl. vertreten worden.
Das von der Y.. e.G. durchgeführte Ausschlussverfahren sei insgesamt vergleichbar mit der Situation der Einziehung von Geschäftsanteilen bei einer GmbH oder der Einziehung von Aktien gem. § 237 Aktiengesetz (AktG). In Bezug auf diese Vorgänge sei unstreitig, dass die Einziehung eigener Anteile bilanz- und steuerergebnisneutral durchzuführen sei, weil es sich um einen Vorgang auf der Gesellschafterebene handele. Auch das Ausschlussverfahren bei der Y.. e.G. sei ausschließlich gesellschaftsrechtlich veranlasst gewesen. Im Zusammenhang mit dem Ausschlussverfahren stehende Aufwendungen dürften sich daher ebensowenig auf das steuerliche Einkommen der Kapitalgesellschaft auswirken wie im Zusammenhang damit stehende Erträge.
Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass es sich bei der Vermögensmehrung auf Grund des Wegfalls der Verbindlichkeiten auf Auszahlung der Geschäftsguthaben um einen einmaligen Vermögenszufluss handele, der sich nicht als Resultat einer Teilnahme der X.. AG am Marktgeschehen darstelle und infolgedessen nicht der Besteuerung unterliege. Die Vermögensmehrung habe außerhalb der betrieblichen Tätigkeit der X.. AG gelegen und unterliege wie eine Erbschaft, eine Schenkung, Spielgewinne oder Einkünfte, auf die die Grundsätze der Liebhaberei Anwendung fänden, nicht der Besteuerung. Dem stehe nicht entgegen, dass eine Kapitalgesellschaft nach der Rechtsprechung des BFH keine außerbetriebliche Sphäre habe, denn die Erhöhung des Gewinns sei in solchen Fällen durch den Ansatz einer Einlage zu kompensieren. Dabei sei eine ausdrückliche Willensbekundung der ehemaligen Genossen für eine Einlage nicht erforderlich, denn nach Auffassung von Finanzverwaltung und Rechtsprechung komme es auch für Schenkungssteuerzwecke bei einem unentgeltlichen Übergang von Geschäftsanteilen ausscheidender Gesellschafter (§§ 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2, 7 Abs. 7 Erbschaftsteuergesetz -ErbStG-) nicht auf den Willen des ausscheidenden Gesellschafters an, den anderen Gesellschaftern etwas zuzuwenden. Für ertragsteuerliche Zwecke könne nichts anderes gelten.
Eine Bindung an die tatsächliche Verständigung aus dem Jahre 1992 bestehe nicht, denn die damalige Beurteilung sei nach erneuter Würdigung aller Umstände rechtlich unzutreffend gewesen. Zudem habe der Bekl. die Vereinbarung selbst nicht mehr als bindend angesehen.
In jedem Falle sei der Teil der Verbindlichkeiten aus den ehemaligen Geschäftsguthaben erfolgsneutral zu behandeln, der auf stehengelassene Dividenden entfalle. Insoweit sei es in der Literatur unstreitig, dass das Stehenlassen der Dividenden als Einlage der ehemaligen Genossen anzusehen sei und das EK 04 erhöhe. Der Umfang nicht abgehobener Dividenden müsse angesichts des Umstandes, dass nach den Bestimmungen in der Satzung von den Genossen nur ein Zehntel des Geschäftsanteils eingezahlt werden musste und der Rest mit Dividenden aufgefüllt werden konnte, mit mindestens der Hälfte der Gesamtverbindlichkeit angenommen werden. Dies ergebe sich für die Jahre 1986 bis 1988 auch aus den Angaben zur Entwicklung der Geschäftsguthaben in den Geschäftsberichten. Zudem sei aus einer Liste betreffend die zum 31.12.1988 ausgeschiedenen Mitglieder ersichtlich, dass die Geschäftsguthaben früh eingetretener Genossen wesentlich höher seien als die spät eingetretener Genossen. Dies sei ein klarer Hinweis darauf, dass die Geschäftsguthaben im Wesentlichen aus stehen gelassenen Dividenden bestanden hätten.
Die Klin. beantragt,
die KSt-Bescheide für 1991 bis 1995 und die Bescheide über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gem. § 47 Abs. 1 KStG zum 31.12.1991 bis 1995, jeweils vom 06.02.1998 und 19.02.1998 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 14.07.1998, 18.11.1999 und 15.02.2000, sowie den Bescheid über den Einheitswert des Betriebsvermögens auf den 01.01.1996 vom 18.02.1998, sämtlich in Gestalt der EE vom 19.06.2000, mit der Maßgabe zu ändern, dass die in den Handelsbilanzen bis 31.12.1995 ausgewiesenen Verbindlichkeiten gegenüber ausgeschiedenen Genossen in den entsprechenden Steuerbilanzen bis 31.12.1995 als steuerliches EK 04 zu behandeln sind,
hilfsweise,
den Anteil der ursprünglich als Verbindlichkeiten gebuchten Geschäftsguthaben der ausgeschiedenen Genossen, der auf Dividenden (stehen gelassene Gewinne) entfällt, mindestens jedoch die Hälfte dieser Geschäftsguthaben per 31.12.1991, entsprechend § 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG a.F. in das EK 04 einzustellen,
hilfsweise,
die mit dem Bekl. und dem Finanzamt für Großbetriebsprüfung A-Stadt getroffene Vereinbarung (Tz. 13 des Bp-Berichts vom 26.06.1992 für die Jahre 1987 bis 1990), wonach die eingestellte Verbindlichkeit ab 1991 über 15 Jahre gleichmäßig erfolgswirksam aufzulösen ist, für den Betriebsprüfungszeitraum 1991 bis 1995 anzuwenden,
hilsweise, die Revision zuzulassen.
Der Bekl. beantragt,
die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass die Verbindlichkeiten aus Geschäftsguthaben ehemaliger Genossen im Jahre 1995 nur um 240.000 DM zu vermindern sind,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Er verweist unter Bezugnahme auf seine EE vom 19.06.2000 darauf, dass nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 17.05.2000 II R 2/98, BStBl II 2000, 456) Geschäftsguthaben von Mitgliedern einer eingetragenen Genossenschaft, deren Mitgliedschaft durch Tod oder infolge Ausschlusses geendet habe, bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens der Genossenschaft als Schuldposten zu berücksichtigen seien. Die Zugehörigkeit der Geschäftsguthaben der ausgeschiedenen Genossen zum Eigenkapital der Genossenschaft sei zeitlich beschränkt auf die Dauer der Mitgliedschaft dieser Genossen. Der Anspruch der ausgeschiedenen Genossen auf Erstattung ihrer Geschäftsguthaben sei mithin eine echte Verbindlichkeit i. S. d. Bilanzrechts und nicht nur eine systembedingt andere Bezeichnung des Eigenkapitals. Die Nichterfüllung einer solchen Verbindlichkeit sei daher steuerlich wirksam, d.h. Gewinn erhöhend zu berücksichtigen. Die Regelungen des Aktiengesetzes seien auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden, da das Aktiengesetz im Gegensatz zum GenG keine Leistungen an die Aktionäre vorsehe. Auch erfahre das Kapital einer AG durch den Ausschluss von Aktionären keine Wesensänderung.
Hinsichtlich des von der Klin. gestellten Hilfsantrages, den Anteil der Verbindlichkeit nicht erfolgswirksam aufzulösen, der auf die in den Geschäftsguthaben der ehemaligen Genossen enthaltenen Dividenden entfalle, fehle es bereits an konkreten Nachweisen dafür, in welchem Umfang sich die Geschäftsguthaben aus stehengelassenen Dividenden zusammengesetzt hätten.
Am 21.03.2005 hat ein Termin zur mündlichen Verhandlung stattgefunden, in dem die Beteiligten übereinstimmend die Ansicht vertreten haben, bei den Schreiben des Finanzamtes für Großbetriebsprüfung vom 20.08.1992 und des Finanzamts B-Stadt vom 16.09.1992 handele es sich um eine Klarstellung der im Jahre 1992 zwischen den Beteiligten getroffenen tatsächlichen Verständigung. Eine Abweichung von dem in Tz. 13 des Bp-Berichts vom 26.06.1992 niedergelegten Inhalt der tatsächlichen Verständigung komme danach nicht bei einer Verminderung, sondern nur bei einer - tatsächlich nicht eingetretenen - Erhöhung der durchschnittlichen jährlichen Auszahlungsbeträge in Betracht. Die Beteiligten gingen daher übereinstimmend davon aus, dass die Verbindlichkeiten aus Geschäftsguthaben ehemaliger Genossen im Jahre 1995 nur um 240.000 DM zu vermindern sind.
II.
Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.
1. Der Bekl. hat das Einkommen der X.. AG in den Veranlagungszeiträumen 1991 bis 1995 zu Unrecht um 203.981 DM (1991), 240.000 DM (1992 bis 1994) bzw. 2.425.119 DM (1995) erhöht.
a. Der Bekl. ist im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei den Ansprüchen der zum 31.12.1988 aus der Y.. e.G. ausgeschiedenen Genossen auf Auszahlung ihrer Geschäftsguthaben um echte Verbindlichkeiten gehandelt hat. Denn mit dem Ausschluss der Genossen aus der Y.. e.G. und dem daraus resultierenden Entstehen der Ansprüche auf Auszahlung der Geschäftsguthaben (vgl. dazu BGH-Urteil vom 24. Juni 2002 II ZR 256/01, BGHReport 2002, 925 m.w.N.) hat eine Umwandlung des auf die ausgeschlossenen Genossen entfallenden Teils des Geschäftsguthabens der Y.. e.G. von Eigen- in Fremdkapital stattgefunden (vgl. BFH-Urteile vom 9. Januar 1959 III 89/58 U, BFHE 68, 394, BStBl III 1959, 152 und vom 17. Mai 2002 II R 2/98, BFHE 191, 399, BStBl II 2000, 456; s.a. Förschle in Beck´scher Bilanz-Kommentar, 5. Aufl. 2003, § 337 HGB Rn. 10; zu gekündigten Geschäftsguthaben s Dötsch in Dötsch/Eversberg/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, Kommentar zum KStG, § 29 KStG 1999, Rz. 90). Dem hat die Y.. e.G. zum 31.12.1988 zutreffend durch die Verminderung des ausgewiesenen Eigenkapitals und den Ansatz entsprechender Verbindlichkeiten gegenüber den ausgeschiedenen Genossen Rechnung getragen. Mit der Umwandlung sind die Verbindlichkeiten von der Y.. e.G. auf die X.. AG übergangen.
b. Der Bekl. ist ebenfalls zu Recht davon ausgegangen, dass die Verbindlichkeiten nach § 8 Abs. 1 KStG i. V. m. § 5 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) zu den Bilanzstichtagen 31.12.1991 bis 1995 nicht mehr in voller Höhe zu passivieren waren. Denn nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind Verbindlichkeiten nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung nicht mehr zu passivieren, wenn sie keine wirtschaftliche Belastung mehr darstellen. Davon ist insbesondere auszugehen, wenn nach den Erfahrungen in der Vergangenheit mit einer Geltendmachung der Forderungen durch die Gläubiger mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr zu rechnen ist oder wenn sich der Schuldner voraussichtlich auf die Einrede der Verjährung berufen wird (s. etwa BFH-Urteil vom 27. März 1996 I R 3/95, BFHE 180, 155, BStBl II 1996, 470 und BFH-Beschluss vom 15. Februar 2000 X B 121/99, BFH/NV 2000, 1450). Handelt es sich bei dem passivierten Betrag um einen Gesamtbetrag gleichartiger oder annähernd gleichwertiger Verpflichtungen, so ist eine Herausschätzung des Teils der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr geltend gemachten Forderungen geboten. Der auch in der Steuerbilanz zu beachtende Grundsatz der Einzelbewertung (vgl. § 6 Abs. 1 EStG, § 240 Abs. 1, § 252 Abs. 1 Nr. 3 des Handelsgesetzbuches -HGB-) hat insoweit hinter der Forderung nach einem zutreffenden Ausweis der Vermögensverhältnisse des Kaufmannes zurückzutreten (s. BFH-Urteile vom 27. März 1996 I R 3/95, a.a.O.; vom 12. Dezember 1990 I R 153/86, BFHE 163, 146, BStBl II 1991, 479).
Im vorliegenden Fall stand einer Passivierung der Verbindlichkeiten gegenüber den ausgeschiedenen Genossen nicht schon der Umstand entgegen, dass die Ansprüche der ausgeschiedenen Genossen unter Berücksichtigung der gem. § 11 Abs. 3 der Satzung der Y.. e.G. sechs Monate nach dem Ausscheiden der Genossen aus der Y.. e.G. beginnenden Verjährungsfrist von zwei Jahren (§ 74 GenG) zum 31.12.1991 bereits verjährt waren. Denn die X.. AG als Rechtsnachfolgerin der Y.. e.G. hat ausdrücklich erklärt, die Einrede der Verjährung gegenüber den ausgeschlossenen Genossen nicht geltend zu machen.
Nach den Erfahrungen der Vergangenheit war jedoch zu den hier streitigen Bilanzstichtagen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Auszahlungsansprüche von den ausgeschiedenen Genossen nicht mehr in vollem Umfang geltend gemacht werden würden. Hierfür sprach bereits der Umstand, dass der ganz überwiegende Teil der Geschäftsguthaben ehemaligen Genossen zustand, die durch die im Zusammenhang mit der Umwandlung der Y.. e.G. in die X.. AG durchgeführte Anschreibeaktion postalisch nicht zu erreichen waren und von ihrem Ausschluss aus der Y.. e.G. offenbar auch nicht durch Presseveröffentlichungen Kenntnis erhalten hatten. Gegen eine vollständige Inanspruchnahme der X.. AG aus den Forderungen der ehemaligen Genossen auf Auszahlung ihrer Geschäftsguthaben sprach des Weiteren der Umstand, dass die Höhe der in den Jahren 1990 und 1991 ausgezahlten Beträge (36.436,22 DM bzw. 37.184,04 DM) im Verhältnis zu den am 31.12.1989 bzw. am 31.12.1990 noch bestehenden Verbindlichkeiten (4.153.886,56 DM bzw. 4.117.450,34 DM) sehr gering war und mit fortschreitendem zeitlichen Abstand zum Zeitpunkt des Ausschlusses der Genossen eher von einer abnehmenden Wahrscheinlichkeit für eine Inanspruchnahme der X.. AG auszugehen war.
c. Über den Grad der Wahrscheinlichkeit einer Inanspruchnahme der X.. AG und den daraus folgenden Umfang der Passivierung der Verbindlichkeiten gegenüber den ehemaligen Genossen haben die Beteiligten - wie von ihnen im Termin zur mündlichen Verhandlung bekräftigt wurde - in der Weise eine tatsächliche Verständigung getroffen, dass die Verbindlichkeiten ab 1991 über 15 Jahre gleichmäßig erfolgswirksam aufzulösen sein sollten. Die Beteiligten haben im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 21.03.2005 ferner übereinstimmend die Auffassung vertreten, dass unter Berücksichtigung der Schreiben des Finanzamtes für Großbetriebsprüfung A-Stadt vom 20.08.1992 und des für die Besteuerung der X.. AG ehedem zuständigen Finanzamtes B-Stadt vom 16.09.1992 eine Abweichung von der tatsächlichen Verständigung nur dann in Betracht kommen sollte, wenn sich die jährlichen Auszahlungsbeträge gegenüber den bisher durchschnittlich ausgezahlten Beträgen erhöhten. Da dieser Fall vorliegend nicht eingetreten ist (die durchschnittlichen Auszahlungsbeträge der Folgejahre lagen durchgängig unter 35.000 DM bis 45.000 DM jährlich), ist - wie zwischen den Beteiligten ebenfalls nicht mehr streitig ist - davon auszugehen, dass der Bekl. nach dem Inhalt der tatsächlichen Verständigung nicht berechtigt war, die Passivierung der gegenüber den ehemaligen Genossen bestehenden Verbindlichkeiten über die Beträge von 203.981 DM (1991) bzw. 240.000 DM (1992 bis 1995) hinaus im Jahre 1995 um einen weiteren Betrag von 2.185.119 DM zu vermindern.
Der Senat hat keine Zweifel an der Wirksamkeit dieser tatsächlichen Verständigung und der daraus folgenden Bindung für die Beteiligten (s. dazu allgemein BFH-Urteil vom 7. Juli 2004 X R 24/03, BFHE 206, 292, BStBl II 2004, 975 m.w.N.), soweit sich die Verständigung auf die Frage bezieht, welcher Anteil am Gesamtbestand der Verbindlichkeiten gegenüber den ehemaligen Genossen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr geltend gemacht werden wird. Denn dieser Teil der tatsächlichen Verständigung betrifft eine schwierig zu ermittelnde Sachverhaltsfrage. Er führt in Anbetracht des Umstandes, dass bei der Schätzung von Bilanzwerten der Grundsatz vorsichtiger Bewertung zu beachten ist (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB; s.a. BFH-Urteil vom 27. März 1996 I R 3/95, a.a.O.), auch nicht zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung. Dies gilt umso mehr, als nicht von vornherein ausgeschlossen werden konnte, dass - z.B. nach Veröffentlichung von Entscheidungen des Amtsgerichts C-Stadt über dort gegen den Ausschluss angestrengte Klageverfahren - weitere Genossen von ihrem Ausschluss erfahren und Ansprüche gegenüber der X.. AG geltend machen würden.
d. Soweit der Gesamtbestand der gegenüber den ausgeschlossenen Genossen bestehenden Verbindlichkeiten danach auf der Grundlage der zwischen den Beteiligten getroffenen tatsächlichen Verständigung zu vermindern war, hatte dies nicht erfolgswirksam, sondern erfolgsneutral zu erfolgen.
Dem steht nicht entgegen, dass die Beteiligten in der tatsächlichen Verständigung von einer erfolgswirksamen Auflösung ausgegangen sind. Denn diesem Teil der Verständigung kommt, da er sich nicht auf eine Sachverhalts-, sondern auf eine außerhalb des Anwendungsbereiches der tatsächlichen Verständigung stehende Rechtsfrage bezieht (vgl. BFH-Urteil vom 31. März 2004 I R 71/03, BFHE 206, 42, BStBl II 2004, 742 m.w.N.), keine bindende Wirkung zu.
Entgegen der Ansicht der Klin. ist die Verminderung des Gesamtbestandes der gegenüber den ehemaligen Genossen bestehenden Verbindlichkeiten indes nicht schon deshalb erfolgsneutral vorzunehmen, weil in Höhe der Minderungsbeträge von Einlagen (§ 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG) der ehemaligen Genossen auszugehen wäre. Denn es ist zu berücksichtigen, dass der Gesamtbestand der gegenüber den ehemaligen Genossen bestehenden Verbindlichkeiten lediglich aus bilanzsteuerrechtlichen Gründen mit einem geringeren Betrag in Ansatz gebracht wird. Im Gegensatz etwa zum Verzicht eines ehemaligen Genossen auf die Auszahlung seines Geschäftsguthabens findet weder eine Reduzierung des nominellen Gesamtbestandes der Verbindlichkeiten der X.. AG statt noch lässt sich eine auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhende Verfügung ehemaliger Genossen über die ihnen zustehenden Forderungen feststellen. Insbesondere kann angesichts des Umstandes, dass das Gesellschaftsverhältnis der betreffenden Personen zur Rechtsvorgängerin der X.. AG schon seit Jahren beendet war, nach Ansicht des Senates nicht ohne weitere Anhaltspunkte von einem Verzicht der ehemaligen Genossen auf ihre Geschäftsguthaben ausgegangen werden.
Die Herabsetzung des Gesamtbestandes der gegenüber den ehemaligen Genossen bestehenden Verbindlichkeiten hat nach Ansicht des Senates jedoch deshalb erfolgsneutral zu erfolgen, weil zu berücksichtigen ist, dass die Entstehung der Verbindlichkeiten auf einem dem Gesellschaftsverhältnis zuzurechnenden Vorgang, nämlich auf dem Ausschluss der Genossen und der daraus folgenden Umwandlung eines Teils der Geschäftsguthaben von Eigen- in Fremdkapital beruht. Diese gesellschaftliche Veranlassung findet nach Ansicht des Senates in den gegenüber den ehemaligen Genossen bestehenden Verbindlichkeiten seine Fortsetzung (ähnlich FG Hessen, Beschluss vom 21. Januar 2004 4 V 4114/03, EFG 2004, 1005 betr. die für die Einziehung von Anteilen geschuldete Entschädigung). Die aus der Veränderung des bilanziellen Ausweises der Verbindlichkeiten resultierenden Erträge sind daher außerhalb der Steuerbilanz von der Besteuerung auszunehmen. In dieser Einschätzung sieht sich der Senat dadurch bestätigt, dass auch die Umwandlung des auf die Geschäftsguthaben der ausgeschlossenen Genossen entfallenden Anteils am Eigenkapital der Y.. e.G. in Verbindlichkeiten im Jahre 1988 erfolgsneutral durchgeführt worden ist. Es erschiene daher nicht sachgerecht, Erträge aus einer veränderten bilanziellen Erfassung dieser Verbindlichkeiten erfolgswirksam zu erfassen (in diesem Sinne auch FG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 11. September 2003 3 K 421/00, juris; s. auch BFH-Urteil vom 30. September 1990 I R 41/87, BFHE 161, 87, BStBl II 1991, 588 zur erfolgsneutralen Behandlung eines zunächst gesellschaftlich veranlassten Forderungsverzichts bei Eintritt des Besserungsfalles). Dabei kommt es nicht darauf an, ob und ggf. in welchem Umfang die Verbindlichkeiten durch stehengelassene Dividenden der ehemaligen Genossen gebildet worden sind, denn es ist davon auszugehen, dass die von den Genossen während ihrer Beteiligung an der Y.. e.G. stehengelassenen und den Geschäftsguthaben gutgeschriebenen Dividenden im Wege der Einlage Teil der Geschäftsguthaben geworden sind (vgl. BMF-Schreiben vom 18. September 1979 IV B 7 - S 2810 - 7/79, DB 1979, 1915 und Verfügung der OFD Frankfurt/Main vom 16. Juli 1984 S 2299f A - 1 - St II 10 / S 2410 A - 20 / S 2811 A - 7 - St II 10, DB 1985, 526).
Das Einkommen der X.. AG ist daher - unter Anpassung der Gewerbesteuerrückstellung - in den Jahren 1991 bis 1995 um 203.981 DM (1991), 240.000 DM (1992 bis 1994) bzw. 2.425.119 DM (1995) zu vermindern. Mit der Anordnung dieser Rechtsfolge geht der Senat nicht i.S.v. § 96 Abs. 1 Satz 2 Finanzgerichtsordnung -FGO- über den Antrag der Klin. hinaus, denn die von der Klin. begehrte Behandlung des Gesamtbestandes der Verbindlichkeiten gegenüber ausgeschiedenen Genossen in den Steuerbilanzen bis zum 31.12.1995 als steuerliches EK 04 umfasst auch eine erfolgsneutrale Behandlung der Auflösungsbeträge.
3. Entgegen der Ansicht der Klin. können weder der Gesamtbestand der Verbindlichkeiten noch die Auflösungsbeträge als Teil des EK 04 erfasst werden. Für den Gesamtbestand der Verbindlichkeiten folgt dies bereits daraus, dass die Umwandlung von Eigen- in Fremdkapital bereits im Jahre 1988 erfolgte und ein Zugang beim EK 04 - wenn man von einer sofortigen (Wieder-) Einlage ausgehen wollte - mithin in der Gliederungsrechnung zum 31.12.1988 hätte berücksichtigt werden müssen.
Für die Streitjahre kommt ein Zugang zum EK 04 in Höhe der Auflösungsbeträge nach Ansicht des Senates zum einen deshalb nicht in Betracht, weil die aus bilanzsteuerrechtlichen Gründen vorzunehmende Herabsetzung des Gesamtbestandes der Verbindlichkeiten gegenüber ehemaligen Genossen - wie oben ausgeführt - keinen Einlagetatbestand erfüllt. Unabhängig davon ist ein Zugang beim EK 04 in Höhe der Auflösungsbeträge auch deshalb ausgeschlossen, weil Einlagen nach der Rechtsprechung des BFH den Bestand an EK 04 erst dann erhöhen, wenn sie der Körperschaft tatsächlich zufließen (s. BFH-Urteile vom 29. Mai 1996 I R 118/93, BFHE 180, 405, BStBl II 1997, 92 und vom 31. März 2004 I R 72/03, BFH/NV 2004, 1423). Ein tatsächlicher Zufluss in Höhe der Auflösungsbeträge ist bei der X.. AG in den Streitjahren jedoch nicht eingetreten. Die Auflösungsbeträge sind daher zum 31.12.1991 bis 1995 nicht als Zugänge im EK 04, sondern - da sie keinem anderen Teilbereich des verwendbaren Eigenkapitals zugeordnet werden können - in sinngemäßer Anwendung von § 30 Abs. 2 Nr. 2 KStG a.F. als sonstige Vermögensmehrungen im EK 02 zu erfassen (vgl. dazu BFH-Urteile vom 23. Oktober 1992 I R 97/89, BFHE 165, 537, BStBl II 1992, 154 und vom 22. Oktober 1998 I R 122/97, BFHE 187, 273, BStBl II 1999, 101).
4. Der Bescheid über den Einheitswert des Betriebsvermögens auf den 01.01.1996 ist als Folge des für die Einheitsbewertung verbindlichen Ansatzes der Verbindlichkeiten in der Steuerbilanz (§ 109 Abs. 1 Bewertungsgesetz -BewG-) in der Weise zu ändern, dass die Verbindlichkeiten betreffend die Geschäftsguthaben der ehemaligen Genossen entsprechend dem Ansatz in der Steuerbilanz zum 31.12.1995 um 2.185.119 DM auf 2.350.119,84 DM zu erhöhen sind. Demgegenüber ist jedoch zu berücksichtigen, dass sich der Bestand der in der Steuerbilanz zum 31.12.1995 zu berücksichtigenden Steuerschulden dadurch verringert, dass die Verminderung der gegenüber den ehemaligen Genossen bestehenden Verbindlichkeiten in den Jahren 1991 bis 1995 nach den vorstehenden Ausführungen erfolgsneutral vorzunehmen ist.
Die Berechnung der geänderten Steuer- und Feststellungsbeträge wird dem Bekl. übertragen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 FGO.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).
FG Münster:
Urteil v. 21.03.2005
Az: 9 K 4368/00 K, e, E
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