Oberlandesgericht Stuttgart:
Urteil vom 5. September 2013
Aktenzeichen: 2 U 155/12
(OLG Stuttgart: Urteil v. 05.09.2013, Az.: 2 U 155/12)
Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt.Das Aktenzeichen lautet: I ZR 185/13.
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 4. Zivilkammer - Einzelrichterin - des Landgerichts Ulm vom 27. August 2012 (Az.: 4 O 53/12) wirdz u r ü c k g e w i e s e n.II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar,
wegen des Unterlassungsanspruchs gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000,- EUR
Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung aus dem Kostenpunkt durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% der vollstreckbaren Kostenforderung abzuwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des beizutreibenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Streitwert für beide Rechtszüge: bis 300.000,- EUR
Gründe
I.
Der Kläger begehrt Unterlassung auf wettbewerbsrechtlicher Grundlage und Kostenerstattung.
Wegen des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem Urteil der 4. Zivilkammer - Einzelrichterin - des Landgerichts Ulm vom 27. August 2012 (Az.: 4 0 53/12) Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt und hierzu im Kern ausgeführt:
Infolge der Preisbindung für Fertigarzneimittel und des Fehlens einer einschlägigen Ausnahmeregelung seien die zulässigen, insbesondere hinreichend bestimmten Unterlassungsanträge nach §§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 1 Abs. 3 Nr. 2 UWG i.V.m. § 78 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 AMG; § 1 Abs. 1 AMPreisV begründet. Für Preisverhandlungen, Zugaben, Skonto oder sonstige Rabattgewährungen bestehe kein Handlungsspielraum (OLG Stuttgart vom 25.08.2011, 2 U 21/11). Die Preisbindung gelte in der ganzen Handelskette, also auch für die Beklagte im Verhältnis zu den Apotheken, so dass die beanstandete Verhandelbarkeitsklausel, die die Beklagte gemäß § 3 Abs. 1 in den Verträgen verwende, unzulässig und damit zu unterlassen sei.
Die Ausnahmevorschrift des § 1 Abs. 3 Satz 1 Ziff. 7 AMPreisV greife nicht. Die Beklagte gebe keine Teilmengen" im Sinne der genannten Ausnahmevorschrift ab. Dies entspreche auch Sinn und Zweck der Regelung sowie den Gesetzgebungsmaterialien. Für Fertigarzneimittel könnten die Preise von vornherein kalkuliert werden. Unstreitig lägen hier der Neuverblisterung normale ärztliche Verordnungen von Fertigarzneimitteln zugrunde, die auch entsprechend der Preisbindung mit den Kassen abgerechnet würden. Es werde die gesamte verschriebene Menge abgegeben. Die Fertigarzneimittelpackung werde im Endeffekt zu 100% abgegeben und bei Ausschöpfung der Gesamtmenge aus einer Fertigarzneimittelpackung ein neues ärztliches Rezept angefordert.
Die Regelung in §§ 1 Ziff. 2, 3 Ziffer 5 des Vertrages bewirke eine Firmenbindung der Musterapotheke und bewirke eine Umsatzsteigerung bei der Beklagten. Ein finanzieller Vorteil für die Arzneimittelhersteller dürfte mit der Ausnahmevorschrift nicht beabsichtigt sein.
Die von der Beklagten vorgenommene Auslegung führe zu nicht bezwecktem Wettbewerb auf dem Markt der Apotheken mit Alten- und Pflegeheimen sowie Krankenhäusern.
Die Preisbindung solle die gerechte Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln garantieren, flächendeckend und gleichmäßig. Dies werde gefährdet, wenn es wegen freier Verhandelbarkeit der Preise für Fertigarzneimittel zu einem Wettbewerb nicht nur unter den Apothekern/Apotheken, sondern auch unter den Herstellern komme.
Unerheblich sei, ob auch andere Hersteller Preisvereinbarungen anböten. Rabattschlachten" sollten verhindert werden, wie zuletzt vom Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes zu ausländischen Versandapotheken am 22.08.2012 entschieden. Zum Schutz der Patienten seien Rabatte oder Bonussysteme verboten.
Die Regelung in § 1 Abs. 3 Satz 2 AMPreisV, wonach Sozialleistungsträger usw. bei Teilmengen entsprechend Ziff. 7 Preise vereinbaren könnten, führe nicht dazu, dass der Hersteller mit den Apotheken über die Preise der Fertigarzneimittelpackung verhandeln könne.
Die von der Klägerin geltend gemachte Kostenpauschale einschließlich Rechtshängigkeitszins sei nach §§ 12 Abs. 1 Satz 2 UWG, 291 BGB geschuldet.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel prozessordnungsgemäß begründet.
Sie bringt vor:
Das Verständnis des Landgerichts von dem Begriff der Teilmenge sei mit einer am Wortlaut orientierten, die Gesetzessystematik, die Entstehungsgeschichte und den Sinn und Zweck der Regelung des § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 AMPreisV berücksichtigenden Auslegung nicht vereinbar. Die landgerichtliche Begründung sei in sich widersprüchlich und greife auf unerhebliche Aspekte zurück.
§ 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 AMPreisV spreche von der Abgabe "von aus Fertigarzneimitteln entnommenen Teilmengen". Die "Entnahme" einer Teilmenge stelle einen bloßen Realakt dar. Auf eine ärztliche Verordnung stelle die AMPreisV nicht ab. Darauf, ob letztlich der gesamte Fertigpackungsinhalt abgegeben werde, komme es nach dem Wortlaut nicht an. Dies könne auch bei mehreren Teilverordnungen der Fall sein.
Die Voraussetzungen einer teleologischen Reduktion lägen nicht vor. Eine solche müsste von vorne herein scheitern, weil die die Arzneimittelpreisbindung regelnden Vorschriften Teil des Gefahrenabwehrrechtes und damit systematisch der Eingriffsverwaltung zuzuordnen seien. Für den Bereich der Eingriffsverwaltung habe das BVerfG entschieden, dass die analoge Anwendung von Vorschriften jedenfalls gegen das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit gem. Art. 2 Abs. 1 GG (hier die Berufsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG) sowie gegen den aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Vorbehalt des Gesetzes gem. Art. 20 Abs. 3 GG verstoße. Die Norm verliere ihren Eingriffscharakter nicht dadurch, dass der staatliche Verhaltensbefehl nicht im Wege des Verwaltungszwangs, sondern über den Hebel des Wettbewerbsrechts durchgesetzt werde.
Darüber hinaus verkenne das Landgericht den systematischen Kontext der Regelung. Die Begrifflichkeit der "Teilmenge" werde außer in § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 AMPreisV auch an anderen Stellen im Arzneimittelgesetz ("AMG") verwendet (vgl. §§ 10 Abs. 11, 11 Abs. 7, 97 Abs. 2 Nr. 5a). Dabei sprächen die §§ 10 Abs. 11, 11 Abs. 7 AMG (wozu die Beklagte weiter ausführt) genauso wie die hier streitgegenständliche Regelung von "aus Fertigarzneimitteln entnommenen Teilmengen". Zu keiner dieser Regelungen werde die Auffassung vertreten, dass diese nur dann einschlägig wären, wenn eine solche Teilmenge auch zuvor ärztlich verschrieben worden wäre. Entscheidend sei die Entnahme. Es sei kein Grund ersichtlich, warum ausgerechnet für den auf dem AMG fußenden § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 AMPreisV ein anderes Begriffsverständnis zugrunde gelegt werden sollte.
Ausweislich der Gesetzesbegründung sehe die Vorschrift vor, dass die Preise für Arzneimittel-Blister, die individuell für einen Patienten für einen bestimmten Zeitraum aufgrund einer ärztlichen Verordnung hergestellt würden und die Preise für aus Fertigarzneimitteln entnommene Teilmengen (Auseinzelung) im Wettbewerb gebildet würden (vgl. BT-Drs. 16/3100, S. 200). Die Gesetzesbegründung unterscheide damit explizit zwischen zwei Fällen, nämlich zum einen "Arzneimittel-Blister, die individuell für einen Patienten für einen bestimmten Zeitraum aufgrund einer ärztlichen Verordnung hergestellt werden" und zum anderen "aus Fertigarzneimitteln entnommene Teilmengen".
Dem stehe nicht entgegen, dass in der Gesetzesbegründung an anderer Stelle auch auf die "Verordnung von aus Fertigarzneimitteln entnommenen Teilmengen" Bezug genommen werde. Denn hieraus lasse sich gerade nicht ablesen, dass die Preise für aus Fertigarzneimitteln entnommene Teilmengen (Auseinzelung) nur dann im Wettbewerb gebildet werden dürften, wenn dem auch die Verordnung einer solchen Teilmenge zugrunde liege.
§ 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 AMPreisV solle auch nicht allein die Möglichkeit einer "tablettengenauen" Abrechnung eröffnen. Denn patientenindividuelle Blister würden typischerweise für ältere Patienten erstellt, die diese aufgrund chronischer Erkrankungen über Jahre hinweg kontinuierlich benötigten. Die Notwendigkeit einer Verordnung einer Teilmenge bestehe daher für diese Patientengruppen gerade nicht. Mit den Änderungen der AMPreisV habe der Gesetzgeber den Apotheken verordnungsunabhängig die Möglichkeit eröffnen wollen, eine Kompensation ihrer Zusatzkosten durch eine freie Verhandlung der maßgeblichen Preise, sowohl auf Ankaufs- als auch Verkaufsebene, zu eröffnen.
Die Kalkulierbarkeit sei kein Argument. Denn die patientenindividuelle Verblisterung führe zur Einführung eines zusätzlichen Herstellungsschrittes in die Vertriebskette, dessen Kosten von vielen, im Einzelfall nur schwer vorherzusehenden Faktoren abhingen und dessen Kosten vom Apotheker eingepreist werden müssten. Da sie dies unstreitig auf der Verkaufsseite tun könnten, sei nicht nachzuvollziehen, weshalb dies nicht auch im Rahmen von § 1 Abs. 3 Nr. 7 AMPreisV gegenüber der Beklagten (auf der "Einkaufsseite") möglich sein solle.
Die Zweckerwägungen des Landgerichts ließen unberücksichtigt, dass die Herstellung patientenindividueller Blister für die Apotheken mit erheblichen Zusatzkosten verbunden sei, deren Kompensation auch bei "tablettengenauer" Abrechnung von Vornherein ausgeschlossen wäre (vgl. aber BT-Drs. 16/3100, S. 200).
Die Regelungen des § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 und Satz 2 AMPreisV stünden gleichberechtigt nebeneinander. Vor dem Hintergrund der fast schon chronischen Unterfinanzierung des Gesundheitssystems habe der Gesetzgeber bewusst davon abgesehen, die Apotheken auf eine einzige Kompensationsmöglichkeit festzulegen. Ein gegenteiliger Ansatz wäre auch systemwidrig, da auch ansonsten innerhalb der Arzneimittelpreisverordnung der Grundsatz der Preisbindung immer nur einheitlich gelte oder aber durchbrochen werde, also für alle Vertriebsebenen. Dies zeige auch die "Scharniervorschrift" des § 78 Abs. 3 Satz 1 AMG, die den pharmazeutischen Unternehmer nur dann an einen einheitlichen Abgabepreis binde, wenn die Preise und Preisspannen der Handelsstufen von der AMPreisV reguliert würden.
Nicht nachvollziehbar seien die Ausführungen des Landgerichts, wonach es der Anwendung des § 1 Abs. 3 Nr. 7 AMPreisV entgegenstehe, dass die Apotheken mit der Verblisterung das Ziel verfolgen würden, ihren Umsatz zu steigern und ihre Kunden durch eine zusätzliche Serviceleistung an sich zu binden. Das Streben nach wirtschaftlichem Erfolg sei auch im Gesundheitswesen für alle teilnehmenden Leistungserbringer legitim. Die Vermeidung von Folgekosten sei ein zu berücksichtigender Gesichtspunkt.
Das Instrument der patientenindividuellen Verblisterung und die damit notwendigerweise einhergehende Bindung der Patienten, die hiervon profitieren könnten, sei von dem Gesetzgeber für zulässig erachtet worden.
Nicht nachzuvollziehen sei, inwieweit die "flächendeckende und gleichmäßige Sicherstellung" einer "gerechten Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln" gefährdet sein sollte, wenn nicht nur die Abgabe- sondern auch die Bezugspreise für Fertigarzneimittel, die für die Herstellung patientenindividueller Blister bestimmt seien, frei vereinbart werden könnten. Der von der Kammer für schädlich gehaltenen Wettbewerb "unter den Herstellern" sei nicht Regelungszweck und Gegenstand der AMPreisV und wäre ggf. vom Gesetzgeber zu reglementieren. Preiswettbewerb "unter den Herstellern" sei rechtlich wie auch ordnungspolitisch erwünscht und bestehe völlig unabhängig von den Regelungen der AMPreisV.
Im Übrigen sei es methodisch verfehlt, die Anwendung einer Ausnahmebestimmung mit der Begründung abzulehnen, dass dadurch der geltende Grundsatz (hier: die Preisbindung) durchbrochen werden würde.
Die zitierte Entscheidung des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes zur Frage der Geltung der AMPreisV für ausländische Versandapotheken habe für den vorliegenden Fall keine Bedeutung.
Die Beklagte beantragt,
das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen;
Er verteidigt das landgerichtliche Urteil:
Die gesamte Argumentation der Beklagten beruhe auf der unzutreffenden Annahme, dass die zeitlich gestaffelte bzw. rationierte Abgabe der Gesamtmenge eines Fertigarzneimittels mit der Abgabe einer Teilmenge gleichzustellen sei.
Die Berufung stelle das landgerichtliche Urteil falsch dar.
Für § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 AMPreisV komme es letztlich nicht auf die Entnahme" einer Teilmenge aus einem Fertigarzneimittel an, sondern auf die Abgabe einer solchen Teilmenge. Abgegeben werde eine Teilmenge nur dann, wenn der Patient nur einen Teil eines Fertigarzneimittels erhalte. Im hier relevanten Fall werde an ihn jedoch stets die Gesamtmenge des Fertigarzneimittels abgegeben.
Die von der Beklagten aufgeworfene Frage nach der Zulässigkeit einer Analogie stelle sich nicht. Im Übrigen würde der Wortlaut, wie auch ein Abgleich mit dem Wortlaut von § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 AMPreisV zeige, jedenfalls nicht die Abgabe des Fertigarzneimittels vom Hersteller an die Apotheke, sondern allenfalls die Abgabe der Teilmenge" durch die Apotheke rechtfertigen. So nehme etwa Nr. 8 Fertigarzneimittel" von der Preisbindung aus, Nr. 7 hingegen nur die von Fertigarzneimitten entnommene Teilmenge" aus, die die Beklagte unstrittig nicht liefere.
Auch in den §§ 10 Abs. 11, 11 Abs. 7 AMG sei von aus Fertigarzneimitteln entnommenen Teilmengen" die Rede. Zu keiner dieser Regelungen werde aber die Auffassung vertreten, dass diese nur dann einschlägig seien, wenn eine solche Teilmenge auch zuvor ärztlich verschrieben worden sei.
Gleichwohl sei eine unterschiedliche Auslegung des Begriffs der aus Fertigarzneimitteln entnommenen Teilmengen" in §§ 10 Abs. 11, 11 Abs. 7 AMG und § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 AMPreisV durchaus denkbar. Den Vorschriften des AMG und denjenigen der AMPreisV liege ein unterschiedlicher Schutzzweck zugrunde. Während die §§ 10 Abs. 11, 11 Abs. 7 AMG ein möglichst hohes Verbraucherschutzniveau zu gewährleisten dienten, indem sie eine umfassende Information der Patienten sicherstellten (vgl. Begründung zum Entwurf des GKV-WSG, a.a.O., S. 198), ziele § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 AMPreisV darauf ab, die Krankenkassen zu entlasten (vgl. Kügel/Müller/Hofmann, Arzneimittelgesetz, 2012, § 10, Rn. 124).
Die Beklagte gebe die Begründung zum Entwurf des GKV-WSG (a.a.O.) bzgl. § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 AMPreisV nur in Auszügen wieder. Vollständig heiße es auf S. 200 insoweit:
Durch die Regelung werden Arzneimittel, die für einzelne Personen aufgrund einer ärztlichen Verordnung aus Fertigarzneimitteln von Apotheken oder von hierzu befugten Unternehmen in unverändertem Zustand durch Umfüllen, Abfüllen oder Abpacken hergestellt worden sind, aus dem Anwendungsbereich der Arzneimittelpreisverordnung ausgenommen. Dabei handelt es sich zum einen um so genannte Arzneimittel-Blister, die individuell für einen Patienten für einen bestimmten Zeitraum aufgrund einer ärztlichen Verordnung hergestellt werden. Zum anderen handelt es sich um die Verordnung von aus Fertigarzneimitteln entnommenen Teilmengen (Auseinzelung). Die Verordnung von Teilmengen ist nach der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung schon heute möglich. Allerdings ist die Preisregelung in der Arzneimittelpreisverordnung dazu unzureichend. Die Vorschrift sieht vor, dass die Preise für Arzneimittel-Blister, die individuell für einen Patienten für einen bestimmten Zeitraum aufgrund einer ärztlichen Verordnung hergestellt werden und die Preise für aus Fertigarzneimitteln entnommene Teilmengen (Auseinzelung) im Wettbewerb gebildet werden."
Dass § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 AMPreisV nach Auffassung des Gesetzgebers die ärztliche Verordnung eines Arzneimittel-Blisters bzw. einer Teilmenge voraussetze, gehe überdies aus der Formulierung zur Verordnung von Teilmengen nach der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung hervor. Werde die Gesamtmenge eines Arzneimittels verordnet, greife § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 AMPreisV seiner Entstehungsgeschichte nach nicht ein. Ob das ärztlich verordnete Arzneimittel von einer Apotheke auf gesonderten Wunsch des Patienten bzw. des Alten- oder Pflegeheimes hin verblistert werde, sei irrelevant.
Die Norm solle nicht den Aufwand bei der Verblisterung von Fertigarzneimitteln im Auftrag von Alten- und Pflegeheimen durch die Freistellung von der Preisbindung kompensieren. § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7, Satz 2 AMPreisV sei eingeführt worden, um die Kosten der gesetzlichen Krankenversicherungen zu reduzieren, denen bis dahin bei gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7, Satz 2 AMPreisV abgegebenen Teilmengen von Fertigarzneimitteln die Gesamtmenge des Fertigarzneimittels in Rechnung gestellt worden sei. Dem wehre die Neufassung ausweislich der Begründung.
Die Apotheken übernähmen hier eine Pflegeleistung, die im Ergebnis bereits über die Pflegesätze staatlich honoriert werde, der Kundengewinnung und -bindung wegen. Entsprechend sei eine zusätzliche Entlohnung der Apotheken nicht gesetzlich geboten. Sollten die Apotheken tatsächlich eine wirtschaftliche Kompensation für die Verblisterung von Fertigarzneimitteln benötigen, läge es nahe, diese von den Alten- und Pflegeheimen zu fordern, welche durch die Auslagerung dieser Aufgabe Personalkosten sparten und diese Tätigkeit bereits über die Pflegesätze honoriert bekämen. Es drohe ein Preiswettbewerb, den die arzneimittelrechtliche Preisbindung gem. § 78 AMG, AMPreisV gerade verhindern wolle, auch um eine flächendeckende und gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln bei hoher fachlicher Qualität zu gewährleisten. Eine Preiswerbung durch Apotheker um Alten- und Pflegeheime mit niedrigen Preisen gelte es bereits im Ansatz zu verhindern. Er drohe mit der Auslegung der Norm durch die Beklagte.
Vollständig heiße es zur Begründung des § 1 Abs. 3 Satz 2 AMPreisV:
Die Vorschrift ermöglicht es den Sozialleistungsträgern, privaten Krankenversicherungen oder deren Verbänden die Preise für die zu ihren Lasten abgegebenen patientenindividuellen Arzneimittel-Blister einschließlich der Vergütung für deren Herstellung sowie die Preise für aus Fertigarzneimitteln entnommene Teilmengen (Auseinzelung) mit Apotheken oder deren Verbänden frei zu vereinbaren. Die Regelung ist sachgerecht, da die Verordnung von patienten-individuellen Arzneimittel-Blistern und von aus Fertigarzneimitteln entnommenen Teilmengen eine flexible Preisgestaltung erfordert. Eine vorherige Einstellung von Listenpreisen für patienten-individuell hergestellte Arzneimittel-Blister oder fester Berechnungsgrundlagen für die Abgabe von aus Fertigarzneimitteln entnommenen Teilmengen ist nicht praktikabel. Vielmehr ist der Preis für patientenindividuelle Arzneimittel-Blister abhängig von der jeweiligen ärztlichen Verordnung und dem Versorgungsumfeld. Er soll daher im Wettbewerb zwischen den Anbietern mit den Kostenträgern vereinbart werden."
Der Fall, in dem der Apotheker als Serviceleistung für ein Alten- oder Pflegeheim aus eigenem Antrieb Fertigarzneimittel neu verblistere, werde nicht erfasst.
Der hier zu beurteilende Fall trage keine Kalkulationsrisiken in sich, anders als die Fälle ärztlicher Verordnungen. Die Grundlage der Preisberechnung sei bei Gesamtmengen von Fertigarzneimitteln klar.
§ 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 und Satz 2 AMPreisV stünden nicht gleichberechtigt" nebeneinander. Vielmehr schränke § 1 Abs. 3 Satz 2 AMPreisV die Ausnahme des § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 AMPreisV von der Arzneimittelpreisbindung dahingehend ein, dass durch Vereinbarungen zwischen den Krankenkassen und den Apotheken Preisvorgaben gemacht werden könnten.
Selbst eine Freistellung von der Arzneimittelpreisbindung für Apotheken könne nicht auf die Beklagte als Hersteller durchschlagen. Dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift. Die pharmazeutischen Unternehmer hätten nach § 78 Abs. 3 Satz 1, Hs. 1 AMG einen einheitlichen Abgabepreis sicherzustellen. Für Gesamtmengen von Fertigarzneimitteln seien Preisspannen bestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens im zweiten Rechtszug wird auf die im Berufungsverfahren bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsniederschrift vom 29. August 2013 Bezug genommen.II.
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Die beiden vom Kläger in Bezug auf die beanstandete AGB-Klausel, welche die Beklagte im Jahr 2011 verwendet hatte, gerügten Verhaltenseisen waren nach dem damals geltenden Recht unlauter, so dass der Senat keine Erwägungen zu einer Erstbegehungsgefahr und zur Reichweite des Streitgegenstandes in Bezug auf eine solche anzustellen braucht, und sie ist es durchgängig geblieben, auch nach dem zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung geltenden Recht, so dass der in die Zukunft gerichtete Unterlassungsanspruch und in der Folge auch der geltend gemachte Zahlungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte gegeben ist, wie vom Landgericht zuerkannt und vom Beklagten nur inzident mit dem Unterlassungsanspruch angegriffen.A
Der wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch ist in die Zukunft gerichtet. Deshalb setzt eine Verurteilung zur Unterlassung nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes voraus, dass die angegriffene Wettbewerbshandlung sowohl im Zeitpunkt ihrer Begehung unlauter ist als auch zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im Falle erneuter Vornahme unlauter wäre (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 16. Juli 2009 - I ZR 50/07, GRUR 2010, 248, Rn. 15 - Kamerakauf im Internet; vom 12. Mai 2010 - I ZR 214/07, GRUR 2011, 166, Rn. 11 - Rote Briefkästen, m.w.N.; und vom 14. April 2011 - I ZR 50/09, MDR 2011, 1059, bei juris Rz. 13).
Dabei müssen einschlägige Gesetzesänderungen nicht zwingend zu einer veränderten, die begründete Wiederholungsgefahr beseitigenden Veränderung der Rechtslage führen. Vielmehr ist jeweils zu prüfen, ob das gesetzliche Unwerturteil, aus dem die Unlauterkeit entsteht, unter dem neuen Recht fortgilt.
Der § 78 AMG, der im Zentrum des Rechtsstreits steht, wurde seit der streitgegenständlichen Verwendung der angegriffenen AGB-Klausel mehrfach geändert (vgl. die Gesetzgebungsgeschichte bei juris). Mit Wirkung zum 01. Januar 2012 wurde § 78 Abs. 1 Satz 3 AMG eingeführt, demzufolge die den Großhandel betreffenden Preisbestimmungen auch für die Hersteller gelten.B
Gleichwohl war, wovon ersichtlich auch die Parteien übereinstimmend ausgegangen sind, die im Jahr 2011 erfolgte Verwendung der beanstandeten Preisverhandlungsklausel auch schon nach dem bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Rechtszustand unlauter. Dies war im Schrifttum umstritten, ist aber nach Auffassung des Senats sowohl dem Sinn und Zweck der Preisbindungsvorschriften zu entnehmen wie auch der zum damaligen Rechtszustand ergangenen Rechtsprechung. So war in der Rechtsprechung mit Zustimmung aus der Literatur geurteilt worden, ein Angebot eines pharmazeutischen Unternehmens, das Import-Arzneimittel zu Preisen anbietet, zu denen Originalpräparate in Deutschland abgegeben werden, und dabei generell auf alle Arzneimittel seines Sortimentes Rabatte von 11-16% gewährt, verstoße gegen § 3 AMPreisV i.V.m. § 78 AMG und somit auch gegen § 4 Nr. 11 UWG (Link, in JurisPK-UWG, 3. Aufl. 2013, Stand: 01. November 2012, Rz. 222 u.H. auf LG Hamburg, Pharma Recht 2004, 362).
Das OLG Köln hat es unter Hinweis auf eine ältere Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH, GRUR 1984, 748, 749 - Apothekenspannen) als wettbewerbswidrig angesehen, wenn unter Verstoß gegen § 78 AMG i.V.m. den Vorschriften der AMPreisV von Pharmaunternehmen Bar-Rabatte bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel an Apotheken eingeräumt werden, die die Höchstgrenze von Rabatten gegenüber Apotheken überschreiten (OLG Köln, Urteil vom 08. Dezember 2006 - 6 U 115/06, WRP 2007, 471, bei juris Rz. 29 ff.).
Dem steht nach Auffassung des Senates auch die Entscheidung des Gemeinsamen Senates der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 22. August 2012 (GmS-OGB 1/10, BGHZ 194, 354) nicht entgegen. Die Bestimmungen über den einheitlichen Apothekenabgabepreis schließen einen Preiswettbewerb auf der Stufe der pharmazeutischen Unternehmer nicht aus, weil der das Originalprodukt herstellende und vertreibende pharmazeutische Unternehmer und die Re- und Parallelimporteure für das gleiche Arzneimittel unterschiedliche Abgabepreise nach § 78 Abs. 3 AMG festsetzen können. Diese unterschiedlichen Abgabepreise der pharmazeutischen Unternehmer fließen nach dem System der Ermittlung des einheitlichen Apothekenabgabepreises über den Großhandelshöchstzuschlag und den Festzuschlag der Apotheke jeweils in den einheitlichen Apothekenabgabepreis ein. Damit erlaubt das Gesetz einen Preiswettbewerb, der allein auf der Ebene der pharmazeutischen Unternehmer stattfindet und nicht auf der Einzelhandelsstufe der Apotheken, die auf der Grundlage des § 78 AMG und der Arzneimittelpreisverordnung für das vom jeweiligen pharmazeutischen Unternehmer im Inland in den Verkehr gebrachte Arzneimittel, das der Bestimmung des § 78 Abs. 2 Satz 2 AMG unterfällt, einen einheitlichen - und deshalb jeweils identischen - Apothekenabgabepreis verlangen müssen (GmS-OGB 1/10, BGHZ 194, 354, bei juris Rz. 22 ff.).
Diese Preisgestaltungsfreiheit des Herstellers ist aber dahin zu verstehen, dass er keiner staatlichen Preisvorgabe unterliegt. Hat er einen Preis festgelegt, so ist er an diesen selbst dergestalt gebunden, dass er nicht zwischen einzelnen Apotheken differenzieren darf. Dies verhindert zum einen, dass der Hersteller über eine Differenzierung den Wettbewerb zwischen den Apotheken beeinflussen und lenken und damit letzten Endes eine flächendeckende Medikamentenversorgung der Bevölkerung beeinträchtigen kann. Außerdem sollen Preisnachlässe in das System der Krankenversicherung fließen und so den Versicherten zugute kommen, und eine unsachgemäße Beeinflussung der Apotheker in ihrem sonstigen Bestell- und Beratungsverhalten soll vorgebeugt werden, da ein solches die Volksgesundheit gefährden könnte.C
Der Kläger kann sich auch nicht auf Bestimmungen der Arzneimittelpreisverordnung stützen, namentlich nicht auf § 1 Abs. 3 Nr. 7 AMPreisV.1.
Die Norm ist schon ihrem Wortlaut nach nicht auf Verträge zwischen dem Hersteller und dem Apotheker anwendbar, sondern erstreckt sich eindeutig nur auf die Abgabe von Arzneimitteln durch den Apotheker und nicht auf diejenige des Herstellers an den Apotheker.
Eine analoge Anwendung scheidet aus systematischen Gründen aus. Die Bestimmungen in § 1 Abs. 3 AMPreisV enthalten, wie vom Landgericht zutreffend erkannt, ausdrücklich Ausnahmevorschriften vom Anwendungsbereich der Arzneimittelpreisverordnung. Ausnahmevorschriften sind einer analogen Anwendung nicht zugänglich.
Die Berufung setzt zu Unrecht die von ihm angenommene teleologische Reduktion einer Ausnahmevorschrift gleich mit einer Analogie zu einer Eingriffsnorm. Der Eingriff bedarf der gesetzlichen Grundlage; dies führt die Berufung zutreffend aus. Die Beschränkung einer Ausnahme von einer Eingriffsnorm ist aber selbst dogmatisch betrachtet kein Eingriff. Dieser erfolgt vorliegend auf der Ermächtigungsgrundlage in § 78 AMG durch §§ 1 Abs. 1 und 2 AMPreisV, ggf. i.V. m. §§ 2, 3 AMPreisV. Die Auslegung der Ausnahmevorschriften in § 1 Abs. 3 AMPreisV bewirkt nicht, dass der Rahmen der Eingriffsermächtigung überschritten würde, denn die Ermächtigungsgrundlage würde grundsätzlich auch ein ausnahmsloses Verbot decken.2.
Das Landgericht hat, entgegen der Ausgangsannahme der Beklagten, den sachlichen Anwendungsbereich des § 1 Abs. 3 Nr. 7 AMPreisV zutreffend beschrieben. Dabei kann dahinstehen, ob die Erwägungen des Landgerichts zu einer gerechten Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln Bedeutung für die Auslegung des Begriffs der Teilmenge erlangen könnten. Denn auch ohne sie ist seine Auslegung dieses Begriffes und zur Verblisterung im Hinblick auf die von ihm erkannte Absicht des Gesetzgebers zutreffend.a)
Das dogmatisch stärkste Argument der Beklagten ist diesbezüglich der systematische Hinweis auf den Begriff der "Teilmenge" in anderen arzneimittelrechtlichen Vorschriften (vgl. §§ 10 Abs. 11, 11 Abs. 7, 97 Abs. 2 Nr. 5a AMG). Grundsätzlich legt die Einheit der Rechtsordnung nahe, dass derselbe Begriff auch dieselbe Bedeutung genießen solle. Dies gilt noch verstärkt, wenn er, wie vorliegend der Fall, in Normwerken verwendet wird, die denselben Regelungsbereich betreffen.
Jedoch ist eine unterschiedliche Wortauslegung dann möglich, wenn tragfähige Anhaltspunkte dafür feststellbar sind, dass der Normgeber einem Begriff unterschiedliche Sinngehalte zuweisen wollte.b)
Solche Anhaltspunkte liegen hier vor. Die Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drs. 16/3100, S. 200), welche die Parteien und das Landgericht zitieren (vgl. oben I.), zeigt deutlich, dass der Verordnungsgeber mit § 1 Abs. 3 Nr. 7 AMPreisV die Besonderheiten im Blick hatte, die für den Apotheker bei der Abgabe von Teilmengen aufgrund ärztlicher Verordnung entstehen. Die ärztliche Verordnung wird dabei sowohl auf individuell hergestellte Arzneimittelblister bezogen als auch auf den Fall einer Entnahme von Teilmengen von Fertigarzneimitteln.c)
Das Kostenargument der Beklagten trägt nicht. Zurecht weist der Kläger darauf hin, dass das Sozialversicherungssystem (oder der Selbstzahler) den mit der Herstellung eines patientenindividuellen Blisters verbundenen Aufwand in einem Alten- oder Pflegeheim (und dabei handelt es sich um die überwiegende Zahl der Anwendungsfälle) schon über die Pflegesätze mitbezahlt. Außerdem lassen AMG und AMPreisV die gesonderte Vergütung von Sonderleistungen des Apothekers zu, so dass es nicht zwingend einer Kompensation durch den an der Verblisterung völlig unbeteiligten Hersteller der Fertigarzneimittel bedarf.
Die Beklagte konnte denn auch nicht erklären, welches wirtschaftliche Interesse sie abseits der vom Kläger hervorgehobenen Kundenbindung daran habe, über individuelle Preisverhandlungen Herstellerrabatte an die Apotheken zu geben oder, was die Klausel gleichfalls zuließe, die Beklagte aber ersichtlich nicht zum Ziel hat, Zuschläge zu verlangen. Im Ergebnis würden diese beim Apotheker zu einer Doppelkompensation führen.d)
Dass die Vermeidung von Folgekosten aus einem Medikamentenfehlgebrauch vom Verordnungsgeber im Rahmen des § 1 Abs. 3 Nr. 7 AMPreisV erwogen worden sei, ist nicht ersichtlich.D
Die preisrechtlichen Vorschriften in § 78 AMG und in § 1 Abs. 3 Nr. 7 AMPreisV sind Marktverhaltensregelungen im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG. Sie dienen dem Schutz der Volksgesundheit, in Sonderheit der Arzneimittelsicherheit. Durch den einheitlichen Apothekenabgabepreis soll im Hinblick auf die Beratungs- und Schlüsselfunktion der Apotheken ein Preiswettbewerb auf der Handelsstufe der Apotheken ausgeschlossen oder jedenfalls vermindert werden (vgl. Deutsch/Lippert/Koyuncu, Arzneimittelgesetz, 3. Aufl., § 78 Rn. 5; Rehmann, Arzneimittelgesetz, 3. Aufl., § 78 Rn. 1; vgl. auch BVerfG, NJW 2002, 3693, 3694 f.). Dadurch soll im öffentlichen Interesse die gebotene flächendeckende und gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sichergestellt werden. Zudem soll die Regelung dazu dienen, das finanzielle Gleichgewicht des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung abzusichern (Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschluss vom 22. August 2012 - GmS-OGB 1/10, BGHZ 194, 354, bei juris Rz. 22 ff., m.w.N. - EU-Versandapotheken; BVerfG, Beschluss vom 19. September 2002 - 1 BvR 1385/01, NJW 2002, 3693, 3695; BGH, Urteile vom 09. September 2010 - I ZR 193/07, bei GRUR 2010, 1136, bei juris Rz. 16 und 22, m.w.N. - Unser Dankeschön für Sie; vgl. auch BGH, Urteil vom 09. September 2010 - I ZR 125/08, bei juris; OLG Köln, Beschluss vom 20. September 2005 - 6 W 112/05, GRUR 2006, 88; Stellungnahme des Bundesrates zum Regierungsentwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes, BT-Drs. 11/5373 Anl. 2 S. 27; ferner BSGE 101, 161, Rn. 18 f.; BSG, Urteil vom 27. Oktober 2009 - B 1 KR 7/09 R, juris Rn. 13 ff.; zu weiteren mit der Regelung des § 78 AMG verfolgten Zwecken vgl. Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, 67. Erg.-Lief., § 78 AMG Anm. 1 und MünchKomm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rn. 26).III.A
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1 ZPO, diejenige zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.B
Den Streitwert schätzt der Senat nach §§ 51, 48 Abs. 1, 47 Abs. 1, 43 Abs. 1, 48 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO. Im Hinblick auf die Vielzahl der Apotheken in Deutschland, das immense Volumen des Arzneimittelmarktes, die Marktbedeutung der umstrittenen Rabatte, den Umstand, dass der Kläger nicht nur ein Individualinteresse vertritt und die Zweigliedrigkeit des Unterlassungsantrages lassen einen Wert von 300.000,- EUR als angemessen erscheinen. Die Begrenzung für UKlaG-Streitwerte greift vorliegend weder unmittelbar, noch analog ein.C
Der Senat lässt die Revision wegen Rechtsgrundsätzlichkeit zu im Hinblick auf die Auslegung des § 1 Abs. 3 Nr. 7 AMPreisV.
OLG Stuttgart:
Urteil v. 05.09.2013
Az: 2 U 155/12
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