Finanzgericht Köln:
Beschluss vom 19. Mai 2004
Aktenzeichen: 13 V 1620/04

(FG Köln: Beschluss v. 19.05.2004, Az.: 13 V 1620/04)

Tenor

Die Körperschaftsteuer- und Solidaritätszuschlagsbescheide 1997 und 1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom ... werden in voller Höhe ab Fälligkeit von der Vollziehung ausgesetzt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.

Die Beschwerde gegen den Beschluss wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten im vorliegenden Verfahren über die Frage, ob ein zwischen der Antragstellerin und der E.-GmbH abgeschlossener Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag steuerlich anerkannt werden kann oder ob die in Umsetzung dieses Vertrages von der Klägerin an die E.-GmbH gezahlten Beträge als verdeckte Gewinnausschüttungen zu qualifizieren sind.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft mbH. An ihr ist die E.-GmbH zu 100 Prozent beteiligt. Zwischen der Klägerin und der E.-GmbH wurde am ... ein notariell beurkundeter Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag abgeschlossen. § 2 dieses Vertrages beinhaltete die Regelung über die Ergebnisübernahme. Er hatte folgenden Inhalt:

Der gesamte Gewinn der "Antragstellerin", der ohne diesen Ergebnisausschluss sonst auszuweisen wäre, ist nach Abschluss des Geschäftsjahres an die E. abzuführen.

Die "Antragstellerin" darf Beträge aus dem Jahresüberschuss nur insoweit in freie Rücklagen einstellen, als dies bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung begründet ist. Die Auflösung von Gewinnrücklagen und Kapitalrücklagen i. S. v. § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB, die vor Abschluss dieses Vertrages bestanden, darf nicht vorgenommen werden und von der E. nicht verlangt werden.

Die E. hat jeden während der Vertragsdauer entstehenden Jahresfehlbetrag bei der "Antragstellerin" auszugleichen, soweit dieser nicht dadurch ausgeglichen wird, dass den anderen Gewinnrücklagen Beträge entnommen werden können, die während der Vertragsdauer in sie eingestellt worden sind.

Der Jahresabschluss der "Antragstellerin" ist vor seiner Feststellung der E. zur Kenntnisnahme, Prüfung und Abstimmung vorzulegen.

Die Abführung von Beträgen aus der Auflösung von Gewinnrücklagen oder Kapitalrücklagen, die vor Inkrafttreten dieses Vertrages gebildet wurden, ist ausgeschlossen.

Weitere Bestimmungen über die Ergebnisübernahme enthält der notariell beurkundete Vertrag nicht. Wegen der Einzelheiten wird auf die bei den Vertragsakten befindliche Kopie des Vertrages verwiesen.

Die Gesellschafter stimmten dem Vertrag mit Beschluss vom ... zu. Die Eintragung im Handelsregister erfolgte an .... Die Eintragung hatte folgenden Text:

Mit Beschluss vom ... haben die Gesellschafter dem zwischen der Gesellschaft als beherrschten Unternehmen und der E.-GmbH Dienstleistungs- und Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH am ... abgeschlossenem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag zugestimmt.

Bei einer Überprüfung der (notariellen) Verträge und Zustimmungsbeschlüsse im Hinblick auf ihre steuerlichen Auswirkungen fiel der Antragstellerin auf, dass § 302 Abs. 3 AktG in dem Vertrag nicht enthalten war. Daraufhin wurde am ... eine schuldrechtliche Klarstellungsvereinbarung abgeschlossen. Diese enthielt in § 1 folgende Regelung:

Die E. ist entsprechend den Vorschriften des § 302 Abs. 1 und 3 AktG verpflichtet, jeden während der Vertragsdauer sonst entstehenden Jahresfehlbetrag auszugleichen, soweit dieser nicht dadurch ausgeglichen wird, dass den anderen Gewinnrücklagen Beträge entnommen werden können, die während der Vertragsdauer in sie eingestellt worden sind.

Ebenfalls am ... stimmten die Gesellschafterversammlungen der Antragstellerin und der E.-GmbH der Klarstellungsvereinbarung zu. Wegen der Einzelheiten wird auf die Kopien der Klarstellungsvereinbarung und der Niederschriften über die Gesellschafterversammlungen verwiesen.

Der Antragsgegner veranlagte die Antragstellerin zunächst unter Schätzung der Besteuerungsgrundlagen zur Körperschaftsteuer für die beiden Streitjahre. Dabei ging der Antragsgegner vom Vorliegen einer körperschaftsteuerlichen Organschaft aus. Nachdem der Antragsgegner die Vorbehalte der Nachprüfung aufgehoben hatte, legte die Antragstellerin fristgerecht Einsprüche ein und die fehlenden Steuererklärungen vor.

Im Rahmen der Erörterung der Steuererklärungen wies der Antragsgegner die Antragstellerin darauf hin, dass seines Erachtens die körperschaftsteuerliche Organschaft nicht anzuerkennen sei, weil der Gewinnabführungsvertrag keine ausdrückliche Regelung entsprechend § 302 Abs. 3 AktG enthalte. Die von der Antragstellerin an die E.-GmbH geleisteten Zahlungen seien daher als verdeckte Ausschüttungen zu berücksichtigen. Die Antragstellerin nahm zu diesem Verböserungshinweis keine Stellung.

Mit Einspruchsentscheidung vom ... wies der Antragsgegner die Einsprüche unter Festsetzung der Körperschaftsteuer 1997 auf ... EUR, der Körperschaftsteuer 1998 auf ... EUR, des Solidaritätszuschlages 1997 auf ... EUR und des Solidaritätszuschlages 1998 (Tippfehler in der Einspruchsentscheidung 1997) auf ... EUR als unbegründet zurück. Dabei ging der Antragsgegner von den eingereichten Steuererklärungen aus, berücksichtigte aber das Organschaftsverhältnis nicht. Dabei ging er davon aus, dass § 17 KStG zwingend die ausdrückliche Vereinbarung der Anwendung des § 302 Abs. 3 AktG voraussetze. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung verwiesen.

Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit der unter dem Aktenzeichen 13 K 244/04 beim erkennenden Senat anhängigen Klage.

Im vorliegenden Verfahren streiten die Beteiligten über die Aussetzung der Vollziehung, nachdem der Antragsgegner die zunächst im Klageverfahren gewährte Aussetzung der Vollziehung mit Verfügung vom ... widerrufen hat.

Ausgehend von dem unstreitigen Sachverhalt vertritt die Antragstellerin die Auffassung, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung einer körperschaftsteuerlichen Organschaft nach §§ 14, 17 KStG im Streitfall gegeben seien. Neben dem unstreitig wirksamen Vertrag vom ... sei auch die Klarstellungsvereinbarung und damit die Anwendung des § 302 Abs. 3 AktG wirksam vereinbart worden.

Nach neuerer zivilrechtlicher Rechtsprechung und auch Literaturauffassung gelte § 302 AktG auch beim so genannten GmbH-Konzern. Eine ausdrückliche Vereinbarung im Gewinnabführungsvertrag sei nicht erforderlich.

Selbst wenn man für die steuerliche Anerkennung der Organschaft eine ausdrückliche Vereinbarung des § 302 AktG für erforderlich halte, könnten aber keinesfalls Formvorschriften für die Vereinbarung gelten, wenn diese bereits - stillschweigend - zivilrechtlich wirksam vereinbart worden sei. Für die Klarstellungsvereinbarung bestünde daher weder die Verpflichtung zur notariellen Beglaubigung des Zustimmungsbeschlusses der Gesellschafterversammlung der beherrschten Gesellschaft, hier der Antragstellerin, noch die Verpflichtung oder nur die Möglichkeit der Eintragung ins Handelsregister.

In diesem Zusammenhang trägt die Antragstellerin vor, dass sie bei drei Handelsregistern nachgefragt habe, wie der Antrag auf Eintragung einer entsprechenden Klarstellungsvereinbarung behandelt würde. Übereinstimmend sei erklärt worden, dass ein derartiger Eintragungsantrag zurückgewiesen würde, weil die Ergänzung nicht eintragungsfähig sei.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

die Körperschaftsteuer- und Solidaritätszuschlagsbescheide 1997 und 1998 ab Fälligkeit bis einen Monat nach Bekanntgabe des Urteils in der Klagesache 13 K 244/04 in voller Höhe von der Vollziehung auszusetzen,

gegen die Entscheidung des Finanzgerichts, die Beschwerde zum Bundesfinanzhof zuzulassen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag als unbegründet zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, dass keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide bestünden.

Der Antragsgegner vertritt die Meinung, dass die steuerliche Anerkennung einer Organschaft die ausdrückliche und zivilrechtlich wirksame Vereinbarung des § 302 Abs. 3 AktG voraussetze. An einer derartigen zivilrechtlich wirksamen Vereinbarung fehle es im Streitfall.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin handele es sich bei der so genannten Klarstellungsvereinbarung tatsächlich um eine erstmalige Vereinbarung der Anwendung des § 302 Abs. 3 AktG. Diese bedürfe entsprechend der einschlägigen Rechtsprechung des BGH eines notariell beglaubigten Zustimmungsbeschlusses der Gesellschafterversammlung und der Eintragung ins Handelsregister, um wirksam zu werden. Daran fehle es im Streitfall. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung und den Schriftsatz vom ... verwiesen.

II.

Der Antrag ist begründet. Es ist ernstlich zweifelhaft, dass der Antragsgegner zu Recht davon ausgegangen ist, dass die hier streitbefangenen vertraglichen Absprachen zwischen der Antragstellerin und der E.-GmbH nicht den Anforderungen der §§ 14, 17 KStG genügen und deshalb der Gewinn der Antragstellerin nicht der E.-GmbH als Organträgerin zuzurechnen ist, sondern die Zahlungen der Antragstellerin an die E.-GmbH als verdeckte Gewinnausschüttung im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG zu qualifizieren sind.

Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - soll das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit bestehen.

Solche Zweifel liegen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs vor, wenn neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen auslösen (vgl. BFH-Beschluss vom 10.2.1967 III B 9/66, BStBl III 1967, 182; seither ständige Rechtsprechung).

Nicht erforderlich ist, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe überwiegen (vgl. BFH-Beschluss vom 12.10.1988 VIII S 31/81, BFH/NV 1989, 445). Eine Aussetzung der Vollziehung ist vielmehr bereits dann zu gewähren, wenn es auf Grund des vorliegenden Prozessstoffes und der von den Beteiligten beigebrachten - präsenten - Beweismittel ernstlich möglich erscheint, dass sich der angegriffene Bescheid bei einer abschließenden Prüfung der Sach- und Rechtslage als rechtswidrig erweist. Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an.

Im Streitfall bestehen ernstliche Zweifel, dass der Antragsgegner zu Recht davon ausgegangen ist, dass der streitbefangenen Gewinnabführungsvertrag in Verbindung mit der Klarstellungsvereinbarung nicht den Anforderungen der §§ 14, 17 KStG genügt und deshalb der Gewinn der Streitjahre nicht gemäß § 14 KStG der Organträgerin, der E.-GmbH, zuzurechnen ist .

Nach § 17 KStG gelten die Regeln über die körperschaftsteuerliche Organschaft für Aktiengesellschaften oder KGaA als Organgesellschaften (§ 14 KStG) entsprechend, wenn eine andere Kapitalgesellschaft - hier die antragstellende GmbH - mit Sitz und Geschäftsleitung im Inland sich wirksam verpflichtet, ihren ganzen Gewinn an ein anderes Unternehmen im Sinne des § 14 KStG abzuführen.

Zwischen den Beteiligten besteht kein Streit, dass die Voraussetzungen des § 14 KStG, nämlich die finanzielle Eingliederung der Antragstellerin (100%ige Beteiligung der E.-GmbH), die organisatorische Eingliederung (Beherrschungsvertrag) sowie die weiteren Voraussetzungen des § 14 Nr. 3 bis 5 KStG im Streitfall erfüllt sind. Es ist weiterhin unstreitig, dass der Vertrag die Voraussetzungen des § 17 Satz 2 Nr. 1 KStG erfüllt.

Es erscheint ernstlich zweifelhaft, dass der Antragsgegner zu Recht davon ausgegangen ist, dass die Zurechnung des Gewinns der Antragstellerin an die E.-GmbH an der fehlenden Vereinbarung einer Verlustübernahme entsprechend den Vorschriften des § 302 AktG scheitert (§ 17 Satz 2 Nr. 2 KStG).

Es ist zwischen den Beteiligten des vorliegenden Verfahrens unstreitig, dass die Antragstellerin mit der E.-GmbH eine Vereinbarung über die Verlustübernahme entsprechend § 302 Abs. 1 und 3 AktG in der Klarstellungsvereinbarung vom ... getroffen hat. Nach Auffassung des beschließenden Senates erscheint es ernsthaft möglich, dass diese Vereinbarung entgegen der Auffassung des Antragsgegners wirksam ist.

Nach ganz herrschender Auffassung im zivilrechtlichen Schrifttum (Michalski, Kommentar zum GmbHG, 2002, unter C. Systematische Darstellung 4, Rdnr. 75; Scholz, GmbHG, 9. Aufl., 2000, Anhang Konzernrecht Rdnr. 211 jeweils m. w. N.) und der Rechtsprechung des BGH (BGH-Urteil vom 11.11.1991 II ZR 287/90, BGHZ 116, 37; weitere Nachweise in BFH-Urteil vom 29.3.2000 I R 43/99, BFH/NV 2000, 1250) ist § 302 AktG im GmbH-Vertragskonzern analog anzuwenden.

Voraussetzung ist grundsätzlich, d. h. vorbehaltlich der Regeln über den fehlgeschlagenen Konzern, der zivilrechtlich wirksame Abschluss des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages. Dies setzt einen schriftlichen Vertrag voraus, dem sowohl von der Gesellschafterversammlung der Organgesellschaft als auch des Organträgers zugestimmt werden muss. Die Zustimmung der Gesellschafterversammlung der Organgesellschaft bedarf dabei, da sie materiellrechtlich einer Gesellschaftsvertragsänderung im Sinne des § 53 Abs. 1 GmbHG gleichkommt, in entsprechender Anwendung des § 53 Abs. 2 Satz 1 GmbHG der notariellen Beurkundung. Letztlich ist erforderlich, dass das Bestehen des Vertrages und die Beschlüsse der Gesellschafterversammlungen gemäß § 294 AktG dem Handelsregister vorgelegt werden und eine entsprechende Eintragung gemäß § 294 AktG/§ 54 Abs. 3 GmbHG im Handelsregister der Organgesellschaft erfolgt (grundlegend BGH-Urteil vom 24.10.1988 II ZB 7/88, BGHZ 105, 324; Kleinert/Lahl, GmbH Rundschau 2003, 698; Michalski a. a. O., systematische Darstellung 3 Rdnr. 399 m. w. N.; ebenso KStR 1995 Abschnitt 64).

Der BGH hat dabei die Anwendung der §§ 53, 54 GmbHG, also die notwendige notarielle Beurkundung und die Eintragung ins Handelsregister, damit begründet, dass der Vertrag grundlegend in den Gesellschaftszweck, die Zuständigkeitskompetenz der Gesellschafter und in ihr Gewinnbezugsrecht eingreife und satzungsgleich die rechtliche Grundstruktur der sich der Beherrschung unterstellenden GmbH umgestalte. Eine derartige Änderung des Gesellschaftsvertrages unterliege aus Beweissicherungs- und damit auch Rechtssicherheitsgründen, aber auch zum Zwecke der materiellen Richtigkeitsgewähr sowie zur Gewährleistung einer Prüfungs- und Belehrungsfunktion der Beurkundungspflicht und der Eintragungspflicht (grundlegend BGHZ 105, 324 unter IV. 2c).

Ausgehend von dieser Begründung für die Beurkundungs- und Eintragungspflicht erscheint es ernstlich zweifelhaft, dass für die allein aus steuerlichen Gründen notwendige ausdrückliche Vereinbarung der Anwendung des § 302 Abs. 1 und 3 AktG entsprechende Formpflichten bestehen. Da nach ganz allgemeiner Auffassung im Zivilrecht die Haftung nach § 302 AktG bei Abschluss eines entsprechenden Unternehmensvertrages ohne ausdrückliche Vereinbarung eingreift, kann der nachfolgenden ausdrücklichen Vereinbarung zivilrechtlich im Zweifel keine Bedeutung zukommen. Insbesondere ist mit ihr keine satzungsändernde Wirkung verbunden. Damit fehlt es an den Voraussetzungen, aus denen der BGH die Notwendigkeit der notariellen Beurkundung abgeleitet hat. Ebenso fehlt es an den Voraussetzungen, aus denen der BGH die Notwendigkeit der Eintragungspflicht abgeleitet hat. Da infolge der automatischen Geltung des § 302 AktG im GmbH-Vertragskonzern der ausdrücklichen Vereinbarung keine zivilrechtliche Bedeutung zukommt, besteht auch kein Publizitätsbedürfnis. Ob eine derartige ausdrückliche Vereinbarung tatsächlich nicht eintragungsfähig ist, wie die Antragstellerin vorgetragen hat, ist nicht im summarischen Aussetzungsverfahren aufzuklären. Dies bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.

Wenn aber - was nach den obigen Ausführungen nahe liegt - zivilrechtlich keine besonderen Formvorschriften bestehen, kann für die nur aus steuerlichen Gründen erfolgende - zivilrechtlich lediglich wiederholende - ausdrückliche Vereinbarung der Anwendung des § 302 Abs. 1 und 3 AktG eine besondere Formvorschrift auch nur aus dem Steuerrecht abgeleitet werden.

Ob § 17 KStG derartige Formvorgaben entnommen werden können, erscheint zweifelhaft. Der BFH hat bisher lediglich entschieden, dass der Gesetzgeber für die außeraktienrechtliche Organschaft die vertragliche Vereinbarung einer Verlustübernahme entsprechend den Vorschriften des § 302 AktG selbst dann fordern dürfe, wenn sich vergleichbare Ansprüche andernfalls "nur" aufgrund allgemeiner zivilrechtlicher Rechtsgrundsätze ergeben würden (BFH/NV 2000, 1250). Diese Entscheidung, mit der eine Entscheidung des beschließenden Senats bestätigt wurde, beruht auf der ausdrücklichen Regelung in § 17 Satz 2 Nr. 2 KStG. Eine entsprechende ausdrückliche Regelung zur Form der Vereinbarung enthält § 17 KStG unstreitig nicht.

Im Hinblick auf das Schweigen des Gesetzes bzgl. der Formfragen hat der Senat erhebliche Zweifel, dass über die hier vorliegende Schriftform hinausgehende Formvorschriften für die Vereinbarung nach § 17 Satz 2 Nr. 2 KStG bestehen.

Im Ergebnis ist also festzuhalten, dass es ernstlich möglich erscheint, dass die klarstellende ausdrückliche, schriftliche Vereinbarung der Anwendung des § 302 Abs. 1 und 3 AktG für die Anwendung der §§ 14, 17 KStG hinreichend ist und deshalb der Antragsgegner der Antragstellerin zu Unrecht die hier streitbefangenen Gewinne zugerechnet hat.

Die Aussetzung der Vollziehung der Bescheide über die Solidaritätszuschläge 1997 und 1998 erfolgt gemäß § 69 Abs. 2 Satz 4 FGO. Der beschließende Senat folgt insoweit der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (vgl. z. B. BFH-Beschluss vom 18.9.2002 IV S 3/02, BFH/NV 2003, 187), wonach im Rahmen der Aussetzung der Vollziehung der Steuer auch der Vollzug der Annexforderungen ausgesetzt werden kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Beschwerde gegen den Beschluss war nicht zuzulassen, weil keine Klärung der maßgeblichen Rechtsfrage im Rahmen des Aussetzungsverfahrens zu erwarten ist.






FG Köln:
Beschluss v. 19.05.2004
Az: 13 V 1620/04


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