Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. Januar 2003
Aktenzeichen: 26 W (pat) 108/02
(BPatG: Beschluss v. 22.01.2003, Az.: 26 W (pat) 108/02)
Tenor
Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. April 2002 aufgehoben.
Die Löschung der angegriffenen Marke wird aufgrund des Widerspruchs aus der international registrierten Marke 656 318 angeordnet.
Gründe:
I.
Gegen die für die Waren
"Brot, feine Back- und Konditorwaren; Bier, Biermischgetränke, alkoholfreies Bier, alkoholfreie Getränke, soweit in Klasse 32 enthalten"
unter der Nummer 398 35 652 eingetragene Marke Back & Brauist Widerspruch erhoben worden aus der international registrierten Marke 656 318 siehe Abb. 1 am Endedie ua für die Waren
"pain, ptisserie et confiserie; bières"
Schutz genießt.
Die Markenstelle für Klasse 32 hat diesen Widerspruch zurückgewiesen. Die Vergleichsmarken könnten zwar zur Kennzeichnung gleicher Waren verwendet werden, so daß angesichts der zwischen Warenidentität und Warenähnlichkeit sowie Markenähnlichkeit bestehenden Wechselwirkung ein erheblicher Abstand erforderlich sei, um die Gefahr von Verwechslungen zu vermeiden. Diesen Abstand hielten die Marken jedoch noch ein. Der in der Widerspruchsmarke enthaltene Wortbestandteil "Back & Brau" entfalte nämlich im Verhältnis zu dem Bildbestandteil keine prägende Wirkung, so daß es auf einen Vergleich der beiden Bezeichnungen "Back & Brau" hier nicht ankomme. Zwar messe der Verkehr in der Regel dem Wortbestandteil als einfachster Bezeichnungsform eine prägende Wirkung bei. Dies gelte aber dann nicht, wenn die Wort- und Bildbestandteile einer Marke denselben oder zumindest einen sehr ähnlichen Begriffsgehalt aufwiesen. In ihrer Gesamtheit werde die Widerspruchsmarke nicht von einem ihrer Elemente allein, sondern durch die Kombination der beiden Elemente geprägt. Daher bestehe zu einem selbständig kollisionsbegründenden Herausgreifen der Wörter "Back & Brau" kein Anlaß.
Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit der Beschwerde, die sie nicht begründet hat. Auch die Markeninhaberin hat sich nicht geäußert.
II.
Die zulässige Beschwerde ist in der Sache begründet. Zwischen der jüngeren Marke und der Widerspruchsmarke besteht die Gefahr klanglicher Verwechslungen im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.
Die Frage der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (EuGH GRUR 1998, 387, 389 - Sabèl/Puma). Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke. Insbesondere kann ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH GRUR 1998, 922, 923 - Canon; BGH GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHÉ/TISSERAND).
Die miteinander zu vergleichenden Waren sind im Umfang der Waren "Brot, feine Back- und Konditorwaren" sowie "Bier" gleich, im übrigen unbedenklich ähnlich (vgl auch Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 12. Aufl, S 80 f, Stichwort "Bier"). Dieser Umstand erfordert bei weiterer Berücksichtigung der von Haus aus normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in jeder maßgeblichen Richtung einen deutlichen Abstand der Marken, um eine Verwechslungsgefahr iSd § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG verneinen zu können. Diesen Abstand hält die angegriffene Marke von der Widerspruchsmarke nicht ein, weil die Marken in ihrem prägenden Bestandteil übereinstimmen.
Für die Beurteilung der Ähnlichkeit von Marken ist auf deren jeweiligen Gesamteindruck abzustellen (EuGH aaO - Sabèl/Puma; BGH Mitt 2000, 65 - RAUSCH/ELFI RAUCH). Das schließt aber nicht aus, daß einem einzelnen Zeichenbestandteil unter Umständen eine besondere, das Gesamtzeichen prägende Kennzeichnungskraft beizumessen ist. Voraussetzung hierfür ist jedoch stets, daß dem fraglichen Zeichenbestandteil in der kombinierten Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung zukommt und er deshalb geeignet ist, die Erinnerung an das Gesamtzeichen wachzurufen, während die weiteren Elemente der Marke nur eine eher untergeordnete Bedeutung haben (BGH aaO - RAUSCH/ELFI RAUCH).
Danach wird der Gesamteindruck der Widerspruchsmarke von dem Wortbestandteil "BACK & BRAU" geprägt. Grundsätzlich mißt nämlich der Verkehr bei einem Zusammentreffen von Wort- und Bildbestandteilen dem Wort als einfachster und kürzester Bezeichnungsform eine prägende Bedeutung zu (Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 9 Rdnr 194). Dies gilt auch für Fälle, in denen das Wort größenmäßig hinter dem Bild zurücktritt. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn das Bild durch seinen Umfang und seine kennzeichnende Wirkung die Marke derart beherrscht, daß das Wort kaum mehr beachtet wird. Das ist jedoch vorliegend nicht der Fall. Zwar ist bei der Widerspruchsmarke die Wortfolge "BACK & BRAU" im Verhältnis zu dem Bildbestandteil relativ klein gehalten. Dennoch ist sie wegen ihrer Stellung in der Bildüberschrift von kennzeichnender Prägung. Hinzu kommt, daß sich die Bezeichnung "BACK & BRAU" als einziger Wortbestandteil der Marke für eine Benennung geradezu anbietet. Demgegenüber wäre eine Benennung der Widerspruchsmarke mit dem Bildbestandteil umständlich und kompliziert, weil sich die Beschreibung des Bildinhalts wegen dessen Vielschichtigkeit nicht für eine prägnante Bezeichnung eignet.
Stellt man aber den Wortbestandteil der Widerspruchsmarke der jüngeren Marke gegenüber, so ist wegen der völligen Übereinstimmung eine klangliche Verwechslungsgefahr zu bejahen.
Gründe: dafür, einer Beteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aus Billigkeitsgründen aufzuerlegen (§ 71 Abs 1 MarkenG), sind nicht ersichtlich.
Albert Reker Eder Bb Abb. 1
BPatG:
Beschluss v. 22.01.2003
Az: 26 W (pat) 108/02
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