Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. Juli 2004
Aktenzeichen: 33 W (pat) 252/03

(BPatG: Beschluss v. 13.07.2004, Az.: 33 W (pat) 252/03)

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 36 vom 13. August 2003 aufgehoben, soweit der Widerspruch aus der Gemeinschaftsmarke EU 1 681 626 zurückgewiesen worden ist.

2. Die Löschung der Marke 301 11 714 wird wegen des Widerspruchs aus der Gemeinschaftsmarke EU 1 681 626 angeordnet.

Gründe

I Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist gegen die Eintragung der für die Dienstleistungen Klasse 35:

Unternehmensberatung, betriebwirtschaftliche Beratung, Marketing, Organisationsberatung;

Klasse 36:

Finanzwesen, Vermögensverwaltung, Vermögensberatung, Verwaltung von Unternehmensbeteiligungen, Investitionen in Asset-Klassenbestimmten Marke 301 11 714 CAM aufgrund der für die Waren und Dienstleistungen Klasse 16:

Prospekte, Drucksachen.

Klasse 35:

Hilfe bei der Geschäftsführung; Auskünfte in Geschäftsangelegenheiten; Beratung in Fragen der Geschäftsorganisation; Veröffentlichung von Werbeschriften.

Klasse 36:

Schätzung von Immobilien; Vermittlung von Vermögensanlagen in Fonds; Investmentgeschäfte; Sparkassengeschäfte; Bildung und Platzierung von Fonds; Entwicklung von Management- und Vermögensprodukten, nämlich Investmentgesellschaften mit veränderlichem Kapital, Investmentfonds, Offshore-Fonds, garantierte Strukturfonds; Management von Management- und Vermögensprodukten, nämlich Investmentgesellschaften mit variablem Kapital, Investmentfonds, Offshore-Fonds, garantierte Strukturfonds; Beratung zu Management- und Vermögensprodukten, nämlich Investmentgesellschaften mit variablem Kapital, Investmentfonds, Offshore-Fonds, garantierten Strukturfonds.

Klasse 38:

Übertragung von Informationen zur Immobilien- und/oder Kapitalverwaltung über Internet und über Netze vom Typ Internet; Übertragung von per Internet zugänglichen Informationen per Telematik, über Netze vom Typ Internet und über Computerterminals; elektronische Nachrichtenübermittlung für Online-Dienste.

Klasse 42:

Vermietung von Zugangszeiten zu einem Datenbankserver; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitungam 13. September 2001 eingetragenen Marke EU 1 681 626 CLAM am 31. August 2001 Widerspruch erhoben worden.

Die Markenstelle für Klasse 36 hat mit Beschluß vom 13. August 2003 den Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, daß zwischen den Dienstleistungen beider Marken hinsichtlich der Klassen 35 und 36 teilweise Identität und im übrigen eine hochgradige Ähnlichkeit bestehe. Der insoweit erforderliche deutliche Markenabstand werde jedoch noch eingehalten. Ein Vergleich der Schriftbilder zeige aber, daß der in der Widerspruchsmarke zusätzlich vorhandene Buchstabe "L" zu einer deutlich sichtbaren Abweichung in der Wortlänge und in jeder verkehrsüblichen Schreibweise in der oberen Begrenzungslinie der Wörter führe. In klanglicher Hinsicht trete in der Widerspruchsmarke die am Wortanfang stehende Konsonantenkombination "CL", die einen gewissen Bruch im Klangbild mit sich bringe, in charakteristischer Weise hervor. Diese Abweichungen fielen umso mehr ins Gewicht, als es sich bei den beiden Zeichen um Kurzwörter handle, denen der Verkehr mehr Aufmerksamkeit zuwende.

Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie trägt vor, daß die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke im oberen Mittelmaß liege. Im Hinblick auf die erhebliche Dienstleistungsähnlichkeit bis hin zur Dienstleistungsidentität werde der insoweit erforderliche erhebliche Abstand nicht eingehalten. Beide Bezeichnungen seien leicht aussprechbar. Es bestehe die Tendenz, das zusätzliche "L" undeutlich zu artikulieren. Auch vom Schriftbild her falle der zusätzlich eingeschobene Konsonant kaum auf.

Die Widersprechende beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie trägt vor, daß bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr im vorliegenden Fall auf Fachkreise abzustellen sei, die bei dem Erwerb von geschäftlich benötigten Dienstleistungen im allgemeinen sorgfältig zu prüfen und zu unterscheiden gewohnt seien. Eine klangliche Ähnlichkeit sei aufgrund des zusätzlichen "L" auch im Hinblick darauf, daß es sich bei beiden Marken um Kurzzeichen handle zu verneinen. Auch eine schriftliche Zeichenähnlichkeit sei nicht gegeben. Das Widerspruchszeichen sei unter Berücksichtigung der Gesamtbuchstabenanzahl deutlich länger. Im übrigen wichen die Zeichen deutlich sichtbar in ihrer oberen Begrenzungslinie durch den zusätzlichen Konsonanten "L" voneinander ab.

Bei der Widerspruchsmarke sei allenfalls von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft auszugehen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist begründet. Der Senat hält die Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG zwischen den sich gegenüberstehenden Marken für gegeben.

Ob Verwechslungsgefahr besteht, hängt nach § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG von der Identität oder Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Marken einerseits und andererseits von der Identität oder Ähnlichkeit der von den beiden Marken erfaßten Dienstleistungen ab, wobei von dem Fall eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers auszugehen ist (EuGH GRUR Int 1999, 734 - Llyod; BGH GRUR 2000, 506 - ATTACHÉ/TISSERAND). Darüber hinaus sind alle weiteren Umstände zu berücksichtigen, die sich auf die Verwechslungsgefahr auswirken können, insbesondere die Kennzeichnungskraft der älteren Marke (EuGH aaO - Lloyd; BGH aaO - ATTACHÉ/TISSERAND; GRUR 1999, 995 - HONKA). Dabei stehen die verschiedenen für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr heranzuziehenden Faktoren in einer Wechselwirkung, so daß zB ein geringerer Grad an Markenähnlichkeit durch eine höhere Kennzeichnungskraft der älteren Marke bzw durch einen höheren Grad an Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit ausgeglichen werden kann (stRspr vgl BGH GRUR 2000, 603 - Cetof/ETOP). Nach diesen Grundsätzen ist im vorliegenden Fall eine Verwechslungsgefahr zu bejahen.

Nachdem Benutzungsfragen hier nicht einschlägig sind, ist für die Frage der Ähnlichkeit der Dienstleistungen von der Registerlage auszugehen. Die Dienstleistung "Beratung in Fragen der Geschäftsorganisation" in der Widerspruchsmarke ist identisch mit der Dienstleistung "Organisationsberatung" in der jüngeren Marke; auch hinsichtlich der in der jüngeren Marke enthaltenen Dienstleistungen "Unternehmensberatung" und "betriebswirtschaftliche Beratung" besteht eine hochgradige Ähnlichkeit zu "Hilfe bei der Geschäftsführung" und "Beratung in Fragen der Geschäftsorganisation" der Widerspruchsmarke. Gleiches gilt für "Marketing" einerseits und "Veröffentlichung von Werbeschriften" andererseits.

Ähnlich verhält es sich auch hinsichtlich der sich gegenüberstehenden Dienstleistungen der Klasse 36, in der die angegriffene Marke für "Finanzwesen, Vermögensverwaltung, Vermögensberatung, Verwaltung von Unternehmensbeteiligungen und Investitionen in Asset-Klassen" eingetragen ist. Auch die Widerspruchsmarke enthält wirtschaftlich teils identische, teils hochgradig ähnliche Dienstleistungen wie beispielsweise "Vermittlung von Vermögensanlagen in Fonds" oder auch "Investmentgeschäfte".

Zugunsten der Markeninhaberin geht der Senat ferner von der auch von ihr zugestandenen durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke aus.

Die angegriffene Marke hält bei dieser Ausgangslage den insoweit erforderlichen größeren Abstand zur Widerspruchsmarke jedenfalls in klanglicher Hinsicht nicht ein, da die sich gegenüberstehenden Marken in erheblichem Umfang (nahezu) identisch wahrgenommen werden.

Gegenüber stehen sich insoweit die Zeichen "CAM" und "CLAM", die sich lediglich dahingehend unterscheiden, daß in der Widerspruchsmarke als zweiter Buchstabe ein "L" eingefügt ist. Dabei ist davon auszugehen, daß ein markenrechtlich relevanter Teil der angesprochenen Verkehrskreise, hier neben Fachkreisen teilweise auch das allgemeine Publikum, dieses eingeschobene "L" nicht oder nur undeutlich wahrnehmen wird. Zwar handelt es sich um Kurzbezeichnungen, die möglicherweise häufig auch als Einzelbuchstaben ausgesprochen werden. Im vorliegenden Fall werden beide jedoch überwiegend einfach als Wort artikuliert, wobei phonetisch der hinter dem konsonantischen Anlaut "C" eingefügte Laut "L" in den Hintergrund tritt.

Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage besteht kein Anlaß, aus Gründen der Billigkeit einem der Verfahrensbeteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 71 Abs 1 MarkenG aufzuerlegen.

Winkler Pagenberg Dr. Hock Ko






BPatG:
Beschluss v. 13.07.2004
Az: 33 W (pat) 252/03


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