Bundespatentgericht:
Beschluss vom 18. Februar 2010
Aktenzeichen: 12 W (pat) 15/06
(BPatG: Beschluss v. 18.02.2010, Az.: 12 W (pat) 15/06)
Tenor
Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
Gründe
I Die Beschwerdeführerin ist Anmelderin der am 26. September 2003 beim Deutschen Patentund Markenamt eingegangenen Patentanmeldung mit der Bezeichnung:
"Vorrichtung und Verfahren zum chargenweisen Dosieren von Flüssigkeiten".
Mit Beschluss vom 10. Januar 2006 hat die Prüfungsstelle für Klasse B67D des Deutschen Patentund Markenamts die Anmeldung wegen fehlender Neuheit des Gegenstandes des Anspruchs 1 zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 19. Februar 2006 eingelegte Beschwerde der Anmelderin.
Die ordnungsgemäß geladene Anmelderin hat -wie mit Schreiben vom 18. Dezember 2009 angekündigt -den Termin der mündlichen Verhandlung nicht wahrgenommen.
Die Anmeldung umfasst 3 Patentansprüche. Der geltende Anspruch 1, der auch dem Beschluss der Prüfungsstelle zugrundelag, lautet:
Verfahren zum chargenweisen Dosieren von Flüssigkeiten mittels eines Dosierzylinders (1), wobei ein Sensor (3) ein Flüssigkeitsniveau im Dosierzylinder (1) misst und bei Unterschreiten eines vorgegebenen Wertes gegebenenfalls eine durch ein steuerbares Ventil schaltbare Zuleitung (8) aus einem Ausgangsbehälter (4) und bei Überschreiten eines vorgegebenen Wertes eine durch ein steuerbares Ventil schaltbare Ableitung (9) zum Zielbehälter (5) mit Hilfe einer Steuerung aktiviert, wobei eine Befüllung des Dosierzylinders (1) durch Ausgleich von Flüssigkeitsniveaus nach dem Prinzip kommunizierender Röhren erfolgt.
Die Ansprüche 2 und 3 sind direkt oder indirekt auf den geltenden Anspruch 1 rückbezogen.
Im Verfahren vor dem Deutschen Patentund Markenamt sind als Stand der Technik unter anderem die folgenden Druckschriften berücksichtigt worden:
E1) DE 4312367A1 E3) DE 198 39 112 A1 Wegen des Wortlauts der rückbezogenen Ansprüche und wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
1) Der geltende Anspruch 1 lässt sich wie folgt gliedern:
A Verfahren zum chargenweisen Dosieren von Flüssigkeitenmittels eines Dosierzylinders (1), B wobei ein Sensor (3) ein Flüssigkeitsniveau im Dosierzylinder (1) misst C und bei Unterschreiten eines vorgegebenen Wertesgegebenenfalls eine durch ein steuerbares Ventil schaltbare Zuleitung (8)
aus einem Ausgangsbehälter (4) [mit Hilfe einer Steuerung aktiviert]
D und bei Überschreiten eines vorgegebenen Werteseine durch ein steuerbares Ventil schaltbare Ableitung (9)
zum Zielbehälter (5) mit Hilfe einer Steuerung aktiviert, E wobei eine Befüllung des Dosierzylinders (1)
durch Ausgleich von Flüssigkeitsniveausnach dem Prinzip kommunizierender Röhren erfolgt.
2) Zuständiger Fachmann ist hier ein Ingenieur (FH) der Fachrichtung Maschinenbau oder Verfahrenstechnik mit Erfahrung in der Entwicklung von Dosieranlagen, der auch über Kenntnisse bezüglich der Steuerung solcher Dosieranlagen verfügt.
3) Zum Verständnis des geltenden Anspruchs 1 Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 ist gemäß Merkmal A ein Verfahren zum chargenweisen Dosieren von Flüssigkeiten mittels eines Dosierzylinders (1). Den Begriff "chargenweises Dosieren" versteht der Fachmann dahingehend, dass einerseits mehrmals hintereinander, nämlich innerhalb einer Charge, eine möglichst genau gleichgroße Menge dosiert werden kann, dass andererseits diese Menge aber auch verändert werden kann, nämlich von einer Charge zur nächsten, dazu siehe auch Absatz [0012] der Offenlegungsschrift.
Gemäß Merkmal B wird zum Dosieren das Flüssigkeitsniveau im Dosierzylinder
(1) von einem Sensor (3) gemessen.
Den in den Merkmalen C und D beschriebenen Verfahrensablauf versteht der Fachmann wie folgt: Ein Unterschreiten eines vorgegebenen Wertes des Flüssigkeitsniveaus gemäß Merkmal C kann nur auftreten, wenn das Flüssigkeitsniveau fällt, also bei einem Dosiervorgang. Dazu muss, auch wenn dies im Merkmal C nicht ausdrücklich gesagt ist, die Ableitung (9) zum Zielbehälter (5) aktiviert sein, also das Ventil (7) in der Ableitung (9) geöffnet sein. Wenn nun gemäß Merkmal C dann, wenn ein Unterschreiten des vorgegebenen Wertes des Flüssigkeitsniveaus gegeben ist, die schaltbare Zuleitung (8) aktiviert werden soll, also das Ventil (6) in der Zuleitung (8) geöffnet werden soll, so liest der Fachmann ohne Weiteres als selbstverständlich mit, dass dazu zunächst einmal das geöffnete Ventil (7) in der Ableitung (9) geschlossen werden muss, da sonst gleichzeitig Flüssigkeit zuund abliefe, und folglich durch Messen des Flüssigkeitsniveaus im Dosierzylinder (1) das abgelaufene Flüssigkeitsvolumen nicht ermittelt werden könnte.
Merkmal C beschreibt also das Ende eines Dosiervorgangs und den gleichzeitigen Beginn eines Befüllvorgangs. Merkmal D beschreibt dementsprechend das Ende des Befüllvorgangs und den gleichzeitigen Beginn des darauf folgenden Dosiervorgangs.
Gemäß Merkmal E soll die Befüllung des Dosierzylinders (1) durch Ausgleich von Flüssigkeitsniveaus nach dem Prinzip kommunizierender Röhren erfolgen. Da jedoch gemäß Merkmal D das Ende des Befüllvorgangs durch Umschalten der Ventile (6, 7) bei Überschreiten eines vorgegebenen Wertes des Flüssigkeitsniveaus definiert ist, kann jedenfalls ein vollständiger Ausgleich der Flüssigkeitsniveaus in Ausgangsbehälter (4) und Dosierzylinder (1) nicht erfolgen. In Bezug auf Merkmal E wird der Fachmann unterstellen, dass der Ausgangsbehälter (4) sohoch angeordnet sein soll, dass die Flüssigkeit durch Schwerkrafteinwirkung in den Dosierzylinder (1) laufen kann.
4) Es bestehen bereits Zweifel, ob der geltende Anspruch 1 zulässig ist.
In den Merkmalen C, D des Anspruchs 1 wurden die Angaben "bei Unterschreiten eines vorgegebenen Wertes" und "bei Überschreiten eines vorgegebenen Wertes" nachträglich eingefügt. Damit wird beschrieben, dass der Dosierzylinder jeweils bis zu einem vorgegebenen Wert des Flüssigkeitsniveaus befüllt wird und das Dosieren durch Ablassen von Flüssigkeit bis zu einem ebenfalls vorgegebenen Wert erfolgt, vgl. die Ausführungen zu Figur 1 in den Absätzen [0056] und [0057] der Offenlegungsschrift.
Dass der Fachmann aus den ursprünglichen Unterlagen eine Kombination dieser Vorgehensweise mit dem "Befüllen des Dosierzylinders durch einen Ausgleich der Flüssigkeitsniveaus..." nach der zweiten Ausgestaltung der Erfindung entnehmen konnte, vgl. Absätze [0029] und [0068] der Offenlegungsschrift, ist für den Senat nicht offensichtlich.
5) Die Zulässigkeit des geltenden Anspruchs 1 kann jedoch dahinstehen, da sein Gegenstand nicht neu ist (§ 3 Abs. 1 PatG).
Die Entgegenhaltung E1, siehe insbesondere die Bezeichnung und die Figur 1, offenbart eine Vorrichtung zum portionsweisen Abfüllen von Flüssigkeiten, bei der, siehe Spalte 4, Zeile 63, bis Spalte 5, Zeile 5, eine einfache Verstellung des Dosiervolumens möglich ist. Dadurch sind Chargen mit voneinander verschiedenem Dosiervolumen möglich, es handelt sich also zugleich auch um eine Vorrichtung zum chargenweisen Dosieren von Flüssigkeiten. Das Dosieren erfolgt, siehe Figur 1 und Spalte 2, Zeile 57, mittels einer zylindrischen Dosierkammer (2), also mittels eines Dosierzylinders.
Ab Spalte 3, Zeile 39, wird der Funktionsablauf dieser Vorrichtung beschrieben, also ein "Verfahren zum chargenweisen Dosieren von Flüssigkeiten mittels eines Dosierzylinders" entsprechend dem Merkmal A des geltenden Anspruchs 1.
Bei dem in E1, Spalten 2 bis 4, beschriebenen Ausführungsbeispiel sind mehrere einzelne Füllstandssensoren (7, 9) vorgesehen. Gemäß Spalte 4, Zeilen 63 bis 66, kann jedoch auch ein einziger Sensor vorgesehen werden, der das Flüssigkeitsniveau im Dosierzylinder misst, entsprechend Merkmal B des geltenden Anspruchs 1.
In E1, Spalte 3, Zeile 39, bis Spalte 4, Zeile 24, ist mit Bezug auf Figur 1 der Ablauf des Dosierverfahrens entsprechend Merkmalen C und D des geltenden Anspruchs 1 beschrieben:
Zum Ablauf entsprechend Merkmal C siehe insbesondere die Abschnitte in Spalte 3, Zeile 66, bis Spalte 4, Zeile 8 und in Spalte 4, Zeilen 17 bis 21: Bei Unterschreiten eines vorgegebenen Wertes (in dem hier angesprochenen Ausführungsbeispiel mit einzelnen Füllstandssensoren 7, 9 das Unterschreiten des der Einbaulage des unteren Sensors 9 entsprechenden Flüssigkeitsniveaus) gegebenenfalls eine durch ein steuerbares Ventil (Einlassventil 3) schaltbare Zuleitung (Kanal 20, siehe Fig. 1 und Spalte 2, Zeilen 36, 37) aus einem Ausgangsbehälter (in Fig. 1 nicht gezeigter Vorlauftank, siehe Spalte 2, Zeilen 42 bis 46) mit Hilfe einer Steuerung (Steuereinrichtung 29, siehe Fig. 1 und Spalte 3, Zeilen 39 bis 41) aktiviert wird.
Zum Ablauf entsprechend Merkmal D siehe insbesondere den Abschnitt in Spalte 3, Zeilen 51 bis 66, wonach bei Überschreiten eines vorgegebenen Wertes (in dem hier angesprochenen Ausführungsbeispiel mit einzelnen Füllstandssensoren 7, 9 das Überschreiten des der Einbaulage des oberen Sensors 7 entsprechenden Flüssigkeitsniveaus) eine durch ein steuerbares Ventil (Auslassventil 5) schaltbare Ableitung (Füllstutzen 6) zum Zielbehälter (leerer Behälter 1) mit Hilfe einer Steuerung (Steuereinrichtung 29) aktiviert wird.
Dass dabei gemäß E1, Spalte 3, Zeilen 62 bis 64, beim Ende des Befüllvorgangs das Auslassventil (5) nur dann geöffnet wird, wenn ein Fühler meldet, dass ein leerer Behälter (1) unter dem Füllstutzen (6) vorhanden ist, stellt keinen Unterschied zum Ablauf gemäß Merkmal D des geltenden Anspruchs 1 dar, weil auch beim Anmeldungsgegenstand die Möglichkeit vorgesehen ist, am Ende des Befüllvorgangs das Auslassventil (7) nur dann zu öffnen, wenn ein Signal zum Dosieren kommt, siehe Absatz [0062] der Offenlegungsschrift.
Gemäß E1, Spalte 2, Zeilen 44 bis 46, ist eine Befüllung des Dosierzylinders (2) durch einen höher angeordneten Vorratstank vorgesehen, also "eine Befüllung des Dosierzylinders durch Ausgleich von Flüssigkeitsniveaus nach dem Prinzip kommunizierender Röhren" entsprechend Merkmal E des geltenden Anspruchs 1.
Die E1 offenbart somit ein Verfahren mit sämtlichen Merkmalen des Gegenstandes des geltenden Anspruchs 1.
6) Mit dem geltenden Anspruch 1 fallen auch die rückbezogenen Ansprüche 2 und 3, da diese zusammen mit dem Hauptanspruch Gegenstand desselben Antrags auf Erteilung des Patents sind, und über einen Antrag auf Erteilung eines Patents nur als Ganzes entschieden werden kann.
Darüber hinaus geben diese Ansprüche lediglich fachübliche Ausgestaltungen des Verfahrens nach Anspruch 1 an. So ist aus dem Stand der Technik bekannt, siehe E3, Spalte 2, Zeilen 10 bis 37, und Spalte 4, Zeilen 51 bis 53, dass ein Schwimmer mit Messwertgeber und ein berührungsloser, magnetostriktiver Sensor entsprechend dem Anspruch 2 eine besonders genaue Messung eines Flüssigkeitsniveaus ermöglichen. Die Durchführung einer Kalibrierung oder einer Fehlerkontrolle entsprechend dem Anspruch 3 ist dem Fachwissen des hier angesprochenen Fachmanns zuzurechnen.
Dr. Frowein Bayer Dr. Baumgart Dr. Krüger Me
BPatG:
Beschluss v. 18.02.2010
Az: 12 W (pat) 15/06
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