Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. Oktober 2000
Aktenzeichen: 27 W (pat) 175/99
(BPatG: Beschluss v. 10.10.2000, Az.: 27 W (pat) 175/99)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Gegen die unter der Nr 396 17 944 erfolgte Eintragung der Markesiehe Abb. 1 am Endefür 09: Mit Programmen versehene Datenträger aller Art; 24: Webstoffe, Textilwaren, nämlich Textilstoffe, Gardinen, Rollos, Haushaltswäsche, Tisch- und Bettwäsche; 25: Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen, Turn- und Sportbekleidungsstücke, Turn- und Sportschuhe; 26: Spitzen, Stickereien, Bänder, Schuhbänder, Knöpfe, Haken, Ösen, Nadeln, künstliche Blumen; 27: Fußmatten, Matten, Teppiche; 28: Spiele, Spielzeug, elektrische und elektronische Spiele, Turn- und Sportgeräte, Christbaumschmuck, Festtagsschmuck; 29: Konfitüren und Gelees, Speiseöle und -fette, Salatsoßen, Fleisch-, Fisch-, Obst- und Gemüsekonserven, Weich- und Schalentiere, Milchmischgetränke; 30: Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Mehl, Brote, Honig, Backwaren, Speisesalz, Senf, Essig, Soßen (ausgenommen Salatsoßen), Gewürze; 32: Biere, Mineralwässer, Fruchtsäfte; 33: alkoholische Getränke (ausgenommen Biere), Weine und Likörehat hinsichtlich der Waren "Webstoffe, Textilwaren, nämlich Textilstoffe, Gardinen, Rollos, Haushaltswäsche, Tisch- und Bettwäsche; Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen, Turn- und Sportbekleidungsstücke, Turn- und Sportschuhe" Widerspruch eingelegt die Inhaberin der prioritätsälteren, für "Web- und Wirkstoffe, insbesondere Plüschwebstoffe, auch als Pelzimitation, Kleidersamt, Möbelbezugsstoffe; Bekleidungsstücke; Dekorationssamt" unter der Nr 1023 785 registrierten Markesiehe Abb. 2 am Ende Die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch durch Beschluß eines Beamten des höheren Dienstes zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, auch unter Berücksichtigung von Waren im engsten Ähnlichkeitsbereich halte die angegriffene Marke zur Widerspruchsmarke einen ausreichenden Abstand ein. Dem jeweils in den einander gegenüberstehenden Marken enthaltenen Bestandteil "tex" komme keine selbständig kollisionsbegründende Stellung zu, weil es sich insoweit um ein besonders häufig verwendetes beschreibendes Kürzel handele, das in werbeüblicher Weise auf den textilen Charakter der so gekennzeichneten Waren hinweise. In ihrem Gesamteindruck weiche die jüngere Marke sowohl in bildlicher wie auch in klanglicher Hinsicht deutlich von der Widerspruchsmarke ab, so daß die angesprochenen Verkehrskreise sie sicher unterschieden, zumal sich die Abweichungen im stärker beachteten Wortanfang fänden und die Endungen kennzeichnungsschwach seien und in bildlicher Hinsicht die Vergleichsmarken einer Verwechslungsgefahr auch die jeweilige graphische Gestaltung entgegenwirke. Assoziative Verwechslungsgefahr liege schon deshalb nicht vor, weil der Verkehr dem ausgeprägt kennzeichnungsschwachen Bestandteil "tex" keinen Hinweis auf den Inhaber der älteren Marke entnehme.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie trägt vor, die Markenwörter wiesen jeweils die gleiche Buchstaben- und Silbenzahl, den gleichen Wortaufbau und Klangrhythmus sowie die gleiche Betonung und eine übereinstimmende Lautfolge "E-(A)-L-T-E-X" auf. In Anbetracht teilweise identischer Waren reichten die Abweichungen in den einander gegenüberstehenden Marken nicht aus, Verwechslungen ausreichend sicher auszuschließen. Die gemeinsame Endung "TEX" dürfe bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr nicht unberücksichtigt bleiben. Die Widerspruchsmarke gehöre zu den großen Traditionsmarken der deutschen Textilindustrie; sie werde von der Widersprechenden seit Jahrzehnten bundesweit und auch international benutzt. Wie einem Beschluß des 29. Senats des Bundepatentgerichts zu entnehmen sei, könne sie einen erhöhten Schutzbereich für sich in Anspruch nehmen. Auch im vorliegenden Verfahren sei deshalb von einer erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen.
Eine ladungsfähige Anschrift der Markeninhaberin konnte nicht ermittelt werden.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet, weil die jüngere Marke auch in Anbetracht teilweise identischer einander gegenüberstehender Waren einen die Gefahr von Verwechslungen mit ausreichender Sicherheit ausschließenden Abstand zur älteren Marke einhält, so daß die Voraussetzungen des MarkenG § 9 Abs 1 Nr 2 nicht vorliegen.
Die Gefahr von Verwechslungen ist von mehreren Komponenten abhängig, und zwar von der Ähnlichkeit der Marken, vom Schutzumfang der Widerspruchsmarke und von der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Waren (BGH BlPMZ 1995, 168, 171 Oxygenol II; Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, RdNr 17). Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist eine Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren zu berücksichtigen. So kann ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der erfaßten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt. Da die Verwechslungsgefahr umso größer ist, je höher sich die Kennzeichnungskraft der älteren Marke darstellt, genießen Marken, die von Haus aus oder wegen ihrer Bekanntheit auf dem Markt eine hohe Kennzeichnungskraft besitzen, einen umfassenderen Schutz als Marken, deren Kennzeichnungskraft geringer ist (EuGH GRUR 1998, 922 - "Canon"; MarkenR 1999, 236, 239 - "Lloyd/Loints"). Zu berücksichtigen ist bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Marken auch, daß diese in der Regel nicht gleichzeitig wahrgenommen werden.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist im vorliegenden Fall eine markenrechtlich erhebliche Verwechslungsgefahr nicht gegeben. Zwar sind beide Marken - neben entfernter ähnlichen und unähnlichen Waren - auch für identische Waren bestimmt; dies ist geeignet, insoweit die Gefahr von Verwechslungen ähnlicher Marken zu erhöhen. Die jüngere Marke hält jedoch auch unter Berücksichtigung dieses Umstands zur Widerspruchsmarke einen Abstand ein, der eine markenrechtlich relevante Gefahr von Verwechslungen auch hinsichtlich identischer Waren mit ausreichender Sicherheit ausschließt.
Entgegen der Ansicht der Widersprechenden ist von normaler Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke auszugehen. Tatsachen, die geeignet wären, eine erhöhte Kennzeichnungskraft darzutun, hat sie nicht vorgetragen. Selbst wenn man entsprechend dem Vortrag der Widersprechenden unterstellt, daß ihre Marke seit Jahrzehnten benutzt wird, so ergibt sich hieraus nichts über den Umfang der Benutzung. Die Bezugnahme auf eine Entscheidung eines anderen Senats des Bundespatentgerichts kann insoweit nicht vorhandenen Sachvortrag nicht ersetzen.
Die Marken sind auch in dem für die Prüfung der Verwechslungsgefahr relevanten Gesamteindruck unterschiedlich. In optischer Hinsicht ist dies offensichtlich; die jeweilige graphische Ausgestaltung läßt die Marken völlig unterschiedlich erscheinen. In klanglicher Hinsicht ist zu berücksichtigen, daß - wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat - im fraglichen Warensektor die Silbe "tex" aufgrund vielfacher Verwendung verbraucht und nicht geeignet ist, herkunftskennzeichnend zu wirken. Der Verkehr wird sich daher in klanglicher Hinsicht in allererster Linie an der jeweils ersten Silbe der einander gegenüberstehenden Markenwörter orientieren. Diese sind jedoch mit "pel" einerseits und "all" andererseits deutlich unterschiedlich. Daß relevante Teile der angesprochenen Verkehrskreise die jüngere Marke "eltex" aussprechen, ist auszuschließen; anstelle einer der Buchstabenfolge entsprechenden deutschen Aussprache "alltex" käme allenfalls - und auch dies ist nicht sehr wahrscheinlich, aber noch weiter von "peltex" entfernt - eine "englische" Aussprache mit langem offenem "o" in Betracht.
Assoziative Verwechslungsgefahr ist gleichfalls nicht gegeben, denn die identische Silbe "tex" ist schon wegen ihrer ausgeprägten Kennzeichnungsschwäche nicht geeignet, dem Verkehr einen Hinweis auf das Unternehmen der Widersprechenden zu geben.
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
Hinsichtlich der Kosten verbleibt es bei der Regel des MarkenG § 71 Abs 1. Gründe, hiervon abzuweichen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Hellebrand Albert Friehe-Wich Wf Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/27W(pat)175-99.1.3.gif Abb. 2 http://agora/bpatgkollision/docs/27W(pat)175-99.2.3.gif
BPatG:
Beschluss v. 10.10.2000
Az: 27 W (pat) 175/99
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