Verwaltungsgericht Köln:
Beschluss vom 11. August 2006
Aktenzeichen: 6 L 736/06
(VG Köln: Beschluss v. 11.08.2006, Az.: 6 L 736/06)
Tenor
1. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin vom 22.5.2006, bekannt gemacht im Amtsblatt für den Regierungsbezirk Düsseldorf vom 1.6.2006, S. 175 ff., welche die gegen die Antragstellerin erlassene Ordnungsverfügung vom 6.7.2004 vollständig ersetzt hat, wird hinsichtlich Ziffer 1 der Verfügung wiederhergestellt und hinsichtlich Ziffer 3 der Verfügung angeordnet, soweit die Untersagung die Werbung für Sportwetten von im EU-Ausland konzessionierten Veranstaltern betrifft.
Im Óbrigen wird der Antrag abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens haben die Beteiligten jeweils zur Hälfte zu tragen.
2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 10.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin ist Betreiberin des Internet-Auftritts "www.G. .de". Auf dieser Homepage findet sich ein Hinweis auf die Internet-Seite "www.C. .de", durch dessen "Anklicken" man unmittelbar auf die letztgenannte Seite gelangt. Dort kann man online verschiedene Sportwetten des Anbieters C. abschließen. Inhaber der Fa. C. (Deutschland) ist nach Angaben der Antragstellerin Herr Dr. T. Q. . Diesem war am 11.4.1990 durch die Kreisverwaltung des Kreises M. (Sachsen) die Erlaubnis zum Betrieb eines "Wettbüros für Sportwetten" nach dem Gewerbegesetz der DDR erteilt worden.
Die Antragsgegnerin teilte der Antragstellerin mit Schreiben vom 15.3.2004 mit, sie habe festgestellt, dass im Rahmen des Internet-Auftritts "www.G. .de" für die Seite "www.C. .de" geworben werde. Dies sehe sie als Werbung für ein unerlaubtes Glücksspiel an, die sie zu untersagen beabsichtige. Der Antragstellerin wurde Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt, die diese mit Schreiben vom 1.4.2004 wahrnahm.
Mit Ordnungsverfügung vom 6.7.2004 gab die Antragsgegnerin der Antragstellerin auf, die Werbung für Sportwetten im Rahmen des genannten Internet-Auftritts innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Verfügung einzustellen. Zugleich ordnete die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung der Verfügung an und drohte für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000 EUR an. Zur Begründung der Ordnungsverfügung wies die Antragsgegnerin darauf hin, dass es sich bei der Sportwette "C. " um ein Glücksspiel handele, das wegen des Fehlens einer Erlaubnis nach dem nordrheinwestfälischen Sportwettengesetz unerlaubt sei. Die für Herrn Dr. Q. erteilte Genehmigung des Kreises M. vom 11.4.1990 gelte nicht in Nordrhein-Westfalen. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei vor dem Hintergrund der Strafbarkeit der untersagten Werbung, zum Schutz der sich rechtstreu verhaltenden Wettunternehmer sowie zur Vermeidung von Nachahmeffekten geboten.
Mit Schreiben vom 22.7.2004 erhob die Antragstellerin Widerspruch gegen die Ordnungsverfügung.
Am 26.7.2004 stellte sie bei dem beschließenden Gericht einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz (6 L 2130/04), der von der Kammer mit Beschluss vom 8.12.2004 abgelehnt wurde. Im Beschwerdeverfahren schlug das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen mit Beschluss vom 24.3.2005 (8 B 2817/04) einen Vergleich vor, der von den Beteiligten angenommen wurde. In diesem Vergleich verpflichtete sich die Antragsgegnerin, die mit der Ordnungsverfügung untersagte Werbung für Sportwetten bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in dem Verfassungsbeschwerdeverfahren 1 BvR 1054/01 zu dulden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.11.2004 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch der Antragstellerin gegen die Ordnungsverfügung vom 6.7.2004 zurück. Die Antragstellerin erhob daraufhin am 13.12.2004 Klage (6 K 8703/04), über die noch nicht entschieden worden ist.
Nachdem das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 28.3.2006 (NJW 2006, 1261 ff.) in dem vorgenannten Verfahren entschieden hatte, kündigte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 21.4.2006 an, sie erwarte nunmehr die Umsetzung ihrer Verfügung und werde nach Ablauf von zwei Wochen das angedrohte Zwangsgeld festsetzen.
Daraufhin hat die Antragstellerin am 8.5.2006 erneut um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Zur Begründung führt sie aus: Bei dem Hinweis auf das Wettangebot "C. " handele es sich nicht um einen Medien-, sondern um einen Teledienst, so dass der Mediendienste-Staatsvertrag unanwendbar und die Antragsgegnerin unzuständig sei. Des weiteren werde mit "C. " kein unerlaubtes Glücksspiel angeboten, da eine entsprechende Erlaubnis des Landkreises M. vom April 1990 vorliege, die aufgrund des Einigungsvertrages auch in den "alten Bundesländern" gelte. Die Untersagung verstoße ferner gegen die vom Europäischen Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 6.11.2003 ("Gambelli") aufgestellten Grundsätze, denen zufolge Beschränkungen der privaten Veranstaltung von Glücksspielen nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig seien, an denen es vorliegend fehle. Aufgrund des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts stehe dies der Untersagungsverfügung der Antragsgegnerin entgegen. Daran ändere auch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28.3.2006 nichts. Die Vorgaben dieser Entscheidung für eine Beschränkung der Werbeaktivitäten schon in der Übergangszeit bis zum 31.12.2007 seien im Übrigen nicht ansatzweise umgesetzt.
Unter dem 22.5.2005 hat die Antragsgegnerin eine Allgemeinverfügung erlassen, mit der die Werbung für Sportwetten, die nicht von der Westdeutschen Lotterie GmbH & Co OHG (Westlotto) angeboten werden, im Internet auf der Homepage eines Inhaltsanbieters mit Sitz in Nordrhein-Westfalen untersagt wird. Auch hier wird die sofortige Vollziehung angeordnet und für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000,00 EUR angedroht. Auch gegen diese Verfügung hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 13.6.2006 Widerspruch eingelegt. Am 14.6.2006 hat sie die Allgemeinverfügung in das vorliegende Verfahren einbezogen.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
1. die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 6.7.2004 hinsichtlich der Regelung in Ziffer 1. des Bescheides wiederherzustellen und hinsichtlich der Regelung in Ziffer 3. des Bescheides anzuordnen,
2. die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin vom 22.5.2006 hinsichtlich der Regelung in Ziffer 1. der Verfügung wiederherzustellen und hinsichtlich der Regelung in Ziffer 3. der Verfügung anzuordnen.
3.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie trägt zur Begründung vor: Es handele sich bei dem Internet-Angebot der Antragstellerin um einen Mediendienst, da die redaktionelle Gestaltung im Vordergrund stehe und die Seite sich an die Allgemeinheit richte. Das im nordrhein- westfälischen Landesrecht verankerte Sportwettenmonopol sei durch sachliche Gründe gerechtfertigt und genüge den Anforderungen der "Gambelli"- Rechtsprechung. Im Übrigen sei Gemeinschaftsrecht vorliegend nicht anwendbar, weil es sich um einen innerstaatlichen Anbieter handele.
Wegen der sonstigen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist zulässig und teilweise begründet.
1.
Der Antrag ist zulässig.
Er ist am 14.6.2006 dahin umgestellt worden, dass auch die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin vom 22.5.2006, bekannt gemacht am 1.6.2006, beantragt wird. Ob hierin eine Antragsänderung gemäß § 91 Abs. 1 VwGO in entsprechender Anwendung liegt, welche nur bei Einwilligung der Antragsgegnerin oder bei Zulassung des Gerichts als sachdienlich zulässig ist, braucht nicht näher erörtert zu werden, da jedenfalls eine Antragsänderung als sachdienlich anzusehen ist bzw. wäre.
a)
Hinsichtlich des Verhältnisses der früheren Individualverfügung zu der später ergangenen Allgemeinverfügung ist davon auszugehen, dass die Allgemeinverfügung die Individualverfügung (vollständig) ersetzt hat und von letzterer keine Rechtswirkungen mehr ausgehen. Die Kammer betrachtet daher die gegen die Individualverfügungen gerichteten Anträge als gegenstandslos.
Für die Kammer sind bei dieser rechtlichen Einordnung folgende Erwägungen von entscheidender Bedeutung:
Nach dem - allein maßgeblichen - objektiven Erklärungswert (§§ 133, 157 BGB in entsprechender Anwendung) handelt es sich bei der Allgemeinverfügung im Verhältnis zu einer früheren Individualverfügung um einen Zweit-Verwaltungsakt, durch den der erste Verwaltungsakt, die Individualverfügung, konkludent ersetzt worden ist. Nach dem Tenor der Allgemeinverfügung ist nicht etwa der Adressatenkreis ausgenommen, an den bereits zuvor eine Individualverfügung gerichtet worden war. Auch aus der Begründung der Allgemeinverfügung ergibt sich nichts derartiges. Wenn die Antragsgegnerin hierzu ausführt, dass dies von ihr nicht gewollt sei, ist ein entsprechender Wille nicht bzw. nicht hinreichend in dem Text der Allgemeinverfügung zum Ausdruck gekommen.
Das erneute Tätigwerden der Antragsgegnerin ist auch nicht etwa als sog. bloß wiederholender "Verwaltungsakt" anzusehen, dem mangels Regelungscharakters und wegen bloßen Hinweischarakters keine unmittelbare Rechtswirkung i. S. d. § 35 Satz 1 VwVfG zukommt und bei dem es sich daher nicht um einen Verwaltungsakt handelt. Denn vorliegend hat die Antragsgegnerin - ohne dass "Altfälle" ausgenommen wären - eine neue Regelung i. S. d. § 35 Satz 1 VwVfG in Form einer Allgemeinverfügung erlassen. Diese erneute Regelungsabsicht wird aus dem neu gefassten Tenor, der beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung sowie einer neu gefassten Begründung deutlich.
Kommt der Allgemeinverfügung damit in der genannten Fallkonstellation der Charakter eines Zweitbescheides zu, so ist mit dessen Bekanntgabe am 1.6.2006 jeder zuvor ergangene Individualverwaltungsakt in derselben Angelegenheit durch diesen Zweitbescheid i. S. d. § 43 Abs. 2 VwVfG ersetzt worden, nämlich konkludent "zurückgenommen" bzw. "widerrufen" worden im Sinne der genannten Vorschrift.
Vgl. zu dieser Anwendung des § 43 Abs. 2 VwVfG auf einen Zweitbescheid: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 43 Rdnr. 185 unter Hinweis auf VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 8.11.1989 - 5 S 2267/88 -, VBlBW 1990, 252, 253.
Soweit im Übrigen in einem Teil der Verfahren gegen die Allgemeinverfügung überhaupt nicht oder nur verfristet Widerspruch eingelegt worden ist oder in einem schon anhängigen Klageverfahren nicht innerhalb der Monatsfrist nach § 74 VwGO die Allgemeinverfügung in das Klageverfahren einbezogen worden ist, ist dies unschädlich. Zwar muss grundsätzlich in ein Widerspruchs- oder Klageverfahren - falls eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung in dem zweiten Verwaltungsakt gegeben ist - ein den ursprünglichen Verwaltungsakt ersetzender neuer Verwaltungsakt fristgerecht einbezogen werden. Dies gilt aber dann nicht, wenn der neue Verwaltungsakt den gleichen Regelungsgehalt hat.
Vgl. Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 74 Rdnr. 72; Eyermann-Fröhler, VwGO, 11. Aufl., § 74 Rdnr. 11 jeweils unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 18.05.1990 - 8 C 48.88 -, BVerwGE 85, 163, 166.
Vorliegend haben Erst- und Zweitbescheid offenkundig den "gleichen Regelungsgehalt". Hinzu kommt, dass der Antragstellerin eine Unterlassung eines (neuen) Widerspruchs bzw. einer Klageänderung innerhalb der Monatsfrist deswegen nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden könnte, weil die Antragsgegnerin in einem Teil der Verfahren erklärt hatte, ein neuer Widerspruch gegen die (neue) Allgemein-Verfügung sei nicht erforderlich.
Das vor dem Hintergrund der vorstehenden Überlegungen noch zu entscheidende Begehren der Antragstellerin versteht die Kammer dahin gehend, dass die Allgemeinverfügung vollständig angegriffen wird und nicht etwa lediglich in Bezug auf das Verbot der Werbung für den Veranstalter "C. ". Zwar ist dieser Veranstalter, mit dem die Antragstellerin derzeit zusammenarbeitet, in dem gestellten Antrag ausdrücklich benannt. Nach der Formulierung und bei sachgerechter Auslegung des Antrages und seiner Begründung ist damit aber keine Beschränkung des Begehrens im Sinne eines Antrages auf teilweise Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung gewollt.
b)
Die Antragstellerin ist antragsbefugt analog § 42 Abs. 2 VwGO. Denn als Anbieterin eines Mediendienstes ist sie von der Allgemeinverfügung betroffen und kann insoweit in eigenen Rechten verletzt sein. Dazu hat die Kammer bereits in ihrem Beschluss vom 8.12.2004 - 6 L 2130/04 - ausgeführt:
"Mediendienste sind gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 MDStV Informations- und Kommunikationsdienste in Text, Ton oder Bild, die unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen ohne Verbindungsleitung oder längs oder mittels eines Leiters verbreitet werden. Dazu gehören nach § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV insbesondere Abrufdienste, bei denen Text-, Ton- oder Bilddarbietungen auf Anforderung aus elektronischen Speichern zur Nutzung übermittelt werden, mit Ausnahme von solchen Diensten, bei denen der individuelle Leistungsaustausch oder die reine Übermittlung von Daten im Vordergrund steht.
Dabei ist im Bereich der Abrufdienste dann von einem Mediendienst - in Abgrenzung zum Teledienst - auszugehen, wenn der Dienst der allgemeinen Meinungsbildung dienen soll, also die redaktionelle Gestaltung zur Meinungsbildung im Vordergrund steht. Dies geht insbesondere aus § 2 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 Nr. 3 des Teledienstegesetzes vom 22.7.1997 (BGBl. I S. 1870), zuletzt geändert durch Gesetz vom 14.12.2001 (BGBl. I S. 3721) - TDG - hervor, das von den Bestimmungen des Mediendienste-Staatsvertrages nach dessen § 2 Abs. S. 3 unberührt bleiben soll. Unter redaktioneller Gestaltung ist das Sammeln und Aufbereiten von verschiedenen Informationen oder Meinungen mit Blick auf den potentiellen Empfänger zu verstehen. Die inhaltliche, sprachliche, graphische oder akustische Bearbeitung eines Angebotes muss der Einwirkung auf die öffentliche Meinungsbildung zu dienen bestimmt sein, und diese Bestimmung zur Meinungsbildung darf nicht bloßes Beiwerk sein, sondern muss die Seite prägen.
Vgl. dazu auch OVG NRW, Beschluss vom 19.3.2003 - 8 B 2567/02 -, NJW 2003, 2183 ff.; und den Beschluss der Kammer vom 7.2.2003 - 6 L 2495/02 -, S. 15 f., jeweils mit weiteren Nachweisen.
Demgegenüber handelt es sich um einen Teledienst insbesondere dann, wenn die elektronisch erbrachten Leistungen auf ein konkretes Individualverhältnis zwischen Nutzer und Anbieter bezogen sind - so z.B. beim Telebanking - oder wenn es sich um ein reines Informationsangebot ohne redaktionelle Gestaltung zur Meinungsbildung handelt - so z.B. bei online abrufbaren Fahrplänen, Wetterberichten oder Devisenkursen -.
Siehe zu diesen Beispielen auch die Gesetzesbegründung des MDStV einerseits (LT- Drucksache 12/1954 f., S. 31 f.) und des TDG andererseits (BT-Drucksache 13/7385, S. 18 f.).
Bei der Entscheidung, ob ein Internet-Angebot dem Teledienstegesetz oder dem Mediendienste-Staatsvertrag zuzuordnen ist, wird regelmäßig nicht zwischen einzelnen Bestandteilen des unter einer Internet-Adresse abrufbaren Angebots zu differenzieren sein. Es ist vielmehr eine die vorstehenden Aspekte berücksichtigende Gesamtschau des inhaltlichen Angebotes vorzunehmen.
Vgl. auch OVG NRW a.a.O.; Tettenborn, in: Beck'scher IuKDG-Kommentar, 2001, § 2 TDG Rn. 43.
Gemessen an diesen Vorgaben spricht bei summarischer Betrachtung vieles dafür, dass die Seite "http:// " einen Mediendienst darstellt. Zwar finden sich auf der Seite teilweise auch reine Informationsangebote ohne Meinungsrelevanz, etwa wenn dort der Spielplan für die laufende Bundesliga-Saison, die Kartenpreise oder die Zusammensetzung des Kaders abgerufen werden können. Auch werden einzelne Service-Leistungen angeboten, die für sich genommen als Teledienst erscheinen, wie etwa der Online-"Fanshop" oder der Online-Kartenvorverkauf für die Spiele des Vereins. Es finden sich aber auch und nach Meinung der Kammer schwerpunktmäßig Inhalte, die redaktionell gestaltet und der Meinungsbildung zu dienen bestimmt sind. So enthält bereits die "Startseite" eine Reihe von Texten, welche offensichtlich der Selbstdarstellung des Vereins dienen und auf einen Imagegewinn, also letztlich eine positive Beeinflussung der öffentlichen Meinung abzielen. Dies gilt auch für viele andere Texte, sie sich über die Startseite aufrufen lassen. So stellen etwa die Texte über "Große Spieler", "Große Spiele" oder "Das Double `78" u.s.w. keine reinen In- formationsangebote dar, sondern meinungsprägende, redaktionell ges- taltete Bestandteile eines in seiner Gesamtheit auf die Imagepflege ausgerichteten Angebotes."
Daran hält die Kammer fest.
2.
In der Sache hat der Antrag teilweise Erfolg.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung in Ziffer 2. der in Rede stehenden Verfügung begegnet im Hinblick auf ihre formelle Rechtmäßigkeit allerdings keinen Bedenken. Sie erfüllt insbesondere die Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Danach ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes schriftlich zu begründen. Die Antragsgegnerin hat im Einzelnen dargelegt, warum sich gerade aus der Strafbarkeit der untersagten Werbung, dem Interesse der Wettbewerber sowie der Gefahr von Nachahmungseffekten ein Bedürfnis nach sofortiger Umsetzung der Anordnung ergebe. Ob diese Gesichtspunkte inhaltlich überzeugen, ist nicht relevant, da es bei dem Formerfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO maßgeblich darum geht, dem Adressaten der Anordnung darzulegen, welche Gründe die Behörde zur Anordnung der sofortigen Vollziehung bewogen haben.
Es liegen aber die Voraussetzungen für eine teilweise Wiederherstellung und Anordnung der aufschiebenden Wirkung vor. Das Gericht stellt gemäß § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung wieder her, wenn das Interesse des Adressaten, von der Vollziehung einer Maßnahme vorläufig verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt. Dies ist der Fall, wenn entweder der zu vollziehende Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist, so dass ein öffentliches Interesse an seiner Vollziehung nicht gegeben sein kann, oder wenn aus sonstigen Gründen das Aussetzungsinteresse des Adressaten das öffentliche Vollzugsinteresse überwiegt. Gemessen an diesem Maßstab ist dem Antrag teilweise zu entsprechen. Die Kammer vermag zwar die offensichtliche Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verfügung nicht festzustellen. Die danach vorzunehmende allgemeine Interessenabwägung fällt aber zu Gunsten der Antragstellerin aus, soweit durch die Allgemeinverfügung auch die Werbung für im EU-Ausland konzessionierte Wettveranstalter untersagt wird, im Übrigen zu ihren Lasten.
a)
Es spricht einiges dafür, dass die Allgemeinverfügung hinsichtlich des Werbeverbots für im EU-Ausland konzessionierte Wettveranstalter rechtswidrig ist.
aa)
Rechtsgrundlage der Verfügung ist § 22 Abs. 2 des Mediendienste- Staatsvertrages vom 20.1/12.2.1997, bekannt gemacht mit Zustimmungsgesetz vom 27.6.1997 (GVBl. NRW S. 158), zuletzt geändert durch den 8. Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 8./15.10.2004, bekannt gemacht mit Zustimmungsgesetz vom 8.3.2005 (GVBl. NRW S. 192), - MDStV -. Stellt die Aufsichtsbehörde einen Verstoß gegen Bestimmungen des Mediendienste- Staatsvertrages - mit Ausnahme einiger vorliegend nicht relevanter Vorschriften - fest, so trifft sie nach § 22 Abs. 2 MDStV die zur Beseitigung des Verstoßes erforderlichen Maßnahmen gegenüber dem Dienstanbieter; sie kann insbesondere Angebote untersagen und deren Sperrung anordnen.
Gegen die Rechtmäßigkeit der Allgemeinverfügung in formeller Hinsicht bestehen keine durchgreifenden Bedenken.
Die Antragsgegnerin durfte in der Form der Allgemeinverfügung handeln. Die Voraussetzungen des § 35 Satz 2 1. Alternative VwVfG, dass es sich um einen Verwaltungsakt handelt, "der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet", sind erfüllt. Vorliegend wird durch die Allgemeinverfügung ein konkreter Sachverhalt nicht in individueller, sondern genereller Weise geregelt.
Es handelt sich dabei auch nicht um eine "verkappte" Rechtsnorm. Der wesentliche Unterschied zwischen einer Rechtsnorm und einer Allgemeinverfügung besteht darin, dass in der Rechtsnorm eine abstrakte an die Allgemeinheit gerichtete Regelung erfolgt, währenddessen bei einer Allgemeinverfügung eine konkrete Regelung vorliegt, die nicht auf die Allgemeinheit, sondern auf einen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis abzielt. Während für die Rechtsnorm ein gedachter Fall charakteristisch ist und regelmäßig abstrakte Gefahren bekämpft werden sollen, ist es für eine Allgemeinverfügung typisch, dass die Maßnahme anlassbezogen ist und der Bekämpfung konkreter Gefahren dienen soll.
Vorliegend steht eine anlassbezogene Regelung in Rede, die der Unterbindung konkret aufgetretener Werbung für die im Tenor erfassten privaten Wettanbieter gilt. Es geht nicht etwa um eine abstrakte Gesetzeskonkretisierung des § 284 StGB und des Sportwettengesetzes NRW, sondern um die (konkrete) Subsumtion dieser bei- den genannten Normen unter den konkreten, im Tenor genannten Sachverhalt.
Die Allgemeinverfügung ist auch hinsichtlich des Adressatenkreises hinreichend bestimmt. Der von dem Verbot als Adressat betroffene Personenkreis ist räumlich und persönlich begrenzt auf Internet-Inhaltsanbieter mit Sitz in NRW, und zwar - wie sich im Wege der Auslegung unter Berücksichtigung der Begründung ersehen lässt - solche von Mediendiensten. Dass mittelbar durch die Untersagungsverfügung Server auch außerhalb von Nordrhein-Westfalen, sogar weltweit betroffen sein können, ist insoweit unbeachtlich, da es ausschließlich auf die Bestimmbarkeit der Adressaten des Verwaltungsaktes und nicht etwa der von einem Verwaltungsakt mittelbar betroffenen Personen ankommt.
Auch hinsichtlich der zeitlichen Komponente der Allgemeinverfügung, die keine zeitliche Grenze setzt, bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Zunächst stellt sich dieser Gesichtspunkt möglicherweise nicht als Frage der Zulässigkeit des gewählten Mittels der Allgemeinverfügung dar, sondern als solche der hinreichenden Bestimmtheit der Verfügung (§ 37 Abs. 1 VwVfG). Unabhängig davon, kann für Allgemeinverfügungen grundsätzlich nichts anderes als für Individualverfügungen gelten, die zweifelsfrei zeitlich unbefristete Verbote für ein bestimmtes Verhalten (Handeln hinsichtlich der Beseitigung eines bestehenden Zustandes und Unterlassen der Herbeiführung gleicher Sachverhalte in der Zukunft) enthalten. Soweit Stelkens u. a.,
a. a. O., § 35 Rdnr. 12,
Bedenken hinsichtlich einer Allgemeinverfügung äußern, die Handlungs- und/oder Unterlassungspflichten für eine unbegrenzte Dauer enthalten, vermag dem die Kammer nicht zu folgen, zumal der Verfasser dort selbst davon spricht, es sei nicht ausgeschlossen, dass Regelungen mit längerer Geltungsdauer aus anderen Gründen, z. B. wegen ihrer Anlassbezogenheit, "als Allgemeinverfügung angesehen werden können". Letztlich kommt es indessen hierauf deswegen nicht entscheidungserheblich an, weil die Antragstellerin nicht etwa erst nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist den inkriminierten Sachverhalt verwirklicht hat mit der Folge, dass die Geltung der Allgemeinverfügung für sie etwaig fraglich sein könnte, sondern vielmehr bereits vor Ergehen der Allgemeinverfügung. Damit wird sie unzweifelhaft auch in zeitlicher Hinsicht von der Verfügung erfasst.
Einer vorherigen Anhörung bedurfte es gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG NRW nicht. Die Bekanntmachung im Amtsblatt der Antragsgegnerin entspricht den Anforderungen gemäß § 41 Abs. 3 Satz 2 VwVfG NRW.
Die materiellrechtlichen Voraussetzungen für ein Eingreifen auf der Grundlage des § 22 Abs. 2 MDStV sind in den von der Allgemeinverfügung erfassten Fällen teilweise erfüllt.
Zu den allgemeinen Gesetzen im Sinne des § 11 Abs. 1 MDStV gehören auch und gerade die Vorschriften des Strafgesetzbuches - StGB -. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 284 Abs. 4 StGB, der die Werbung für ein ohne behördliche Erlaubnis veranstaltetes öffentliches Glücksspiel unter Strafe stellt, sind in den betreffenden Fällen gegeben.
Vgl. zu den Voraussetzungen des § 284 StGB, insbesondere zu dem Begriff des "Glücksspiels" und dem Ort des Veranstaltens, den Beschluss der Kammer vom 8.12.2004 - 6 L 2130/04 -, abrufbar unter "www.nrwe.de", mit weiteren Nachweisen.
Dies gilt insbesondere auch für die Tatbestandsvoraussetzung "ohne behördliche Erlaubnis" in § 284 Abs. 1 StGB. Für die von der Allgemeinverfügung betroffenen "Sportwetten, die nicht von der Westdeutschen Lotterie GmbH & Co OHG (Westlotto) angeboten werden", ist eine Erlaubnis nach § 1 Abs. 1 des Sportwettengesetzes vom 3.5.1955 (GVBl. NRW S. 672), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18.5.2004 (GVBl. NRW S. 248) - SportwettenG - , nicht erteilt worden.
Auch die einigen Sportwettenveranstaltern aufgrund des Gewerbegesetzes der DDR vom 6.3.1990 (GBl. I S. 138) erteilten Gewerbegenehmigungen aus dem Jahre 1990 vermögen an der (objektiven) Strafbarkeit der Veranstaltung des jeweiligen Glücksspiels in Nordrhein-Westfalen nichts zu ändern. Denn diese Gewerbegenehmigungen stellen keine Erlaubnis für das Veranstalten von Sportwetten in Nordrhein-Westfalen dar. Dazu hat die Kammer in ihrer bereits erwähnten Entscheidung vom 8.12.2004 ausgeführt:
"Daran ändert der von der Antragstellerin herangezogene Art. 19 des Einigungsvertrages (vgl. das Gesetz zum Einigungsvertrag vom 23.9.1990, BGBl. II S. 885, zuletzt geändert durch Gesetz vom 31.5.1994, BGBl. I S. 1168) nichts, dem zufolge vor dem Wirksamwerden des Beitritts ergangene Verwaltungsakte der DDR wirksam bleiben. Diese Vorschrift ist nämlich nach Sinn und Zweck dahingehend auszulegen, dass eine Genehmigung zum Veranstalten von Sportwetten nicht für das gesamte Bundesgebiet gilt, sondern allenfalls für das Gebiet der neuen Bundesländer. Insoweit schließt die Kammer sich der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein- Westfalen an.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14.5.2004 - 4 B 2096/03 -, NVwZ-RR 2004, 653 ff.; ebenso Dietlein, BayVBl. 2002, 161, 166 f.; Hübsch, GewArch 2004,313, 315; anderer Ansicht Horn, NJW 2004, 2047, 2049 ff. und wohl auch das ThürOVG, Beschluss vom 21.10.1999 - 3 EO 939/07 -, GewArch 2000, 118, 119.
Art. 19 Einigungsvertrag soll bewirken, dass Verwaltungsakte von Behörden der DDR ebenso behandelt werden, wie Verwaltungsakte, die vor der Wiedervereinigung im alten Bundesgebiet erlassen worden sind. Dem gegenüber kann es nicht Absicht der Vertragsparteien bzw. des Gesetzgebers gewesen sein, den räumlichen Geltungsbereich des Verwaltungsaktes einer DDR-Behörde nachträglich zu erweitern. Dem steht auch nicht das von der Antragstellerin als Hintergrund des Art. 19 Einigungsvertrag verstandene Bedürfnis nach Rechtseinheit entgegen. Denn es wäre nicht im Sinne der Rechtseinheit, wenn durch Art. 19 Einigungsvertrag ein Verwaltungsakt entstünde, den ein "altes Bundesland" weder vor noch nach der Wiedervereinigung hätte erlassen können, nämlich eine bundesweit geltende Erlaubnis zum Veranstalten von Sportwetten. Zur weiteren Begründung wird auf die zitierte Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts NRW Bezug genommen."
An diesen Ausführungen hält die Kammer, zumal unter Berücksichtigung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.6.2006 (6 C 19.06), fest.
Auch das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) steht dem nordrhein- westfälischen Sportwettenmonopol und dem Straftatbestand des § 284 StGB im Ergebnis nicht entgegen. Insoweit schließt die Kammer sich dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen an, das in seinem Beschluss vom 28.6.2006 - 4 B 961/06 - ausgeführt hat:
"Der Senat legt dabei allerdings zugrunde, dass das staatliche Monopol für Sportwetten, das nach § 284 StGB i.V.m. den Vorschriften des Sportwettengesetzes NRW auch in Nordrhein-Westfalen besteht, in seiner gegenwärtigen Ausgestaltung mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit unvereinbar ist. Insoweit folgt der Senat den Feststellungen und Bewertungen des Bundesverfassungsgerichts zur Rechtslage nach dem Bayerischen Staatslotteriegesetz vom 29. April 1999 in dem Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 -, www.bverfg.de, die auf die in Nordrhein-Westfalen geltende Rechtslage in allen wesentlichen Punkten übertragbar sind.
[...] Der Senat geht aber davon aus, dass das Sportwettengesetz NRW in seiner gegenwärtigen Fassung nach Maßgabe der Gründe der genannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts weiter anwendbar ist und das gewerbliche Veranstalten von Wetten durch private Wettunternehmen und die Vermittlung solcher Wetten weiterhin ordnungsrechtlich unterbunden werden können.
[...] Dem steht nicht entgegen, dass das Bundesverfassungsgericht eine Übergangsregelung bisher nur im Hinblick auf das Bayerische Staatslotteriegesetz getroffen hat. Denn vorliegend kommt es maßgeblich auf eine Prognose über den Ausgang des Hauptsacheverfahrens an, das aller Voraussicht nach [...] zu einer entsprechenden Regelung für Nordrhein-Westfalen führen wird, falls das Bundesverfassungsgericht eine solche Anordnung nicht bereits vorher in einem anderen Verfahren ausgesprochen haben sollte.
[...] Soweit das Bundesverfassungsgericht für die Übergangszeit verlangt hat, dass ein Mindestmaß an Konsistenz zwischen dem Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Wettsucht einerseits und der tatsächlichen Ausgestaltung andererseits [...] herzustellen ist, [...] ist diesen Maßgaben in Nordrhein-Westfalen genügt. [...]
[...] Hiervon ausgehend ergibt sich nicht nur die weitere Anwendbarkeit des Sportwettengesetzes NRW, sondern auch der §§ 284 f. StGB, soweit diese Normen ein Repressivverbot für Glücksspiel ohne behördliche Erlaubnis enthalten."
bb)
Während somit die Werbung für einen inländischen Veranstalter von Sportwetten den Tatbestand des § 284 Abs. 4 StGB erfüllt, kann die Werbung für einen im EU- Ausland zugelassenen Veranstalter von Sportwetten nicht als strafbar angesehen werden. Nach Auffassung der Kammer spricht vieles dafür, dass § 284 StGB und das Sportwettengesetz NRW gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßen und daher, soweit ein im EU-Ausland konzessionierter Wettveranstalter betroffen ist, wegen des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts nicht angewendet werden dürfen.
Das durch § 284 StGB statuierte Verbot des Veranstaltens von Sportwetten ohne behördliche Erlaubnis stellt eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 43 ff. EGV und der Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 49 ff. EGV dar. Eine solche Beschränkung ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zulässig, wenn sie durch zwingende Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt ist. Derartige Gründe können in dem hier betroffenen Bereich insbesondere vorliegen, wenn die Beschränkung dazu dient, die Gelegenheiten zum Spiel aufgrund möglicher sittlich und finanziell schädlicher Folgen für den Einzelnen wie für die Gesellschaft zu vermindern, wobei den Staaten ein Einschätzungsspielraum zukommt.
Vgl. EuGH, Urteil vom 6.11.2003 - C 243/01 -, DVBl. 2004, 300 ff. ("Gambelli"); ähnlich schon EuGH, Urteil vom 21.9.1999 - C 124/97 -, DVBl. 2000, 111 ff. ("Läärä").
Allerdings können sich die staatlichen Behörden zur Rechtfertigung entsprechender Maßnahmen dann nicht auf die Notwendigkeit der Eindämmung von Gelegenheiten zum Glücksspiel berufen, wenn sie auf der anderen Seite die Verbraucher dazu anreizen und ermuntern, an Lotterien, Glücksspielen oder Wetten teilzunehmen, damit der Staatskasse daraus Einnahmen zufließen.
So EuGH, Urteil vom 6.11.2003, a.a.O..
Eben dies ist in der Bundesrepublik Deutschland der Fall. Die Kammer folgt (auch) insoweit den Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts in seinem Urteil vom 28.3.2006.
Urteil vom 28.3.2006 - 1 BvR 1054/01 -, NJW 2006, 1261 ff., daran anschließend auch BVerfG, Beschluss vom 4.7.2006 - 1 BvR 136/05 -, www.bverfg.de; vgl. auch bereits BVerfG, Beschluss vom 27.4.2005 - 1 BvR 223/05 -, NVwZ 2005, 1303 f..
Das Bundesverfassungsgericht konstatiert in dieser Entscheidung - wie bereits aufgezeigt - einen Verstoß des (bayerischen) Sportwettenmonopols gegen Art 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Dabei betont es, dass die an eine zulässige Beschränkung der Veranstaltung von Sportwetten zu stellenden Anforderungen denen des Gemeinschaftsrechts, wie sie insbesondere in der "Gambelli"-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes ihren Ausdruck gefunden hätten, entsprächen (Rn. 144). Daraus lässt sich schließen, dass das Bundesverfassungsgericht auch einen Verstoß des Sportwettenmonopols in seiner derzeitigen Ausgestaltung gegen Art. 43 und 49 EG-Vertrag sieht - eine Wertung, die die Kammer angesichts der in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes postulierten Anforderungen und der durch das Bundesverfassungsgericht getroffenen Feststellungen teilt. Da die Rechtslage in Bayern und Nordrhein-Westfalen betreffend die Veranstaltung von Sportwetten im Wesentlichen übereinstimmt, ist damit auch von der Europarechtswidrigkeit des nordrheinwestfälischen Sportwettenmonopols auszugehen.
Ebenso OVG NRW, Beschluss vom 28.6.2006 - 4 B 961/06 -; VG Köln, Urteile vom 6.7.2006 - 1 K 9196/04 u.a. - und vom 22.6.2006 - 1 K 2675/05 -, VG Arnsberg, Beschluss vom 23.5.2006 - 1 L 379/04 -.
Zwar hat das Bundesverfassungsgericht hinsichtlich des Verstoßes gegen Art. 12 Abs. 1 GG eine Übergangsfrist bis zum 31.12.2007 gesetzt, bis zu der die bayerischen Vorschriften betreffend das Veranstalten von Sportwetten weiter angewendet werden dürfen, wobei im Vollzug der Vorschriften "ein Mindestmaß an Konsistenz zwischen dem Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Wettsucht einerseits und der tatsächlichen Ausübung des Monopols andererseits herzustellen" ist. Auf den Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht kann sich diese Übergangsfrist aber nicht beziehen, da das Bundesverfassungsgericht für die Feststellung eines solchen Verstoßes ebenso wenig zuständig ist, wie für die Suspendierung seiner Folgen.
Der Umstand, dass die nordrheinwestfälische Landesregierung ausweislich des vorgelegten Schreibens des Innenministeriums vom 19.4.2006 inzwischen die mit dem Veranstalten von Sportwetten in Nordrhein-Westfalen befasste Westdeutsche Lotterie GmbH & Co OHG ersucht hat, den Vorgaben der Bundesverfassungsgerichts zur Ausgestaltung des staatlichen Wettmonopols zu entsprechen, vermag an dem festgestellten Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht nichts zu ändern. Auch insoweit macht die Kammer sich die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen zu eigen, das in dem bereits zitierten Beschluss vom 28.6.2006 ausgeführt hat:
"Die Annahme [...], den europarechtlichen Anforderungen sei durch jene Maßnahmen des Innenministeriums und der Westdeutschen Lotteriegesellschaft genügt [...], begegnet jedenfalls deshalb Bedenken, weil das Bundesverfassungsgericht den Widerspruch der bayerischen Gesetzeslage zu Art. 12 Abs. 1 GG nicht (allein) aus dem tatsächlichen Vollzug der gesetzlichen Bestimmungen, sondern aus einem Defizit der gesetzlichen Regelung selbst hergeleitet hat. Dieses Defizit, das für Nordrhein-Westfalen entsprechend anzunehmen ist, wird aber durch die Anordnungen des Innenministeriums NRW und deren Umsetzung durch die Westdeutsche Lotteriegesellschaft nicht beseitigt."
Ebenso VG Arnsberg a.a.O.; VG Köln, 1. Kammer, a.a.O.; Vallone/Dubberke, GewArch 2006, 240 (241); anderer Ansicht VG Münster, Beschluss vom 2.6.2006 - 9 L 379/06 -, VG Düsseldorf, Beschluss vom 9.5.2006 - 3 L 757/06 -, VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 29.5.2006 - 7 L 701/06 - und (mit etwas anderer Begründung) VGH Kassel, Beschluss vom 25.7.2006 - 11 TG 1465/06 -.
Allerdings vermag die Kammer bei summarischer Prüfung der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen in dem bereits zitierten Beschluss, dass die in Rede stehenden Vorschriften trotz des festgestellten Verstoßes gegen das Gemeinschaftsrecht (vorübergehend) weiter anwendbar seien, weil eine inakzeptable Regelungslücke verhindert werden müsse, nicht zu folgen. Es spricht vielmehr einiges dafür, dass das Europarecht einer Anwendung der betreffenden Vorschriften bei Sachverhalten mit entsprechendem Auslandsbezug zwingend entgegensteht. Dem Europarecht kommt gegenüber den Vorschriften der Mitgliedstaaten grundsätzlich ein Anwendungsvorrang zu.
Ständige Rechtsprechung des EuGH seit dem Urteil vom 15.7.1964 - Rs. 6/64 -, Slg. 1964, 1251 ("Costa ./. E.N.E.L.").
Dieser Vorrang bewirkt, dass ein Gericht eines Mitgliedstaates gehalten ist, für die volle Wirksamkeit der gemeinschaftsrechtlichen Normen Sorge zu tragen hat, indem es erforderlichenfalls jede entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts unangewendet lässt, ohne dass es die vorherige Beseitigung dieser Bestimmung auf gesetzgeberischem Wege oder durch irgendein anderes verfassungsrechtliches Verfahren beantragen oder abwarten müsste.
So EuGH, Urteil vom 9.3.1978 - Rs. 106/77 -, Slg. 1978, 619 ("Simmenthal").
Dass das Gericht eines Mitgliedstaates in einem Fall wie dem vorliegenden befugt sein könnte, den Anwendungsvorrang des Europarechts (vorübergehend) außer Acht zu lassen, erscheint der Kammer bei summarischer Prüfung zweifelhaft. Die in dem vom Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen herangezogenen Aufsatz von Jarass und Beljin (NVwZ 2004, 1, 5) in Bezug genommenen Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs
- Urteil vom 15.1.1986 - Rs. 52/84 -, Slg. 1986, 89; Urteil vom 4.4.1995 - Rs. C-348/93 -, Slg. 1995, 673; Urteil vom 30.4.1996 - Rs. C- 194/94, Slg. 1996, 2201 -
dürften hierfür wenig hergeben. Denn in allen drei Fällen hat der Europäische Gerichtshof gerade keine Ausnahme vom Anwendungsvorrang anerkannt, sondern auf die Möglichkeit des Zusammenwirkens der Mitgliedstaaten mit den Europäischen Institutionen, namentlich der Kommission, verwiesen. Im Übrigen sind die den Entscheidungen jeweils zugrunde liegenden Sachverhalte dem vorliegenden kaum vergleichbar.
Selbst wenn man von der Möglichkeit einer Durchbrechung des Anwendungsvorrangs für den Fall einer "inakzeptablen Gesetzeslücke" ausginge, würde dies zu keinem anderen Ergebnis führen. Dazu hat die 1. Kammer des VG Köln in ihren bereits zitierten Urteilen überzeugend ausgeführt:
"Jedenfalls aber ist für die Kammer nicht erkennbar, dass die vom OVG NRW für eine temporäre Durchbrechung des Anwendungsvorrangs geforderte inakzeptable Gesetzeslücke vorläge. Hierfür will das OVG NRW im Anschluss an Jarass/Beljin [...] hohe Anforderungen stellen, welche u.a. dann erfüllt sein sollen, wenn aus der Nichtanwendung des nationalen Rechts absehbar eine Gefährdung wichtiger Allgemeininteressen resultiere, diese Gefährdung ersichtlich schwerer wiege als die Beeinträchtigung der durch die jeweils verletzte europarechtliche Vorschrift geschützten Rechtsgüter, und schließlich die Gefährdung der wichtigen Allgemeininteressen nicht anders abgewendet werden könne als durch eine zeitlich begrenzte weitere Anwendung der betroffenen nationalen Rechtsvorschriften. Seien diese Voraussetzungen erfüllt, werde man den Anwendungsvorrang so lange als suspendiert betrachten müssen, bis der nationale Gesetzgeber hinreichend Gelegenheit gehabt habe, den fraglichen Lebensbereich gemeinschaftsrechtskonform zu regeln, wobei im Rahmen des Vollzugs des danach vorübergehend weiter anwendbaren nationalen Rechts die Organe des Mitgliedstaates jedoch regelmäßig sicherzustellen zu hätten, dass den Anforderungen der verletzten Norm des Gemeinschaftsrechts so weit wie möglich Rechnung getragen werde.
Dass diese hohen Anforderungen erfüllt wären, ist nicht ersichtlich.
Insbesondere ist nicht ersichtlich, weshalb die angesprochenen wichtigen Allgemeininteressen (Eindämmung der Spielsucht, Gewährleistung hinreichenden Verbraucherschutzes im Glücksspielbereich, präventive Bekämpfung der dort drohenden Begleit- und Folgekriminalität) durch die sofortige Nichtanwendbarkeit der das staatliche Sportwettenmonopol in Nordrhein-Westfalen begründenden Normen im Übergangszeitraum bis längstens Ende 2007 gefährdet sein sollten. Insoweit ist darauf zu verweisen, dass zum einen die staatlichen Wettunternehmen in der Vergangenheit jedenfalls bis April dieses Jahres massiv für sich geworben und gerade nicht die Wettsucht bekämpft haben. Zum anderen sind private Wettanbieter, die ihrerseits ebenfalls offensiv geworben haben, teilweise jahrelang - im Hinblick auf die bei dem Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfahren - geduldet worden.
Es ist für die Kammer schon nicht erkennbar (und auch vom OVG NRW im zitierten Beschluss nicht belegt), dass es dabei bislang zu unerträglichen Konsequenzen gekommen wäre, etwa weil die Spielsucht in gefährlicher Weise zugenommen hätte oder der Verbraucherschutz nicht gewährleistet gewesen wäre. Der bloße Umstand, dass angesichts der starken Zunahme privater Wettanbieter nach einer - gegebenenfalls erfolgenden verfassungs- und europarechtskonformen - Neuregelung des staatlichen Wettmonopols auf die Ordnungsbehörden vermehrter Arbeitsanfall zukommen kann, kann jedenfalls nicht als Gefährdung wichtiger Allgemeininteressen qualifiziert werden. Insofern ist nicht nachvollziehbar, welche unerträglichen Konsequenzen durch die Nichtanwendung der europarechtswidrigen Normen im Übergangszeitraum von höchstens knapp eineinhalb Jahren eintreten sollten."
Die Kammer ist schließlich - insoweit unter Aufgabe der ihrem Beschluss vom 8.12.2004 zugrunde liegenden, gegenteiligen Auffassung - der Ansicht, dass sich die aus dem Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht resultierende Unanwendbarkeit nicht auf das Sportwettenmonopol selbst unter Aufrechterhaltung des § 284 StGB bzw. eines "neutralen" Erlaubnisvorbehalts beschränken lässt.
So aber u.a. BGH, Urteil vom 1.4.2004 - I ZR 317/01 -, BGHZ 158, 343 ff.; OLG Köln, Urteil vom 17.2.2006 - 6 U 145/05 -; BayVGH, Urteil vom 10.7.2006 - 22 BV 05.457 -; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 9.5.2006 - 15 K 6474/04 -; VG Aachen, Beschluss vom 7.7.2006 - 3 L 336/06 -; VG Aachen, Beschluss vom 13.7.2006 - 8 L 356/06 -.
Richtig ist zwar, dass das Gemeinschaftsrecht es ohne Weiteres zulassen dürfte, das Veranstalten von Glücksspielen durch Private von der vorherigen Erteilung einer (Kontroll-) Erlaubnis abhängig zu machen und einen Verstoß gegen dieses Erfordernis auch mit Strafe zu belegen. Eine entsprechende Aufspaltung des in Rede stehenden Normenkomplexes in eine - wirksame - strafbewehrte Erlaubnispflicht auf der einen und ein - gemeinschaftsrechtswidriges und unanwendbares - Sportwettenmonopol auf der anderen Seite wird aber der derzeitigen Rechtslage in Nordrhein- Westfalen nicht gerecht und ist nicht geeignet, dem Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts zur Durchsetzung zu verhelfen. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass sich das Verbot, Sportwetten in Nordrhein-Westfalen ohne eine behördliche Erlaubnis zu veranstalten und für sie zu werben, nicht etwa aus dem Sportwettengesetz des Landes ergibt. Das Verbot ergibt sich vielmehr allein aus § 284 StGB, auf den sich die Antragsgegnerin daher auch folgerichtig beruft. Gerade in dieser Vorschrift des Strafgesetzbuches liegt daher die rechtfertigungsbedürftige Einschränkung der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit. Ähnlich verhielt es sich im Übrigen in der von dem Europäischen Gerichtshof entschiedenen Rechtssache "Gambelli". Auch dort ergab sich das Verbot des Veranstaltens von Sportwetten ohne Erlaubnis gerade aus einer Strafvorschrift, die daher vom Gerichtshof in die europarechtliche Prüfung mit einbezogen wurde.
Darauf hinweisend auch BVerfG, Beschluss vom 27.4.2005 - 1 BvR 223/05 -, NVwZ 2005, 1303 f. (dort insbes. Rn. 34).
Entscheidend ist aber vor allem, dass die privaten Veranstalter von Sportwetten wohl kaum darauf verwiesen werden können, sie hätten den Erlaubnisvorbehalt des § 284 StGB zu respektieren und einen Antrag auf eine Sportwettenerlaubnis zu stellen, bei dessen Bescheidung das Gemeinschaftsrecht Berücksichtigung finden könne. Denn für einen solchen Antrag fehlt es an einer entsprechenden Anspruchsgrundlage. Zwar kann die Landesregierung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Sportwettengesetz NRW "Wettunternehmen für sportliche Wettkämpfe zulassen". Diese Anspruchsgrundlage bezieht sich jedoch ausschließlich auf Unternehmen, die - unmittelbar oder mittelbar - der öffentlichen Hand zuzurechnen sind. Dies folgt nicht nur aus § 1 Abs. 1 Satz 2 Sportwettengesetz NRW, der diese Beschränkung des Kreises potentieller Veranstalter explizit enthält, sondern auch aus den weiteren Bestimmungen des Gesetzes. Die Regelung der Genehmigungsvoraussetzungen und des Verfahrens sowie die weiteren Regelungen, etwa diejenige über die vollständige Verwendung des Gewinns für öffentliche Zwecke, sind ohne Zweifel auf ein Unternehmen der öffentlichen Hand zugeschnitten. Fehlt es indes an einer Anspruchsgrundlage und einem Erlaubnisverfahren, so ginge ein entsprechender Antrag des Sportwettenveranstalters ins Leere. Erst recht gilt dies für die Antragstellerin, der die Möglichkeit, eine entsprechende Erlaubnis zu beantragen, von vornherein nicht offen steht, da sie das Glücksspiel nicht selbst veranstaltet. Dem Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts lässt sich nach alledem derzeit wohl nur dadurch Rechnung tragen, dass ein im EU-Ausland konzessionierter Anbieter Sportwetten auch in Nordrhein-Westfalen ohne eine (weitere) Genehmigung veranstalten darf, so dass auch die Werbung für einen solchen Anbieter nicht unter § 284 Abs. 4 StGB fällt.
Vgl. auch Leupold/Walsh, Wettbewerb in Recht und Praxis (WRP) 2006, 973 (987 ff.).
Soweit der Tatbestand des § 22 Abs. 2 MDStV erfüllt ist, also hinsichtlich der Werbung für inländische Sportwettenanbieter, ist die Verfügung bei summarischer Prüfung auch ermessensfehlerfrei erfolgt. Insbesondere ist die Entscheidung, überhaupt gegen die in Rede stehenden Internet-Inhalte einzuschreiten, nicht zu beanstanden, da der Aufsichtsbehörde nach § 22 Abs. 2 MDStV insoweit wohl kein (Entschließungs-) Ermessen zusteht. Erlangt sie von Verstößen Kenntnis, so ist sie zum Einschreiten verpflichtet.
So OVG NRW, Beschluss vom 19.3.2003 - 8 B 2567/02 -, NJW 2003, 2183, 2186.
Anhaltspunkte für eine Unverhältnismäßigkeit der Maßnahme sind nicht ersichtlich. Die Anordnung ist geeignet und - mangels eines milderen Mittels - erforderlich, um die den Straftatbestand des § 284 Abs. 4 StGB erfüllende Werbung zu unterbinden. Dass dieses Anliegen außer Verhältnis zu der wirtschaftlichen Bedeutung der Angelegenheit für die Antragstellerin steht, vermag die Kammer schon deshalb nicht festzustellen, weil die Antragstellerin zu der wirtschaftlichen Bedeutung keine Angaben gemacht hat. Hinsichtlich der in den letzten Jahren getätigten Investitionen ist überdies zu berücksichtigten, dass diese in Kenntnis der unklaren Rechtslage und eines möglichen Vorgehens der Ordnungsbehörden getätigt worden sind.
b)
Spricht demnach einiges für die Rechtswidrigkeit der Allgemeinverfügung, soweit sie sich auf die Werbung für im EU-Ausland konzessionierte Wettveranstalter bezieht, so ist in diesem Umfang die aufschiebende Wirkung wiederherzustellen. Denn ein "besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung" (§ 80 Abs. 3 S. 1 VwGO) dieses Teils der Verfügung, das angesichts der erheblichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit besonders gravierend sein müsste, ist nicht erkennbar. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen zum Vorliegen einer "inakzeptablen Gesetzeslücke" verwiesen werden. Dass durch den vorläufigen Fortbestand der in Rede stehenden Werbung für Sportwetten von Veranstaltern, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft förmlich zugelassen worden sind, untragbare Zustände bzw. erhebliche Gefahren drohen, vermag die Kammer nicht zu erkennen, zumal das Angebot der betreffenden Sportwetten selbst über das Internet wohl ohnehin nicht unterbunden werden kann.
Soweit sich die Allgemeinverfügung auf die Werbung für Sportwetten inländischer Anbieter bezieht, ist hingegen ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung anzunehmen. In Anbetracht des Umstandes, dass dieser Teil der Allgemeinverfügung sich bei summarischer Prüfung als rechtmäßig erweist, es um das Unterbinden strafbewehrten Verhaltens geht und die inländischen Anbieter angesichts der umstrittenen Rechtslage seit längerem mit der Untersagung ihrer Tätigkeit rechnen mussten, vermag das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin insoweit das öffentliche Interesse an einem sofortigen Vollzug der Verfügung nicht zu überwinden.
c)
Auch hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung in Ziffer 3. der Verfügung war die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin anzuordnen, soweit die Kammer hinsichtlich der Verfügung zu Ziffer 1 die aufschiebende Wirkung wiederhergestellt hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 2 Gerichtskostengesetz. Die Kammer hat die wirtschaftliche Bedeutung des Verfahrens mangels konkreter Angaben der Antragstellerin auf das Zweifache des gesetzlichen Auffangstreitwertes bestimmt.
VG Köln:
Beschluss v. 11.08.2006
Az: 6 L 736/06
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