Kammergericht:
Urteil vom 5. Januar 2004
Aktenzeichen: 12 U 157/02

(KG: Urteil v. 05.01.2004, Az.: 12 U 157/02)

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten, die im Übrigen zurückgewiesen wird, wird das am 5. April 2002 verkündete Urteil der Zivilkammer 28 des Landgerichts Berlin € 28 O 544/01 € teilweise abgeändert und neu gefasst:

1.Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 2.677,84 € nebst 4% Zinsen seit dem 25. Dezember 1998 zu zahlen.2.Auf die Widerklage werden die Kläger verurteilt, an die Beklagte 1.409,07 € nebst 4% Zinsen seit dem 28. April 2001 zu zahlen.Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

Die Kosten der ersten Instanz tragen die Kläger zu 12 % und die Beklagte zu 88 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen den Klägern zu 20 % und der Beklagten zu 80 % zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

A Die gemäß §§ 511, 511 a ZPO statthafte Berufung wahrt die gesetzlichen Formen und Fristen der §§ 516, 518 und 519 ZPO. Sie ist zulässig und hat in der Sache in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang teilweise Erfolg.

1. Klageforderung in Höhe von 5.237,40 DM (2.677,84 €)

Das Landgericht hat die Beklagten mit zutreffender Begründung, die in Bezug genommen wird, zur Zahlung von 5.237,40 DM verurteilt. Die Ausführungen auf den Seiten 8 bis 11 der Berufungsbegründung vom 25. Juli 2002 geben dem Senat keinen Anlass, hiervon abzuweichen.

Die Höhe der mit dem Mahnbescheid geltend gemachten Forderung von 568.722,99 DM und damit der Streitwert, nach dem die anwaltliche Gebührenforderung zu berechnen ist, ergibt sich ganz überwiegend aus einer vom Geschäftsführer der Beklagten selbst gefertigten handschriftliche Aufstellung (Anlage BB5), die mit 539.923 DM endet. Die Differenz von 35.729,99 DM haben die Kläger auf Seite 5 der Berufungsbegründung erläutert, ohne dass die Beklagte dem entgegengetreten ist. Die Beklagte kann den Klägern deshalb nicht vorwerfen, die Höhe der Forderung sei nicht nachvollziehbar. Auch der Schadensgrund, nämlich die verspätete Warenlieferung war dem Geschäftsführer der Beklagten bekannt.

Auch war zwischen den Parteien € wie sich aus dem Tatbestand der angefochtenen Entscheidung (Seite 3 des Urteils) ergibt € in erster Instanz unstreitig, dass der Geschäftsführer der Beklagten den Klägern den Auftrag erteilte, gegen die J H Ltd. vor dem Amtsgericht Hamburg einen Mahnbescheid über eine Hauptforderung von 568.722,99 DM zu beantragen. Gemäß § 529 Absatz 1 Nr. 1 ZPO ist die Beklagte gehindert, im zweiten Rechtszug hiervon Abweichendes vorzutragen.

Dahinstehen kann auch, ob der Beklagten seinerzeit gegen die J H Ltd. in Höhe eines Teilbetrages von 241.350,00 DM kein Zahlungsanspruch sondern lediglich ein Freistellungsanspruch zustand. Aus der insoweit von der Beklagten behaupteten Pflichtverletzung kann ein Schaden schon deshalb nicht entstehen, weil eine Zahlungsklage im Laufe des Verfahrens kostenneutral in eine Klage auf Freistellung geändert werden kann.

Dem Kläger zu 2. kann auch nicht vorgeworfen werden, er habe die Beklagte mit dem Argument, es könne so Druck auf den Geschäftsführer und Gesellschafter der J H Ltd. ausgeübt werden, zur Einleitung eines aussichtslosen Mahnverfahrens veranlasst.

Zum einen betraf diese angebliche Pflichtverletzung eine kaufmännische Entscheidungen, die nicht dem Kläger zu 2. sondern dem Geschäftsführer der Beklagten selbst oblag (vgl. Seite 12 f der angefochtenen Entscheidung).

Zum anderen hat die Beklagte nicht dargelegt, dass das Mahnverfahren aus Rechtsgründen keine Aussicht auf Erfolg hatte. Wie die Beklagte selbst vorträgt, war die verspätete Warenlieferung und damit der Schaden "teilweise auf ein Verschulden der J H Ltd." zurückzuführen. Über die wirtschaftlichen Risiken ist die Beklagte aber unstreitig aufgeklärt worden.

Die erstinstanzlich erklärte Hilfsaufrechnung gegen die Klageforderung verfolgt die Beklagte in zweiter Instanz ausdrücklich nicht weiter (Seite 2 der Berufungsbegründungsschrift).

2. Widerklage

a) Rückzahlung in Höhe von 872,49 DM (446,10 €; € 28 O 271/97 LG Berlin €)

Der Beklagten steht gegen die Kläger der geforderte weitere Zahlungsanspruch in Höhe von 446,10 € aus § 812 Absatz 1 Satz 1, 1. Alt. BGB wegen ungerechtfertigter Bereicherung zu. Das Landgericht ist in seiner Berechnung zu Unrecht von Vergleichsgebühren in Höhe von insgesamt 2.310,75 DM ausgegangen.

Soweit der zwischen der hiesigen Beklagten und Frau ... B geschlossene Vergleich (Blatt 134 der Beiakte Landgericht Berlin 28 O 271/97) Ansprüche in Höhe von 16.901,55 DM betrifft, deren erstinstanzliche Titulierung mit der Berufung nicht angegriffen worden ist, kann dahinstehen, ob eine 19,5/10 oder eine 13/10 Vergleichsgebühr in Ansatz zu bringen ist, da die Forderung auch bei Ansatz einer 19,5/10-Gebühr begründet ist.

Eine Vergleichsgebühr in der zugesprochenen Höhe steht den Klägerin insoweit schon deshalb nicht zu, weil der Gegenstandswert dieses Teils des Vergleiches nicht dem vollen Betrag von 16.901,55 DM entspricht. Gegenstand eines Vergleiches ist nicht das, worauf die Parteien sich einigen, sondern dasjenige, worüber sie sich vergleichen, also die ungewisse Differenz. Es kommt mithin darauf an, worüber zwischen den Parteien vor Abschluss des Vergleiches Streit bestand, der durch den Vergleich beendet worden ist (vgl. Zöller-Herget, ZPO, 24. Auflage, § 3 ZPO, Rdnr. 16 "Vergleich").

Bezüglich des mit in den Vergleich aufgenommenen Betrages von 16.901,55 DM bestand zwischen den Parteien des Vergleiches aber kein Streit mehr, nachdem die Beklagte insoweit ausdrücklich keine Berufung eingelegt hatte. Werden aber unstreitige Ansprüche in einen Vergleich miteinbezogen, entspricht der insoweit in Ansatz zu bringenden Gegenstandswert nicht der Anspruchshöhe sondern dem Interesse der Parteien an der Aufnahme dieses Anspruchs in den Vergleich. Regelmäßig ist dies das mit 10% des Anspruchs in Ansatz zu bringende Titulierungsinteresse (vgl. Zöller, a. a. O. "Titulierungsinteresse"). Vorliegend kann von einem Titulierungsinteresse der Vergleichsparteien aber nicht ausgegangen werden, da mit dem erstinstanzlichen Urteil ein Titel bereits vorlag. Angesichts der vergleichsweise vereinbarten Ratenzahlung und des Verzichts auf Zinsen ist das Interesse der Beklagten an der vereinbarten Stundung des Betrages von 16.901,55 DM als maßgebliches Interesse zu berücksichtigen. Dieses bewertet der Senat mit 10% des Betrages (= 1.690,15 DM).

Auf der Grundlage der vom Landgericht vorgenommene Berechnung der Gebühren ergibt sich damit folgendes:

GebührGegenstandswert Prozessgebühr §§ 11, 31 I 1 BRAGO17.940,00 DEM13/101.137,50 DEMVergleichsgebühr § 11, 23 I BRAGO17.940,00 DEM13/101.137,50 DEMVergleichsgebühr § 11, 23 I BRAGO1.690,15 DEM19,5/10253,50 DEMPost-/Telekom-Entgelt § 26 BRAGO 40,00 DEMAuslagen für 24 Fotokopien 24,00 DEMZwischensumme netto 2.592,50 DEM16% Mehrwertsteuer § 25 BRAGO 414,80 DEMSumme Rechtsanwaltsgebühren 3.007,30 DEMabzgl Zahlungen 1.354,13 DEMabzgl Zahlungen 3.747,48 DEMÜberzahlung -2.094,31 DEMvom LG zugesprochen 1.048,40 DEMRest -1.045,91 DEMAuf die Widerklage war der Beklagten der mit der Berufung weiterverfolgte Betrag von 872,49 DM als erststelliger Teilbetrag zuzusprechen.

b) Schadensersatz in Höhe von 835,00 DM (426,93 €; € 28 O 626/98 LG Berlin €)

Der Beklagten steht € entgegen der Auffassung des Landgerichts, das die Ursächlichkeit verneint hat € gegen die Kläger ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 835,00 DM zu, da der Kläger zu 2) ihm obliegenden Pflichten aus dem Anwaltsvertrag mit der Beklagten schuldhaft verletzt hat (§§ 427, 611, 675 BGB). Wie sich aus dem Tatbestand der angefochtenen Entscheidung ergibt, war in erster Instanz zwischen den Parteien unstreitig, dass Rechtsanwalt M für die von ihm vertretene Firma K & N gegenüber dem Kläger zu 2. in einem Telefonat am 16. Oktober 1998 angeboten hat, die laufende Zwangsvollstreckung einzustellen, wenn eine Ratenzahlungsvereinbarung mit monatlichen Raten in Höhe von 200,00 DM bis 500,00 DM zustande kommen würde. Soweit die Kläger die Höhe der seitens Rechtsanwalt M erwarteten Ratenzahlungen erstmalig im zweiten Rechtszug bestreiten (S. 2 der Berufungserwiderung), sind sie mit diesem Vortrag gemäß § 531 Absatz 2 Nr. 3 ZPO nicht zuzulassen.

Unstreitig hat der Kläger zu 2. die konkrete Höhe dieses Angebotes nicht an die Beklagte weitergeleitet. Dies wäre aber dringend geboten gewesen, da die Ratenhöhe für die Beklagte angesichts einer zuvor erörterten Ratenhöhe von 10% der Forderung äußerst günstig war und dem Kläger zu 2. nach seinem eigenen Vortrag bekannt war, dass die auf Weisung des Geschäftsführers der Beklagten erhobene Vollstreckungsabwehrklage ohne Aussicht auf Erfolg war. Spätestens diese Weisung hätte dem Kläger zu 2. Anlass sein müssen, den Geschäftsführer der Beklagten ausdrücklich zu fragen, ob er trotz des konkreten Angebotes der Gegenseite, die Zwangsvollstreckung im Falle der Zahlung von Raten mit einer Höhe zwischen 200,00 und 500,00 DM einzustellen, auf einer Klageerhebung bestehe.

Zugunsten der Beklagten ist davon auszugehen, dass diese sich beratungsgemäß verhalten und von der Klage Abstand genommen hätte. Dann wären die Gerichtsgebühren in Höhe von 835,00 DM nicht entstanden.

c) Schadensersatz in Höhe von 2.465,00 DM (1.260,33 €; € Gerichtskosten Mahnverfahren) Dieser Anspruch steht der Beklagten aus den oben unter 1. dargelegten Gründen nicht zu.

B Die Revision war nicht zuzulassen, da weder die Sache grundsätzliche Bedeutung hat, noch eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (§ 543 Absatz 1 Nr. 1, Absatz 2 ZPO n. F.).

C Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Absatz 1 ZPO. Die weiteren prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713, ZPO i. V. m § 26 Nr. 8 EGZPO.






KG:
Urteil v. 05.01.2004
Az: 12 U 157/02


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