Amtsgericht Neuss:
Urteil vom 28. April 2010
Aktenzeichen: 101 C 285/09

(AG Neuss: Urteil v. 28.04.2010, Az.: 101 C 285/09)

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines Ordnungsgeldes bis 5.000 Euro für den Fall der Zuwiderhandlung zu unterlassen, der Klägerin ohne deren Einwilligung per E-Mail oder Fax Werbung an deren Internetadresse … oder Fax-Nummer zu übersenden.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 229,30 Euro nebst 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.10.2009 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin betreibt unter anderem einen spezialisierten Buchhandel. Die Beklagte ist ein Verlag für Kunst mit Schwerpunkt Fotografie. Am 08.09.2009 übersandte die Beklagte der Klägerin eine E-Mail mit dem folgenden Inhalt: "….. wir planen, als Service für unsere Handelspartner einen Poster zu unserem sehr erfolgreichen Bildband … zu produzieren. Wir würden uns freuen, wenn sie von diesem Angebot, gerade im Hinblick auf das nahende Weihnachtsgeschäft, Gebrauch machen. In der Anlage finden sie eine Ansicht des Posters sowie ein Bestellformular. Bitte bestellen sie die Poster in der gewünschten Anzahl. Wir freuen uns auf eine angenehme Zusammenarbeit mit ihnen ……" Mit mehreren vorgerichtlichen Schreiben forderte die Klägerin die Beklagte auf, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben und die angefallenen Anwaltskosten zu begleichen. Dem kam die Beklagte nicht nach.

Die Klägerin trägt vor, sie habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung, da sich die Beklagte wettbewerbswidrig verhalten habe. Die Werbemaßnahme durch Versand unerwünschter E-Mails sei unzulässig. Auch eine einmalige Zusendung einer Werbe-E-Mail stelle einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar.

Die Klägerin beantragt,

wie erkannt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, sie habe der Klägerin kostenlose Poster überlassen wollen. Hierdurch habe das Weihnachtsgeschäft der Klägerin angekurbelt werden sollen. Da die Klägerin im offiziellen Verzeichnis des …vereins des … verzeichnet sei, habe sie sich damit einverstanden erklärt, dass ihre Daten zu Buchhandelszwecken verwenden würden. Sie habe davon ausgehen können, dass die Klägerin an einer kostenfreien Absatzförderungsmaßnahme interessiert sei.

Wegen des sonstigen Vortrags der Parteien wird auf die in der Gerichtsakte befindlichen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung wettbewerbswidriger Werbung aus § 1004 BGB i. V. m. § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG.

Denn bei der von der Beklagten am 08.09.2009 versendeten E-Mail handelte es sich um unzulässige Werbung im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG. Wegen des unzumutbar belästigenden Charakters derartiger Werbung gegenüber dem Empfänger ist die Übersendung einer Werbe-E-Mail ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung grundsätzlich rechtswidrig (BGH Beschluss vom 20.05.2009, Aktenzeichen I ZR 218/07). Zwischen den Parteien ist insoweit unstreitig, dass die Klägerin der Werbemaßnahme der Beklagten nicht ausdrücklich zugestimmt hat. Eine konkludente Zustimmung liegt auch nicht in der Mitgliedschaft beim …verein des … vor. Insoweit ist auch nach der von der Beklagten zitierten Rechtsprechung des BGH (NJW 2008, 2009 197) von einem konkludenten Einverständnis des Empfängers nur dann auszugehen, wenn dieser die Nummer seines Telefax-Anschlusses in allgemein zugänglichen Verzeichnissen veröffentlicht und ein potentieller Kunde den Anschluss bestimmungsgemäß insbesondere für Kaufanfragen nutzen, die sich auf die übliche Verkaufstätigkeit des Unternehmers beziehen. In dem Fall, welchen der BGH zu entscheiden hatte, hat ein Autohändler bei einem anderen Autohändler per Telefax sich betreffend des Ankaufs bestimmter Fahrzeuge erkundigt. Die Anfrage betraf somit unmittelbar die übliche Verkaufstätigkeit des Empfängers der Fax-Anfrage. Im vorliegenden Fall ist zwischen den Parteien unstreitig, dass sich die Klägerin nicht mit der Veröffentlichung von Bildbänden beschäftigt. Insofern betraf die Anfrage der Beklagten nicht unmittelbar die übliche Verkaufstätigkeit der Klägerin. Daher kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein konkludentes Einverständnis der Klägerin durch das Veröffentlichen der E-Mail-Adresse im Verzeichnis des …vereins des … für die Anfrage der Beklagten vorliegt. In diesem Zusammenhang ist auch ohne Bedeutung, dass die von der Beklagten beabsichtigte Veröffentlichung für die Klägerin kostenlos gewesen sein soll. Denn das Anbieten einer kostenlosen Leistung ist ein durchaus gängiges Werbemittel, um nach erfolgreicher Geschäftsanbahnung kostenpflichtige Waren oder Dienstleistungen zu vertreiben. Insofern ist nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 2008, 2009, 197) klargestellt, dass § 7 Abs. 2 UWG auch alle Nachfragehandlungen als Werbung grundsätzlich erfasst. Dies gilt auch dann, wenn sich die Anfragen an Gewerbetreibende oder Freiberufler richten. Schließlich bringt auch das Löschen der E-Mail-Adresse der Klägerin aus dem von der Beklagten genutzten Verteiler den klägerischen Unterlassungsanspruch nicht zu Fall. Denn das bloße Versprechen, die störende Handlung nicht zu wiederholen, kann die Wiederholungsgefahr nur dann ausräumen, wenn es in Verbindung mit einer Vertragsstrafe erklärt wird (BGH NJW 1989, 902). Indes hat die Beklagte bis heute die Abgabe einer Unterlassungserklärung verweigert.

Daher ist die Klage insoweit begründet.

Allerdings ist der Antrag des Klägers im Hinblick auf die Androhung einer "Vertragsstrafe" auszulegen. Eine Vertragsstrafe kann nur privatrechtlich vereinbart werden. Indes kann die Androhung eines Ordnungsmittels nach § 890 ZPO durch eine gerichtliche Entscheidung erfolgen.

Der Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlich entstandenen Anwaltskosten ergibt sich aus §§ 280, 286 BGB. Insoweit ist der klägerseits angesetzte Streitwert von 2.500 Euro nicht zu beanstanden, zumal in der begehrten Unterlassungserklärung für jeden Fall der Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe bis zu 5.000 Euro gefordert wurde.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit nach §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwert: 2.500 Euro (§ 3 ZPO).

Richter am Amtsgericht






AG Neuss:
Urteil v. 28.04.2010
Az: 101 C 285/09


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