Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. November 2002
Aktenzeichen: 33 W (pat) 67/02
(BPatG: Beschluss v. 12.11.2002, Az.: 33 W (pat) 67/02)
Tenor
1. Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 12. August 1999 die Wortmarkesms4ufür verschiedene Dienstleistungen der Klassen 35, 36, 38 und 42 zur Eintragung in das Register angemeldet worden.
Die Markenstelle für Klasse 35 hat die Anmeldung durch Beschluß vom 9. Januar 2002, abgesandt am 18. Januar 2002, gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG zurückgewiesen.
Am 18. Februar 2002 ist beim Deutschen Patent- und Markenamt ein Fax mit dem Briefkopf des Anmelders eingegangen, in welchem er "Beschwerde einlegt" und das mit den Worten "Mit freundlichen Grüßen" ohne Namen bzw Unterschrift endet. Dem Fax war ein Beleg für die Einzahlung einer Gebühr in Höhe von 200 Euro auf das Konto des Deutschen Patent- und Markenamts bei der Landeszentralbank München beigefügt. Das Fax enthielt ferner - hilfsweise - eine Abbuchungsermächtigung hinsichtlich des Betrags von 200 Euro. Das Original des Schreibens vom 18. Februar 2002 ging - ebenfalls ohne Namenszug und Unterschrift - am 21. Februar 2002 beim Deutschen Patent- und Markenamt ein.
Mit Schreiben vom 15. März 2002 sandte die Justizangestellte der Geschäftsstelle des Senats das Fax und das Original der Schreiben an den Anmelder mit der Bitte, die Unterschriften nachzuholen. Mit Schreiben vom 10. April 2002, eingegangen am 12. April 2002, schickte dieser beide Schreiben unterschrieben an das Gericht zurück.
Der mittlerweile anwaltschaftlich vertretene Anmelder vertritt die Auffassung, daß bei der ursprünglich mittels elektronisch erstellten Faxes eingelegten Beschwerde die Unterschrift nachgeholt werden könne. Im übrigen habe er die von der Justizangestellten des Senats gesetzte Frist zur Nachholung der Unterschrift erfüllt. Darüber hinaus sei die rechtzeitige Zahlung der Beschwerdegebühr mit Hinweis auf dem Überweisungsbeleg als rechtzeitige Beschwerde zu werten.
Der Anmelder beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.
Der Senat hat den Anmelder mit Zwischenbescheid vom 19. Juni 2002 auf Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Beschwerde im Hinblick auf die fehlenden Unterschriften auf Fax und Original hingewiesen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II 1. Die Beschwerde ist nicht zulässig, weil sie nicht innerhalb der Frist zur Beschwerdeeinlegung (§ 66 Abs 2 MarkenG) unterschrieben worden ist.
Gegen den am 21. Januar 2002 zugestellten Beschluß hat der Anmelder per Fax am 18. Februar 2002, mit Original am 21. Februar 2002 "Beschwerde" eingelegt, wobei beide Schreiben weder Namenszug noch Unterschriften enthielten. Die Beschwerdeschrift entsprach damit nicht dem Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift, das sich aus § 65 Abs 1 Nr 8 MarkenG iVm § 64 Abs 1 MarkenV ergibt, wonach Originale von Anträgen und Eingaben unterschrieben einzureichen sind.
Nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts und auch des Bundesgerichtshofs ist die eigenhändige Unterschrift unerläßliche Wirksamkeitsvoraussetzung für Rechtsmittelschriften und sonstige fristwahrende bestimmende Schriftsätze. Durch die Unterschrift und die damit vorausgesetzte Schriftlichkeit der Erklärung soll sichergestellt werden, daß dem Schriftstück Inhalt und Bedeutung der abzugebenden Erklärung und die Person des Erklärenden hinreichend zuverlässig entnommen werden können. Außerdem muß feststehen, daß es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern daß es mit Wissen und Willen des Berechtigten dem Empfänger zugeleitet worden ist. Es ist ein Gebot der Rechtssicherheit, soweit wie möglich für Klarheit darüber zu sorgen, ob eine für den Gang des Verfahrens wesentliche Prozeßerklärung von der nach dem Gesetz dazu befugten Person auch tatsächlich abgegeben worden ist und der Erklärende dafür die Verantwortung trägt (GmS-OGB BGHZ 75, 340; BGH GRUR 1989, 506 - Widerspruchsunterzeichnung), wo ausdrücklich offengelassen worden ist, ob diese für anwaltliche Schriftsätze geltende Rechtsprechung auch auf bestimmende Schriftsätze der Partei selbst anzuwenden ist).
Der Grundsatz, daß ein bestimmender Schriftsatz, wie die vorliegend in Rede stehende Beschwerdeeinlegung, zu seiner Wirksamkeit eigenhändiger Unterzeichnung bedarf, gilt allerdings nicht uneingeschränkt. Im Hinblick auf die Fortentwicklung der Nachrichtenübermittlungstechnik hat die Rechtsprechung für Telegramme (RGZ 151,82; BGHZ 79, 314) sowie für Fernschreiben (BGHZ 97, 283) Ausnahmen vom Unterschrifterfordernis mit Rücksicht darauf zugelassen, daß bei den in dieser Weise übermittelten Erklärungen deren Inhalt und die Person, von der sie ausgehen, hinreichend zuverlässig feststehen. Der gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes hat mit Beschluß vom 5. April 2000 (NJW 2000, 2340) ausgeführt, daß die Übermittlung bestimmender Schriftsätze auch durch elektronische Übertragung einer Textdatei mit eingescannter Unterschrift auf ein Faxgerät des Gerichts zuzulassen ist. Auch nach § 65 Abs 1 MarkenV kann das unterschriebene Original von Anträgen und Eingaben durch Telekopierer übermittelt werden. Nach § 66 Abs 1 MarkenV können Anträge und Eingaben durch Telegramm, Telex oder ähnliche Formen der Datenübermittlung übermittelt werden, wobei die Namensangabe an die Stelle der Unterschrift tritt.
In der Rechtsprechung ist das Fehlen der Unterschrift darüber hinaus in verschiedenen Fällen für unschädlich erachtet worden, wenn sich aus anderen Anhaltspunkten eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr für Urheberschaft und Rechtsverkehrswillen ergeben hat, so wenn zwar nicht die Urschrift, aber eine beglaubigte Abschrift handschriftlich unterzeichnet worden war (BGH LM ZPO § 519, Nr 14), wenn - bei bestimmenden Schriftsätzen einer Körperschaft oder Anstalt des Öffentlichen Rechts - der maschinenschriftlich wiedergegebene Name des Verfassers einen Beglaubigungsvermerk trug (GmS-OGB BGHZ 75, 340), wenn innerhalb der Einspruchsfrist des § 339 ZPO durch einen unterschriebenen Schriftsatz auf die nicht unterzeichnete Einspruchsschrift Bezug genommen wurde (BGH LM ZPO § 338 Nr 1) oder wenn ein unterzeichnetes Begleitschreiben mit einem nicht unterzeichneten bestimmenden Schriftsatz eine feste Verbindung aufwies (BGHZ 97, 251).
Der 12. Senat des Bundespatentgerichts (BPatGE 31, 15) hat darüber hinaus einen entscheidenden Anhaltspunkt dafür, daß eine - nicht unterschriebene - Beschwerdeschrift ernsthaft und entgültig gewollt und auch so zu verstehen war, in dem Hinweis in der Beschwerdeschrift gesehen, daß die Beschwerdegebühr mit gleichem Datum per Zahlkarte entrichtet worden sei, was sich ausweislich der Zahlungsanzeige als zutreffend herausgestellt hat. Demgegenüber hat der Bundesgerichtshof (GRUR 1989, 506 - Widerspruchsunterzeichnung) entschieden, daß der einer nicht unterschriebenen Widerspruchsschrift beigeheftete unterschriebene Verrechnungsscheck dem Erfordernis der Schriftlichkeit eines bestimmenden Schriftsatzes nicht genügt. Allein in der Angabe des Verwendungszwecks auf dem Scheck ("Widerspruchsgebühr ....") könne eine ausreichende Widerspruchserklärung nicht erblickt werden, ebenso wenig wie darin, daß mittels einer Heftklammer eine Verbindung zwischen dem Verrechnungsscheck und der nicht unterschriebenen Widerspruchsschrift hergestellt worden war.
Auch im vorliegenden Fall hat der Anmelder die Beschwerdegebühr rechtzeitig eingezahlt, was nach Auffassung des Senats für sich allein genommen die fehlende Unterschrift auf der Beschwerdeschrift nicht zu ersetzen vermag. Die Gebührenzahlung kann zwar - zusammen mit anderen Anhaltspunkten - ein Indiz für den Willen des Anmelders sein, das Verfahren im Rahmen einer Beschwerde weiterbetreiben zu wollen. Aus der Zahlung einer Beschwerdegebühr können jedoch keine weiteren Informationen bezüglich der konkreten Absichten des Beschwerdeführers entnommen werden. Lediglich aus der Beschwerdeschrift selbst ergeben sich der Umfang der Beschwerde (ggfs. richtet sich diese nur gegen einen Teil des angefochtenen Beschlusses), die gestellten Anträge (Hauptanträge, Hilfsanträge, Kostenanträge, Anträge auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr) und ähnliches. Hinzu kommt, daß ein Beschwerdeführer möglicherweise zunächst - vor Einreichung der Beschwerdeschrift - eine Beschwerdegebühr entrichtet, im Anschluß daran jedoch die Entscheidung trifft, sein Begehren nicht im Wege einer Beschwerde weiterverfolgen zu wollen. Die aus Gründen der Rechtssicherheit erforderliche Gewähr für Urheberschaft, Rechtsverkehrswillen und Ernsthaftigkeit des Erklärungswillens kann daher aus der Gebührenzahlung - ohne Hinzutreten weiterer gewichtiger Anhaltspunkte - nicht bzw nicht in ausreichendem Umfang abgeleitet werden.
Im vorliegenden Fall kommt ein weiterer Gesichtspunkt hinzu, der gegen die Ernsthaftigkeit eines entsprechenden Erklärungswillens des Anmelders spricht: Sowohl das Fax vom 18. Februar 2002 als auch das Original, das am 21. Februar 2002 - noch fristwahrend - beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen ist, enthalten keine Unterschrift. Außerdem befinden sich auf beiden Schreiben unter dem Abschlußsatz "Mit freundlichen Grüßen" keinerlei Namensangaben. Insgesamt ist daher die Person des Erklärenden und insbesondere deren Wille, den Beschwerdeschriftsatz dem Gericht zuzuleiten, zweifelhaft.
Eine Nachholung der Unterschriftsleistung nach Fristablauf ist auf Grund der eindeutigen Regelung des § 66 Abs 2 MarkenG, wonach die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Deutschen Patent- und Markenamt einzulegen ist, nicht möglich.
2. Der Senat läßt die Rechtsbeschwerde gemäß § 83 Abs 2 Ziff 2 MarkenG im Hinblick auf die abweichende Entscheidung des 12. Senats des Bundespatentgerichts (BPatGE 31, 15) zu.
Winklerv. Zglinitzki Dr. Hock Cl
BPatG:
Beschluss v. 12.11.2002
Az: 33 W (pat) 67/02
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