Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. Februar 2000
Aktenzeichen: 25 W (pat) 67/99

(BPatG: Beschluss v. 17.02.2000, Az.: 25 W (pat) 67/99)

Tenor

1. Auf die Beschwerde der aus der Marke 395 05 587 Widersprechenden wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patentamts vom 18. Januar 1999 aufgehoben, soweit der Widerspruch zurückgewiesen worden ist.

Die Löschung der angegriffenen Marke wird wegen des Widerspruchs aus der Marke 395 05 587 angeordnet.

2. Es wird festgestellt, daß der Beschluß wirkungslos ist, soweit die Löschung der angegriffenen Marke aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 2 023 825 angeordnet worden ist.

Gründe

I.

Die Bezeichnung Mandraxist am 29. Oktober 1996 ua für "Pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege" in das Markenregister eingetragen worden. Die Veröffentlichung der Eintragung erfolgte am 30. Januar 1997. Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat im Beschwerdeverfahren die Beschränkung des Warenverzeichnisses auf "Pharmazeutische Erzeugnisse, nämlich Analeptika, Antihypoxämika, Analgetika, Antirheumatika, Antiphlogistika, Herz- und Kreislaufmittel sowie Mund- und Rachentherapeutika; alle vorbezeichneten Waren mit Ausnahme von Enzympräparaten" erklärt.

Widerspruch erhoben haben die Inhaberin der am 4. November 1992 für "Pharmazeutische Erzeugnisse, nämlich Gastrointestinalia" eingetragenen Marke 2 023 825 MARAX, und die Inhaberin der am 5. Januar 1996 für "Arzneimittel" eingetragenen Marke 395 05 587 MANDROS, deren Benutzung nicht bestritten ist.

Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat in dem angefochtenen Beschluß wegen Verwechslungsgefahr mit der Widerspruchsmarke 2 023 825 die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet. Hinsichtlich der Widerspruchsmarke 395 05 587 "MANDROS" hat die Markenstelle eine Verwechslungsgefahr verneint und hierzu ausgeführt, daß ausgehend von möglicher Warenidentität, einer normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und der zu berücksichtigenden allgemeinen Verkehrskreise die Einhaltung eines deutlichen Markenabstandes zu fordern sei. Diesen Anforderungen werde die angegriffene Marke in klanglicher Hinsicht wegen der unterschiedlichen Vokalfolge und des deutlich abweichenden Endkonsonanten sowie im Schriftbild wegen der in der Umrißcharakteristik differierenden Wortendung gerecht.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der aus der Marke 395 05 587 "MAN-DROS" Widersprechenden, welche keinen Antrag gestellt hat, mit der Begründung, daß die Beschränkung des Warenverzeichnisses wegen der weiterhin möglichen Warenidentität keinen Einfluß auf die Verwechslungsfähigkeit der sich gegenüberstehenden Marken habe.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat sich im Beschwerdeverfahren hierzu nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat ihrerseits Beschwerde erhoben, soweit die Löschung der angegriffenen Marke aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 2 023 825 "MARAX" angeordnet worden ist. Dieser Widerspruch ist im Beschwerdeverfahren zurückgenommen worden.

Wegen der Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluß sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig, insbesondere statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt (§ 66 Abs 1 Satz 1, Abs 2 MarkenG).

Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Der angefochtene Beschluß war deshalb insoweit aufzuheben, als der Widerspruch aus der Marke 395 05 587 "MANDROS" zurückgewiesen worden ist, und die Löschung der angegriffenen Marke wegen dieses Widerspruchs anzuordnen (§ 43 Abs 2 Satz 1 MarkenG).

Nach Auffassung des Senats besteht zwischen den Vergleichsmarken "Mandrax" und 395 05 587 "MANDROS" die Gefahr von Verwechslungen im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

Bei seiner Entscheidung geht der Senat mangels entgegenstehender Anhaltspunkte von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft und einem normalen Schutzumfang der Widerspruchsmarke aus.

Nach der vorliegend maßgebenden Registerlage können sich die Vergleichsmarken auch nach der von der Inhaberin der angegriffenen Marke im Beschwerdeverfahren erklärten Beschränkung des Warenverzeichnisses wegen des weiten Oberbegriffs "Arzneimittel" auf seiten der Widerspruchsmarke noch auf identischen Waren begegnen. Da auch für die eingetragenen Waren eine Rezeptpflicht in den Warenverzeichnissen nicht festgeschrieben ist und für diese auch in tatsächlicher Hinsicht der Fachverkehr nicht im Vordergrund steht, sind für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr die allgemeinen Verkehrskreise uneingeschränkt einzubeziehen, welche zB Analgetika, Antirheumatika sowie Mund- und Rachentherapeutika sehr häufig im Wege der Selbstmedikation ohne Einschaltung von Fachleuten erwerben. Insoweit ist allerdings auch zu berücksichtigen, daß selbst medizinische Laien allem, was mit der Gesundheit zusammenhängt, eine gesteigerte Aufmerksamkeit beizumessen pflegen (BGH GRUR 1995, 50, 53 - Indorektal/Indohexal).

Unter Berücksichtigung dieser Umstände sind zur Vermeidung einer Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG strenge Anforderungen an den von der jüngeren Marke einzuhaltenden Markenabstand zu stellen, die nach Auffassung des Senats jedenfalls in klanglicher Hinsicht nicht eingehalten sind.

So weisen die jeweils zweisilbigen Vergleichsmarken "Mandrax" und "Mandros" nicht nur einen identischen Sprech- und Betonungsrhythmus, sondern insbesondere einen mit Ausnahme der Wortendungen übereinstimmenden Lautbestand auf. Dieser überwiegt nicht nur quantitativ, sondern bildet außerdem den jeweiligen Wortanfang, dem der Verkehr erfahrungsgemäß stärkere Beachtung zu schenken pflegt (vgl Althammer/Ströbele, MarkenG, 5. Aufl, § 9 Rdn 83), so daß die Vergleichsmarken in diesen den jeweiligen Gesamteindruck wesentlich mitbestimmenden Merkmalen übereinstimmen und auch im ganzen eine große Ähnlichkeit aufweisen. Dem steht auch nicht entgegen, daß es sich insbesondere bei dem Endkonsonanten "x", wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, um einen besonders markanten Laut handelt, da auch der auf seiten der Widerspruchsmarke gegenüberstehende Zischlaut "s" hierzu eine nicht unerhebliche klangliche Ähnlichkeit aufweist und deshalb die abweichenden Wortendungen gerade nicht zu einer Umprägung des jeweiligen Gesamteindrucks der Markenwörter führen können. Ebenso können die den jeweiligen Endkonsonanten voranstehenden Vokale "a" und "o" recht ähnlich klingen. Die sich auf die Endbestandteile der Markenwörter beschränkenden Abweichungen vermögen deshalb kein ausreichendes Gegengewicht zu den im übrigen klanglich übereinstimmenden Vergleichsmarken zu schaffen, zumal Marken im Verkehr nicht nebeneinander aufzutreten pflegen, der Vergleich oftmals aufgrund eines undeutlichen Erinnerungsbildes erfolgt (vgl Althammer/Ströbele, MarkenG, 5. Aufl, § 9 Rdn 72) und auch ungünstige Übermittlungsbedingungen bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind.

Es ist deshalb davon auszugehen, daß die angegriffene Marke in ihrem klanglichen Gesamteindruck der Widerspruchsmarke so stark angenähert ist, daß eine hinreichend sichere Unterscheidung unter Zugrundelegung strenger Anforderungen an den Markenabstand nicht gewährleistet und eine Verwechslungsgefahr zu bejahen ist. Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, ob sich die Vergleichsmarken auch zusätzlich in ihrem Schriftbild als verwechselbar erweisen.

Soweit die Inhaberin der Widerspruchsmarke 2 023 825 ihren Widerspruch im Beschwerdeverfahren zurückgenommen hat, war auf die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke im Interesse einer eindeutigen Klärung der Rechtslage die Wirkungslosigkeit der angefochtenen Entscheidung von Amts festzustellen (§ 82 Abs 1 Satz 1 MarkenG iVm § 269 Abs 3 Satz 1 ZPO analog, vgl dazu BGH Mitt 1998, 264 "Puma").

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlaß, § 71 Abs 1 MarkenG.

Kliems Knoll Engels Pü






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Az: 25 W (pat) 67/99


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