Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 26. Oktober 2011
Aktenzeichen: I-15 U 101/11
(OLG Düsseldorf: Urteil v. 26.10.2011, Az.: I-15 U 101/11)
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers wird das am 23. März 2011 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf (Az: 12 O 424/09) jeweils unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, die am xx. M. 2009in der Arztpraxis des Klägers gefertigten Tonaufnahmen zu löschen, soweit sie Gegenstand der Sendung „E.“ vom xx. J. 2009, 00:00 Uhr, waren.
Die Beklagte wird darüber hinaus verurteilt, das Bildmaterial der Sendung „E.“ vom xx. J. 2009, 00:00 Uhr, zu löschen, soweit darin als Untertitel folgende am xx. M. 2009 in der Arztpraxis des Klägers aufgenommenen Wendungen in Textform wiedergegeben sind:
„Was man machen könnte oder was häufig gemacht wird, ist, dass man Beta-blocker gegeben hat.“
„Eine andere Möglichkeit ist ein angst- und spannungslösendes Medikament, das man abends nimmt - eine halbe Tablette vor dem Schlafen. Das hat auf jeden Fall den Vorteil, dass man nachts gut schlafen und abschalten kann. Und am nächsten Tag wirkt das noch ein bisschen an. Es macht einen natürlich sehr wohligen Effekt. Man fühlt sich halt sehr wohl.“
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 95 % und die Beklagte zu 5 %.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 6.000 € abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des durch die Beklagte aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I.
Die Beklagte ist ein bekanntes Medienunternehmen, das den privaten Fernsehsender XY betreibt. Der Kläger betreibt in D. eine Arztpraxis. Am xx. M. 2009 suchten zwei dem Kläger bis dahin unbekannte Personen -eine Frau und ein Mann- seine Sprechstunde auf. Die Frau gab sich als Patientin aus und machte am Empfang die bei der Neuaufnahme von Patienten üblichen Angaben. In Wirklichkeit handelte es sich um eine Redakteurin, die für eine bei XY ausgestrahlte Reportage verdeckt recherchierte und im Zusammenwirken mit ihrem Begleiter ohne Einwilligung des arglosen Klägers heimlich Film- und Tonaufnahmen erstellte.
Der Kläger führte mit der vermeintlichen Patientin ein ca. 15 bis 20 Minuten dauerndes Behandlungsgespräch. Diese gab an, aufgrund des Wechsels ihres Arbeitsplatzes unter sehr starker beruflicher Anspannung zu stehen. Sie müsse in Kürze eine Präsentation halten, vor der sie sehr aufgeregt sei, da vom Erfolg der Präsentation ihre Anstellung abhänge. Der Kläger empfahl autogenes Training als Stressreduktionstherapie. Dies lehnte die Frau ebenso ab, wie die ihr vom Kläger sodann empfohlene Behandlung mit pflanzlichen Präparaten. Der Kläger zog daraufhin eine Betablockertherapie in Erwägung und maß hierfür den Blutdruck, der zu niedrig war, um diese Therapie anwenden zu können. Schließlich stellte er ein Rezept für Lexotanil 6 mg aus und verordnete die einmalige Einnahme einer halben Tablette am Abend vor der Präsentation und empfahl das sofortige Absetzen dieses Medikaments danach.
Ausschnitte aus diesem Behandlungsgespräch mit dem Kläger, in denen insbesondere die vorgenannte Absetzungsempfehlung fehlte, wurden am xx. J. 2009 ab 00:00 Uhr und als Wiederholung in der Nacht vom 1. auf den 2. J. 2009 ab 00:00 Uhr in der Sendung "E." ausgestrahlt im Rahmen einer Reportage zum Thema Drogen am Arbeitsplatz. Das Bildmaterial wurde dabei zum Zwecke der Anonymisierung teilweise verfremdet. Zwischen den Parteien ist streitig, ob auch die Stimme des Klägers verfremdet wurde und ob er anhand seiner Stimme und der Bilder von seiner Person, seinen Praxisräumen und dem Gebäude identifizierbar ist.
Mit Anwaltsschreiben vom 2. Juli 2009 forderte der Kläger die Beklagte auf, "eine strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung zu übersenden, die sämtliche Aspekte des o.g. Vorfalls umfasst". Die Beklagte wies den Unterlassungsanspruch mit Schreiben vom 6. Juli 2009 zurück, da der Kläger anhand der Reportage nicht individualisierbar sei. Sie teilte zugleich mit, keine erneute Ausstrahlung der Sendung zu beabsichtigen und gab -ohne Anerkennung einer Rechtspflicht- folgende Unterlassungserklärung ab:
"Die XY GmbH verpflichtet sich gegenüber Herrn A. es bei Meidung einer für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung zu zahlenden Vertragsstrafe, die von Herrn A. festzusetzen und ggf. vom zuständigen Gericht zu überprüfen ist, zu unterlassen, Bild- und Tonaufnahmen von Herrn A. zu veröffentlichen, soweit Herr A. erkennbar ist, insbesondere wie in der Sendung E. vom xx. J. 2009 geschehen" (Bl. 46 GA).
Mit Antrag vom 13. Juli 2009 hat der Kläger den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt, mit der der Beklagten aufgegeben werden sollte, es zu unterlassen, in den Praxisräumen des Klägers ohne dessen Einwilligung Ton- und Bildaufnahmen zu fertigen. Das Landgericht hat die einstweilige Verfügung antragsgemäß erlassen und nach Widerspruch der Beklagten durch Urteil bestätigt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht Düsseldorf -20. Zivilsenat- das Urteil abgeändert und den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.
Der Kläger hat behauptet, ein Patient habe ihm am 30. Juni 2009 mitgeteilt, er sei in der Sendung "E." vom Vortag zu sehen gewesen. Er habe sich daraufhin am 2. Juli 2009 die Wiederholung angesehen und dies bestätigt gefunden. Trotz Vernebelung sei er an seinem Schreibtisch sitzend sowie ohne Vernebelung am Empfang stehend gut erkennbar gewesen. Seine Statur und die Wiedergabe der Aufnahmen im Behandlungszimmer ließen eine Identifizierung eindeutig zu. Außerdem sei seine Stimme unverändert.
Durch die extrem verkürzte Wiedergabe des Behandlungsgesprächs erwecke die Reportage den unzutreffenden Eindruck, er sei ein gewissenloser Arzt und Scharlatan, der ihm unbekannten Patienten leichtfertig und ohne jedwede Vorsichtsmaßnahmen schwerste, süchtig machende Psychopharmaka verschreibe. Der so vermittelte Eindruck sei falsch, da er Tabletten stets gewissenhaft verschreibe. Die Wirkung der Reportage werde durch die reißerische Darstellung unter Anknüpfung an den Tod Michael Jacksons als vermeintliches Opfer seiner Tablettensucht verstärkt. Ein Zusammenhang zwischen der Verordnung einer halben Tablette Beruhigungsmittel und dem Versterben Michael Jacksons nach der Verabreichung von Narkosemitteln bestehe nicht.
Der Kläger hat weiter die Ansicht vertreten, die Beklagte habe durch das Herstellen und spätere Veröffentlichen der Aufnahmen jeweils sein Persönlichkeitsrecht verletzt und gegen die §§ 186, 201 StGB, 12 Abs. 1 TMG und 22, 33 KUG verstoßen. Mit seiner Klage macht er die Zahlung einer Geldentschädigung und die Erstattung von Abmahngebühren in Höhe von 1.641,96 € (1,3 Gebühren zzgl. Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen und MwSt. nach einem Streitwert von 50.000 €) geltend. Weiter verlangt er gestützt auf § 37 KUG die Löschung der Film- und Tonaufnahmen.
Der Kläger meint, die Aufnahmen in seiner Praxis stellten sich als rechtswidrig dar. Die Praxisräume seien aufgrund ihrer räumlichen Abgeschiedenheit von Dritten und des besonderen Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient der besonders geschützten Privatsphäre zuzurechnen. Es verstoße gegen die Menschenwürde, in "Stasi-Manier" Personen heimlich und gegen deren Willen zu filmen. Die Vorstellung, es könnten unerwünschte Aufnahmen gefertigt werden, schaffe Unsicherheit und beeinträchtige die Konzentration und die Unbefangenheit im Umgang mit Menschen. Besonders schwerwiegend sei seine Beeinträchtigung auch deshalb, weil der Beitrag am 19. Juni 2009 zur besten Sendezeit gegenüber einem Millionenpublikum veröffentlicht worden sei.
Demgegenüber könne sich die Beklagte nicht auf die Pressefreiheit berufen. Die Zwecke der Reportage hätten die Anfertigung von Aufnahmen in keiner Weise erfordert. Der Beklagten sei es nur darum gegangen, ihre Reportage spannender zu gestalten und durch das Zurechtschneiden ihrer Aufnahmen die Behauptung zu untermauern, zahlreiche Ärzte verschrieben ohne Untersuchungen Beruhigungsmittel.
Der Kläger hat nach teilweiser Rücknahme des Klageantrages zu 3) zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen,
an ihn eine angemessene Entschädigung, nicht jedoch unter 30.000 €, nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Film- und Tonaufnahmen zu löschen, welche sich auf dem Videoband gemäß Anlage K1 befinden und deren Vernichtung nachzuweisen.
an ihn Abmahngebühren in Höhe von 1.307,81 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat behauptet, der Film sei so bearbeitet worden, dass der Kläger unter keinen Umständen erkennbar sei. Seine Person sei vollständig vernebelt und auch ihrer Statur nach nicht auszumachen. Lediglich für einen Augenblick sei er unvernebelt zu sehen, allerdings unscharf im Hintergrund und mit durch eine Pflanze verdecktem Gesicht. Die Stimme des Klägers sei "hochgepitcht" worden.
Die Arztpraxis und der Hausflur nebst Treppenhaus erlaubten ebenfalls keine Identifizierung. Es würden ausschließlich Türen und Wände in "Standardneubauausstattung" gezeigt, wie sie in fast jeder Arztpraxis vorzufinden sei.
Die im Film gezeigte Stockwerksanzeige des Fahrstuhls stamme nicht aus dem Gebäude Platz 1. Zudem zeige sie den 6. Stock an, wohingegen sich die Praxis des Klägers -unstreitig- im zweiten Stock befinde. Ohnehin könne der Kläger nicht anhand des Gebäudes identifiziert werden, weil -unstreitig- in dem Gebäude vier weitere Ärzte tätig seien. Der Bericht erwähne nicht einmal, dass es sich um Aufnahmen aus D. handele. Nach alledem müsse davon ausgegangen werden, dass der vom Kläger benannte Zeuge den Kläger nicht erkannt habe. Es sei davon auszugehen, dass der Zeuge allgemein von dem Fernsehbericht erzählt habe, woraufhin sich der Kläger an das entsprechende Patientengespräch erinnert habe.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Aufnahmen vom Kläger dürften bereits deshalb hergestellt und veröffentlicht werden, weil der Kläger nicht zu erkennen sei. § 22 KUG sei nicht einschlägig, da es kein Erfordernis der Einwilligung (§ 23 KUG) in die Veröffentlichung gebe für Bilder, auf denen der Betroffene nicht erkennbar sei.
Ohnehin falle eine Güter- und Interessenabwägung zu ihren Gunsten aus. Der Kläger sei bereits nicht in seiner Privatsphäre betroffen. Er sei in der Arztpraxis -zumal im Behandlungsgespräch- der Beobachtung durch die Patienten ausgesetzt und könne sich daher nicht wie in Privaträumen entspannen oder "gehen lassen". In die Abwägung der Interessen dürfe nicht einfließen, dass das Verhältnis des Arztes zum Patienten besonders schutzwürdig sei. Die ärztliche Schweigepflicht schütze den Patienten, nicht den Arzt. Vorliegend handele es sich nicht einmal um eine Patientin, sondern um eine Redakteurin, die die Aufnahmen selbst veröffentlicht habe. Hierin erblickt die Beklagte eine Entbindung des Klägers von seiner ärztlichen Schweigepflicht. Der Kläger wäre daher, müsste er als Zeuge angehört werden, nicht einmal zur Zeugnisverweigerung berechtigt.
Seiner Betroffenheit bei Ausübung der beruflichen Tätigkeit stehe das überwiegende Informationsinteresse der Öffentlichkeit entgegen. Es habe sich um Recherchen in Erfüllung des Informationsauftrages der Medien gehandelt. Dass Berufstätige dem Alltagsstress nur noch unter Zuhilfenahme von Psychopharmaka gewachsen seien, sei ein Thema von erheblichem öffentlichem Interesse. Zusätzliche Aktualität habe das Thema durch den Tod Michael Jacksons erfahren, der … Tage vor Ausstrahlung der Sendung an einer Überdosis verschreibungspflichtiger Medikamente gestorben sei. Die Berichterstattung sei als ernsthaft und sachbezogen zu werten. Gerade das Wirkungsfeld des Arztes sei von allgemeinem Interesse, weshalb sich der Kläger -wenn er denn erkennbar gewesen wäre- sogar öffentlicher Kritik hätte stellen müssen. Die Wertung des Klägers, er werde als gewissenloser Arzt dargestellt, der leichtfertig Medikamente verschreibe, treffe nicht zu. Der Bericht beschränke sich auf die Feststellung, dass es möglich sei, ohne medizinische Indikation an verschreibungspflichtige Beruhigungsmittel zu gelangen.
Der Kläger könne sich auch nicht auf das Vorhandensein milderer Mittel berufen. Natürlich hätte die Journalistin zu den Behandlungsgesprächen befragt werden können. Investigativer Journalismus zeichne sich jedoch durch seine Realitätsnähe aus, wozu die Wiedergabe der vollständig vernebelten Aufnahmen gehöre. Diese Entscheidung durch das Gericht zu überprüfen laufe auf eine Qualitätskontrolle hinaus, die sich bei Wahrung der Pressefreiheit verbiete. Anderenfalls könnten ohne Einwilligung nur noch absolute Personen der Zeitgeschichte fotografiert werden.
Der Kläger könne nicht damit gehört werden, er werde durch die Vorstellung verunsichert, es könnten jederzeit heimliche Aufnahmen von ihm gemacht werden. Ein nachträglich unwohles Gefühl stelle keine erhebliche Betroffenheit in Grundrechten dar. Im Gegenteil liefere die Vorstellung, der Arzt werde nur in dem Bewusstsein, nicht aufgenommen zu werden, ein unbefangenes Behandlungsgespräch führen, Argumente für die Anfertigung heimlicher Aufnahmen, da nur so eine unbefangene Informationsbeschaffung gewährleistet sei.
Dass es dem Kläger in Wahrheit nur ums Geld gehe, zeige sich daran, dass er den im einstweiligen Verfügungsverfahren geltend gemachten Unterlassungsantrag nicht weiter verfolge. Gerade die Aufgabe des Unterlassungsanspruchs stehe dem Entschädigungsanspruch entgegen, da eine Entschädigung nur verlangen könne, wer die Beeinträchtigung nicht auf anderem Wege beseitigen könne. Die Beklagte geht davon aus, der Kläger verfolge den Unterlassungsanspruch nicht weiter, weil dieser unbegründet sei. Dies müsse die Unbegründetheit auch des Anspruchs auf Geldentschädigung zur Folge haben, weil sonst das Ziel der Unterlassung durch die "Hintertür" der Geldentschädigung erreicht werde. Der Geldentschädigungsanspruch setze weiter eine nachhaltige Rufschädigung voraus, an der es ebenso fehle, wie an einem schuldhaften Verhalten ihrerseits. Präventionsgesichtspunkte spielten ebenfalls keine Rolle, zumal sie freiwillig eine Unterlassungserklärung abgegeben habe.
Erstattung der Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung könne die Klägerin ungeachtet des fehlenden Anspruchs in der Hauptsache auch deshalb nicht verlangen, weil die Abmahnung die angeblich rechtswidrigen Verhaltensweisen nicht hinreichend umschreibe und weil dem Schreiben nicht der Entwurf der Unterlassungserklärung beigefügt gewesen sei.
§ 12 TMG sei nicht anwendbar, da sie kein Diensteanbieter i.S.d. § 2 Abs. 1 TMG sei und keine Daten zur Bereitstellung von Telemedien erhebe oder verwende.
Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von 10.000 € nebst Zinsen, zur Vernichtung des Tonmaterials gemäß der als Anlage K1 überreichten Videokassette, auf dem der Kläger zu hören sei sowie zur teilweisen Zahlung der Abmahnkosten in Höhe von 837,52 € verurteilt und die darüber hinausgehende Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Kläger stehe wegen unerlaubten Herstellens und Veröffentlichens von Tonaufnahmen gegen die Beklagte gemäß §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. 201 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 StGB ein Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung zu. Die Aufnahme des Wortes auf Tonträger stelle einen intensiven Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers dar. Zum Persönlichkeitsrecht gehöre das Recht, selbst darüber zu bestimmen, ob das eigene Wort aufgenommen und Dritten zugänglich gemacht werde. Dies gelte nicht nur in der vorliegend nicht berührten Privatsphäre, sondern auch in der Sozialsphäre. Auf eine besondere Vertraulichkeit komme es nicht an, da § 201 StGB nicht die Privatsphäre, sondern das Recht auf Wahrung der Unbefangenheit des gesprochenen Wortes schütze. Weiter komme es nicht darauf an, ob der Kläger nach Veränderung seiner Stimme nicht mehr erkannt werden könne, denn die Aufnahme des gesprochenen Wortes gelte nicht nur für Worte, die eine Identifizierung des Sprechers zuließen. Die bei der Prüfung eines Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht des Klägers vorzunehmende Güterabwägung falle ebenso zu Lasten der Beklagten aus wie die bei Anwendung des § 201 StGB zu beantwortende Frage, ob das Handeln gerechtfertigt sei. Um das Schutzbedürfnis des Belauschten übertreffen zu können müsse sich die Beklagte auf überragende öffentliche Interessen berufen können. Die Beklagte habe mit der Aufnahme jedoch lediglich ihre These illustriert und vertont, Psychopharmaka seien leicht zugänglich. Diese Verwendung der Aufnahme trete hinter den Interessen des Klägers deutlich zurück, da dessen Verhalten -dies stelle die Beklagte nicht in Abrede- lege artis gewesen sei, ihre These somit nicht stütze. Der Entschädigungsanspruch entfalle nicht, weil die Beklagte eine Unterlassungserklärung abgegeben habe. Die Beeinträchtigung werde durch diese in die Zukunft gerichtete Erklärung nicht beseitigt, zumal sich die Beklagte nicht einmal zur Unterlassung heimlicher Aufnahmen verpflichtet habe, sondern nur zur Unterlassung von Bild- und Tonaufnahmen, soweit der Kläger erkennbar sei.
Vernichtung der Tonaufnahmen könne der Kläger analog § 1004 BGB fordern.
Ihm stehe auch ein Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten zu, jedoch nur, soweit diese die Tonaufnahmen beträfen, mithin nach einem Streitwert von 12.000 €.
Wegen der Fertigung und Veröffentlichung der Bildaufnahmen stehe dem Kläger jedoch weder ein Anspruch auf Entschädigung, noch ein Anspruch auf Vernichtung der Aufnahmen zu.
Auf § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 22 KUG könne der Anspruch auf Geldentschädigung nicht gestützt werden, weil kein Bildnis des Klägers veröffentlicht worden sei. Er sei nämlich -auch unter Einbeziehung der Begleitumstände und des gezeigten Umfeldes- aufgrund der Verfremdung der Aufnahmen nicht erkennbar. Der kurze Moment, in dem er unverfremdet zu sehen sei, reiche zu seiner Identifizierung nicht aus, da sein Gesicht durch eine Topfpflanze verdeckt sei. Der Anspruch könne auch nicht aus den §§ 823 Abs. 2 BGB, 201a StGB hergeleitet werden, da § 201a StGB -anders als dies bei den Tonaufnahmen der Fall sei- eine Verletzung im höchstpersönlichen Lebensbereich voraussetze. Der Kläger sei jedoch nur in seiner beruflichen Sphäre tangiert. Auch auf die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes könne der Kläger sich wegen der Bildaufnahmen nicht berufen, da deren Fertigung in dem Umfang zulässig sei, wie die spätere Verbreitung zulässig wäre. Da die Beklagte die Bilder vor der Verbreitung unkenntlich gemacht habe, scheide eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch die Fertigung der Aufnahmen aus. Auch dass die Beklagte das Behandlungsgespräch grob verkürzt dargestellt habe, falle nicht auf den Kläger zurück, da dieser nicht erkennbar sei.
Vernichtung der Bildaufnahmen könne der Kläger nicht fordern. § 37 KUG setzte voraus, dass die Aufnahmen widerrechtlich erfolgt seien, was nicht festgestellt werden könne.
Gegen diese Entscheidung haben beide Parteien Berufung eingelegt.
Die Beklagte verteidigt das Urteil im Umfang der Klageabweisung und hält die Klage auch im Übrigen für unbegründet.
Eine Geldentschädigung könne der Kläger nicht verlangen. Das Landgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass der Kläger durch Tonaufnahmen, die infolge Verfremdung keine Identifizierung zuließen, nicht, jedenfalls aber nicht schwerwiegend in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt werde, weshalb es eines Anspruchs auf Geldentschädigung nicht bedürfe. Weil der Kläger keinen Schutz vor Aufnahmen verdiene, die ihm nicht zuzuordnen seien, sei der Rechtfertigungsgrund des § 201 Abs. 2 S. 3 StGB zu Unrecht verneint und verkannt worden, dass bereits die Bagatellregelung des § 201 Abs. 2 S. 2 StGB greife. Selbst wenn man dem Kläger eine geringfügige Betroffenheit zubilligen wollte, trete diese hinter dem öffentlichen Interesse an der Berichterstattung zurück, zumal sich der Kläger nicht vertraulich, sondern gegenüber einer ihm unbekannten Patientin geäußert habe. Weiter sei ein etwaiges Verschulden der Beklagten ganz gering, zumal die Verfremdung die Erkennbarkeit des Klägers habe ausschließen sollen. Im Übrigen wiederholt und vertieft die Beklagte ihr Vorbringen aus erster Instanz.
Da die Anfertigung der Tonaufnahmen nicht rechtswidrig und auch keine Persönlichkeitsrechtsverletzung feststellbar sei, scheide ein Anspruch auf Vernichtung der Tonaufnahmen aus. Diesbezüglich lasse das Urteil nicht erkennen, dass sich das Landgericht des Umstandes bewusst gewesen sei, dass die Vernichtungsanordnung die Pressefreiheit tangiere; die Abwägung der widerstreitenden Interessen fehle. Bei dieser Abwägung sei der Pressefreiheit der Vorrang einzuräumen, zumal weder eine Erstbegehungs-, noch eine Wiederholungsgefahr vorliege. Selbst wenn die Interessen des Klägers überwögen, sei es unverhältnismäßig, ihr die Vernichtung der Aufnahmen aufzugeben, wenn das Gebot, das Material nur in verfremdeter Form zu nutzen, ausreichend sei. Selbst dies tangiere die Pressefreiheit, da es immerhin denkbar sei, dass veränderte Umstände in der Zukunft dazu führten, dass das Material auch unverfremdet ausgestrahlt werden dürfe. Diese Chance dürfe nicht zunichte gemacht werden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage unter Abänderung des am 23. März 2011 verkündeten Urteils des Landgerichts Düsseldorf, 12 O 424/09, vollständig abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Im Wege der Anschlussberufung hat der Kläger seine Anträge aus erster Instanz weiter verfolgt. Zuletzt hat er -wie in erster Instanz unter teilweiser Rücknahme des zunächst in unverminderter Höhe (1.641,96 €) angekündigten Klageantrages zu 3.- beantragt,
unter Abänderung des am 23. März 2011 verkündeten Urteils des Landgerichts Düsseldorf, 12 O 424/09, die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine angemessene Entschädigung, nicht jedoch unter 30.000 €, nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
die Beklagte zu verurteilen, die am xx. M. 2009 in seiner Arztpraxis gefertigten Bild- und Tonaufnahmen zu löschen, soweit sie Gegenstand der Sendung "E." vom xx. J. 2009, 00:00 Uhr waren.
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.307,81 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Zur Klarstellung hat der Kläger im Termin vom 28. September 2011 durch seinen Prozessbevollmächtigten erklärt, es gehe ihm allein um die Vernichtung des bearbeiteten Materials und nicht um diejenige des Rohmaterials.
Die Beklagte beantragt,
die Anschlussberufung zurückzuweisen.
Der Kläger behauptet, die von ihm vorgenommene ärztliche Behandlung sei sinnentstellend verzerrt dargestellt worden. Die Aneinanderreihung der Texte und Bilder zum Tod Michael Jacksons, zu einer Befragung "gestresster Arbeitnehmer", zur "Kokaingeschichte" eines Unternehmensberaters und zur Verschreibungspraxis von Ärzten lasse den Eindruck entstehen, er verschreibe -auf einer Stufe mit dem Hausarzt Michael Jacksons- binnen Minuten ohne Veranlassung süchtig machende Medikamente. Dieser Eindruck werde verstärkt durch die wahrheitswidrige Aussage eines Sprechers: "Schon nach wenigen Minuten und ohne eine Diagnose verschreibt der Arzt ein starkes Schmerzmittel." Dass die Reporterin leichtere Behandlungsmethoden abgelehnt und der Kläger das sofortige Absetzen des Präparats nach einmaliger Einnahme empfohlen habe, werde ebenso verschwiegen, wie die tatsächliche Dauer des Behandlungsgesprächs von 15 bis 20 Minuten. Hierzu wiederholt und vertieft der Kläger seinen Vortrag aus erster Instanz. Für eine bewusst sinnentstellende Darstellung der Behandlung könne die Beklagte sich nicht auf die Pressefreiheit berufen.
Er meint, wenigstens in einer Gesamtschau eindeutig identifizierbar zu sein. Im Behandlungszimmer seien im Hintergrund eine Glasvitrine sowie zwei Wände in unterschiedlichen Farben sichtbar, was auffällig und von hohem Wiedererkennungswert sei. Hieran habe ihn auch der Zeuge B. erkannt. Weiter seien das Treppenhaus, der Hausflur, der Eingang und der Empfang der Praxis gefilmt worden, wobei er am Empfang stehend anhand von Kopf, Frisur, Statur und Kleidung erkennbar sei. Zwar sei diese Szene kurz. Betrachtern, die aufgrund der vorhergehenden Bilder sensibilisiert seien, reiche die Sequenz jedoch aus, um ihre Vermutung, es könne sich um ihn handeln, bestätigt zu finden. Man könne ihn sogar hören, wie er mit unverfremdeter Stimme "Danke schön" sage. Im Übrigen sei die Verfremdung der Tonaufnahmen unzureichend. Möglichkeiten, ihn vollständig unkenntlich zu machen, seien nicht genutzt worden.
Nach alledem habe er begründeten Anlass zu der Annahme, identifiziert werden zu können. Ob ihn über den Zeugen B. hinaus tatsächlich Patienten erkannt hätten, sei unerheblich. Hierzu sei ihm ohnehin kein Vortrag möglich, da er nicht wisse, ob sich Patienten aufgrund der abschreckenden Wirkung des Beitrags nicht mehr in seine Behandlung begeben hätten.
Eine Geldentschädigung von 30.000 € sei auch mit Blick auf die hohe Einschaltquote der Sendung angemessen.
II.
Vor einer Entscheidung in der Sache ist zunächst der Tatbestand nach § 319 Abs. 1 ZPO zu berichtigen. Der Kläger hat in erster Instanz ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 23. Februar 2011 den Klageantrag zu 3., der auf Zahlung von 1.641,86 € lauten sollte, unter Rücknahme im Übrigen nur in Höhe von 1.307,81 € gestellt. Dies ist bei der Abfassung des Urteils übersehen worden. Deshalb wird hiermit der Tatbestand des am 23. März 2011 verkündeten Urteils der 12. Kammer des Landgerichts Düsseldorf (Az: 12 O 424/09) wird wegen offensichtlicher Unrichtigkeit dahin berichtigt, dass es auf Blatt 3 unten eingangs der Darstellung der Anträge des Klägers statt "Der Kläger beantragt" richtig: "Der Kläger beantragt nach teilweiser Rücknahme des Klageantrages zu 3. zuletzt" und auf Blatt 4 oben bei der Darstellung des Klageantrages zu 3. statt "1.641,96 €" richtig "1.307,81 €" heißen muss.
III.
Nachdem beide Parteien das Urteil angefochten haben, steht die Entscheidung des Landgerichts vollständig zur Überprüfung des Senats. Dabei haben beide Rechtsmittel teilweise Erfolg. Zugunsten des Klägers ist festzustellen, dass der Anspruch auf Vernichtung der Aufnahmen nicht nur hinsichtlich des Tons, sondern auch hinsichtlich der visuellen Komponente begründet ist, soweit diese das gesprochene Wort des Klägers in Textform wiedergeben. Im Übrigen teilt der Senat die Einschätzung des Landgerichts, dass der Kläger anhand des Bildmaterials auch unter Hinzunahme des Tons nicht identifizierbar ist, was im Ergebnis zur Folge hat, dass kein darüber hinausgehender Anspruch auf Vernichtung des Bildmaterials besteht. Die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Geldentschädigung liegen nicht vor. Schließlich stellen die Abmahnkosten aus Gründen des Einzelfalls keine notwendigen Kosten der Rechtsverfolgung dar, da es an einer ordnungsgemäßen Abmahnung fehlt.
1.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte aus den §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 201 Abs. 1 Nr. 1 StGB ein Anspruch zu auf Löschung der Tonaufnahmen und auf Löschung der Einblendungen, soweit diese in Textform das gesprochene Wort des Klägers wiedergeben.
a)
Das Aufnehmen der Stimme des Klägers auf Tonband erfüllt den Straftatbestand der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes i.S.d. § 201 Abs. 1 Nr. 1 StGB. Der objektive Tatbestand setzt die Aufnahme des nichtöffentlich gesprochenen Wortes eines Anderen voraus. Diese Voraussetzung ist erfüllt. Die Stimme des Klägers wurde aufgezeichnet, als dieser sich nichtöffentlich geäußert hatte, also nicht gegenüber einem größeren, zahlenmäßig unbestimmten oder nicht durch persönliche oder sachliche Beziehungen miteinander verbundenen Personenkreis (Lenckner/Eisele in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 201 Rz. 6). Dies wussten die Reporter auch, weshalb Vorsatz festzustellen ist.
b)
Die Aufnahme erfolgte "unbefugt" im Sinne des § 201 StGB. Dieses Merkmal umschreibt das allgemeine Deliktsmerkmal der Rechtswidrigkeit (Lenckner/Eisele a.a.O. § 201 Rz. 29), weshalb sich die Frage nach Rechtfertigungsgründen stellt. Auf solche vermag sich die Beklagte nicht zu berufen.
aa)
Eine Rechtfertigung aufgrund mutmaßlicher Einwilligung (Lenckener/Eisele a.a.O. § 201 Rz. 30) scheidet aus. Wie sich aus der heimlichen, auch nicht im Anschluss an das Behandlungsgespräch offen gelegten Vorgehensweise erschließt, haben die Reporter nicht auf die mutmaßliche Einwilligung des Klägers vertraut.
bb)
Für § 201a StGB, der ebenfalls auf das Merkmal unbefugt abstellt, wird vertreten, dass in Fällen der Berichterstattung durch Medien eine Rechtfertigung durch unmittelbare Anwendung des Art. 5 GG erfolgen könne (Kühl in Lackner/Kühl, StGB, 27. Aufl., § 201a Rz. 9). Dies überzeugt so nicht, da Art. 5 GG ein Grundrecht und keinen Rechtfertigungsgrund normiert und gemäß seinem Absatz 2 seinerseits unter der Schranke der Vorschriften der allgemeinen Gesetzte steht, zu denen § 201 StGB gehört. Unbestritten ist jedoch, dass die Presse sich in Ausnahmefällen heimlicher Tonband- und auch Filmaufnahmen soll bedienen dürfen (OLG München Urt. v. 20.1.2005, 6 U 3236/04 = ZUM 2005, 399 = juris Rz. 129; OLG München Urt. v. 22. Januar 2004, 29 U 4872/03 = GRUR-RR 2004, 145, 146 f.; OLG Saarbrücken, Urt. v. 29.4.2009, 5 U 465/08 = OLGR Saarbrücken 2009, 874, 876; LG Hamburg, Urt. v. 8.4.2008, 234 O 121/08 = AfP 2008, 639 = juris Rz. 18). Ob dies nur bei Vorliegen der Voraussetzungen der allgemeinen Rechtfertigungsgründe der §§ 32, 34 StGB möglich sein soll (Schünemann in Leipziger Kommentar StGB, 12. Aufl., § 201 Rz 41; Hoyer in SK-StGB, § 201 Rz. 44), oder ob eine entsprechende Anwendung des § 193 StGB (KG Urt. v. 3. Juni 1955, 5 U 452/55 = NJW 1956, 26, 27) oder ein allgemeiner Rechtfertigungsgrund der Verfolgung überwiegender Interessen (vgl. Schünemann in Leipziger Kommentar StGB, 12. Aufl. § 201 Rz. 40) in Betracht kommt, kann dahinstehen. Selbst wenn man nämlich -wenigstens zur Feststellung der Störereigenschaft im Sinne des § 1004 BGB - das Merkmal unbefugt im Sinne der Beklagten so weit auslegte wie das Merkmal der Widerrechtlichkeit bei der Prüfung des offenen Tatbestandes einer Persönlichkeitsrechtsverletzung gemäß § 823 Abs. 1 BGB, wofür immerhin spräche, dass § 201 StGB mit der Vertraulichkeit und Unbefangenheit der menschlichen Kommunikation (OLG Thüringen, Urt. v. 24. April 1995, 1 Ss 184/94 = NStZ 1995, 502, 503) einen Teil des Persönlichkeitsrechts des Menschen schützt, das auch Schutzgut des § 823 Abs. 1 BGB ist, kann vorliegend die Rechtswidrigkeit der Tonaufnahme festgestellt werden. Die dann vorzunehmende Güter- und Interessenabwägung unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles (vgl. Sprau in Palandt, BGB, 69. Aufl., § 823 Rz. 95) fällt zu Lasten der Beklagten aus:
Der Eingriff betrifft nicht die Intim-, sondern die Sozialsphäre. Zwar gehören ärztliche Behandlungszimmer zu den gemäß § 201a StGB besonders geschützten Räumen (Lackner/Kühl, StGB, 27. Aufl., § 201a Rz. 2), da Patienten sich meist entkleiden müssen und die Offenbarung von Krankheiten dem höchstpersönlichen Lebensbereich zuzuordnen ist. Vorliegend kam es jedoch ausschließlich darauf an, die Behandlung der Reporterin zu dokumentieren, die mit der Veröffentlichung einverstanden war. Andere Patienten wurden nicht aufgenommen. Da die Reporter die Kamera, mit der die Bild- und Tonaufnahmen angefertigt wurden, bei sich geführt und nicht im Behandlungszimmer installiert haben, bestand auch nicht die Gefahr, dass andere Behandlungen als diejenige der Reporterin aufgenommen würden. In diesem Umfang hätte der Kläger ohne Verstoß gegen Standesregeln sogar in die Veröffentlichung der Tonaufnahmen einwilligen können. Obwohl er nicht die Intimsphäre betrifft, ist der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers erheblich. Dass der Kläger Veranlassung für die Reportage gegeben hätte, ist nicht ersichtlich.
Da die Aufnahme für einen Fernsehbeitrag erfolgte, streitet zugunsten der Beklagten die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film (Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG). Da die Reportage kein Presseerzeugnis darstellt, dürfte statt der von den Parteien bemühten Presse- ausschließlich die Rundfunk- und Filmfreiheit tangiert sein, die sich jedoch hinsichtlich ihrer Funktion in Bezug auf die freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung und Kritik von der Pressefreiheit letztlich nicht unterscheidet (BVerfG, Beschl. v. 14. Juli 1994, 1 BvR 1595/92 = NJW 1995, 184 = juris Rz. 34 f.). Dabei ist der Beklagten zuzubilligen, dass die Recherche bzw. Beschaffung von Informationen die Grundlage einer freiheitlichen Berichterstattung darstellt und dass dies grundsätzlich unabhängig davon gilt, woher die Informationen stammen und ob sie rechtmäßig erlangt wurden (BVerfG Beschl. v. 25 Januar 1984, 1 BvR 272/81 = NJW 1984, 1741).
Obwohl das Herstellen und die Veröffentlichung der Aufnahmen eigenständige Verletzungshandlungen darstellen, die nach Lage des Einzelfalls hinsichtlich ihrer Rechtmäßigkeit unterschiedlich beurteilt werden können (vgl. BVerfG Beschl. v. 25. Januar 1984, 1 BvR 272/81 "Springer/Wallraff" = BVerfGE 66, 116, 137 f.; BGH Urt. v. 19.12.1978, VI ZR 137/77 = BGHZ 73, 120, 125 ff; OLG Hamm Urt. v. 21. Juli 2004, 3 U 116/04 = juris Rz. 33; OLG München Urt. v. 22. Januar 2004, 29 U 4872/03 = GRUR-RR 2004, 145, 146), kann die Rechtmäßigkeit der Aufnahme nur danach beurteilt werden, welche Veröffentlichung damit bezweckt wurde, denn wie weitreichend der Schutzbereich der Filmfreiheit ist, hängt maßgeblich davon ab, welchen Zweck die Berichterstattung verfolgt und welche Mittel hierzu einsetzt werden (zur Bildberichterstattung zuletzt BGH NJW 2011, 3153 ff.). Die Aufnahme erfolgte auch ersichtlich zwecks Recherche für die streitgegenständlichen Reportage. Dies belegt die zeitliche Nähe zur Ausstrahlung. Zudem heißt es in der Reportage:
"Eine Studie besagt, vier von zehn Arbeitnehmern nehmen Psychopharmaka, um sich aufzuputschen und Ängste weg zu schlucken. … Und wer sich mit Tabletten dopen will, der geht zum Arzt. Wir machen den Test: Wie leichtfertig gehen Ärzte mit der Verschreibung von Psychopharmaka um€"
Maßgeblich für die Gewichtung der geschützten Interessen der Beklagten ist somit der Inhalt der Reportage. Diese betraf die Öffentlichkeit berührende Fragen, nämlich die Frage, ob Ärzte leichtfertig mit der Verschreibung von Medikamenten umgehen, die von Menschen zur Steigerung ihrer Leistungsfähigkeit in Studium oder Beruf eingesetzt werden und damit verbunden die Frage, ob Patienten auch in Deutschland relativ leicht in den Besitz entsprechender Medikamente gelangen können. Der Senat will der Reportage nicht den Zweck absprechen, dass sie zu diesen Fragen grundsätzlich einen Beitrag im geistigen Meinungskampf leisten wollte.
Auf der anderen Seite sind aber auch die Mittel zu würdigen, mit denen dieser Zweck verfolgt wird (BVerfG Beschl. v. 25 Januar 1984, 1 BvR 272/81 = NJW 1984, 1741, 1743). In dem veröffentlichten Beitrag wird das Behandlungsgespräch durch seine verkürzte Darstellung, aufgrund von falschen Informationen und aufgrund der Unterdrückung relevanter Informationen aber der Wahrheit zuwider so geschildert, als wären Missstände von erheblichem Gewicht aufgedeckt worden. Zur Rechtfertigung solcher mit journalistischer Sorgfalt bei der Recherche und Darstellung unvereinbare und gegenüber dem heimlich aufgenommenen Kläger in hohem Maße unfaire Zuspitzungen kann sich die Beklagte schlechterdings nicht auf den Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG berufen (Zum berufsethischen Ansatz, also: zur "Lauterkeit" bei der journalistischen Recherche vgl. den beachtlichen Beitrag des Geschäftsführers des Deutschen Presserats Lutz Tillmanns, ZRP 2011, 203). Für diese Einschätzung sind folgende Gründe maßgeblich:
In dem Beitrag heißt es, die Reporterin habe dem Kläger gegenüber angegeben, abgespannt zu sein und unter Konzentrationsschwäche zu leiden und nach "Dopingmitteln" gefragt. Aus dem Behandlungsgespräch werden die aus dem Tenor ersichtlichen Worte des Klägers als zwecks Verfremdung bearbeitete Tonaufnahme und darüber hinaus als Untertitel in Textform dargestellt. Dabei äußert sich der Kläger über die Verschreibung von Betablockern oder eines angst- und spannungslösenden Medikaments. Als Ergebnis wird durch einen Sprecher festgehalten: "Schon nach wenigen Minuten und ohne eine Diagnose verschreibt der Arzt unserer Reporterin ein starkes Schlafmittel." Hierbei handele es sich um Lexotanil, "ein Mittel, das schon nach wenigen Wochen süchtig machen kann." Diese Darstellung ist so in mehrerlei Hinsicht unzutreffend.
Tatsächlich hat die Reporterin erklärt, aufgrund des Wechsels ihres Arbeitsplatzes unter sehr starker beruflicher Anspannung zu stehen; sie müsse in Kürze eine Präsentation halten, vor der sie sehr aufgeregt sei, da vom Erfolg der Präsentation ihre Anstellung abhänge. Insbesondere der letztgenannte Umstand ist insofern von Bedeutung, als der Kläger nicht etwa die dauerhafte Einnahme von Lexotanil 6 mg verordnet hat, gar eine solche über Wochen, die süchtig machen könnte, sondern ausschließlich aus Anlass der Präsentation die einmalige Einnahme einer halben Tablette am Vorabend. Schon dies lässt der Beitrag unerwähnt.
Dass der Kläger zuvor autogenes Training und pflanzliche Präparate vorgeschlagen und die Reporterin dies jeweils abgelehnt hatte, erwähnt der Beitrag ebenfalls nicht. Der Zuschauer muss daher den falschen Eindruck gewinnen, der Kläger habe ohne die vorherige Erwägung harmloserer Therapieformen oder Medikamente von vornherein Betablocker oder Lexotanil verschreiben wollen.
Die Angabe, der Kläger habe keine Diagnose gestellt, suggeriert, das Medikament sei gleichsam grundlos verschrieben worden, der Kläger sei mithin auf die nur vorgespielten Symptome "hereingefallen". Dies ist insofern irreführend, als die Eigenanamnese durch Befragung des Patienten Gegenstand der Befunderhebung ist und keine Gründe ersichtlich sind, weshalb der Kläger die ihm gegenüber gemachten Angaben hätte bezweifeln sollen. Er hat zudem den Blutdruck gemessen. Dass vor der Verschreibung einer halben Tablette Lexotanil darüber hinausgehende Befunde hätten erhoben werden müssen oder dass die Voraussetzungen für die Verschreibung nicht vorgelegen hätten, ist nicht vorgetragen.
Außerdem ist die Dauer des Behandlungsgesprächs mit "wenige Minuten" für ein Gespräch von unstreitig 15 bis 20 Minuten Dauer irreführend.
Insgesamt ist festzustellen, dass die Behandlung durch den Kläger und insbesondere seine damit verbundenen Äußerungen verkürzt und damit im Sensationsinteresse unsachlich dargestellt wurden. Dabei bleibt -da bei der Herstellung der Aufnahmen nicht vorhersehbar- sogar noch unberücksichtigt, dass die Verschreibung von Psychopharmaka durch Ärzte in Deutschland in Beziehung gesetzt wurde zu dem seinerzeit hinsichtlich der Ursachen noch ungeklärten Tod Michael Jacksons.
c)
Die mithin unbefugte Verletzung der Vertraulichkeit des nicht öffentlich gesprochenen Wortes des Klägers und damit die rechtswidrige Verletzung dessen allgemeinen Persönlichkeitsrechtes löst in Verfolgung des Rechtsgedankens nachhaltiger Störungsbeseitigung aus § 1004 BGB einen Anspruch auf Vernichtung der Aufnahme aus (OLG München, Urt. v. 31. März 1995, 21 U 3377/94 = NJW-RR 1996, 93 = juris Rz. 84; OLG Stuttgart Urt. v. 30. Januar 1987, 2 U 195/86 = NJW-RR 1987, 1434, 1435). Dieser Anspruch umfasst das Original ebenso wie Vervielfältigungen (OLG München a.a.O.). Der Anspruch umfasst somit zumindest auch die von der Beklagten veröffentlichten verfremdeten Tondateien, auf deren Vernichtung der Kläger sich beschränkt hat. Da das Wort des Klägers in jeglicher Form geschützt ist, muss sich dieser Anspruch über den Ton hinaus auch auf das Bild erstrecken, soweit als Untertitel die Worte des Klägers in Textform eingeblendet wurden. Da sich der Klageantrag nach dem Verständnis des Senats auf das Bildmaterial im Ganzen bezieht, konnte als "Minus" ohne Verstoß gegen § 308 ZPO auf die teilweise Vernichtung des Bildmaterials entschieden werden, soweit die Worte des Klägers darin als Untertitel abgebildet sind.
Dabei ist allerdings, soweit es -hier in einem die Filmberichterstattung eingeschlossenen, weiten Sinne- um Pressematerial geht, zu berücksichtigen, dass der Anspruch auf Vernichtung oder Herausgabe in das unter dem Schutz von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG stehende Recht auf Vorhaltung eines Pressearchivs eingreift und verfassungsrechtlich allenfalls dann unbedenklich sein kann, wenn die Verbreitung des Tonmaterials zeitlich unbegrenzt unzulässig ist (vgl. für Bildmaterial BGH Urt. v. 24. Juni 2008, VI ZR 156/06 = BGHZ 177, 119 ff. = juris Rz. 31; Wenzel/von Strobl-Albeg, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 9 Rz. 5). Hinzu kommt, dass die Beklagte den Interessen des Klägers insofern entgegen gekommen ist, als sie bereits die aus dem Tatbestand ersichtliche Unterlassungserklärung abgegeben hat, die ihr per Selbstbindung verbietet, die unzensierten Aufnahmen erneut zu verbreiten, weil jedenfalls darauf der Kläger zu erkennen ist.
Bei nochmaliger Würdigung der vorstehend bereits erwähnten beiderseitigen Grundrechte gelangt der Senat jedoch auch unter Würdigung des Interesses der Beklagten, das Material zu archivieren, zu einem Überwiegen der Interessen des Klägers an der Vernichtung. Die Aufnahmen wurden der Beklagten nicht zugespielt. Sie hat die Aufnahmen selbst herstellen lassen und bereits dabei das Recht des Klägers am eigenen Wort verletzt. Sie hat die Aufnahmen anschließend veröffentlicht. Dies begründet die jederzeitige Gefahr einer weiteren Veröffentlichung (vgl. KG Berlin, Urt. v. 30. November 1999, 9 U 8222/99 = NJW 2000, 2210 = juris Rz. 19; Wenzel-Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 12 Rz. 8). Die Beklagte hat die Wiederholungsgefahr durch die Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung vom 6. Juli 2009 nicht umfassend wirksam beseitigt. Diese bezieht sich auf "Bild- und Tonaufnahmen … soweit Herr A. erkennbar ist, insbesondere wie in der Sendung E. vom xx. J. 2009". Indem die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit die Ansicht vertreten hat, der Kläger sei auf den ausgestrahlten Bild- und Tonaufnahmen nicht erkennbar, hat sie diese Unterlassungserklärung inhaltlich entwertet, da es dem Kläger nicht zuzumuten ist, sich der jeweiligen Einschätzung der Beklagten zu unterwerfen, ob er erkennbar ist, oder nicht. Darüber hinaus hat die Beklagte sich ausdrücklich vorbehalten, das ihr zur Verfügung stehende Bild- und Tonmaterial -dann offenbar sogar unverfremdet- erneut verwenden zu wollen, falls der Kläger zu einer Person der Zeitgeschichte werde. Dies beruht offenbar auf einem Fehlverständnis vom Umfang des Rechtes auf Archivierung. Zwar hat der BGH (Urt. v. 9. März 2004, VI ZR 217/03 = NJW 2004, 1795, 1797) entschieden, die Veröffentlichung eines Bildnisses der seinerzeit 15-jährigen Charlotte Casiraghi, einer Tochter der Prinzessin Caroline von Hannover, könne nicht schlechthin untersagt werden, da Begleitumstände denkbar seien, in denen die Presse- und Informationsfreiheit überwiege. Er hat diese Entscheidung zudem im Jahre 2007 bestätigt (Urt. v. 13. November 2007, VI ZR 265/06 "kerngleiche Berichterstattung" = juris Rz. 12) für noch anzufertigende Fotografien einer bekannten früheren Leistungssportlerin. In diesen Fällen handelte es sich jedoch entweder bereits um eine Person der Zeitgeschichte, oder es lag aufgrund der Herkunft nahe, dass die Betroffene eine solche Person der Zeitgeschichte werden würde, womit zugunsten der Presse bzw. Filmfreiheit ein gesteigertes Informationsbedürfnis einhergehen würde. In Bezug auf den Kläger hingegen vermag die Beklagte keinen vernünftigen Grund für die Annahme vorzutragen, die Verbreitung der Bild- oder Tonaufnahme könne in Zukunft zulässig werden. Ihr diesbezüglicher Vortrag ist ohne Fallbezug spekulativ. Jedwede Vernichtung von Bild- oder Tonmaterial im Hinblick auf eine rein theoretische Möglichkeit zu versagen, der Betroffene könne zu einer Person der Zeitgeschichte werden, ließe den Vernichtungsanspruch leerlaufen.
d)
Die Beklagte kann dem Vernichtungsanspruch weiter nicht entgegen halten, vor der Mitteilung des nichtöffentlich gesprochenen Wortes sei das Bild- und Tonmaterial derart verfremdet worden, dass die Erkennbarkeit des Klägers ausgeschlossen sei, weshalb ein Bagatellfall gemäß § 201 Abs. 2 S. 2 StGB vorliege. Zwar geht der Senat aus unten näher ausgeführten Gründen tatsächlich davon aus, dass anhand des veröffentlichten Materials eine Identifizierung des Klägers ausscheidet. Dies steht der vorliegend allein in Rede stehenden Störereigenschaft der Beklagten im Sinne des § 1004 BGB analog aber nicht entgegen, da das Recht des Klägers, sich spontan, frei und unbefangen ohne das Gefühl des Misstrauens und des Argwohns situationsgemäß äußern zu können, bereits durch das Herstellen der Aufnahme missachtet wurde. Die Verfremdung der Aufnahme mag für die Beurteilung der Strafbarkeit der Wiedergabe gemäß § 201 Abs. 2 Nr. 2 StGB von Relevanz sein, ist jedoch für die Anwendbarkeit des § 201 Abs. 1 Nr. 1 StGB ohne Belang. § 201 StGB schützt die Vertraulichkeit und Unbefangenheit der menschlichen Kommunikation als Teil der Persönlichkeitssphäre des Menschen (OLG Thüringen, Urt. v. 24. April 1995, 1 Ss 184/94 = NStZ 1995, 502, 503). Die Unbefangenheit des Wortes und damit das Persönlichkeitsrecht des Sprechenden werden durch die Aufnahme des gesprochenen Wortes auf Tonträger (§ 201 Abs. 1 Nr. 1 StGB) unabhängig davon verletzt, ob eine öffentliche Mitteilung dieses Tonträgers (§ 201 Abs. 2 Nr. 2 StGB) erfolgt und ob diese Veröffentlichung schriftlich bzw. visuell oder akustisch erfolgt. Letztlich geschützt ist das Recht am gesprochenen Wort, dessen Umfang das BVerfG (Beschl. v. 9. Oktober 2002, 1 BvR 111/96, 1 BvR 805/98 = NJW 2002, 3619, 3621) -gekürzt um Zitate- wie folgt umschrieben hat:
"Dieses gewährleistet die Selbstbestimmung über die eigene Darstellung der Person in der Kommunikation mit anderen. Der Schutz umfasst die Möglichkeit, sich in der Kommunikation nach eigener Einschätzung situationsangemessen zu verhalten und sich auf die jeweiligen Kommunikationspartner einzustellen. Zum Grundrecht gehört die Befugnis, selbst zu bestimmen, ob der Kommunikationsinhalt einzig dem Gesprächspartner, einem bestimmten Personenkreis oder der Öffentlichkeit zugänglich sein soll. Das Selbstbestimmungsrecht erstreckt sich also auf die Auswahl der Personen, die Kenntnis vom Gesprächsinhalt erhalten sollen.
Dieses Selbstbestimmungsrecht findet einen Ausdruck in der Befugnis des Menschen, selbst und allein zu entscheiden, ob sein Wort auf einen Tonträger aufgenommen und damit möglicherweise Dritten zugänglich werden soll, womit Wort und Stimme von dem Kommunikationsteilnehmer losgelöst und in einer für Dritte verfügbaren Gestalt verselbstständigt werden. Menschliche Kommunikation soll durch das Grundrecht dagegen geschützt sein, dass die Worte - eine vielleicht unbedachte oder unbeherrschte Äußerung, eine bloß vorläufige Stellungnahme im Rahmen eines sich entfaltenden Gesprächs oder eine nur aus einer besonderen Situation heraus verständliche Formulierung - bei anderer Gelegenheit und in anderem Zusammenhang hervorgeholt werden, um durch Inhalt, Ausdruck oder Klang gegen den Sprechenden zu zeugen. Das Grundgesetz schützt deshalb davor, dass Gespräche heimlich aufgenommen und ohne Einwilligung des Sprechenden oder gar gegen dessen erklärten Willen verwertet werden. Dass die Rechtsordnung diesem Aspekt des Schutzes hohe Bedeutung beimisst, zeigt sich auch daran, dass bereits die unbefugte Aufnahme des nicht öffentlich gesprochenen Wortes eines anderen auf einem Tonträger gem. § 201 Absatz I Nr. 1 StGB mit Strafe bedroht ist."
Dieser hohen Bedeutung des Rechts am eigenen Wort würde es nicht gerecht, wenn die gemäß § 201 Abs. 1 Nr. 1 StGB strafbare Aufnahme wie ungeschehen betrachtet würde, nur weil der Verletzer keine oder eine den Betroffenen nicht über die Aufnahme hinaus beschädigende Veröffentlichung beabsichtigt. An der Verletzung des Rechts am eigenen Wort, die bereits auf die Herstellung der Aufnahmen zurückgeführt werden kann, ändert sich nämlich nichts, wenn die öffentlichen Mitteilung des nichtöffentlichen Wortes keine Identifizierbarkeit ermöglicht, also das begangene Unrecht nicht noch vergrößert. Dies führte lediglich dazu, dass sie nicht zusätzlich -dann ggf. § 201 Abs. 1 Nr. 1 StGB verdrängend (Hoyer in SK-StGB, § 201 Rz. 49)- den Tatbestand des § 201 Abs. 2 Nr. 2 StGB erfüllt, auf den sich die Bagatellklausel ausschließlich bezieht (vgl. OLG Thüringen, Urt. v. 24. April 1995, 1 Ss 184/94 = NStZ 1995, 502, 503).
Ebenso wenig kann sich die Beklagte auf die Wahrnehmung überragender öffentlicher Interessen i.S.d. § 201 Abs. 2 S. 3 StGB berufen, denn dieser Rechtfertigungsgrund bezieht sich ebenfalls ausschließlich auf die Verbreitungshandlung des § 201 Abs. 2 Nr. 2 StGB. Eine -noch dazu überragende- Bedeutung des Beitrages für die Unterrichtung der Öffentlichkeit oder die öffentliche Meinungsbildung ist -wie ausgeführt- ohnehin nicht ersichtlich.
2.
Ein Anspruch des Klägers auf Löschung aller veröffentlichten Bildaufnahmen besteht hingegen nicht.
a)
Auf die §§ 1004 Abs. 1 analog, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 201a StGB kann ein solcher Anspruch nicht gestützt werden. § 201a StGB stellt nur die Anfertigung von Bildaufnahmen in Wohnungen und besonders geschützten Räumen unter Strafe. Ärztliche Behandlungszimmer gehören zwar zu diesen besonders geschützten Räumen (Lackner/Kühl, StGB, 27. Aufl., § 201a Rz. 2). Dies reicht für die Verwirklichung des Tatbestandes jedoch noch nicht aus. Es muss als Taterfolg die Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs hinzutreten, wie dies beispielsweise bei der Aufnahme von Nacktheit der Fall ist (Lackner/Kühl a.a.O. § 201a Rz. 3). Ein solcher Taterfolg ist jedoch nicht eingetreten und war auch nicht beabsichtigt.
b)
Auch auf § 37 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 bis 4 KunstUrhG i.V.m. §§ 33, 22, 23, 50 Kunst- UrhG kann der Anspruch nicht gestützt werden, da die Beklagte kein Bildnis des Klägers veröffentlicht hat.
Ein Bildnis ist die erkennbare Wiedergabe des äußeren Erscheinungsbildes einer Person (Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 3. Aufl., § 22 KunstUrhG Rz. 5). Die Erkennbarkeit muss sich dabei nicht nur aus den personenbezogenen Bildelementen ergeben (a.A. Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, § 22 KunstUrhG § 22 Rz. 6). Vielmehr ist es ausreichend, wenn der Betroffene nur Anlass zu der Befürchtung hat (BGH Urt. v. 26.6.1979, VI ZR 108/78 = juris Rz. 11), dass sich seine Identität für einen Teil der Rezipienten ohne weiteres ergibt oder mühelos ermitteln lässt (BVerfG, Beschl. v. 4. Juli 2004, 1 BvR 263/03). So wie bei Presseerzeugnissen die Erkennbarkeit anhand des Begleittextes ausreicht (BGH Urt. v. 2. Juni 1979, VI ZR 108/78 = juris Rz. 11), kann vorliegend über das Filmmaterial auch der Ton herangezogen werden.
Da ein quotenstarkes Magazin in Rede steht, welches von einem großen Publikum gesehen wird, ist davon auszugehen, dass zu den Rezipienten möglicherweise auch Patienten des Klägers gehören. Gleichwohl ist der Senat nach der im Verhandlungstermin vollzogenen Inaugenscheinnahme der Sendung davon überzeugt, dass der Kläger keinen Anlass für die Befürchtung haben muss, er sei für einen Teil der Rezipienten mühelos erkennbar.
Zunächst ist festzuhalten, dass der Zuschauer der Reportage lediglich erfährt, dass die Reporterin Ärzte aufsucht. Deren Namen werden nicht mitgeteilt. Es wird auch nicht erwähnt, in welcher Stadt die Ärzte praktizieren.
Solange das Beratungsgespräch gezeigt wird, ist die Tonspur verfremdet. Dem Senat, der sich den Film in Vorbereitung der mündlichen Verhandlung und anlässlich der Inaugenscheinnahme innerhalb derselben erneut angesehen hat, war ein Wiedererkennen der Stimme des im Termin angehörten Klägers auch anhand von Rhythmus, Tempo oder Betonung nicht möglich. Der Kläger hat im Termin auch zu keinem Zeitpunkt mit seiner rechten Hand in einer Weise gestikuliert, wie dies der Film trotz Vernebelung erkennen lässt.
Die Verfremdung der Tonspur stellt der Kläger in der Berufungsinstanz auch nicht mehr in Abrede. Allerdings meint er, bei der Verabschiedung der Redakteurin seien die von ihm gesprochenen Worte "Danke schön" im unverfremdeten Originalton zu hören. Dies vermag der Senat zugunsten des Klägers zu unterstellen, ohne dass dies die Befürchtung der Erkennbarkeit begründete. Die zur Verabschiedung gesprochenen Worte sind nämlich nur für Sekunden zu hören. Dabei werden sie von einem Sprechertext überlagert, weshalb sie nahezu unverständlich sind. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass der Kläger selbst diese Tonsequenz im Rahmen der gemeinsamen Inaugenscheinnahme der von der Beklagten über den Filmbeitrag erstellten DVD zunächst nicht wahrgenommen hatte, obwohl er als "Opfer" des Beitrages doch gewiss besonders sensibilisiert und in seiner Wahrnehmungsfähigkeit auch nicht etwa abgelenkt war. Der Kläger hat im Senatstermin im Gegenteil zunächst das Fehlen der "Danke-Schön-Szene" reklamiert, weshalb der Senat sie auf sein Verlangen erneut abgespielt hat. Dass er, der um die Existenz diese Szene schließlich wusste, diese überhaupt erst beim erneuten Abspielvorgang wahrgenommen hat, lässt in besonderer Weise bezweifeln, ob der gewiss nicht mit einer höheren Aufmerksamkeit und Aufnahmebereitschaft ausgestattete normale Fernsehzuschauer sie wahrgenommen hat bzw. in Sekundenschnelle die Stimme als die des Klägers hat identifizieren können. Um den Kläger erkennen zu können, reichen diese Worte mithin auch in Verbindung mit sonstigen Merkmalen nicht aus.
Soweit die Bilder unvernebelt sind, lenken sie vom Kläger bzw. von seiner Praxis sogar ab. Die Bilder sind so hintereinander geschnitten, dass der Zuschauer den Eindruck gewinnt, er begleite die Reporterin vom Fahrstuhl in die Praxis, dann ins Wartezimmer, schließlich in das Behandlungszimmer und von dort durch den Flur wieder zur Eingangstür hinaus. Tatsächlich stammt nur ein Teil der Aufnahmen überhaupt aus der Praxis des Klägers. Bereits die Aufnahmen aus der Fahrstuhlkabine wurden unstreitig in einem anderen Gebäude gefilmt. Weiter zeigt der Film einen Halt des Fahrstuhls im sechsten Stock. Die Praxis des Klägers hingegen befindet sich im zweiten Stock. Sodann nimmt die Reporterin im Wartezimmer in einem auffälligen blauen Ledersessel Platz. Hierbei handelt es sich, wie der Kläger im Termin klargestellt hat, nicht um Mobiliar aus seiner Praxis. Auch die Sprechstundenhilfe mit markanter Statur, die vermeintlich die Reporterin aufruft und zum Behandlungszimmer geleitet, wurde entgegen dem bis dahin vorherrschenden Eindruck des Senats, der erst vom Kläger selbst im Termin korrigiert worden ist, nicht in der Praxis des Klägers gefilmt und gehörte auch nicht zu seinem Personal. Die Wahrnehmungsbereitschaft der Patienten, die die Praxis des Klägers kennen, wird daher bis zu den Aufnahmen aus dem Behandlungszimmer in keiner Weise gesteigert. Sie müssen im Gegenteil davon ausgehen, es könne sich nicht um die Praxis des Klägers handeln. Während des Behandlungsgesprächs selbst ist das Bild nahezu vollständig vernebelt. Die vom Kläger behauptete markante Farbgebung der Wände fällt nicht auf. Die Wand links schimmert eher weiß, als blau. Der Hintergrund ist nicht als Vitrinenschrank identifizierbar, sondern könnte auch ein Bild, eine Tapete oder ein Regal darstellen.
Anschließend ist für schätzungsweise acht Sekunden der Flur in der Praxis des Klägers zu sehen. Man sieht die Reporterin durch den Flur nach draußen gehen. Das Bild ist -abgesehen von der Reporterin- teils bis zur Unkenntlichkeit vernebelt. Lediglich eine weiße Tür mit der Aufschrift "Sprechzimmer" ist kurz gut sichtbar. Markante Auffälligkeiten weist die Tür sonst nicht auf.
In einer späteren Einspielung wird der Flur für wenige Sekunden aus der Gegenrichtung gezeigt, wonach das Bild eingefroren wird. Gut erkennbar bleiben rechts die offene Tür zum Sprechzimmer und unmittelbar links daneben eine weitere Tür. Geradeaus befindet sich eine Türöffnung. Da es sich um weiße Standardtüren und weiße Wände handelt, erscheint die Erkennbarkeit der Praxis des Klägers ausgeschlossen.
Nach dem eingefrorenen Bild erfolgt ein Schnitt und es wird der Empfang gezeigt. Für einen kaum zu greifenden Augenblick ist der Kläger zu sehen, dessen Gesicht -ähnlich einem Augenbalken- teilweise durch die Blüten einer Zimmerpflanze verdeckt wird. Auch diese Szene, die insgesamt etwa sechs Sekunden dauert, ermöglicht nicht dessen Identifizierung. Das etwa aus Kniehöhe aufgenommene Bild schaukelt auf und ab. Der Empfang weist keine markanten Besonderheiten auf. Der Kläger und die Blume sind lediglich im Sekundenbereich am Rande, sichtbar, wobei die Statur des Klägers aufgrund des Aufnahmewinkels verzerrt ist.
Es war auch nicht Beweis darüber zu erheben, ob der Zeuge B. den Kläger erkannt hat. Der Kläger hat eine allgemeine Erkennbarkeit zu beweisen, die der Senat wie bereits das Landgericht bei umfassender Würdigung des Bild- und Tonmaterials für ausgeschlossen erachtet. Ob es einem einzigen Patienten gleichwohl gelungen ist, den Kläger zu erkennen, kann dahin stehen, da der Senat die vom Kläger angeführten Merkmale, die dem Zeugen das Erkennen des Klägers ermöglicht haben sollen, in seine Bewertung der Erkennbarkeit eingeschlossen hat.
Der Inaugenscheinnahme auch der zur Akte gereichten Videokassette bedurfte es nicht. Der Film konnte von der ebenfalls zur Akte gereichten CD vollständig abgespielt werden. Anhaltspunkte dafür, der Film habe auf der Videokassette einen anderen Inhalt, als auf der CD, hat der Kläger nicht dargelegt. Im Gegenteil hat er im Anschluss an die gemeinsame Inaugenscheinnahme bestätigt, dass der in Augenschein genommene Inhalt der CD mit dem Geschehen übereinstimmte, welches er sich im Fernsehen angesehen hatte. Weshalb der Kläger im Termin gleichwohl auf der Inaugenscheinnahme auch noch der Videokassette bestand, erschloss sich dem Senat daher nicht und lässt sich auch dem Schriftsatz vom 21. Oktober 2011 nicht entnehmen, der deshalb auch keinen Anlass gibt, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen.
c)
Schließlich besteht kein Anspruch auf Löschung des gesamten veröffentlichten Bildmaterials, soweit es den Kläger oder seine Praxis zeigt, aus den §§ 1004 Abs. 1 analog, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG.
Anders als beim Recht am eigenen Wort genießt das Recht am eigenen Bild keinen so weitreichenden Schutz, dass jegliche Aufnahme ungeachtet ihrer Verbreitung bereits einen rechtswidrigen Eingriff darstellte. Ungeachtet ihrer Verbreitung werden Aufnahmen nur durch § 201a StGB verboten und unter Strafe gestellt, dessen Voraussetzungen offensichtlich nicht vorliegen. Das KunstUrhG als Spezialgesetz betrifft ausschließlich die Verbreitung.
Das schließt es nicht aus, dass insbesondere heimliche Aufnahmen das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen bzw. sein Recht am eigenen Bild verletzen können (von Strobl-Albeg in Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 7 Rz. 24). Vorliegend besteht jedoch die Besonderheit, dass die Beklagte die Aufnahmen vor der Veröffentlichung so umfassend verfremdet hat, dass sie nicht mehr als Bildnis des Klägers erkennbar sind, weshalb die Veröffentlichung nicht geeignet ist, das Persönlichkeitsrecht des Klägers auch insoweit zu beeinträchtigen. Dass die Beklagte zum Zeitpunkt der Aufnahme einen anderen Gebrauch beabsichtigte, ist fernliegend und wird vom Kläger nicht behauptet. Der Senat vermag daher bereits bezogen auf den Zeitpunkt der Anfertigung der Aufnahme nicht anzunehmen, dass diese geeignet war, das Recht des Klägers am eigenen Bild zu verletzen. Immerhin hat sich sein Bild -anders als das von ihm gesprochene Wort- durch die von der Beklagten eingesetzten Verfremdungstechniken buchstäblich in Nebel aufgelöst.
3.
Ein Anspruch auf Geldentschädigung -denkbar aus § 823 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG - steht dem Kläger nicht zu, und zwar selbst dann nicht, wenn man entgegen den vorstehenden Ausführungen seine Erkennbarkeit bejahen und damit eine Persönlichkeitsverletzung nicht allein unter dem Aspekt der Verletzung des Rechts am eigenen Wort sondern auch der Verletzung des Rechts am eigenen Bild annehmen wollte.
Die Verletzung des Persönlichkeitsrechtes führt nämlich nur in Ausnahmefällen zu einem Anspruch auf Entschädigung in Geld. Voraussetzung ist, dass es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann (BGH NJW 1996, 1131, 1134; BGH GRUR 1996, 227, 229). Es muss mit anderen Worten ein unabwendbares Bedürfnis für die Zuerkennung einer Geldentschädigung zu bejahen sein (BGH, Urt. v. 19. Dezember 1978, VI ZR 138/77 = JZ 1979, 351 = juris Rz. 9; Burkhardt in Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 14 Rz. 101). Ein solcher Ausnahmefall liegt nicht vor.
Die Erkennbarkeit des Klägers unterstellt, ist jedenfalls nicht anzunehmen, dass er von einer fühlbaren Zahl von Personen, insbesondere aus dem Kreis seiner Patienten, erkannt worden ist. Die für einen nicht geringen Teil der Zuschauer schon vergleichsweise späte Sendezeit um 00:00 Uhr, im Fall der nur einmaligen Wiederholung sogar erst um 00:00 Uhr, und die geschilderten, von der Person des Klägers beziehungsweise seinen Praxisräumen in Teilen des Filmbeitrags gezielt ablenkenden Maßnahmen im Zuge der Ton- und Bildbearbeitung lassen bezweifeln, dass der Kläger tatsächlich von einer größeren Zahl von Menschen erkannt worden ist. So ist er denn auch nur in der Lage, einen einzigen Patienten zu benennen, der ihn nach seiner Darstellung erkannt haben will. Selbst wenn der Kläger darüber hinaus von wenigen weiteren Patienten erkannt worden sein sollte, dürfte jedenfalls denjenigen, die den Beitrag mit kritischen Augen angesehen haben, nicht verborgen geblieben sein, dass der Filmbeitrag ungeachtet seines Hinweises auf die angeblich nur kurze Dauer schwerlich das gesamte Patientengespräch mitgeteilt haben wird und die Verschreibung einer Kleinstabgabengröße des dem verordneten Medikament eigenen, weltweit als Angstlöser und Beruhigungsmittel verschrieben Wirkstoffs Bromazepam 6 mg nicht zwingend den von der Redaktion offenbar angestrebten Beweis liefern muss, Ärzte verschrieben vorschnell und allzu leichtfertig süchtig machende Medikamente. Auch wenn er das Behandlungsgespräch in den den Kläger wesentlich entlastenden Teilen unterschlägt, überlässt der Bericht es dem - kritischen - Zuschauer doch immer noch, zu bezweifeln, ob sich der Kläger angesichts der vergleichsweise ausführlich geschilderten Äußerung der angeblichen Patientin über ihr temporäres Problem tatsächlich ärztlich unethisch verhalten hat. Anders als der im Bericht geschilderte weitere Arzt ("das kriegen Sie") schildert der Bericht den Kläger immerhin als einen Arzt, der sich erst nach Befunderhebung seitens einer nicht ersichtlich unglaubwürdigen Patientin zur Verordnung einer Kleinstmenge eines Beruhigungsmittels entschließt. Dieser Umstand lässt nach Auffassung des Senats durchaus Zweifel zu, ob tatsächlich jeder, der den Kläger erkannt haben sollte, sich der im Filmbeitrag auch in Bezug auf dessen ärztliches Handeln intendierten Schlussfolgerung anzuschließen vermag. Der Kläger ist denn auch tatsächlich nicht in der Lage vorzutragen, dass sein Renommee als Arzt und sein guter Ruf durch den Beitrag auch nur annähernd gelitten haben. Zwar liegt es in der Natur der Sache, dass Patienten, die den Kläger eventuell doch im Film erkannt haben und sich dadurch in einer Weise haben gegen ihn einnehmen lassen, dass sie ihn künftig meiden werden, von ihm nicht benannt werden können. Indessen wäre wohl doch anzunehmen, dass dem Kläger jedenfalls eine fühlbare Beunruhigung seiner Patienten bis zum Senatstermin nicht hätte verborgen bleiben können. Einen Rückgang von Patientenanmeldungen oder seines Umsatzes zeigt er konkret nicht auf und der Umstand, dass der Patient, der ihn tatsächlich erkannt haben soll, sich ihm offenbart und ihm treu geblieben ist, stellt ein deutliches Indiz für die vergleichsweise geringe Belastungsrelevanz des Beitrages dar.
Ungeachtet all dessen wäre es dem Senat schwerer gefallen, dem Kläger eine Geldentschädigung zu versagen, hätte dieser ihm das Gefühl einer echten, tiefen und nachhaltigen persönlichen Betroffenheit vermittelt. Er hat dem Kläger daher im Senatstermin Gelegenheit gegeben, seine subjektive Befindlichkeit darzulegen. Die Reaktion des Klägers darauf hat den Senat indessen überrascht. Zwar erscheint es gut nachvollziehbar und wird vom Senat auch als glaubhaft angesehen, wenn der Kläger zu Beginn seiner Ausführung geschildert hat, er sehe sich durch den Beitrag in Bezug auf seine weitere Berufsausübung in der Unbefangenheit gegenüber seinen Patienten beeinträchtigt, weil er nun stets damit rechne, dass ihm erneut ein als Patient getarnter Reporter gegenüber sitze. Nachdem der Kläger diesen Aspekt seiner Betroffenheit mitgeteilt hatte, gerieten seine weiteren Ausführungen aber zunehmend zu einem Plädoyer unter Heranziehung theoretischabstrakter juristischer Begrifflichkeiten, in dessen Rahmen er sich nicht mehr als Berichtender seiner personalen emotionalen Befindlichkeit, sondern als Bewerter juristischer Sachfragen gerierte, weshalb der Senatsvorsitzende ihn dann auch bat, er möge solche Ausführungen besser seinem Prozessbevollmächtigten überlassen. Mit dieser Wendung in seinen eigenen Ausführungen hat der Kläger es dem Senat enorm erschwert, seiner ohne Zweifel vorhandene persönliche Betroffenheit ein Gewicht beizumessen, dass im Zusammenhang mit den weiteren Abwägungsfaktoren die Zubilligung einer Geldentschädigung unabweisbar erscheinen ließe. Da die Wiederholung eines vergleichbaren Eingriffs in das Arzt-Patientenverhältnis durch heimliche Bild- und Tonaufnahmen ausgerechnet in seiner Praxis aus objektiver Sicht eher fern liegt und insbesondere die Beklagte sich schließlich schon im Vorfeld des einstweiligen Verfügungsverfahrens strafbewehrt dazu verpflichtet hat, das gefertigte Bildmaterial nicht mehr zu senden, soweit der Kläger darauf erkennbar ist, erscheinen seine subjektiven Befürchtungen übergewichtet und können daher für die Zubilligung einer Geldentschädigung nicht ausschlaggebend sein.
Schließlich darf im Rahmen der Gesamtabwägung auch nicht außer Acht gelassen werden, dass der Kläger die Beklagte jedenfalls im vorliegenden Hauptverfahren nicht (mehr) auf Unterlassung in Anspruch genommen und daher nicht alle Möglichkeiten genutzt hat, seine Beeinträchtigung in anderer Weise aufzufangen.
Die nach alledem verbleibende Verletzung des Rechts am eigenen Wort durch Aufnahme der Stimme des Klägers sieht der Senat schließlich auch im Vergleich zu sonstigen vom Senat entschiedenen Fällen einer Persönlichkeitsverletzung als nicht so schwerwiegend an, dass eine Geldentschädigung geboten wäre.
Zwar könnte eine Geldentschädigung die Beklagte im Sinne der Prävention zu einer stärkeren Beachtung des Persönlichkeitsschutzes anhalten. Auch der Präventionsgedanke reicht im vorliegenden Fall jedoch nicht aus, um eine Geldentschädigung zuzusprechen, zumal die Berichterstattung immerhin einen Informationszweck intendierte, es der Beklagten somit nicht in erster Linie darauf ankam, auf Kosten des Klägers Quote zu machen.
4.
Die Erstattung seiner Abmahnkosten kann der Kläger nicht verlangen. Sie mögen zwar grundsätzlich gemäß §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 201 Abs. 1 Nr. 1 StGB zu erstattende Rechtsverfolgungskosten darstellen. Dem steht vorliegend entgegen, dass der Beklagten durch die Abmahnung kein Weg gewiesen wurde, wie sie sich zu verhalten hatte, um einen Prozess zu vermeiden (vgl. BGH Urt. v. 16. November 2006, I ZR 191/03 "Telefonwerbung für Individualverträge" = juris Rz. 24). Während der Kläger mit dem Abmahnschreiben nämlich noch Unterlassungsansprüche verfolgt hat, sind durch die Klage Ansprüche auf Vernichtung des Bild- und Tonmaterials und auf Zahlung einer Geldentschädigung geltend gemacht worden. Hätte die Beklagte demzufolge aber selbst durch die Abgabe der gewünschten Unterlassungserklärung die Klage nicht verhindern können, erschließt sich die Erforderlichkeit des Abmahnschreibens und der hierdurch verursachten Kosten nicht.
5.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 108 S. 1 ZPO.
Es besteht kein begründeter Anlass, die Revision zuzulassen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
Streitwert für das Berufungsverfahren: 34.641,96 € (§§ 3, 5 ZPO, 48 Abs. 1, Abs. 2, 47 Abs. 1 GKG)
Berufung:
Klageantrag zu 1) 10.000,00 € (Geldentschädigung)
Klageantrag zu 2) 1.500,00 € (Vernichtung Tonmaterial)
Klageantrag zu 3) 837,52 € (RA-Kosten als Schadensersatz)
Anschlussberufung:
Klageantrag zu 1) 20.000,00 € (Geldentschädigung)
Klageantrag zu 2) 1.500,00 € (Vernichtung Bildmaterial)
Klageantrag zu 3) 804,44 € (RA-Kosten als Schadensersatz)
OLG Düsseldorf:
Urteil v. 26.10.2011
Az: I-15 U 101/11
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/1e6473e98c27/OLG-Duesseldorf_Urteil_vom_26-Oktober-2011_Az_I-15-U-101-11