Finanzgericht Düsseldorf:
Beschluss vom 20. September 2002
Aktenzeichen: 11 K 8135/99 BG

(FG Düsseldorf: Beschluss v. 20.09.2002, Az.: 11 K 8135/99 BG)

Tenor

Der Streitwert wird bis zum 25.04.2002 auf 131.352 EUR (256.904 DM) und für die Zeit danach auf 102.601 EUR (200.672 DM) festgesetzt.

Gründe

Der Streitwert ist gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG bis zum 25.04.2002 auf 131.352 EUR (256.904 DM) und für die Zeit danach auf 102.601 EUR (200.672 DM) festzusetzen.

Gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG ist in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Nur wenn der bisherige Sach- und Streitstand hierfür keine genügenden Anhaltspunkte bietet, ist gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG ein Streitwert von 8.000 DM anzunehmen.

Die Bedeutung der Sache liegt beim Streit um die Höhe des Grundbesitzwertes als Bemessungsgrundlage für die Erbschaftsteuer in der betragsmäßigen Auswirkung, welche die begehrte Herabsetzung des Grundbesitzwertes im Falle eines Erfolges der Klage auf die Höhe der Erbschaftsteuer hätte. (vgl. FG Düsseldorf, Urteil vom 30. August 2001 11 K 5316/00 BG, EFG 2001, 1571; Halaczinsky in Rössler/Troll, BewG, § 138 Tz. 31; a. A.: FG Baden-Württemberg, Außensenate Stuttgart, Beschluss des Berichterstatters (§ 79 a FGO) vom 30. April 2001 8 K 284/99, EFG 2001, 924; Hessisches FG, Beschluss vom 24. Januar 2002 3 K 2803/01, EFG 2002, 867).

Zwar wird der Streitwert bei der Festsetzung des Einheitswertes des Grundvermögens nach ständiger Rechtsprechung des BFH nicht nach der betragsmäßigen Auswirkung bei den Folgesteuern bestimmt, sondern pauschaliert (vgl. BFH-Urteile vom 19. November 1971 III B 29/91, BFHE 103, 316, BStBl II 1972, 85; vom 13. August 1976 III B 33/75, BFHE 120, 17, BStBl II 1976, 774; vom 3. Januar 2000 II B 6/99, BFH/NV 2000, 852). Begründet wird dies damit, dass den Gerichten bei der Bestimmung des Streitwerts im Interesse der Vereinfachung ein weiter Ermessensspielraum eingeräumt sei. Diesem erkennbaren Willen des Gesetzgebers nach Vereinfachung bei der Streitwertbemessung widerspreche es, die Steuern, die im jeweils anhängigen Verfahren an den angefochtenen Einheitswertbescheid anknüpfen, einzeln zu berechnen. Denn in diesem Fall müsste nur wegen der Streitwertermittlung einzeln geprüft werden, ob und in welcher Höhe der Kläger z. B. Vermögensteuer, Grundsteuer und Gewerbesteuer zu entrichten habe. Dabei müssten Rechtsfragen mitentschieden werden, die nicht Gegenstand des Verfahrens seien, für das der Streitwert zu ermitteln sei. Entscheidendes Argument für die Streitwertpauschalierung war, dass durch den Einheitswertbescheid nicht eine Steuerschuld festgesetzt, sondern die Besteuerungsgrundlagen für eine Mehrzahl von Steuern gesondert festgestellt wurden (vgl. BFH-Urteil BFH/NV 2000, 852). Den Pauschalierungsfaktor für die Einheitsbewertung ermittelte der BFH auf Grund durchschnittlicher Grundsteuerhebesätze und dem damaligen Vermögensteuersatz von 0,7 v. H. (vgl. BFH-Urteil vom 11. Februar 1977 III B 28/75, BFHE 121, 300, BStBl II 1977, 352).

Die Streitwertberechnung bei Streitigkeiten über die Höhe des Grundbesitzwertes ist jedoch mit der Streitwertberechnung bei Streitigkeiten über die Höhe des Einheitswertes nicht vergleichbar. Zum einen hat die Feststellung des Grundbesitzwertes nur Auswirkung auf eine Steuer. Zum anderen ist die Ermittlung eines Pauschalierungsfaktors, welche der BFH in seinem Urteil vom 11. Februar 1977 (BFHE 121, 300, BStBl II 1977, 352) für die Einheitsbewertung vorgenommen hat, nicht möglich. Auf Grund verschiedener Steuerbefreiungen, Freibeträgen und Steuerklassen beträgt die mögliche Auswirkung der Höhe des Grundbesitzwertes auf die Höhe der Erbschaftsteuer von 0 v. H. bis 50 v. H. des Wertes eines steuerpflichtigen Erwerbes (vgl. §§ 16, 17, 19 Abs. 1 ErbStG). Anhaltspunkte dafür, dass in den meisten Erbfällen ein geschätzter Steuersatz von 10 v. H. angemessen ist, liegen dem Senat nicht vor. Im Streitfall hat die begehrte Herabsetzung des Grundbesitzwertes um 873.700 DM eine erbschaftsteuerliche Auswirkung von 256.904 DM. Das sind 29 %.

Die vom Hessischen FG (EFG 2002, 867) geäußerten Bedenken überzeugen den Senat nicht. Soweit das Hessische FG bereits eine deutlich kompliziertere Gestaltung des Verfahrens zur Berechnung des Streitwertes darin sieht, dass vom Kostenbeamten die Erbschaftsteuer-Akten bei dem zuständigen Finanzamt anzufordern sind, verkennt es nach Ansicht des Senates die Funktion des Streitwertes. Der Streitwert dient nicht nur der Festsetzung der Gerichtsgebühren, sondern auch der Festsetzung der Rechtsanwaltsgebühren. Wie sich aus § 9 Abs. 2 BRAGO ergibt, dient die Streitwertfestsetzung auch dazu, eine angemessene Vergütung des Prozessbevollmächtigten durchzusetzen (vgl. auch Hartmann,

Kostengesetze, 30. Aufl., § 9 BRAGO Tz. 2). Die Anforderung von Akten ist unter Berücksichtigung dieses Zwecks der Streitwertfestsetzung dem Kostenbeamten ohne weiteres zuzumuten. Auch die Berechnung der steuerlichen Auswirkung der Herabsetzung des Grundbesitzwertes auf die Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer ist für den Kostenbeamten des Finanzgerichts regelmäßig ohne großen Aufwand möglich. Denn die Kostenbeamten müssen ja auch für erbschaft- und schenkungsteuerrechtliche Streitigkeiten Streitwerte berechnen. Nach den Erfahrungen des Senats sind im Regelfall keine Sachverhalte zu klären und Rechtsfragen zu entscheiden, die mit dem der Streitwertfestsetzung zu Grunde liegenden Rechtsstreit nichts zu tun haben. Wenn im Einzelfall doch einmal Probleme bei der erbschaft- und schenkungsteuerrechtlichen Auswirkung der Herabsetzung des Grundbesitzwertes auftreten sollten, ermöglichen zumindest die Kenntnisse über die ungefähre Höhe des Nachlasses und die anzuwendende Steuerklasse eine sachgerechte Schätzung der steuerlichen Auswirkung. Soweit das Hessische FG hervorhebt, dass eine Pauschalierung des Streitwertes den Vorteil habe, dass das Kostenrisiko für die Beteiligten besser vorhersehbar sei, wird übersehen, dass bei der Führung eines Rechtsstreites über Grundbesitzwerte, der Steuerpflichtige und sein Berater regelmäßig die Kenntnis der steuerlichen Auswirkung benötigen, um zu wissen, ob eine Prozessführung sinnvoll ist. Dies gilt insbesondere für die in der Praxis recht häufigen Fälle, in denen der Steuerpflichtige die Möglichkeit hat, den gemeinen Wert des Grundstücks auf seine Kosten nachzuweisen (vgl. §§ 145 Abs. 3 Satz 3, 146 Abs. 7 BewG). Im Übrigen ist es fraglich, ob das Kostenrisiko für einen Steuerpflichtigen bei einem Rechtsstreit über die Herabsetzung z. B. der Einkommensteuer leichter zu beurteilen ist als die steuerliche Auswirkung der Herabsetzung des Grundbesitzwertes auf die Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer.

Der Senat erachtet es nach § 25 Abs. 2 Satz 1 GKG für angemessen, den Streitwert durch Beschluss festzusetzen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.






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Beschluss v. 20.09.2002
Az: 11 K 8135/99 BG


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