Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 29. September 2003
Aktenzeichen: AnwZ (B) 71/02
(BGH: Beschluss v. 29.09.2003, Az.: AnwZ (B) 71/02)
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofs des Landes Nordrhein-Westfalen vom 16. August 2002 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000 Euro festgesetzt.
Gründe
Der Antragsteller ist mit Wirkung vom 1. August 1998 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum Professor ernannt und in eine Planstelle an der Märkischen Fachhochschule in I. eingewiesen worden. Seinen Antrag auf Zulassung zur Rechtsanwaltschaft vom 17. Mai 1999 hat die Antragsgegnerin mit auf die Versagungsgründe des § 7 Nr. 8 und § 7 Nr. 10 BRAO gestützten Bescheid vom 21. Februar 2000 zurückgewiesen. Seinen dagegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der Anwaltsgerichtshof in der mündlichen Verhandlung vom 16. August 2002 zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers.
I.
Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 BRAO), hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
1. Der Anwaltsgerichtshof hat zutreffend die Voraussetzungen des Versagungsgrundes nach § 7 Nr. 10 BRAO bejaht.
Nach dieser Vorschrift ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu versagen, wenn der Bewerber Beamter ist, es sei denn, eine der dort genannten, hier nicht einschlägigen Ausnahmen greift ein. Diese Regelung hat ihren Grund in der Unvereinbarkeit der beamtenrechtlichen Stellung mit der Stellung des Rechtsanwalts. Denn das Berufsbild des Rechtsanwalts ist durch äußere und innere Unabhängigkeit geprägt. Demgegenüber steht der Beamte in einem öffentlichrechtlichen Dienstund Treueverhältnis, das ihm besondere Pflichten auferlegt und ihn bei der Übernahme und dem Umfang anderer Tätigkeiten grundsätzlich von Genehmigungen seines Dienstherrn abhängig macht. Dieser Inhalt steht nicht im Einklang mit der Stellung des Rechtsanwalts. Das hat der Senat wiederholt und in ständiger Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht (vgl. Senatsbeschlüsse vom 25. Juni 1984 -AnwZ(B) 3/84 = JZ 1984, 1040; vom 18. Oktober 1999 AnwZ(B) 99/98; vom 18. Juni 2001 -AnwZ(B) 10/00 und vom 22. April 2002 -AnwZ(B) 31/01).
Sinn und Zweck dieser Regelung lassen es nicht zu, die Vorschrift -entgegen ihrem eindeutigen Wortlaut -dahin auszulegen, daß beamtete Professoren an Fachhochschulen von ihr nicht erfaßt werden. Der Gesetzgeber hat in § 7 Nr. 10 BRAO aus Gründen der Klarheit und Rechtssicherheit eine generalisierende und formalisierende Regelung getroffen, die eine einfache Handhabung gewährleisten soll und die allein auf die Rechtsstellung als Beamter im aktiven Dienst abstellt (st. Rechtsprechung, vgl. Senatsbeschluß vom 18. Juni 2001 -AnwZ(B) 10/00 = NJW-RR, 2001, 1642 f. = BGHR BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 5 Beamter 1). Demgemäß kommt es nicht darauf an, ob die Stellung und die Tätigkeit als Beamter im Einzelfall zu Schwierigkeiten bei der Ausübung des Berufs als Rechtsanwalt geführt haben.
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers bestehen gegen diese Regelung, auch soweit sie Fachhochschulprofessoren als Beamte erfaßt, keine verfassungsrechtlichen Bedenken (BVerfG, Beschl vom 14.9.1984 -1 BvR 1155/84, JZ 1984, 1043). Denn an die Voraussetzungen für den Zugang zu einem Zweitberuf und für den Verbleib in ihm sind nicht die gleichen hohen Anforderungen wie für einen Erstberuf zu stellen. Das hat der Senat in ständiger Rechtsprechung -sowohl für die Vorschrift des § 14 Abs. 2 Nr. 5 BRAO als auch für § 7 Nr. 11 BRAO a.F., § 7 Nr. 10 BRAO n. F: -wiederholt ausgesprochen (vgl. Beschluß vom 18. Juni 2001 -AnwZ(B) 10/00 aaO m. w. N.). Das Beschwerdevorbringen bietet keinen Anlaß zu einer anderen Beurteilung. Dies gilt auch, soweit der Beschwerdeführer auf die abweichende Regelung des § 57 Abs. 3 Nr. 4 StBerG verweist, nach der auch die Tätigkeit eines Lehrers an Hochschulen und wissenschaftlichen Instituten der Zulassung als Steuerberater nicht entgegensteht. Eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung ist darin nicht zu sehen. Auch wenn der Steuerberater ebenfalls einen freiberuflichen selbständigen Beruf ausübt, sind die Berufsfelder und der Mandantenkreis, den sie ansprechen, unterschiedlich. Dem Ausschluß auch nur des Anscheins jeglicher staatlicher Einflußnahme kommt bei dem Rechtsanwalt mit seinem umfassenden Wirkungsbereich ein größeres Gewicht zu als beim Steuerberater, bei dem der Gesichtspunkt der Staatsnähe im wesentlichen nur im Hinblick auf die Finanzverwaltung von Bedeutung ist, und rechtfertigt die in § 7 Nr. 10 BRAO getroffene generalisierende Regelung auch im Hinblick darauf, daß die Stellung eines Hochschullehrers gegenüber anderen Staatsbeamten weniger durch Weisungsgebundenheit und Abhängigkeit geprägt ist. Diesen Besonderheiten wird durch die nach verschiedenen Verfahrensordnungen für Hochschullehrer bestehende Möglichkeit, auch ohne Zulassung als Rechtsanwalt als Prozeßbevollmächtigte oder Verteidiger auftreten zu können, Rechnung getragen, die auch Fachhochschullehrern, wenn auch in eingeschränktem Maße, offensteht (vgl. § 67 Abs. 1 VwGO).
Aus dem Recht der Europäischen Gemeinschaft kann der Antragsteller als Inländer in Deutschland aufgrund etwa großzügigerer Zugangschancen für beamtete Professoren zum Anwaltsberuf in anderen Staaten der europäischen Gemeinschaft für sich keine geschützte Rechtsposition herleiten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 18.10.1999 -AnwZ(B) 99/98, BRAK-Mitt. 2000, 44; vom 22. April 2002 -AnwZ(B) 31/01).
2. Da bereits der Versagungsgrund des § 7 Nr. 10 BRAO eingreift, kommt es auf den weiteren von der Antragsgegnerin geltend gemachten Versagungsgrund des § 7 Nr. 8 BRAO nicht mehr an.
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BGH:
Beschluss v. 29.09.2003
Az: AnwZ (B) 71/02
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