Bundespatentgericht:
Beschluss vom 3. Mai 2005
Aktenzeichen: 33 W (pat) 87/03

(BPatG: Beschluss v. 03.05.2005, Az.: 33 W (pat) 87/03)

Tenor

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist gegen die Eintragung der für die Dienstleistungen

"Finanzwesen; Finanzdienstleistungen, soweit in Klasse 36 enthalten; Telekommunikation; Betrieb und Vermietung von Einrichtungen der Telekommunikation zur Kartenbearbeitung im Rahmen der bargeldlosen Bezahlung; technische Beratung in Computerfragen, im Bereich des elektronischen Handels (e-Commerce) und mit den vorgenannten Bereichen zusammenhängenden Sicherheitsfragen; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung, insbesondere Erstellung von Computerprogrammen zur Ermöglichung von Kommunikation und Transaktionen über elektronische Netze und Online-Dienste und zur Verhinderung des unberechtigten Zugangs zu solchen Kommunikationsnetzen und Transaktionen innerhalb der vorgenannten Netze; technische Überwachung von kartengestützten Terminals und von Bezahlsystemen; Design, Update (Erneuerung), Vermietung und technische Pflege von Computerprogrammen"

am 29. Dezember 1999 angemeldeten und am 2. August 2000 registrierten Marke 399 82 614 S-PAY aufgrund der am 29. Mai 1995 für die Dienstleistung

"Finanzwesen, nämlich die Abwicklung von grenzüberschreitendem Zahlungsverkehr"

eingetragenen Marke 394 07 576 am 29. November 2000 Widerspruch erhoben worden.

Mit Schriftsatz vom 18. Februar 2001, präzisiert am 24. Mai 2001, wurde die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten. Der Widersprechende hat daraufhin mit Schriftsatz vom 12. Oktober 2001 eine eidesstattliche Versicherung vom 18. Juni 2001 sowie weitere Benutzungsunterlagen, nämlich einen Werbeflyer Überweisungsformulare, Broschüren sowie ein Kooperationsabkommen der beteiligten Landesbanken, vorgelegt.

Die Markenstelle für Klasse 36 hat den Widerspruch durch Beschluss vom 9. Januar 2003 gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG zurückgewiesen. Sie hat ausgeführt, dass sich aus den Unterlagen nicht entnehmen lasse, in welchem Umfang die Widerspruchsmarke benutzt worden sei. Für die Darlegung einer ernsthaften Benutzung sei erforderlich, dass die mit der Marke tatsächlich getätigten Umsätze genannt würden. Der Markenschutz diene als Unterscheidungsmittel für bestimmte Waren und Dienstleistungen im Wettbewerb. Dementsprechend müssten bei einer zweckgemäßen Verwendung der Marke auch Umsätze erzielt werden oder es müssten Gründe dafür genannt werden, warum bei einer ordnungsgemäßen Verwendung der Marke keine Umsätze erzielt werden konnten. Dem sei der Widersprechende nicht nachgekommen; die von ihm vorgelegten Unterlagen zeigten zwar eine Verwendung der Marke, ohne jedoch die Darlegung der erzielten Erlöse aus dem Einsatz der Marke.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Widersprechenden. Er hat ausgeführt, dass eine funktionsgemäße Benutzung bereits durch die bisherigen Unterlagen dargelegt worden sei. Vorsorglich legt er eine weitere eidesstattliche Versicherung vom 1. August und 29. Oktober 2003 sowie Vordrucke vor. Er trägt darüber hinaus vor, dass zwischen der Dienstleistung der Widerspruchsmarke und den Dienstleistungen der angegriffenen Marke "Finanzwesen/Finanzdienstleistungen" offenkundige Identität bzw. hochgradige Ähnlichkeit vorliege. Auch zwischen den weiter beanspruchten Dienstleistungen des Markeninhabers in den Klassen 38 und 42, die sämtlich als Annex-Dienstleistungen im Bereich des bargeldlosen Zahlungsverkehrs, des elektronischen Handels und der hierfür erforderlichen Netzwerke anzusehen seien, und der Dienstleistung des Widersprechenden bestehe ohne weiteres Ähnlichkeit.

Weiter führt der Widersprechende aus, dass es sich bei der Widerspruchsmarke um das seit Jahrzehnten als Marke eingetragene und für die beanspruchten Dienstleistungen langjährig und umfangreich am Markt benutzte allseits bekannte Sparkassenlogo in Form des stilisierten "S" in Verbindung mit dem Wort "InterPay" handle. Das stilisierte "S" der Widerspruchsmarke sei eines der bekanntesten Logos im Bereich der Bank und Finanzdienstleistungen in Deutschland. Die Verkehrsdurchsetzung dieses Logos sei bereits 1979 vom Deutschen Patent- und Markenamt förmlich festgestellt worden. Die Widerspruchsmarke selbst werde durch die Verbandsmitglieder des Widersprechenden, rund 519 Sparkassen und 11 Landesbanken, umfänglich benutzt, wobei in jeder größeren Stadt oder Ortschaft Verbandsmitglieder des Widersprechenden ansässig seien, die das Widerspruchszeichen des "S-Inter-Pay" am Markt verwendeten.

Die Vergleichszeichen kämen sich bereits schriftbildlich und klanglich verwechselbar nahe, so dass schon mit unmittelbaren Verwechslungen zu rechnen sei. Jedenfalls bestehe die Gefahr, dass das relevante Publikum, sofern es die Vergleichszeichen nicht schon ummittelbar verwechsle, "S-InterPay" und "S-PAY" gedanklich miteinander in Verbindung bringe, mithin dem Irrtum unterliege, beide Marken seien Herkunftszeichen desselben Serviceanbieters. Darüber hinaus bestehe die Gefahr, dass die Marken unter dem Aspekt des Serienzeichens gedanklich miteinander in Verbindung gebracht würden. Der Widersprechende besitze neben dem verkehrsdurchgesetzten stilisierten "S" und der hier verfahrensgegenständlichen Widerspruchsmarke "S-InterPay" eine Vielzahl von weiteren S-Kombinationsmarken für diverse Finanzdienstleistungen in Klasse 36.

Der Widersprechende beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Eintragung der angegriffenen Marke zu löschen.

Der Inhaber der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Er trägt vor, dass die Marke im Außenverhältnis nicht benutzt werde, sondern lediglich im Innenverhältnis zwischen den einzelnen Banken. Der Auslandszahlungsverkehr werde von den einzelnen rechtlich selbständigen Sparkassen bzw. Landesbanken durchgeführt, was aber nicht dazu führe, dass der Verein selbst die Marke benutzt habe.

Er gesteht zu, dass die Kennzeichnungskraft des stilisierten "Sparkassen-S" hoch sei. Dies könne jedoch keinesfalls dazu führen, dass die Kennzeichnungskraft der hier einschlägigen Widerspruchsmarke entsprechend hoch sei. Auch seien die Dienstleistungen der beiden Marken nicht ähnlich. Die Widerspruchsmarke bezöge sich lediglich auf die Abwicklung des grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrs, so dass insgesamt und insbesondere auch zu den Dienstleistungen der Klasse 38 eine Ähnlichkeit nicht zu bejahen sei. Auch unterschieden sich die beiden Marken so deutlich, dass keine Verwechslungsgefahr bejaht werden könne. Dies gelte jedenfalls in bildlicher Hinsicht. Auch in schriftbildlicher Hinsicht wiesen beide Marken eine deutlich unterschiedliche Länge auf. Eine assoziative Verwechslungsgefahr liege ebenfalls nicht vor.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt und das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Auch der Senat hält die Gefahr von Verwechslungen der Marken gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG nicht für gegeben. Die Markenstelle hat den Widerspruch daher zu Recht gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG zurückgewiesen.

Ob Verwechslungsgefahr besteht hängt nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG von der Identität oder Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Marken einerseits und andererseits von der Identität oder Ähnlichkeit der von den beiden Marken erfassten Waren und Dienstleistungen ab, wobei von dem Leitbild eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers auszugehen ist (vgl EuGH GRUR Int 1999, 734, 736 - Lloyd; BGH GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHé/TISSERAND). Darüber hinaus sind alle weiteren Umstände zu berücksichtigen, die sich auf die Verwechslungsgefahr auswirken können, insbesondere die Kennzeichnungskraft der älteren Marke (EuGH aaO - Lloyd, BGH GRUR aaO - ATTACHé/TISSERAND; GRUR 1999, 995, 997 - HONKA). Dabei stehen die verschiedenen für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr heranzuziehenden Faktoren in einer Wechselwirkung, so dass z.B. ein geringerer Grad an Markenähnlichkeit durch eine höhere Kennzeichnungskraft der älteren Marke bzw. durch einen höheren Grad an Dienstleistungsähnlichkeit ausgeglichen werden kann (stRspr vgl BGH GRUR 2000, 603, 604 - Cetof/Etop). Nach diesen Grundsätzen kann im vorliegenden Fall eine Verwechslungsgefahr nicht bejaht werden.

a) Der Senat legt seiner Beurteilung dabei zugunsten des Widersprechenden eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke zugrunde. Der Widersprechende hat durch Vorlage dreier eidesstattlicher Versicherungen vom 18. Juni 2001, 1. August 2003 und 29. Oktober 2003 die mit der streitgegenständlichen Widerspruchsmarke getätigten Jahresumsätze für den Zeitraum 1996 bis Ende 2002 glaubhaft gemacht. In den eidesstattlichen Versicherungen wurde weiter ausgeführt, dass die Marke in dem genannten Zeitraum sowohl auf Informationen und Werbematerialien wie beispielsweise Werbeflyern, Sparkassenservicebroschüren und Kundenkurzinformationen sowie auf Vordrucken, die bei der Leistungserbringung eingesetzt wurden, angebracht war. Der Widersprechende hat auch diesbezügliche Vordrucke und sonstige Unterlagen vorgelegt.

b) Hinsichtlich der in beiden Dienstleistungsverzeichnissen enthaltenen Dienstleistung "Finanzwesen" - die Widerspruchsmarke wird dabei eingeschränkt durch den Zusatz "nämlich die Abwicklung von grenzüberschreitendem Zahlungsverkehr" - ist eine Identität zu bejahen. Im engsten Ähnlichkeitsbereich liegen auch die "Finanzdienstleistungen, soweit in Klasse 36 enthalten". Ob und in welchem Umfang eine Ähnlichkeit zwischen den Telekommunikationsdienstleistungen der angegriffenen Marke und den Finanzdienstleistungen in der Widerspruchsmarke besteht, kann im Hinblick auf die Verneinung der Verwechslungsgefahr letztlich dahingestellt bleiben.

c) Der Senat legt seiner Beurteilung zugunsten des Widersprechenden weiter eine etwas erhöhte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zugrunde. Der Widersprechende hat ausgeführt, dass seine Marke für die Abwicklung von grenzüberscheitendem Zahlungsverkehr durch die Verbandsmitglieder der Widersprechenden, u.a. rund 519 Sparkassen und 11 Landesbanken, am Markt verwendet werden. Dies habe zur Folge, dass in jeder größeren Stadt oder Ortschaft Verbandsmitglieder des Widersprechenden, die dort ansässig seien, das Widerspruchszeichen am Markt verwenden würden.

d) Der insoweit im Hinblick auf die Dienstleistungsidentität und die erhöhte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke erforderliche erhebliche Abstand wird von den sich gegenüberstehenden Marken in jeglicher Hinsicht eingehalten.

Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr kann nicht festgestellt werden. Die sich gegenüberstehenden Marken enthalten zwar beide am Markenanfang ein "S", wobei es sich bei dem "S" der Widerspruchsmarke insoweit um das stilisierte "Sparkassen-S" handelt. Auch enthalten beide Marken den beschreibenden Bestandteil "PAY" am Wortende. Die Widerspruchsmarke ist jedoch so gebildet, dass sich zwischen "Sparkassen-S" und "Pay" der Bestandteil "Inter"- in einem Wort mit Pay verbunden befindet. Allein dies sind so erhebliche Abweichungen, dass sie die angesprochenen Verkehrskreise, hier teils Fachkreise, teils das allgemeine Publikum, ohne weiteres erkennen werden. Anhaltspunkte dafür, dass die angesprochenen Verkehrskreise den Bestandteil "Inter" nicht beachten, weil er auf die grenzüberschreitende Tätigkeit der Widersprechenden hinweist, gibt es allein deshalb nicht, weil auch "Pay" als englischer Ausdruck für "Bezahlung/zahlen" ein ohne weiteres beschreibender Bestandteil ist.

Auch bestehen keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine assoziative Verwechslungsgefahr. Voraussetzung dafür wäre, dass die angesprochenen Verkehrskreise zwar die Unterschiede zwischen den Vergleichsmarken erkennen und somit keinen unmittelbaren Verwechslungen unterliegen, gleichwohl aber einen in beiden Marken übereinstimmend enthaltenen Bestandteil als Stammzeichen des Inhabers der älteren Marke werten, diesem Stammbestandteil also für sich schon die maßgebliche Herkunftsfunktion zuweisen und deshalb die übrigen Markenteile nur noch als Kennzeichen für bestimmte Dienstleistungen aus dem Geschäftsbetrieb des Inhabers der älteren Marke ansehen (vgl. BGH GRUR 1999, 240 - STEPHANSKRONE I; GRUR 2002, 542 - BIG; GRUR 2002, 544 - BANK24).

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Frage der Verwechslungsgefahr ist dabei grundsätzlich der Zeitpunkt der Entscheidung. Bei der Geltendmachung einer erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke kommt es dagegen auch auf den Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke an (vgl. BGH GRUR 1961, 347 - Almglocke; Fezer MarkenR 3. Aufl. § 14 Rdz 402; Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl. § 9 Rdz 40). Auch bei der Geltendmachung eines Serienzeichens ist demgemäss grundsätzlich erforderlich, dass der Verkehr bereits zum Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke an die Bildung einer Serie und den darin maßgeblichen Stammbestandteil gewöhnt ist (vgl. BGH GRUR 2002, 544, 547 reSp - BANK 24, ferner 33 W (pat) 301/01 - TERRANOVA).

Vorliegend kommt demnach als Stammbestandteil allenfalls das graphisch ausgestaltete "S" in der Widerspruchsmarke in Betracht, das im Hinblick auf seine bildhafte Ausgestaltung in Alleinstellung als Verbandszeichen für verschiedene Dienstleistungen der Klasse 36 im Wege der Durchsetzung bereits am 8. November 1979 unter der Rollennummer 992945 eingetragen worden ist. Denn am Anmeldetag der angegriffenen Marke hat der Widersprechende, wie insoweit unbestritten vorgetragen worden ist, allenfalls eine Zeichenserie mit dem stilisierten "Sparkassen-S" als Bestandteil und nachgestellten weiteren Begriffen besessen und benutzt. Soweit der Widersprechende darüber hinaus weitere Marken angeführt hat, die ein normales "S" und ein daran anschließendes Wort enthalten (vgl. insbesondere Eingabe des Widersprechenden vom 7. August 2003), handelt es sich um gegenüber der angegriffenen Marke prioritätsjüngere Marken (301 307 65 S-Trust, 300 66 872 S-Convia). Insbesondere ist nicht schlüssig dargetan worden, dass solche Marken zum Zeitpunkt der Anmeldung bereits in einer Weise benutzt worden sind, dass der Verkehr schon damals (auch) an eine mit einem einfachen "S" gebildete Serie des Widersprechenden gewöhnt war.

Ausgehend von diesem stilisierten "S" ist indessen eine Wesensgleichheit mit dem in der angegriffenen Marke enthaltenen einfachen "S" zu verneinen. Da die Annahme einer Serie eine sorgfältige Prüfung und eine gewisse Vertrautheit mit der abgewandelten Marke voraussetzt, reichen insoweit bereits relativ geringfügige Unterschiede aus, um den Gedanken an Serienmarken desselben Unternehmens nicht aufkommen zu lassen (vgl. BGH GRUR 1996, 200 - Innovadiclophlont; Ströbele/Hacker aaO § 9 Rdz 480).

Für eine Wesensgleichheit könnte zwar sprechen, dass das im Wege der Durchsetzung eingetragene stilisierte "Sparkassen-S" - hier unstreitig - eine hohe Kennzeichnungskraft aufweist. Auch sind das stilisierte "S" und das "S" in der angegriffenen Marke klanglich vollkommen identisch.

Klanggleichheit führt indessen nicht zwingend zur Bejahung der Wesensgleichheit. Abweichungen im Schriftbild oder in der graphischen Gestaltung können vielmehr - wie das Bundespatentgericht wiederholt zum Ausdruck gebracht hat (s. ua BPatGE 22, 193 - RHINISAT/Ysat; BPatG GRUR 1996, 128 - Plak Guard/GARD; Ströbele/Hacker aaO § 9 Rdz 480) - zur Folge haben, dass nur bei dem Vorliegen besonderer Umstände die Annahme eines Serienzeichens zu erwarten ist. Derartige Umstände sind - jedenfalls bei dem Sachverhalt, den der Senat der Entscheidung zugrundezulegen hat - nicht oder nicht ausreichend ersichtlich. So kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass die hohe Kennzeichnungskraft des "Sparkassen-S" - was auch die Eintragung der Marke 992 945 im Wege der Durchsetzung zeigt - gerade auf der bildhaften Gestaltung beruht. Dass die hohe Kennzeichnungskraft auch Kennzeichnungen umfasst, die ein vorangestelltes einfaches "S" aufweisen, ist ausdrücklich bestritten und kann - wie ausgeführt - für den (auch) maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke nicht berücksichtigt werden. Entsprechend kann allerdings auch nicht von einem starken Hinweischarakter des vermeintlich gleichen Bestandteils in der angegriffenen Marke ausgegangen werden. In diesem Zusammenhang spielt eine nicht unerhebliche Rolle, dass der Bestandteil "S" lediglich in einem Einzelbuchstaben besteht, dem überdies auf den Dienstleistungsgebieten, die der Inhaber der angegriffenen Marke beansprucht, beschreibender Charakter zukommt. So ist das einfache "S" - wie allgemein bekannt - eine gängige Abkürzung u.a. für den englischen oder österreichischen Schilling, den japanischen Sen sowie für die Begriffe "Saldo" und "Scheck" und kann - worauf der Markeninhaber auch hingewiesen hat - namentlich im Zusammenhang mit der technischen Abwicklung von Zahlungsvorgängen insbesondere als Hinweis auf "Security", "Safety" sowie "Software" verstanden werden (s.a. Peter Wennerich, Angloamerikanische und deutsche Abkürzungen in Wissenschaft und Technik, 1978, S. 1735f; derselbe, internationales Verzeichnis der Abkürzungen und Akronyme der Elektronik, Elektrotechnik, Computertechnik und Informationsverarbeitung, 1992, Bd 2 J - Z, S. 276). Hinzu kommt, dass - wie auch vom Markeninhaber vorgetragen - auf dem hier einschlägigen Dienstleistungsgebiet der Klassen 36 und 38 einige eingetragene Marken existieren, die ebenfalls mit dem Einzelbuchstaben "S" beginnen und ähnlich wie die angegriffene Marke gebildet worden sind (z.B. die Marken 396 26 957 "S-Direkt", 1 008 495 "S SÜBA", 300 85 653 "ssure" und 300 72 951 "dp S-Trade"). Auch wenn zur Benutzung dieser Marken nichts vorgetragen worden ist, spricht diese Sachlage für eine von Haus aus bestehende geringe oder sogar fehlende Originalität des in Rede stehenden Bestandteils. Er erscheint daher nicht ausreichend geeignet, die Erinnerung an die Widerspruchsmarke wachzurufen.

e) Der Senat lässt die Rechtsbeschwerde gemäß § 83 Abs 2 Nr 1 MarkenG zu. Die Frage, ob und unter welchen Umständen eine Wesensgleichheit zwischen klanglich identischen Buchstaben oder Wörtern wegen graphischer oder (klanglich ebenfalls nicht wahrnehmbarer) schriftbildlicher Unterschiede mit der Folge zu verneinen ist, dass eine klangliche assoziative Verwechslungsgefahr ausscheidet, ist im Hinblick auf die ansonsten vertretene Gleichwertigkeit der verschiedenen Arten der Annäherungen von Marken (klanglich, (schrift-)bildlich, begrifflich) eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, die höchstrichterlich noch nicht entschieden ist.

f) Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage besteht kein Anlass, die Kosten des Verfahrens einer Partei gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG aufzuerlegen.

Winkler Kätker Dr. Hock Cl






BPatG:
Beschluss v. 03.05.2005
Az: 33 W (pat) 87/03


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