Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. Februar 2004
Aktenzeichen: 17 W (pat) 303/02

(BPatG: Beschluss v. 12.02.2004, Az.: 17 W (pat) 303/02)

Tenor

Das Patent Nr. 100 27 264 wird in beschränktem Umfang mit folgenden Unterlagen aufrechterhalten:

Patentansprüche 1 - 3 und Beschreibung, beides überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 12. Februar 2004, sowie 2 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 - 3 gemäß der Patentschrift.

Gründe

I.

Auf die am 31. Mai 2000 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangene Patentanmeldung 100 27 264.9 - 22 wurde das Patent mit der Bezeichnung

"Ultraschallwandler"

erteilt. Veröffentlichungstag der Patenterteilung ist der 24. Januar 2002.

Gegen das Patent ist Einspruch eingelegt worden mit der Begründung, daß der Gegenstand des Patents nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG in Verbindung mit §§ 1 - 5 PatG und § 21 Abs. 1 Nr. 2 PatG nicht patentfähig sei.

Die Einsprechende bezieht sich in ihrer Einspruchsschrift auf die Druckschriften:

1) Mataschek: "Einführung in die Ultraschalltechnik", VEB Verlag Technik Berlin, 2. Aufl., 1962, S. 164-167 2) DE-OS 1 951 075 3) Bergmann: "Der Ultraschall und seine Anwendung in Wissenschaft und Technik", Hirzel Verlag, 6. Aufl. ,1954, S. 78, 79 4) DE 40 09 721 A1 5) DE 26 06 997 A1 6) Bauer u.a.: "Technologie und Anwendungen von Ferroelektrika", Akademische Verlagsgesellschaft, 1. Aufl., 1976, S. 366-369.

Nach Ablauf der Einspruchsfrist hat die Einsprechende mit Schriftsatz vom 8. Juli 2003 noch folgende Druckschriften genannt:

7) DE-OS 2 211 774 8) DE 198 52 642 C1 9) CH 518 749 10) DE 696 21 134 T2 11) EP 0 209 238 A2.

Die Einsprechende stellt den Antrag, das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.

Die Patentinhaberin beantragt, das Patent in beschränktem Umfang mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:

Patentansprüche 1 - 3 und Beschreibung, beides überreicht in der mündlichen Verhandlung am 12. Februar 2004, sowie 2 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 - 3 gemäß der Patentschrift.

Der Anspruch 1 lautet:

Ultraschallwandler mit mindestens einem piezoelektrischen Konverter mit Piezobereichen und zugehörigen Endmassen, wobei zum Zusammenspannen der Einzelteile des mindestens einen Konverters oder mehrerer Konverter beidseitig des Konverters oder der mehreren Konverter jeweils mindestens eine zusätzliche Endmasse (3, 4) von /2 - Länge und ein Befestigungselement (5) vorgesehen sind, wobei jeweils eine kraftschlüssige Verbindung (6) zwischen dem Befestigungselement (5) und der jeweiligen zusätzlichen Endmasse (3, 4) in der Nullstelle (7) oder mindestens in der unmittelbaren Nähe der Nullstelle (7) der Längsschwingungen der zusätzlichen Endmassen (3, 4) liegen.

Wegen der auf den Anspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 und 3 und der geänderten Patentbeschreibung wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Nach Ansicht der Patentinhaberin ist der verteidigte Gegenstand durch den entgegengehaltenen Stand der Technik weder bekannt noch nahegelegt und somit patentfähig.

II.

Der Einspruch ist zulässig, da er formund fristgerecht erhoben sowie nach Maßgabe des § 59 Abs. 1 Satz 4 PatG begründet worden ist. Er hat in der Sache nur insoweit Erfolg, als er zur beschränkten Aufrechterhaltung des Streitpatents führt.

1. Der verteidigte Anspruch 1 enthält Merkmale des erteilten Anspruchs 1 und der Streitpatentschrift Sp. 1, Z. 38-43 sowie Sp. 1, Z. 62 bis Sp. 2, Z. 6 iVm Fig. 1 Anspruch 2 ist unverändert geblieben. Anspruch 3 entspricht inhaltlich dem erteilten Anspruch 4. Die Ansprüche 1 bis 3 sind demzufolge zulässig.

2. Das (Streit-)Patent bezieht sich auf einen Ultraschallwandler mit mindestens einem piezoelektrischen Konverter mit Piezobereichen und zugehörigen Endmassen.

In der Beschreibungseinleitung der Streitpatentschrift wird auf Ultraschallwandler nach dem Stand der Technik hingewiesen, deren Befestigungselemente schwingungsbelastet sind. Dieses wird als problematisch beschrieben, wenn es um den Zusammenbau mehrerer /2-Schwinger zu einem Hochleistungs-Ultraschallwandler geht.

Folglich wird die patentgemäße Aufgabe darin gesehen, einen Ultraschallwandler zu entwickeln, mit dem u.a. die Nachteile des Standes der Technik vermieden werden.

Die diesbezüglich im Anspruch 1 vermittelte technische Lehre lautet (mit ergänzter Gliederung) wie folgt:

Ultraschallwandlera) mit mindestens einem piezoelektrischen Konverter mit Piezobereichen und zugehörigen Endmassen, b) wobei zum Zusammenspannen der Einzelteile des mindestens einen Konverters oder mehrerer Konverter beidseitig des Konverters oder der mehreren Konverter jeweils mindestens eine zusätzliche Endmasse (3, 4) von /2 - Länge und ein Befestigungselement (5) vorgesehen sind, c) wobei jeweils eine kraftschlüssige Verbindung (6) zwischen dem Befestigungselement (5) und der jeweiligen zusätzlichen Endmasse (3, 4) in der Nullstelle (7) oder mindestens in der unmittelbaren Nähe der Nullstelle (7) der Längsschwingungen der zusätzlichen Endmassen (3, 4) liegen.

Die Lehre des Streitpatents ist durch den angesprochenen Fachmann, einen FH-Physikingenieur mit mehrjähriger einschlägiger Berufserfahrung, ausführbar. Zum verteidigten Ultraschallwandler gehört zunächst (mindestens) ein piezoelektrischer Konverter, der, wie in der Streitpatentschrift zum Stand der Technik ausgeführt, aus Piezobereichen und beiderseits dieser Bereiche angeordneten Endmassen besteht. Zur mechanischen Fixierung dieses mindestens einen oder der mehreren piezoelektrischen Konverter dienen jeweils mindestens eine auf jeder Seite der gegebenen Konverterkonfiguration angebrachte zusätzliche Endmasse von /2 - Länge und ein Befestigungselement. Als Ort für die jeweilige kraftschlüssige Verbindung zwischen dem Befestigungselement und der entsprechenden zusätzlichen Endmasse dient deren Längsschwingungs-Nulllstelle oder eine Position in deren unmittelbaren Nähe.

3. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist patentfähig, da er bezüglich des im Verfahren befindlichen Standes der Technik neu ist und auch auf erfinderischer Tätigkeit beruht.

In D7 (DE-OS 2 211 774) ist in Fig. 1 ein für die kontinuierliche Abgabe hoher Energie geeigneter (S. 8, le. Abs.) Ultraschallwandler mit zwei piezoelektrischen Konvertern dargestellt, deren benachbarte Endmassen aus Gründen einer verbesserten Kühlung (S. 5, 1. Abs; S. 8, le. Abs.) zu einem Zwischenstück 19 zusammengefasst sind. An die Endmasse 13 des einen piezoelektrischen Konverters ist eine zusätzliche Endmasse in Gestalt des Hornes 21 angefügt. (Dieses Horn 21 kann für bestimmte Anwendungsbereiche des Ultraschallwandlers auch entfallen, vergl.S. 8, le. Z. bis S. 9, Z. 4). Für den mechanischen Zusammenhalt der Komponenten des Ultraschallwandlers dient ein zentraler Bolzen 27.

Mit dem Ultraschallwandler nach D7 stimmt jener nach Anspruch 1 des Streitpatents somit hinsichtlich der Verwendung von piezoelektrischen Konvertern, die von einem Befestigungselement (in Gestalt eines zentralen Bolzens) unter Vorspannung gehalten werden, und in der Anordnung einer zusätzlichen Endmasse anschließend an einen Konverter überein.

Der beim Gegenstand des Anspruchs 1 für die Realisierung eines Hochleistungs-Ultraschallwandlers (Streitpatentschrift Sp. 1, Abschnitt 0003) vorgesehene Einsatz von zwei zusätzlichen Endmassen von /2 - Länge, in deren jeweiligem Nullstellenbereich der Längsschwingung eine kraftschlüssigen Verbindung zum Befestigungselement vorgesehen ist, ist jedoch beim Ultraschallwandler nach D7 nicht gegeben. Der Kopf des dort als Befestigungselement eingesetzten Bolzens 27 liegt nämlich auf der Außenfläche der zum Piezobereich 15 gehörenden Endmasse 11 auf. Das zweite Ende des Bolzens 27 ist entsprechend Fig. 4 im Bereich des Übergangs von der Endmasse 13 zum als eine zusätzliche Endmasse anzusehenden Horn 21 angeordnet. Demnach befinden sich die kraftschlüssigen Verbindungen zwischen dem Bolzen 27 und den entsprechenden Komponenten des Ultraschallwandlers im Bereich von Längsschwingungsbäuchen und sind somit schwingungsbelastet.

Beim Ultraschallwandler nach D7 werden demzufolge keine beidseitig der Piezokonverter angeordneten zusätzlichen Endmassen mit kraftschlüssigen Verbindungen zum Befestigungselement im Nullstellenbereich der Längsschwingungen entsprechend den Merkmalen b) und c) des Anspruchs 1 des Streitpatents eingesetzt.

Dieser Stand der Technik vermag folglich dem Fachmann auch keine diesbezüglichen Anregungen bei der Realisierung eines Hochleistungs-Ultraschallwandlers gemäß Anspruch 1 des Streitpatents zu geben.

Gleiches gilt für den weiteren im Verfahren befindlichen Stand der Technik.

In D3 (Bergmann: "Der Ultraschall und seine Anwendung in Wissenschaft und Technik", Hirzel Verlag, 6. Aufl. ,1954, S. 78, 79) wird ein Koppelschwinger beschrieben, dessen magnetostriktiver Stabschwinger M mit einem Stempel S aus schwingungsfähigem Material gekoppelt, wobei die Grundfrequenzen von Stempel S und Stabschwinger M übereinstimmen. Die Verwendung dieses zusätzlichen Stempels ist dann erforderlich, wenn der magnetostriktive Stabschwinger selbst aus physikalischen oder chemischen Gründen nicht direkt in das zu beschallende Medium gebracht werden darf. Zur gegenseitigen Fixierung von Stabschwinger und Stempel dient eine Halterung H, deren kraftschlüssige Verbindung jeweils in der Mitte dieser Komponten, d.h. im Nullstellenbereich der Längsschwingung, angreift, vergl. S. 78, Bild 56 mit zugehörigem Text. Der bei diesem Stand der Technik verwendete magnetostriktive Stabschwinger ist einstückig. Im Gegensatz zu einem piezoelektischen Konverter mit mechanisch zusammenzuspannenden Endmassen und Piezobereichen sind entsprechende Maßnahmen bei einem magnetostriktiven Schwinger wegen dessen einstückigen Aufbaus nicht zu treffen. Da beim Stand der Technik nach D3 folglich das Problem der mechanischen Fixierung der einzelnen Komponenten eines piezoelektrischen Konvertes sich nicht stellt, kann diese Druckschrift dem Fachmann auch keine Anregung vermitteln, zur Lösung dieses Problems nach den Merkmalen b) und c) beidseitig des oder der Konverter zusätzliche Endmassen vorzusehen und die benötigten kraftschlüssigen Verbindungen zum Befestigungselement in Nullstellenbereiche dieser zusätzlichen Endmassen zu legen und hierdurch wegen reduzierter Belastung durch Schwingungen eine höhere statische Belastung des Befestigungelementes zu ermöglichen.

Der in D1 (Mataschek: "Einführung in die Ultraschalltechnik", VEB Verlag Technik Berlin, 2. Aufl., 1962, S. 164-167) auf S. 166 in Bild 6.9 dargestellte magnetostriktive Schwinger hat denselben Aufbau wie der eben abgehandelte gemäß D3. Es gilt somit bezüglich D1 die vorstehend zu D3 gebrachte Argumentation.

Vom weiteren von der Einsprechenden genannten Stand der Technik beschäftigen sich noch die Druckschriften 6 und 11 mit dem Zusammenspannen der Einzelteile bei piezoelektrischen Konvertern.

Nach D6 (Bauer u.a.: "Technologie und Anwendungen von Ferroelektrika", Akademische Verlagsgesellschaft, 1. Aufl., 1976, S. 366-369) wird durch die (piezo-)keramischen Ringe und die zugehörigen Endmassen ein Bolzen geschoben, auf dem eine Mutter mit entsprechendem Drehmoment angezogen wird, vergl. S. 369, Anmerkung zu Abb. 4.29. Folglich gibt es auch hier keine zusätzliche Endmassen für Befestigungszwecke und es befinden sich auch bei diesem Stand der Technik Bolzenkopf und -mutter auf der Außenfläche der jeweiligen Endmasse im Schwingungsbauch.

Vergleichbares gilt für D11 (EP 0 209 238 A2). Dort zeigt Figur 1a einen Ultraschallwandler mit einem piezoelektrischen Konverter mit Piezobereichen 1, 2 und zugehörigen Endmassen 3. Für den Zusammenhalt dieser Komponenten mit mechanischer Vorspannung dient ein Befestigungselement in Gestalt eines Bolzens 6, wobei die kraftschlüssigen Verbindungen zwischen dem Bolzen 6 und den Endmassen 3 sich in unmittelbarer Nachbarschaft zur Abstrahlfläche 4 der jeweiligen Endmasse - und somit im Maximumsbereich der Längsschwingungen - befinden, vergl. zusätzlich S. 1, Z. 30 bis Sp. 2, Z. 22.

In D11, Fig. 3a wird ein Ultraschallwandler beschrieben, der (durch Weiterentwicklung der in Fig. 2 dargestellten Konfiguration) aus zwei piezoelektrischen Konvertern besteht, deren benachbarte Endmassen zu einer Zentralmasse 9 zusammengefasst sind und die nach der auf S. 8, Z. 20-27 beschrieben Ausführungsform durch einen gemeinsamen Bolzen vorgespannt werden. Auch bei dieser Variante befinden sich die kraftschlüssigen Verbindungen 7 zwischen Bolzen und außenliegenden Endmassen 3 in unmittelbarer Nähe von deren Abstrahlflächen 4', 4'', d.h. auch hier in Maximumsbereichen der Längsschwingungen.

Auch bei den Ultraschallwandlern nach D6 und D11 sind somit keine zusätzlichen Endmassen mit Anbringung kraftschlüssiger Verbindungen im Bereich der Längsschwingungsnullstelle entsprechend den Merkmalen b) und c) des Anspruchs 1 des Streitpatents vorgesehen. Der Fachmann erhält von diesem Stand der Technik folglich auch keine Anregungen für entsprechende Maßnahmen.

Die innerhalb der Einspruchsfrist noch genannten Druckschriften 2 (DE - OS 1 951 075), 4 (DE 40 09 721 A1) und 5 (DE 26 06 997 A1) liegen bezüglich der beanspruchten Lehre weiter ab als der bisher betrachtete Stand der Technik. D2 zeigt in den Figuren 1 bis 3 die Anbringung von Ultraschallwandlern mit piezoelektrischen Konvertern an Flüssigkeitsbehältern in der Weise, daß sich die Behälterwand in einem Schwingungsknoten befindet (S. 2, 2. Abs.). In D4 wird ein bei der Durchlaufreinigung einsetzbarer Ultraschallschwinger beschrieben (Ansprüche 1, 2). D5 behandelt Geschwindigkeitstransformatoren, die u.a. der Vergrößerung der Schwingungsamplitude von piezoelektrischen und magnetischen Wandlern dienen (S. 6, Absätze 3 und 5).

Die Druckschriften 2, 4 und 5 beschäftigen sich somit, wie dargelegt, nicht mit dem Problem des Zusammenspannens der Einzelteile piezoelektrischer Konverter mit eigens für diesen Zweck eingesetzter zusätzlicher Endmassen. Folglich vermögen auch diese Druckschriften keine Anregungen zur diesbezüglichen technischen Lehre des Anspruchs 1 des Streitpatents zu geben.

Zu den nach Ablauf der Einspruchsfrist neben D7 und D11 weiterhin genannten Druckschriften 8 (DE 198 52 642 C1), 9 (CH 518 749) und 10 (DE 696 21 134 T2) und zu der im Prüfungsverfahren noch herangezogenen DE 23 52 678 A1 wurden bezüglich des verteidigten Anspruchs 1 patenthindernde Umstände weder vorgetragen noch sind solche Umstände ersichtlich. Es kann somit dahingestellt bleiben, daß D10 nachveröffentlicht ist und daß anstelle dieser Druckschrift die zugehörige am 3. Januar 1997 veröffentlichte PCT-Anmeldung WO 97/159 zu nennen gewesen wäre.

Der Gegenstand des verteidigten Anspruchs 1 des Streitpatents ist somit aus den aufgezeigten Gründen neu und beruht auch auf erfinderischer Tätigkeit. Folglich ist dieser Gegenstand patentfähig.

Die verteidigten Unteransprüche 2 und 3 beinhalten zweckmäßige, nicht selbstverständliche Ausgestaltungen des Ultraschallwandlers nach Anspruch 1. Ihre Gegenstände sind folglich ebenfalls patentfähig.

Bertl Dr. Schmitt Dr. Kraus Schuster Wf






BPatG:
Beschluss v. 12.02.2004
Az: 17 W (pat) 303/02


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