Landgericht Kiel:
Urteil vom 31. Mai 2006
Aktenzeichen: 14 O 25/06

(LG Kiel: Urteil v. 31.05.2006, Az.: 14 O 25/06)

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu €250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu 2 Jahren, zu unterlassen, im Wettbewerb handelnd, folgende Aussagen zu tätigen:

a) Jeder Anwalt der Kanzlei B und Kollegen sei ein absoluter Spezialist und/oder

b) jeder Anwalt der Kanzlei B und Kollegen bearbeite ausschließlich Fälle, die sein Fachgebiet betreffen und/oder

c) die Kanzlei B und Kollegen verliere höchst selten bei juristischen Auseinandersetzungen.

2. Zudem wird der Beklagte verurteilt, an den Kläger € 354,13 nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 19.03.2006 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Beklagte 3/4 und der Kläger 1/4 zu tragen.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 5.000,00. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger nimmt den Beklagten auf Unterlassung berufs- und wettbewerbswidriger Äußerungen in Anspruch.

Beide Parteien sind Rechtsanwälte in XY .

Am 28.10.2005 wurde in der einzigen XY Tageszeitung, dem €... Courier€, nach einem Gespräch des Redakteurs ZZ mit dem Beklagten ein Artikel über die Kanzlei des Beklagten veröffentlicht. Der unter der Überschrift €Anzeige€ abgefasste Artikel enthielt u.a. folgende Aussagen des Beklagten:

€Jeder Anwalt meiner Kanzlei ist ein absoluter Spezialist und bearbeitet ausschließlich Fälle, die sein Rechtsgebiet betreffen. Mit dem Resultat, dass die Kanzlei höchst selten bei juristischen Auseinandersetzungen verliert.€

Neben dem Artikel - ebenfalls unter der oben bezeichneten Überschrift - befindet sich eine Werbeanzeige unter Bezeichnung der zum damaligen Zeitpunkt in der Kanzlei des Beklagten tätigen Rechtsanwälten. Bezüglich der Einzelheiten wird auf die Anlage K1 (Bl. 11 d.A.) verwiesen.

Der Redakteur des €... Courier€ leitete den von ihm nach einem mit dem Beklagten am 25.10.2005 geführten Gespräch verfassten Text, der - vorbehaltlich einer möglichen Kürzung -veröffentlicht werden sollte, dem Beklagten zu.

Der Beklagte führt seit ca. ... Jahren eine eigene Kanzlei, in der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Artikels insgesamt ... Rechtsanwälte tätig waren. In der Anzeige vom 28.10.2005 werden den Rechtsanwälten einzelne Tätigkeits- bzw. Interessenschwerpunkte zugeordnet. Diese sind zum Teil nicht identisch mit denjenigen, die auf der Homepage bzw. dem Briefkopf der Kanzlei und im Telefonbuch €Lokale Branchen XY und Umgebung€ vermerkt sind.

Als Reaktion auf diesen Zeitungsartikel mahnte der Kläger den Beklagten mit Schreiben vom 24.11.2005 ab und forderte ihn auf, eine strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung zu unterzeichnen. Dabei entstanden dem Kläger Kosten in Höhe von € 911,00, deren Erstattung er nunmehr in Höhe der nicht von der Anrechnung erfassten Hälfte zuzüglich der Auslagenpauschale, insgesamt € 465,50 verlangt. Der Beklagte lehnte die Unterzeichnung der Unterlassungsverpflichtung mit Schreiben vom 01.12.2005 ab.

Der Kläger ist der Auffassung, dass die in dem Zeitungsartikel wiedergegebenen Äußerungen des Beklagten über seine Kanzlei falsch und damit irreführend seien. Die in der Kanzlei tätigen Rechtsanwälte C , D , E und F dürften nicht als Spezialisten bezeichnet werden, da sie zum Teil erst seit kurzer Zeit als Rechtsanwalt zugelassen seien und sich, wie ein Vergleich zwischen der Anzeige und der Homepage ergebe, nicht nur mit einem Rechtsgebiet beschäftigten. Der Hinweis, die Kanzlei €verliere höchst selten€, sei €ins Blaue€ hinein abgegeben, ein Vergleichsmaßstab werde nicht genannt. Erlaubt sei nur eine sachgerechte Werbung, kein reklamehaftes Anpreisen, wie hier geschehen.

Der Kläger hat zunächst angekündigt, in der mündlichen Verhandlung die Anträge aus der Klagschrift vom 02.03.2006 (Bl. 1/2 d.A.) zu stellen. Er hat in der mündlichen Verhandlung den Antrag zu 1.d) zurückgenommen und bezüglich der Anträge zu 1.a) bis 1.c) erklärt, dass es heißen müsse: ... zu unterlassen, im Wettbewerb handelnd, folgende Aussagen zu tätigen.

Der Kläger beantragt ,

den Beklagten zu verurteilen,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu 2 Jahren, zu unterlassen, im Wettbewerb handelnd, folgende Aussagen zu tätigen:

a) Jeder Anwalt der Kanzlei B und Kollegen sei ein absoluter Spezialist und/oder

b) jeder Anwalt der Kanzlei B und Kollegen bearbeite ausschließlich Fälle, die sein Fachgebiet betreffen und/oder

c) die Kanzlei B und Kollegen verliere höchst selten bei juristischen Auseinandersetzungen.

2. an ihn € 465,50 nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 19.03.2006 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, zur Abgabe der Unterlassungserklärung nicht verpflichtet zu sein, da der Anzeigentext nicht von ihm selbst, sondern von dem zuständigen Redakteur des €... Courier€ verfasst worden sei. Er habe nur ein Interview gegeben und sowohl die Formulierung als auch die Länge des Artikels dem Redakteur überlassen. Damit liege keine bewusste und zielgerichtete Werbung vor. Für eine solche bedürfe es auch einer Entgeltlichkeit, die hier - unstreitig - nicht vorliege. Die Formulierung €Jeder Anwalt meiner Kanzlei ist ein absoluter Spezialist€ sei weder falsch noch irreführend. Der Begriff des Spezialisten sei nicht nur dazu geeignet, einen Anwalt dadurch werbewirksam darzustellen, dass dieser in einem Rechtsgebiet über herausragende Kenntnisse und Berufserfahrung verfüge, sondern auch dazu, die Öffentlichkeit darüber zu informieren, dass ein bestimmter Anwalt nicht Generalist, sondern Spezialist im weiteren Sinne sei, sich also für eine bestimmte Profilierung entschlossen habe. Die Textstelle sei im Gesamtzusammenhang zu lesen. Die Bezeichnung €Spezialist€ werde lediglich zur Beschreibung des Kanzleikonzeptes verwendet, das darauf aufbaue, dass sämtliche bei ihm, dem Beklagten, beschäftigten Rechtsanwälte über eine Profilierung verfügten. Der Klagantrag zu 1.a) sei zu unbestimmt. Die Textstelle €die Kanzlei verliere höchst selten bei juristischen Auseinandersetzungen€ beruhe nicht auf eins seiner, des Beklagten, Äußerungen. Er habe in dem Interview lediglich angeführt, dass er selbst in den letzten zwei Jahren nur in zwei Angelegenheiten unterlegen gewesen sei. Diese Aussage habe der Redakteur in seiner journalistischen Freiheit auf die gesamte Kanzlei übertragen. Es handele sich, wenn überhaupt, lediglich um einen Bagatelleverstoß, der die Erheblichkeitsschwelle des § 3 UWG nicht erreiche.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vortrages beider Parteien wird auf die eingereichten Schriftsätze und Anlagen verwiesen.

Gründe

Die Klage ist, soweit die Anträge in der mündlichen Verhandlung noch weiter verfolgt wurden, zulässig und begründet.

1. Anträge zu 1.a) und b):

a) Die Aussagen im Rahmen des unter der Überschrift €Geballte juristische Kompetenz€ dargestellten Artikels, jeder Anwalt der Kanzlei des Beklagten sei ein absoluter Spezialist und bearbeite nur Fälle, die sein Fachgebiet betreffen, sind irreführend. Bei diesen Aussagen handelt es sich um solche des Beklagten. Der zuständige Redakteur des € ... Courier€ hatte, nachdem der Versuch, mehrere Kanzleien in XY zu Werbemaßnahmen zu veranlassen, gescheitert war, mit dem Beklagten am 25.10.2005 ein Gespräch geführt und ihm anschließend den Text, der in der Tageszeitung veröffentlicht werden sollte, zur Genehmigung vorgelegt. Der Beklagte hat diese Genehmigung erteilt. Er wird im Text wörtlich zitiert. Indem er diese Passage nicht beanstandet und keine Änderungen verlangt hat, handelt es sich um eine Aussage, die er selbst getätigt hat.

Die Äußerungen des Beklagten sind irreführend und damit unlauter i.S.d. § 3 UWG. Irreführend ist eine Angabe, wenn sie bei den Adressaten eine Vorstellung erzeugt, die mit den wirklichen Verhältnissen nicht im Einklang steht (Bornkamm in Hefermehl, Köhler/Bornkamm, Tatsachen- und Wettbewerbsrecht, 24. Aufl., 2006, § 5 UWG Rn. 2.66). Von dem Zeitungsartikel werden Recht suchende Bürger angesprochen. Diese haben in der Regel keine Vorkenntnisse über die Spezifizierung und Auszeichnungen eines Rechtsanwalts. Durch die Aussagen in dem Zeitungsartikel, dass in der Kanzlei €absolute Spezialisten€ tätig sind, die ausschließlich Fälle, die ihr Fachgebiet betreffen, bearbeiten, wird bei dem durchschnittlichen Leser der Eindruck erweckt, dass die Rechtsanwälte dieser Kanzlei über höhere Auszeichnungen und Qualifizierungen verfügen, als andere Anwälte.

Die erzeugte Vorstellung des angesprochenen Rechtskreises stimmt mit den wirklichen Verhältnissen nicht überein. Die in der Kanzlei des Beklagten seinerzeit beschäftigten Rechtsanwälte werden unzutreffend als €absolute Spezialisten€ bezeichnet. Unter dem Begriff des Spezialisten wird eine Person verstanden, die die Inanspruchnahme in Materien außerhalb ihres Spezialgebietes weitgehend ablehnt (BVerfG, NJW 2004, 2656 f.) und insofern noch wesentlich stärker auf ein Fachgebiet konzentriert ist, als derjenige, der Interessens- und Tätigkeitsschwerpunkte angibt oder sogar die Fachanwaltsqualifikation inne hat.

Diese Voraussetzungen treffen nicht auf alle seinerzeit in der Kanzlei des Beklagten tätigen Rechtsanwälte zu. So war der Rechtsanwalt C zum Zeitpunkt der Veröffentlichung erst ca. 1 Jahr überhaupt als Rechtsanwalt tätig. Rechtsanwalt D war ausweislich des auf der Homepage veröffentlichten Werdegangs nach dem 2. Staatsexamen zunächst für ein Versicherungsunternehmen in ...Deutschland tätig, anschließend in der Rechtsabteilung eines technischen Landesoberbehörde. Er wurde erst zum 01.10.2005 Mitglied der Rechtsanwaltskanzlei des Beklagten. Auch Rechtsanwalt E verfügte im Oktober 2005 lediglich über eine Berufserfahrung von ca. 1 Jahr. Die genannten Anwälte konzentrierten sich offensichtlich auch nicht auf nur ein Fachgebiet und lehnten auch nicht die Inanspruchnahme in anderen Materien außerhalb ihres Spezialgebietes ab. Rechtsanwalt C , dem im Rahmen der Anzeige vom 28.10.2005 der Interessenschwerpunkt €Mietrecht€ zugeordnet wird, bearbeitet ausweislich der Homepage auch das Dezernat €Verwaltungsrecht€. Rechtsanwalt D , der sich vor dem 01.10.2005 offensichtlich noch nicht mit dem Familienrecht befasst hatte, gibt im Rahmen der Homepage als weiteren Tätigkeitsschwerpunkt das Verkehrsrecht an. Für Rechtsanwalt E wird als weiterer Interessenschwerpunkt das Steuerrecht genannt. Rechtsanwalt F , dessen Interessenschwerpunkt ausweislich der Anzeige vom 28.10.2005 das Strafrecht ist, hat ausweislich der Homepage als weiteren Interessenschwerpunkt das Arbeitsrecht gewählt.

Die genannten Anwälte verfügen weder über eine langjährige Berufserfahrung, noch ist bei ihnen gewährleistet, dass sie sich ausschließlich um ein Fachgebiet kümmern und Mandate aus anderen ablehnen. Insofern ist die Aussage des Beklagten, jeder Anwalt seiner Kanzlei sei ein absoluter Spezialist und bearbeite ausschließlich Fälle, die sein Fachgebiet betreffen, falsch und somit irreführend.

b) Die Äußerungen des Beklagten stellen zudem eine unlautere Wettbewerbshandlung gemäß §§ 3, 4 Nr. 11 UWG dar. Nach § 4 Nr. 11 UWG handelt unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Gemäß § 43b BRAO ist dem Rechtsanwalt Werbung nur erlaubt, soweit sie über die berufliche Tätigkeit in Form und Inhalt sachlich unterrichtet. Nicht mit der Stellung eines Rechtsanwalts ist eine Aussage vereinbart, die ein reklamehaftes Anpreisen in den Vordergrund stellt und mit der eigentlichen Leistung des Anwalts und dem unabdingbaren Vertrauensverhältnis im Rahmen eines Mandates nichts mehr zu tun hat (Köhler in: Hefermehl/Köhler/Bornkamm a.a.O., § 4 Rn. 1185). § 43b BRAO wird durch die §§ 6 bis 10 BORA konkretisiert.

Die bezeichneten Aussagen des Beklagten sind unsachlich und verstoßen gegen die genannten Normen. Seine Äußerung, in seiner Kanzlei arbeiteten €absolute Spezialisten€, ist mit § 7 BORA, wonach als Teilbereiche neben dem Fachanwalt nur Interessen- und Tätigkeitsschwerpunkte genannt werden dürfen, nicht vereinbar. Wer Anwälte seiner Kanzlei als €absolute Spezialisten€ bezeichnet, preist zudem deren Können reklamehaft an, ohne dass - wie dargelegt - die Leistung des Anwalts eine solche Bezeichnung rechtfertigt.

Auch die Aussage, dass die Anwälte ausschließlich Fälle bearbeiten, die deren Fachgebiet betreffen, verstößt gegen § 6 Abs. 1 BORA. Danach darf der Rechtsanwalt über seine Dienstleistung und seine Person nur informieren, soweit die Angaben sachlich unterrichten. Nach § 6 Abs. 4 BORA darf ein Rechtsanwalt nicht daran mitwirken, dass Dritte für ihn Werbung betreiben, die ihm selbst verboten ist. Eine unsachliche Werbung ist bereits dann anzunehmen, wenn die Information für den Adressaten keinen objektiv nachprüfbaren Inhalt haben. Das ist hier der Fall. Denn es ist hier für den Recht suchenden Bürger in XY nicht nachprüfbar, ob tatsächlich die Rechtsanwälte aus der Kanzlei des Beklagten ausschließlich Fälle aus einem bestimmten Rechtsgebiet übernehmen. Zudem bearbeiten die bei dem Beklagten tätigen Rechtsanwälte ausweislich der Homepage neben Fällen aus dem bezeichneten Fachgebiet auch solche aus anderen Rechtsgebieten.

2. Auch der Anspruch bezüglich des Antrages zu 1.c) folgt aus §§ 3, 4 Nr. 11 UWG. Die Aussage, die Kanzlei verliere höchst selten bei juristischen Auseinandersetzungen, ist irreführend. Die Äußerung ist für den Leser nicht nachprüfbar. Der Beklagte räumt selbst ein, dass er eine Erfolgsquote allein auf sein Dezernat bezogen hat. Er habe im Rahmen des Verkehrsrechts in den letzten Jahren nur 2 gerichtliche Auseinandersetzungen verloren. Die Fassung des Redakteurs bezieht sich jedoch auf alle Dezernate der Kanzlei. Der Beklagte hat keine Veranlassung gesehen, den ihm zur Genehmigung vorgelegten Text in diesem Punkt zu beanstanden und zu korrigieren. Insofern ist ihm, wie oben bereits dargelegt, der Hinweis im Rahmen des Berichtes als eigene Aussage zuzurechnen. Offensichtlich gibt es für die anderen Dezernate keinen Maßstab, an dem eine Erfolgsquote gemessen wird. Es gibt keine Statistiken über Erfolg und Misserfolg von Prozessen. Dann aber durfte der Beklagte nicht sagen, dass seine Kanzlei (insgesamt) höchst selten verliere.

Bezüglich dieser Aussage liegen ebenfalls die Voraussetzungen der §§ 3, 4 Nr. 11 UWG vor. Die Äußerung ist gemäß § 6 Abs. 1 BORA unsachlich. Sie beinhaltet ein reklamehaftes Anpreisen und hat mit der Leistung eines Anwalts nichts zu tun. Es wird ein Erfolg suggeriert, der sich nur auf ein bestimmtes Dezernat bezieht. Im Übrigen ist die Angabe von Erfolgszahlung nach § 6 Abs. 3 BORA unzulässig.

3. Der durch den Zeitungsartikel bewirkte Nachteil für die Mitbewerber und die Verbraucher ist nicht nur unerheblich, § 3 UWG. Unerheblich ist der Nachteil nur dann, wenn ein durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Marktteilnehmer ihm keine Bedeutung beimisst (Köhler in: Hefermehl/Köhler/Bornkamm a.a.O., § 3 Rn. 54). Dies trifft hier nicht zu. Denn durch den Zeitungsartikel gewinnt der Leser den Eindruck, dass den Rechtsanwälten der Kanzlei des Beklagten höhere Auszeichnungen aufgrund besserer Qualifikationen verliehen worden sind und die Erfolgsquote höher ist, als in den anderen Kanzleien. Die Nachfrageentscheidung des Lesers wird wesentlich beeinflusst. Hinzu kommt, dass die Aussage des Beklagten in der einzigen Tageszeitung im Raum XY veröffentlicht worden ist und der Kreis der Recht suchenden Bürger beschränkt ist.

4. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist eine Wiederholungsgefahr i.S.d. § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG gegeben. Die Wiederholungsgefahr wird bei einem verwirkten Rechtsverstoß vermutet. Diese Vermutung ist nicht widerlegt. Der Beklagte hat sich geweigert, die Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung zu unterzeichnen. Zudem rechtfertigt und verteidigt er seine gewählten Äußerungen ausdrücklich.

5. Dem Kläger steht auch ein Anspruch auf Zahlung in Höhe von € 413,90 zu. Der Anspruch ergibt sich aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG. Nach dieser Norm kann der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden, wenn die zuvor erfolgte Abmahnung berechtigt war. Die Abmahnung des Klägers war hinsichtlich der Anträge zu 1.a) bis c) berechtigt. Allerdings war das in Antrag 1.d) beanstandete Verhalten wegen des Wahrheitsgehaltes der Aussage des Beklagten nicht wettbewerbswidrig.

Da die Abmahnung nur hinsichtlich 3 von 4 beanstandeten Äußerungen berechtigt waren, mindert sich der dem Kläger zu erstattende Ersatzanspruch entsprechend um 1/4. Es ist von einem Streitwert von € 25.000,00 auszugehen, die Verfahrensgebühr beträgt € 891,00. Unter Berücksichtigung der gem. Ziff. 2400 VV RVG anzurechnenden hälftigen Gebühr, der oben bezeichneten Minderung sowie der Auslagenpauschale gem. Ziff. 7001 VV RVG ergibt sich ein Zahlungsbetrag von € 354,13.

6. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Die Entscheidung bezüglich der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 708 Nr. 11, 711 ZPO.






LG Kiel:
Urteil v. 31.05.2006
Az: 14 O 25/06


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