Oberlandesgericht Frankfurt am Main:
Urteil vom 22. Dezember 2004
Aktenzeichen: 13 U 177/02
(OLG Frankfurt am Main: Urteil v. 22.12.2004, Az.: 13 U 177/02)
Tenor
Die Berufung der Beklagten zu 1) gegen das am 20. Juni 2002 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Darmstadt mit Sitz in Offenbach am Main wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass festgestellt wird, dass die Prozessparteien übereinstimmend die der Ziffer 6 und 7 der Entscheidungsformel zugrunde liegenden Klageanträge - Gesellschafterbeschlüsse vom 04.11.1999 zu TOP 4 und 5 - für erledigt erklärt haben.
Auf die Berufung des Beklagten zu 2) wird das vorbezeichnete Urteil dergestalt abgeändert, dass seine Verurteilung zur Zahlung von DM 183.000,00 (entspricht € 93.566,41) nebst Zinsen hieraus entfällt; die Klage wird insoweit abgewiesen.
Von den Gerichtskosten in erster Instanz haben die Klägerin 20 % und die Beklagte zu 1) 80 % zu tragen. Von den Gerichtskosten in zweiter Instanz haben die Klägerin 16 % und die Beklagte zu 1) 84 % zu tragen.
Außergerichtliche Kosten in erster Instanz:
Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin haben diese selbst 20 % und die Beklagte zu 1) 80 % zu tragen; von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) haben 95 % sie selbst und 5 % die Klägerin zu tragen; die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) hat die Klägerin zu tragen.
Außergerichtliche Kosten in zweiter Instanz:
Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin haben diese selbst 16 % und die Beklagte zu 1) 84 % zu tragen; die Beklagte zu 1) hat ihre eigenen Kosten zu tragen; die Klägerin hat die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) zu tragen.
Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung der Kosten wegen durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages zuzüglich 15 % hieraus abwenden, wenn nicht der Beklagte zu 2) bzw. auch die Beklagte zu 1) vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 15 % hieraus leisten.
Die Beklagte zu 1) darf die Zwangsvollstreckung der Kosten wegen durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages zuzüglich 15 % hieraus abwenden, falls nicht die Klägerin vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 15 % hieraus leistet.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Klägerin ist als Gesellschafterin zu 25 % an der 1980 gegründeten Beklagten zu 1), die auf dem Gebiet der Kommunikationstechnik tätig ist, beteiligt. In dem hier interessierenden Zeitraum hielten der Beklagte zu 2), ihr Bruder, weitere 50 % und dessen Ehefrau die letzten 25 % der Geschäftsanteile an der Beklagten zu 1). Der Beklagte zu 2) war von der Gründung der Beklagten zu 1) an bis zum Jahre 2001 alleiniger Geschäftsführer der Beklagten zu 1). Das Stammkapital der Beklagten zu 1) wurde sukzessive auf DM 10 Millionen erhöht.
Die Gesellschafter der Beklagten zu 1) sind spätestens seit 1996 nachhaltig zerstritten und führten bislang mehrere Rechtsstreitigkeiten, unter anderem auch schon vor dem Senat.
Im vorliegenden Verfahren sind die Gesellschafterbeschlüsse vom 12. Dezember 1996 zu TOP 3
Die Geschäftsführung wird angewiesen, die Darlehensansprüche der Gesellschaft gegen Frau A B (= Klägerin) gerichtlich geltend zu machen.
und zu TOP 4
Herr C B (= der Beklagte zu 2) wird von der Gesellschafterversammlung ermächtigt, den dieser Niederschrift als Anlage beigefügten Abänderungsvertrag zu seinem Geschäftsführervertrag mit sich selbst abzuschließen;
vom 09.12.1998 zu TOP 4
Der Jahresabschluss vom 31.12.1997 wird festgestellt.
und zu TOP 5
Beschlussfassung über die Verwendung des Jahresergebnisses für das Geschäftsjahr 1997: Der Jahresfehlbetrag zum 31.12.1997 in Höhe von DM 2.870.169,74 wird auf neue Rechnung vorgetragen.
sowie vom 04.11.1999 zu TOP 4
Der Jahresabschluss zum 31.12.1998 wird festgestellt.
und zu TOP 5
Beschlussfassung über die Verwendung des Jahresergebnisses für das Geschäftsjahr 1998: Der Jahresüberschuss zum 31.12.1998 in Höhe von DM 379.107,65 wird mit dem Verlustvortrag in Höhe von DM 2.870.169,74 verrechnet. Der verbleibende Bilanzverlust in Höhe von DM 2.491.062,09 wird auf neue Rechnung vorgetragen.
streitgegenständlich.
Die Klägerin hat gegen sämtliche vorbeschriebenen Gesellschafterbeschlüsse fristwahrend Anfechtungsklage mit dem Ziel erhoben, diese für unwirksam zu erklären. Mit der am 13. Januar 1997 vor dem Landgericht Darmstadt eingegangenen Klage hat die Klägerin unter anderem des weiteren mit der Begründung, ihr Bruder habe als Geschäftsführer der Beklagten zu 1) eine unangemessen hohe Tantieme erhalten, die die Steuerbehörde teilweise als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) steuerrechtlich qualifiziert habe, begehrt, den Beklagten zu 2) zu verurteilen, an die Beklagte zu 1) DM 183.000,00 nebst 5 % Zinsen aus jeweils DM 61.000,00 seit dem 01.01.1994, 01.01.1995 und 01.01.1996 zu zahlen.
Nach Durchführung einer Beweisaufnahme - Einholung eines Sachverständigengutachtens - hat die 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Darmstadt mit Sitz in Offenbach am Main mit am 20. Juni 2002 verkündetem Urteil (Bl. 1385 ff. d. A.) unter Abweisung der weitergehenden Klage die vorstehend in Bezug genommenen Beschlüsse für unwirksam erklärt und den Beklagten zu 2) zur Zahlung von DM 183.000,00 nebst Zinsen hieraus verurteilt.
Die weiteren Einzelheiten des Rechtsstreites ergeben sich aus den Tatsachenfeststellungen des Landgerichts in dem angefochtenen Urteil, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird. Auch der Entscheidungsbegründung wegen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Die Beklagten haben das vorbezeichnete Urteil form- und fristwahrend angefochten.
Die Beklagten tragen im Wesentlichen vor: Der Beklagte zu 2) habe auch nach den Feststellungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen im Zeitraum 1992 bis 1996 kein überhöhtes Gehalt bezogen. Das Landgericht hätte sich mit seiner anderen Wertung nicht über die Sachverständigenwertungen hinwegsetzen dürfen. Auch die landgerichtliche Annahme, eine steuerrechtliche vGA beseitige die zivil- und gesellschaftsrechtliche Grundlage einer Gesellschaftergeschäftsführervergütung und führe damit unmittelbar zu einem Rückforderungsanspruch der Gesellschaft, sei rechtsfehlerhaft. Es begegne rechtsstaatlichen Bedenken, wenn der Bestand des zivilrechtlichen Anspruchs eines Gesellschafter-Geschäftsführers auf Vergütung in Abhängigkeit zu dem Vorliegen einer steuerlichen vGA gebracht werde, zumal verschiedene OFD-Verfügungen mit unterschiedlichem Inhalt existierten. Auch habe das Landgericht insoweit fehlerhaft § 17 der Satzung der Beklagten zu 1) für anwendbar erachtet. Der neue Geschäftsführeranstellungsvertrag, der ein festes Jahresgehalt von DM 1.800.000,00, welches sich zum 01.01.1998 und zum 01.01.1999 jeweils um 4 % erhöhe, sowie eine Tantieme von 4,5 % des Jahresüberschusses der Gesellschaft vorsehe, begegne entgegen der landgerichtlichen Wertung gleichfalls keinen durchgreifenden Bedenken. Die Feststellung des Landgerichtes beruhe auf einem rechtsfehlerhaft ermittelten Anknüpfungspunkt; die Tabelle der OFD Karlsruhe sei nämlich kein tauglicher Maßstab. Die neue Vergütungsregelung stelle sich als Konsequenz des ...-Schreibens vom 5. Oktober 1994 dar. Die auf der Grundlage des neuen Anstellungsvertrages gezahlten Geschäftsführerbezüge seien in der steuerlichen Betriebsprüfung am 5. August 2004 unbeanstandet geblieben. Entgegen landgerichtlicher Auffassung sei es auch rechtens, die Klägerin auf Zurückzahlung der ihr gewährten Darlehen zu verklagen. Die landgerichtliche Feststellung, die Beklagte zu 1) hätte Gewinne in einem Umfange ausschütten können, die die Klägerin in die Lage versetzt hätten, ihre Schulden bei der Beklagten zu 1) zu tilgen, stehe im Widerspruch zu den Feststellungen des Sachverständigen, wonach die Gesellschaft gerade nicht in den Jahren 1992 bis 1995 wirtschaftlich in der Lage gewesen sei, Gewinne an ihre Gesellschafter auszuschütten. Die Klägerin hätte zumindest die erfolgte Ausschüttung in Höhe von DM 156.029,00 zur Tilgung des ...-Darlehens verwenden müssen. Bezüglich des so genannten €Hausdarlehens€ in Höhe von 1,03 Mio. DM fehle es an jeder Betriebsbezogenheit. Die Klägerin habe diesen Betrag letztlich von der Beklagten zu 1) nur deshalb erhalten, weil sie, die Klägerin, den Eindruck erweckt habe, ihren Geschäftsanteil an der Firma an die Familie des Beklagten zu 2) veräußern zu wollen. Den Vertragsabschluss habe die Klägerin jeweils durch Stellen von Nachforderungen €platzen lassen€. Die Klägerin habe sich unredlich verhalten, was zu berücksichtigen sei, wenn von Treuepflichten der Gesellschafter die Rede sei. Letztlich seien auch die Beschlüsse zur jeweiligen Feststellung des Jahresabschlusses und der Ergebnisverwendung betreffend die Geschäftsjahre 1997 und 1998 nicht unwirksam.
Vor Rechtskraft des Senatsurteils vom 30. Januar 2002 zu Az. 13 U 99/98 - der II. Zivilsenat des Bundesgerichthofs nahm mit Beschluss vom 12. Januar 2004 die Revision hiergegen nicht an - haben die Beklagten noch die Auffassung vertreten, ein gerichtlicher Eingriff in die Bilanzpolitik der Beklagten zu 1) sei nicht geboten. Es könne nicht beanstandet werden, dass die Beklagte zu 1) eine im Fördergebiet erworbene Immobilie erlaubtermaßen nach den Möglichkeiten des Fördergebietsgesetzes steuerlich abschreibe. Nunmehr führen die Beklagten aus, dass aus ihrer Sicht zwischenzeitlich eine Erledigung eingetreten sei. Aufgrund des rechtskräftigen Senatsurteils vom 30. Januar 2002 stehe nämlich fest, dass der Jahresabschluss 1997 sich im Ergebnis als ungeprüft darstelle und damit den Gesellschafterbeschlüssen vom 09.11.1998 die Grundlage entzogen worden sei. In der Gesellschafterversammlung am 24.03.2004 sei bereits ein neuer Wirtschaftsprüfer zur Prüfung des Jahresabschlusses 1997 bestellt worden. Zwischenzeitlich sei auch der Jahresabschluss 1998 durch ein neues Wirtschaftsprüfungsunternehmen geprüft worden, und die Gesellschafter hätten am 01.10.2001 den Jahresabschluss erneut festgestellt und einen neuen Gewinnverwendungsbeschluss gefasst, wodurch die angefochtenen Beschlüsse vom 11.11.1999 sich erledigt hätten.
Der weiteren Einzelheiten des Vorbringens wegen wird auf den Inhalt der Schriftsätze vom 2. Dezember 2002 und vom 18. November 2004 Bezug genommen.
In der mündlichen Verhandlung vom 24.11.2004 haben die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend insoweit für erledigt erklärt, als Gegenstand die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1) vom 04.11.1999 zu Tagesordnungspunkt 4 und 5 sind.
Die Beklagten beantragen,
das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 20. Juni 2002 abzuändern und, soweit die Hauptsache nicht teilweise für erledigt erklärt worden sei, die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen, soweit die Hauptsache nicht teilweise übereinstimmend für erledigt erklärt worden sei.
Die Klägerin, die das angefochtene Urteil verteidigt, hält die Berufungsangriffe für unbegründet, legt die Ausschüttungspolitik der Beklagten zu 1) dar und geht auf die einzelnen Kapitalerhöhungen sowie auf die Problematik verdeckter Gewinnausschüttungen ein. Ergänzend trägt sie vor, entgegen § 8 Abs. 3 Nr. 7 der Satzung der Beklagten zu 1) sei vor dem Erwerb der Immobilie im Fördergebiet die Gesellschafterversammlung nicht gehört und im Besonderen sie von dem Kauf nicht informiert worden. Soweit das Landgericht von den Wertungen im Sachverständigengutachten abgewichen sei, halte sie dies für unbedenklich. Den Gesellschafterbeschluss vom 12.12.1996 zu TOP 4 - Anstellungsvertrag mit dem Beklagten zu 2) - halte sie schon deshalb für unwirksam, weil der Beklagte zu 2) unberechtigterweise mitgestimmt habe. Die Verurteilung des Beklagten zu 2) zur Zurückzahlung von Tantiemebestandteilen halte sie für rechtens; die Rückzahlungspflicht des Beklagten zu 2) folge bereits aus § 17 der Satzung der Beklagten zu 1, dessen tatbestandliche Voraussetzungen nicht kumulativ, sondern alternativ zu verstehen seien. Soweit die Beklagte zu 1) die Rückzahlung der von ihr gewährten Darlehen klageweise durchsetzen solle, sei dies treuwidrig. Die Jahresabschlüsse 1997 und 1998 seien fehlerhaft, weil die Inanspruchnahme der Sonderabschreibung für die Immobilie fortgesetzt worden sei, wodurch der Buchwert der Immobilie niedrig gehalten und ein Gewinnausweis unterdrückt worden sei.
In einem nicht nachgelassenen und erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsatz begründet die Klägerin den gegen den Beklagten zu 2) gerichteten Zahlungsantrag damit, dass dieser, der Beklagte zu 2), über die Bezüge hinaus einen weiteren und nicht gerechtfertigten Vorteil dergestalt erlangt habe, als er wegen der Nachentrichtung der Körperschaftssteuer durch die Beklagte zu 1) Körperschaftssteuergutschriften erhalten habe, um die er ungerechtfertigt bereichert sei. Der weiteren Einzelheiten ihres Vorbringens wegen wird auf den Inhalt der Schriftsätze vom 21.05. und 02.07.2003 sowie vom 06.12.2004 Bezug genommen.
I.
Zur Berufung der Beklagten zu 1)
Die statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Beklagten zu 1) ist sachlich unbegründet, weshalb sie zurückzuweisen war.
1. Gesellschafterbeschluss vom 12.12.1996 zu TOP 4 - Abschluss eines neuen Geschäftsführeranstellungsvertrages -, Ziffer 1 der Urteilsentscheidungsformel
Das Landgericht hat den am 12. Dezember 1996 gefassten Gesellschafterbeschluss mit dem Ziel, dass der Beklagte zu 2) in seiner Funktion als Geschäftsführer der Beklagten zu 1) Geschäftsführerbezüge auf neuer Berechnungsgrundlage erhält (nämlich DM 1.800.000,00 als Festgehalt mit jeweiliger 4 %iger Erhöhung zum 01.01.1998 und 01.01.1999 sowie eine Tantieme von 4,5 %) zu Recht aufgrund der klägerseits erklärten Anfechtung für unwirksam erklärt. Die hiergegen vorgebrachten Argumente sind sämtlich nicht durchgreifend.
a)
Vorab ist festzustellen, dass entgegen der vorgetragenen Rechtsansicht der Klägerin der Beschluss formalrechtlich nicht zu beanstanden ist. 75 % der abgegebenen Stimmen waren für die Beschlussvorlage. Der Beklagte zu 2), der damals über 50 % der Stimmen verfügte, durfte entgegen der vorgetragenen Rechtsansicht der Klägerin mit abstimmen, obwohl seine persönlichen Interessen betroffen waren, denn § 47 Abs. 4 GmbHG statuiert nicht schlechthin ein Stimmrechtsausübungsverbot für jedes Rechtsgeschäft zwischen Gesellschaft und Gesellschafter. Sein Anwendungsbereich ist durch Sinn und Zweck der Regelung zu erschließen. Die Stimmenthaltungsvorschrift des § 47 Abs. 4 GmbHG will ersichtlich eine Gefährdung von Gesellschaftsinteressen verhindern, weshalb die Vorschrift einerseits in dem Sinne weit auszulegen ist, dass auch allgemeine Umgehungsversuche erfasst werden und somit auch ein Beschluss, mit dem die Geschäftsführung angewiesen wird, ein bestimmtes Geschäft mit einem Gesellschafter zu tätigen, in den Anwendungsbereich des § 47 GmbHG fällt (vgl. hierzu u. a. Koppensteiner in Rowedder, GmbHG, 3. Aufl. 1997, Rn 59 zu § 47), andererseits aber ist die Vorschrift auch teleologisch in ihrem Anwendungsbereich zu beschränken. Schon der II. Zivilsenat des Reichsgerichts hat in seiner Leitentscheidung vom 18. Oktober 1910 (RGZ 74, 276 ff., 279) ausgeführt, ein GmbH-Gesellschafter sei bei dem Wahlakt, mit welchem er selbst zum Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt werden soll, von der Ausübung seines Stimmrechts nicht ausgeschlossen, auch wenn er damit eigene Interessen fördere. Grundsätzlich müsse nämlich davon ausgegangen werden, dass die Interessen von Gesellschaft und Gesellschafter gleichgerichtet seien. Die eigenen Interessen könne nämlich ein Gesellschafter am besten dadurch fördern, wenn er den Interessen seiner Gesellschaft diene. Dieser Rechtsprechung hat sich der Gesellschaftssenat des Bundesgerichtshofes bereits in seinem Urteil vom 29. September 1955 (BGHZ 18, 205 ff., 210) angeschlossen und zugleich auch die Lehre vom Sozialakt weiterentwickelt. Nach heutigem gesicherten Erkenntnisstand in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bezieht sich die Stimmrechtsenthaltungsvorschrift allein auf Rechtsgeschäfte, die die Gesellschaft mit einem ihrer Gesellschafter als einem Dritten abschließt, wogegen sie da nicht eingreift, wo der Gesellschafter sein Mitgliedsrecht ausübt. Ist ein Gesellschafter bei seiner Wahl zum Geschäftsführer nicht vom Stimmrecht ausgeschlossen, so kann er auch wegen der Einheitlichkeit und Untrennbarkeit der Verhältnisse an der Abstimmung über die ihm als Geschäftsführer zu zahlende Vergütung mitwirken (so wörtlich der II. Zivilsenat des BGH in seinem vorzitierten Urteil vom 29.09.1955 = BGHZ 18, 205; so auch Rowedder, GmbHG, 3. Aufl. 1997, Rn 61; Lutter-Hommelhoff, GmbHG, 16. Aufl. 2004, Rn 24 und Baumbach-Hueck, GmbHG, 17. Aufl. 2000, Rn 54, jeweils zu § 47; Baums, Der Geschäftsleitervertrag, 1987, Seite 143; Zöllner, Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht, 1963, Seite 200, Siegmund, Stimmverbote im GmbH-Recht, BB 1981, 1674 und van Look, Stimmverbot und körperschaftlicher Sozialakt in NJW 1991 Seite 152).
Den vorstehend umrissenen Gedankengang hat der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs nochmals argumentativ vertiefend bestätigt in seinem Urteil vom 9. Dezember 1968 (BGHZ 51, 209 ff.) und nochmals den Unterschied bei der Stimmenabgabe herausgearbeitet, der besteht zwischen einem Rechtsgeschäft, welches die Gesellschaft mit einem ihrer Gesellschafter abschließt und das sei seiner Art nach auch mit jedem Dritten hätte abschließen können, und den innergesellschaftlichen Angelegenheiten. Der Bundesgerichtshof weist unter Bezugnahme auf die Ausführungen von ... auch auf den Umstand hin, dass vor allem einem Mehrheitsgesellschafter nicht zugemutet werden könne, sich in der Frage, ob er Geschäftsführer werden solle, der Stimme zu enthalten und sich dem Willen der Minderheit zu beugen, obschon wegen der Stärke seiner Vermögensbeteiligung er das größte Anrecht darauf habe, die Geschicke der Gesellschaft mitbestimmen zu können. Im Ergebnis billigt damit die herrschende Meinung dem Recht des Gesellschafters zur Einflussnahme auf das Verbandsgeschehen eine größere Bedeutsamkeit zu als den Vermögensinteressen der einzelnen Gesellschafter und letztlich auch der Gesellschaft selbst.
Die gegen die ganz herrschende Meinung in der Literatur teilweise vorgetragenen Argumente (z. B. Immenga/Werner, Der Stimmrechtsausschluss eines GmbH-Gesellschafters in GmbH-Rundschau 1976 Seite 53 ff. - die Autoren vertreten die Auffassung, Bestellung des Gesellschafters zum Geschäftsführer und sein Anstellungsvertrag sollten nicht als ein einheitlich sozialrechtlicher Vorgang begriffen werden) vermögen den Senat nicht zu überzeugen. Gerade der vorliegende Fall zeigt, dass die Prämisse der höchstrichterlichen Rechtsprechung, im Allgemeinen sei bei einem Gesellschafter, der sich zum Geschäftsführer der Gesellschaft bestellen lasse, nicht zu befürchten, er werde seine eigenen Belange über die der Gesellschaft stellen, weshalb die Gefahren einer Schädigung von Gesellschaftsinteressen, denen § 47 Abs. 4 GmbHG mit seinem Stimmrechtsausschluss begegnen wolle, verhältnismäßig gering sei (so der BGH in seinem vorzitierten Urteil vom 09.12.1968 in BGHZ 51, 209, 216), zwar durchaus in Frage gestellt werden kann, aber dieser Konflikt nicht im Regelungsbereich des § 47 Abs. 4 GmbHG selbst gelöst werden kann. Würde man nämlich, worauf auch Iris Siegmund in ihrer Abhandlung €Stimmverbote im GmbH-Recht€ (BB 1981, Seite 1674 ff., 1677) hingewiesen hat, dem betroffenen und zum Geschäftsführer gewählten Gesellschafter die Stimmrechtsausübung bezüglich seines Anstellungsvertrages versagen, so könnte die Gesellschaft die Anstellungsbedingungen einseitig diktieren. Ist die Beschlussfassung über den Anstellungsvertrag nach Auffassung einzelner Gesellschafter inhaltlich unangemessen, weil der zum Geschäftsführer bestellte Gesellschafter einseitig seine persönlichen Interessen zu Lasten der Gesellschaftsinteressen durchzusetzen versucht, muss, wie hier, der Klageweg beschritten werden, um zu klären, ob der Gesellschafterbeschluss noch billigem Ermessen - Leitgedanke des § 315 BGB - entspricht (wie hier auch Rolf Wanke, Stimmrechtsausschluss im GmbH-Recht ZGR 1979, Seite 243).
b)
Der angefochtene Beschluss ist letztlich - auch dies sei hier nur der Vollständigkeit halber festgestellt - auch nicht deshalb für unwirksam zu erklären, weil die Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1) nicht selbst den Anstellungsvertrag mit dem Beklagten zu 2) geschlossen hat, sondern den Beklagten zu 2) nur ermächtigt hat, mit sich selbst einen Anstellungsvertrag abzuschließen. Aus § 46 Nr. 5 GmbHG folgt nämlich die Annexzuständigkeit der Gesellschafterversammlung für den Abschluss des Anstellungsvertrages. Der Beschlussfassung lag ein ausgearbeiteter Vertragsentwurf zur Abstimmung vor. Die Zustimmung zur Vornahme des Insichgeschäfts bezog sich mithin lediglich auf den vorgelegten Vertragsentwurf. Damit ist die Kompetenz zum Abschluss des Geschäftsführeranstellungsvertrages der Gesellschafterversammlung nicht entzogen worden.
c)
Mit dem Landgericht geht der Senat einig, dass der Beschluss inhaltlich unangemessen ist.
Die Frage der inhaltlichen Angemessenheit des hier zur Beurteilung anstehenden Anstellungsvertrages ist entgegen der vorgetragenen Rechtsansicht der Beklagten unabhängig von der Frage zu beantworten, ob der klägerische Zahlungsanspruch gegen den Beklagten zu 2) begründet ist oder nicht. Diese Feststellung folgt bereits aus der Tatsache, dass eine rechtlich zulässige Regelung, die in der Vergangenheit getroffen wurde, sich im Lichte der Erfahrungen als inadäquat für die Zukunft erweisen kann. Was in der Vergangenheit hingenommen wurde, braucht in Zukunft nicht unbedingt hingenommen zu werden.
Die inhaltliche Angemessenheit von Gesellschafter-Geschäftsführer-Bezügen war wiederholt Gegenstand von Urteilen und wissenschaftlicher Erörterungen. Die Frage nimmt im Besonderen in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung und Literatur einen breiten Raum ein und wird dort vor allem unter dem Gesichtspunkt der verdeckten Gewinnausschüttung erörtert. Nach dem Grundsatzurteil des BFH vom 16.03.1967 (BStBl III 1967 Seite 626) ist die Angemessenheit der Geschäftsführervergütung nicht mehr gewahrt, wenn die Gesellschaft ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte. Beurteilungskriterien sind Art und Umfang der Tätigkeit, die künftigen Ertragsaussichten des Unternehmens, das Verhältnis des Geschäftsführergehalts zum Gesamtgewinn und zur verbleibenden Kapitalverzinsung sowie Art und Höhe der Vergütungen, die gleichartige Betriebe ihren Geschäftsführern für entsprechende Leistungen gewähren. Nach dem Urteil des FG Baden-Württemberg vom 28.06.2001 zu Aktenzeichen 6 K 392/97 ist die Frage nach der Angemessenheit der Bezüge, die eine Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer bezahlt, im Wesentlichen eine Tat- und keine Rechtsfrage; es handele sich, so das Gericht, insoweit um eine Schätzung, d. h. um Schlussfolgerungen tatsächlicher Art. Der 6. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg setzt sich in dem vorzitierten Urteil nach eigener Einschätzung teilweise in Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes, wenn er sagt, dass die Angemessenheit von Geschäftsführerentgelten nicht nach festen Regeln zu beurteilen sei. Bei der Bemessung der Geschäftsführergehälter und deren Beurteilung sei dem Kaufmann ein erheblicher Ermessensspielraum eingeräumt, weshalb die vGA erst dann greife, wenn der Beurteilungsspielraum eindeutig überschritten sei (vgl. zu diesem Problemkreis auch Franz Wassermeyer, Rund um den GmbH-Geschäftsführer, Die Steuerberatung, 1997, Seite 529 ff.).
Der Senat hat sich indessen nicht mit der steuerrechtlichen Angemessenheit der Vergütung des Beklagten zu 2) zu befassen, weshalb der Hinweis der Beklagten darauf, dass die steuerliche Betriebsprüfung für den Zeitraum 1998 bis 2002 die tatsächlichen Bezüge des Beklagten zu 2), die dieser nach dem Inhalt des geänderten Anstellungsvertrages trotz der erklärten Anfechtung des Gesellschafterbeschlusses erhält, nicht beanstandet habe, ohne Entscheidungsrelevanz ist, sondern allein und ausschließlich mit der zivilrechtlichen Angemessenheit. Hierbei wird von dem Senat keinesfalls verkannt, dass die steuerliche Behandlung der Gesellschafter-Geschäftsführervergütung durchaus auch zivilrechtlich von Bedeutsamkeit sein kann (vgl. hierzu nur Scholz, GmbHG, 8. Aufl. 1993, Rn 174 ff. zu § 29). Der vorliegend zur Beurteilung anstehende Fall gibt jedoch keine Veranlassung, zu dieser Problematik Stellung zu nehmen, weil zum einen niemals zu befürchten stand, was im Übrigen die zeitlich spätere Betriebsprüfung auch belegt hat, dass dem Beklagten zu 2) nach der neuen Regelung ein steuerlich als vGA zu behandelnder Vermögensvorteil zukommt, und zum anderen sich die zivilrechtliche Unangemessenheit der Vergütungshöhe bereits aus anderen und nachstehend näher darzustellenden Gründen ergibt.
Für die Höhe der Vergütung eines Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH bestehen keine privatrechtlichen Vorgaben; im Besonderen greift auch § 87 Abs. 1 AktG analog nicht ein. Dies schon deshalb nicht, weil die Gesellschafter einer GmbH, anders als die Anteilseigner einer AG, bei der Vergütungsfindung mitwirken (vgl. Lutter-Hommelhoff a.a.O. Rn 31 Anhang § 6). Die Vergütung muss aber billigem Ermessen entsprechen.
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat in seinem Urteil vom 14. Mai 1990 (BGHZ 111, 224 ff.) hierzu ausgeführt:
Die einem als Geschäftsführer tätigen Gesellschafter gezahlte Vergütung muss deshalb, wie das Berufungsgericht ebenfalls richtig gesehen hat, angemessen sein. Sie darf in keinem Missverhältnis zu der vergüteten Leistung und damit zu dem Entgelt stehen, das ein Fremdgeschäftsführer für die gleiche Tätigkeit erhalten hätte. Freilich können solche Leistungen, für die es keine taxmäßige Vergütung gibt, recht unterschiedlich bewertet werden. Den Gesellschaftern, die selbst am besten beurteilen können, was es ihnen und ihrem Unternehmen wert ist, einen bestimmten Geschäftsführer zu gewinnen, bleibt dabei ein Ermessensspielraum, innerhalb dessen ein bestimmter Vergütungsbetrag nicht deswegen als unangemessen bezeichnet werden kann, weil eine andere Bemessung sich ebenso gut oder besser vertreten ließe.
Hierbei müssen, worauf der Bundesgerichtshof ebenfalls in seinem vorzitierten Urteil hingewiesen hat, die Besonderheiten des betroffenen Unternehmens berücksichtigt werden, weshalb eine umfassende Würdigung aller Umstände erforderlich ist. Die Angemessenheit der Vergütung ist sowohl unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgrundsatzes als auch unter dem Gesichtspunkt der unter den Gesellschaftern bestehenden Treuepflichten zu prüfen. Die Bezüge eines Gesellschafter-Geschäftsführers dürfen in keinem Missverhältnis zu der vergüteten Leistung und damit zu dem Entgelt stehen, das ein Fremdgeschäftsführer für die gleiche Tätigkeit erhalten hätte.
Der Senat würdigt den ihm unterbreiteten Sachverhalt tatrichterlich mit dem Landgericht, wie bereits oben schon festgestellt worden ist, dass die Vergütungshöhe unangemessen ist.
Die hiergegen beklagtenseits vorgebrachten Argumente greifen nicht durch; im Besonderen ist dem Landgericht auch kein Rechtsfehler anzulasten, wenn es im Ergebnis dem Sachverständigengutachten nicht gefolgt ist, wobei jedoch an dieser Stelle besonders darauf hinzuweisen ist, dass der Gutachter sich nur mit der Angemessenheit der Vergütung des Beklagten zu 2) in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer befasst hat, die der Beklagte zu 2) im Zeitraum 1992 bis 1996 bezog. Gleichwohl kommt seinen Ausführungen deshalb Entscheidungsrelevanz zu, weil mit der neuen Vergütungsregelung der Beklagte zu 2) weiterhin Gesamtbezüge in einer Höhe erhalten sollte, wie er sie auch in der Vergangenheit erhalten hatte. Das Verhältnis von Festgehalt zu Tantieme sollte mit der Neufassung seines Anstellungsvertrages allein geändert werden, um zu verhindern, dass auch noch in Zukunft Teile seiner Tantieme steuerlich als verdeckte Gewinnausschüttung behandelt werden würden. Die Beklagten beschreiben in ihrer Berufungsbegründung das Ergebnis dieser Operation wie folgt (Bl. 1537 d. A.):
€Resultat dieser geforderten Umwandlung war eine geringere Schwankungsbreite des jeweiligen Geschäftsführer-Gehalts. In €schlechten€ Jahren erhielt der Geschäftsführer eine im Vergleich zu dem früheren Zustand höhere, in €besseren€ Jahre eine niedrigere Vergütung.€
Die Beklagten gingen nach ihrem eigenen Vorbringen davon aus (vgl. Bl. 1538 d. A), dass die dem Beklagten zu 2) zugesagte Tantieme von 4,5 % betragsmäßig sich bis auf DM 600.000,00 belaufen werde, was bei dem zugesagten Festgehalt von 1,8 Mio. DM eine Gesamtvergütung von 2,4 Mio. DM (= € 1.227.100,50) ergibt.
Der gerichtlich bestellte Sachverständige hat die Bezüge des Beklagten zu 2) in der Vergangenheit einem internen und externen Betriebsvergleich unterzogen und hierbei festgestellt, dass der Beklagte zu 2) in den Jahren 1993 bis 1995 mehr verdiente, als die so genannte €300 Prozent-Grenze€ (darunter ist zu verstehen, dass der Geschäftsführer nicht mehr als 300 % des höchstbezahlten Angestellten im Unternehmen verdienen darf) es eigentlich zulasse. Auch der externe Betriebsvergleich belege, dass der Beklagte zu 2) 1993 bis 1995 zu den €absoluten Spitzenverdienern€ gehört habe. Der gerichtlich bestellte Sachverständige hat in seinem Gutachten das Kriterium der Angemessenheit dahingehend definiert, das angemessen eine €gerade noch€ dem Fremdvergleich standhaltende Geschäftsführervergütung sei. Diese Definition der Angemessenheit ist vorliegend indessen selbst unangemessen, weil sie die Besonderheiten des Unternehmens der Beklagten zu 1) außer Betracht lässt. Die Frage der Angemessenheit ist letztlich eine rechtliche Wertung, die allein der Richter vorzunehmen hat und nicht der Sachverständige. Als Gehilfe des Gerichts erschöpft sich die Aufgabe des Sachverständigen darin, die relevanten Tatsachen aufzuzeigen. Wenn das Gericht von dem Sachverständigen aufgezeigte Tatsachen aus Rechtsgründen anders bewertet als dieser selbst, so bedarf es entgegen Beklagtenauffassung nicht der Einholung eines Ergänzungsgutachtens.
Bei der Beklagten zu 1) handelt es sich um eine Familiengesellschaft, bei der erkennbar Interessengegensätze zwischen den einzelnen Gesellschaftern auszugleichen sind. Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes ist in seinem Urteil vom 5. Juni 1975 (BGHZ 65 Seite 15 ff., 18) ausdrücklich der Rechtsauffassung beigetreten, wonach nicht nur die Beziehungen zwischen den Gesellschaftern und der GmbH, sondern auch die der Gesellschafter untereinander von der gesellschaftlichen Treuepflicht bestimmt sein können. Der rechtfertigende Grund hierfür liege darin, so hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass bei der GmbH unbeschadet ihrer körperschaftlichen Verfassung die nähere Ausgestaltung ihrer Organisation und ihre wirtschaftliche Betätigung in erheblichem Maße dem unmittelbaren Einfluss ihrer Gesellschafter unterliegen, und die inneren Verhältnisse der GmbH daher auf eine deutliche Nähe zu der Personengesellschaft angelegt sein können. Dies ist bei der Beklagten zu 1) ersichtlich der Fall, was auch durch die Satzungsbestimmung in § 14 (Erbfolge) belegt wird. Der Kreis der Gesellschafter besteht aus Familienangehörigen; der Beklagte zu 2) übt einen bestimmenden Einfluss auf die Geschicke der Beklagten zu 1) aus. Ob vor diesem Hintergrund in einer wertenden Betrachtung auch schon der Lebensstandard der Familie des Beklagten zu 2) zu der finanziellen Ausstattung der Klägerin mit einzubeziehen ist, die immerhin 25 % Anteile an einer Firma hält, die sich für fähig erachtet, eine Millionenvergütung ihrem Geschäftsführer zu zahlen, kann dahingestellt bleiben, weil bereits die Strukturveränderung der Vergütungsfindung in dem Geschäftsführeranstellungsvertrag selbst unangemessen ist und berechtigte Belange der Klägerin verletzt. Gegenüber dem ursprünglichen Anstellungsvertrag ist der Vergütungsbestandteil, welcher vom Erfolg des Unternehmens abhängig ist, drastisch herabgesetzt worden. Der der Beschlussfassung zugrunde liegende Vertragsentwurf verändert die Gewichte völlig. Diese Gewichtsveränderung führt zu einer hohen finanziellen Belastung der Beklagten zu 1), die dem Beklagten zu 2) auch dann noch so hohe Gehälter zahlen muss, wenn die Gewinnsituation einbricht, so dass damit auch der verteilungsfähige Gewinn insgesamt in einer Weise tangiert wird, die die Klägerin als Minderheitsgesellschafterin nicht hinzunehmen braucht. Der hohe Festanteil des Gehalts, der keine Neufestsetzung nach unten bis zum 31.12.1999 erlaubte, beeinflusst das Geschäftsergebnis der Beklagten zu 1) signifikant und damit auch ihre Ausschüttungsfähigkeit. Der hohe Gehaltsaufwand für den Beklagten zu 2) schmälert die EK-Kennziffer der Beklagten zu 1) und kann nach Senatsansicht durchaus in Verhandlungen der Beklagten zu 1) mit Kreditinstituten negativ - €Selbstbedienungsmentalität€ - bewertet werden. Die landgerichtlichen Ausführungen in diesem Zusammenhang sind sachgerecht, denn bei der Festsetzung der Bezüge des Gesellschafter-Geschäftsführers darf zumindest bei familiär verbundenen Gesellschaftern auch die Ausschüttungsfähigkeit der Gesellschaft nicht völlig aus dem Auge verloren werden. Auch die nicht an der Geschäftsführung beteiligten Gesellschafter müssen angemessen am geschäftlichen Erfolg der Gesellschaft partizipieren können.
Wenn sicherlich auch gesagt werden kann, dass das Festgehalt des Beklagten zu 2) (DM 213.600,00) nach der letzten rechtswirksamen Fassung seines Anstellungsvertrages wahrscheinlich zu niedrig bemessen war, so kann diese Tatsache gleichwohl nicht rechtfertigen, dass der Beklagte zu 2) dem gegenüber mehr als das Achtfache als Festgehalt erhalten soll. Obwohl nach der BFH-Leitentscheidung 25 % der Bezüge des Gesellschafter-Geschäftsführers variabel und damit erfolgsabhängig gestaltet werden können (wobei Wassermeyer - Die Steuerberatung, 1997, Seite 529 ff. - unter Bezugnahme auf die BFH-Entscheidung vom 23.10.1996 darauf verweist, dass die Nichteinhaltung des Verhältnissatzes 1 zu 3 nicht unwiderlegbar eine vGA vermutet, sondern nur ein Indiz für eine vGA begründet), ist hier vorgezogen worden, den variablen Anteil von 20 % auf 4,5 % €herunterzufahren€. Darüber hinaus sollte auch das Festgehalt des Beklagten zu 2) sich zum 01.01.1998 und zum 01.01.1999 jeweils um 4 % erhöhen, also auf DM 1.872.000,00 bzw. auf DM 1.946.880,00, ohne eine irgendwie geartete Rückkoppelung zum Betriebsergebnis. Selbst bei einem wirtschaftlichen Einbruch der Beklagten zu 1) sollte nach dem Vertragstext der Beklagte zu 2) weiterhin Bezüge in dieser außergewöhnlichen Höhe beziehen.
Bezog der Beklagte zu 2) bis zur hier streitgegenständlichen Beschlussfassung seine Bezüge überwiegend erfolgsabhängig (ausweislich der Präambel des Änderungsvertrags zum Geschäftsführeranstellungsvertrag vom 28.12.1992 erhielt der Beklagte 1995 neben seinem Grundgehalt von DM 211.200,00 DM 3.756.000,00 Tantieme), so sollte dies fortan genau umgekehrt sein. Wenn auch nicht verkannt werden kann, dass der Anstoß für die Strukturveränderung von außen kam (gemeint ist die steuerliche Behandlung seiner Tantieme), so ist gleichwohl das Festgehalt deutlich überzogen. Das Finanzgericht Baden-Württemberg zitiert in seinem Urteil vom 28.06.2001 zu Aktenzeichen 6 K 392/97 die Untersuchung von Kienbaum, nach der 1995 bei den so genannten großen GmbHs nur 18 % der Geschäftsführer mehr als DM 500.000,00 und nur 8 % mehr als DM 700.000,00 verdienten. Die Untersuchungen der Bundessteuerkammer für 1995 ergeben, dass bei den großen GmbHs nur sehr wenige Geschäftsführer im Gehaltsbereich von 1,5 bis 2 Mio. DM angesiedelt waren. Um die Bewertung der Tantiemezahlungen an den Beklagten zu 2) als teilweise verdeckte Gewinnausschüttung durch die Steuerbehörde zu vermeiden, hätte es ausgereicht, den Festgeldbestandteil maßvoll und in einem ausgewogenen Verhältnis auch im externen Betriebsvergleich zu erhöhen, ohne in die Struktur der Vergütungsfindung eingreifen zu müssen - und dies auch noch gegen den erklärten Willen der Minderheitsgesellschafterin, der Klägerin. Die Höhe des Festgehalts widerstreitet letztlich den betrieblichen Erfordernissen einer hohen Kapitalausstattung, worauf die Beklagte zu 1) in anderem Zusammenhang immer wieder hingewiesen hat. Schließlich hat das Landgericht in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zu Recht auch noch darauf hingewiesen, dass durch die Neuregelung der Vergütung die Klägerin noch weniger als schon in der Vergangenheit am Erfolg des Unternehmens partizipieren kann.
2. Beschluss vom 12.12.1996 zu TOP 3 - gerichtliche Geltendmachung der Darlehensrückzahlungsansprüche -, Ziffer 2 der Urteilsentscheidungsformel
Das Landgericht hat in dem angefochtenen Urteil zu Recht festgestellt, dass der Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 12.12.1996 zu TOP 3, die Rückzahlung der der Klägerin gewährten Darlehen im Klagewege geltend zu machen, gegen die gesellschaftlichen Treuepflichten der Gesellschaft und ihrer Gesellschafter verstößt.
Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 28. Januar 1998 zu Aktenzeichen 13 U 157/97 im einstweiligen Verfügungsverfahren ausgeführt, der ihm damals bereits unterbreitete Sachverhalt spreche dafür, dass die die Mehrheit der Anteile haltenden Gesellschafter der Beklagten zu 1) unter Verstoß gegen ihre Treuepflichten und gegen das Rücksichtnahmegebot die Anweisung erteilt hätten, dass die Beklagte zu 1) die Darlehensrückzahlungsansprüche gerichtlich geltend machen solle.
Die hiergegen vorgebrachten Einwände beklagtenseits sind nicht begründet, auch wenn der Berufung zuzugeben ist, dass die landgerichtliche Feststellung, der Beklagten zu 1) sei es möglich gewesen, in dem hier interessierenden Zeitraum von 1992 bis 1995 Gewinne auszuschütten, nur wenig in Einklang mit der betriebswirtschaftlichen Analyse des Sachverständigen zu bringen ist. Entscheidend in diesem Zusammenhang aber ist die unstreitige Tatsache, dass die Beklagte zu 1) im operativen Geschäft nicht unbeträchtliche Überschüsse erzielte, was sich auch in den hohen Tantiemezahlungen an den Beklagten zu 2) niedergeschlagen hat. Die Überlegung des Sachverständigen in seinem Gutachten, betriebswirtschaftliche Überlegungen sprächen für eine Thesaurierung der Gewinne, sind für die hier zu beurteilende Frage nach der Rechtswirksamkeit des Beschlusses letztlich nicht zielführend, weshalb nicht in eine Erörterung der Rechtsfrage eingetreten werden muss, ob nicht wegen der berechtigten Belange der Klägerin am Erfolg des Unternehmens auch durch Barausschüttungen partizipieren zu können, Ausschüttungen - in welcher Höhe letztlich auch immer - gleichwohl vertretbar erscheinen. Schon in seinem vorzitierten Urteil hat der Senat darauf hingewiesen, dass die Beklagte zu 1) nicht berechtigt ist, die der Klägerin gewährten Darlehen zur Unzeit zurückzufordern und der Klägerin ein angemessener Zeitraum einzuräumen ist, binnen dessen sie sich auf die Rückzahlung einstellen kann. Der angefochtene Beschluss wurde zur Unzeit gefasst, denn einerseits gab es für die Beklagte zu 1) keine Notwendigkeit, die ausgekehrten Darlehensvaluta zurückzufordern - die Beklagte zu 1) befand sich in keinen Liquiditätsschwierigkeiten - während andererseits die Klägerin - für ihre Mitgesellschafter deutlich erkennbar - nicht in der Lage war, die Darlehen sofort zurückzuzahlen, weshalb zumindest ein Verdacht nicht von der Hand zu weisen sein dürfte, dass gleichsam auf den Geschäftsanteil der Klägerin Zugriff genommen werden sollte.
Der Beklagte zu 2) und dessen Ehefrau wiesen in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter der Beklagten zu 1) in dem klägerseits angefochtenen Beschluss vom 12.12.1996 die Geschäftsführung der Beklagten zu 1) an, €die Darlehensansprüche der Gesellschaft€ geltend zu machen. Zu diesen Darlehen gehört auch das so genannte €...-Darlehen€, dessen Aufnahme durch die Klägerin betrieblich veranlasst war und diesbezüglich auch eine Tilgungsvereinbarung dergestalt getroffen wurde, dass das Darlehen aus den Gewinnausschüttungen getilgt werden sollte. Wenn die Mehrheit der Gesellschafter der Beklagten zu 1) die Thesaurierung gegenüber der Ausschüttung präferiert, so dürfen sie in Kenntnis der wirtschaftlichen Situation der Klägerin nicht zugleich alle Darlehen - im Besonderen auch das ...-Darlehen -, zeitgleich zurückfordern. Der Beschluss ist ein einheitlicher, weshalb die Anfechtung bereits dann als durchgreifend anzusehen ist, wenn er sich nur in Bezug auf das ...-Darlehen als unangemessen darstellt, was ersichtlich der Fall ist, denn er verstößt ersichtlich gegen bestehende Treue- und Rücksichtnahmepflichten. Zugleich trägt dieser Beschluss auch nicht der einstmals getroffenen Tilgungsbestimmung Rechnung. Mit Ausnahme des letzten Darlehens, welches zum privaten Immobilienerwerb eingesetzt wurde, hat sich die Klägerin nur aus Gründen der Firmenpolitik verschuldet, worauf das Landgericht ebenfalls zutreffend in dem angefochtenen Urteil hingewiesen hat und weshalb hierauf Bezug genommen wird.
Selbst wenn der hier vertretenen Rechtsauffassung, die Wirkungen der erklärten Anfechtung ließen sich nicht auf Teile des Beschlussinhaltes beschränken und das so genannte Hausdarlehen könne deshalb keiner gesonderten Betrachtung zugänglich sein, nicht zu folgen wäre, würde sich letztlich im Ergebnis nichts ändern, denn auch die Kündigung des letztgenannten Darlehens erfolgte aus den vorstehenden Gründen zur Unzeit. Die Beklagte zu 1) war auf die Rückführung des Darlehens finanziell nicht angewiesen, während die Klägerin in der Gefahr steht, schon allein durch die Fälligstellung dieses so genannten Hausdarlehens ihr Heim zu verlieren. Gehalts- und Ausschüttungspolitik der Beklagten zu 1) haben im Ergebnis letztlich dazu geführt, dass nur der Beklagte zu 2) und seine Familie, nicht aber die Klägerin, auch im privaten Lebensstandard von der rasanten Aufwärtsentwicklung der Beklagten zu 1) profitieren konnten. Die Beteiligung an einer Gesellschaft ist kein Selbstzweck. Gesetzlich anerkanntes Ziel eines Gesellschafters ist es (vgl. § 29 Abs. 1 GmbHG), den Jahresüberschuss auch für sich persönlich verwenden zu können. Dem mitgliedschaftlichen Gewinnanspruch des Gesellschafters kommt eine große Bedeutsamkeit zu. Auch wenn in § 11 der Satzung der Beklagten zu 1) das gesetzliche Vollausschüttungsgebot eingeschränkt wird, so muss hier in einer wertenden Betrachtung sehr wohl die Tatsache gesehen werden, dass aufgrund nicht erfolgter Ausschüttungen die Klägerin wirtschaftlich nicht in der Lage ist, ihre Darlehensschulden zu tilgen. Wird letztlich auch noch einerseits berücksichtigt, dass bei einer Familiengesellschaft sich rein ökonomisches Handeln zumindest dann verbietet, wenn damit erhebliche Interessen eines Gesellschafters nachhaltig tangiert werden, und andererseits in Betracht gezogen wird, dass sich Teile der Vergütung des Beklagten zu 2) steuerlich wie eine Bargewinnausschüttung darstellen, so wird deutlich, dass auch das Hausdarlehen damals nicht sofort zurückgefordert werden durfte.
3. Beschlüsse vom 9. November 1998 zu TOP 4 und TOP 5 - Feststellung und Verwendung des Jahresergebnisses 1997 -, Urteilsausspruch zu Ziffer 4 und 5 der Entscheidungsformel
Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass der in Frage stehende Jahresabschluss fehlerhaft ist, woraus auch die Fehlerhaftigkeit des Verwendungsbeschlusses folgt. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe in dem angefochtenen Urteil Bezug und weist ergänzend auf Folgendes hin: Durch die Nichtannahme der Revision durch den Bundesgerichtshof ist das Senatsurteil vom 30. Januar 2002 zu Aktenzeichen 13 U 99/98 in Rechtskraft erwachsen. Damit steht für die Parteien zugleich bindend fest, dass die Bestellung der D zum Abschlussprüfer unwirksam war mit der Folge, dass sich der Jahresabschluss 1997 als ungeprüft darstellt. Da die Beschlüsse vom 09.11.1998 - anders als die Beschlüsse vom 04.11.1999 - noch nicht ersetzt worden sind, besteht das Rechtsschutzinteresse der Klägerin fort. Fest steht auch die Fehlerhaftigkeit des Jahresabschlusses 1996. Diese Fehlerhaftigkeit setzt sich beim Jahresabschluss 1997 notwendigerweise fort, weil die Immobilie, für die rechtsfehlerhaft im Jahre 1996 die Sonderabschreibungsmöglichkeiten nach dem Fördergebietsgesetz genutzt wurden, in der Ausgangshandelsbilanz 1997 deshalb mit einem zu niedrigen Wert angesetzt wurde. Soweit in dem hier interessierenden Geschäftsjahr 1997 erneut für diese Immobilie Sonderabschreibungen vorgenommen wurden, leidet diese Vorgehensweise an den gleichen inhaltlichen Mängeln, die der Senat bereits in seinem rechtskräftigen Urteil betreffend Geschäftsjahr 1996 festgestellt hat. Eine Interessenabwägung bezüglich des bilanziellen Ansatzes ist nicht belegt. Soweit die Beklagten nunmehr erstmals im vorliegenden Verfahren und auch erstmals in der Berufungsinstanz, ohne jedoch auf Einzelheiten einzugehen, behaupten, eine Abwägung hätte dergestalt stattgefunden, dass die Mitgesellschafter der Klägerin dieser zugesichert hätten, was diese indessen ausdrücklich bestreitet, im Falle einer Kündigung das ihr zustehende Abfindungsguthaben unter Begradigung der Fördergebietsabschreibung zu ermitteln, ist dieser Vortrag schon einmal aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht zu berücksichtigen (§ 531 Abs. 1 ZPO). Im Übrigen ist die bestrittene Richtigkeit des Vorbringens nicht unter Beweis gestellt. Zum anderen hätte eine solche Willensbildung, so sie denn überhaupt stattgefunden haben sollte, formal als Änderung der Regelungen in §§ 15, 16 der Satzung der Beklagten zu 1) dokumentiert werden müssen.
4. Beschlüsse vom 04.11.1999 zu TOP 4 und 5 - Feststellung und Verwendung des Jahresergebnisses 1998 -, Urteilsausspruch zu Ziffer 6 und 7 in der Entscheidungsformel
Die Parteien haben insoweit im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 24. November 2004 die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt und widerstreitende Kostenanträge gestellt (vgl. Bl. 1657 d. A.). Ohne das erledigende Ereignis - Ersetzung der Beschlüsse durch neue Beschlussfassung am 1. Oktober 2001 - wäre die Berufung der Beklagten aus den vorstehenden Gründen zu I. 3. ebenfalls unbegründet gewesen, weshalb die Kosten die Beklagte zu 1) insoweit gemäß § 91 a Abs. 1 ZPO zu tragen hat.
II.
Zur Berufung des Beklagten zu 2)
Die statthafte und zulässige Berufung des Beklagten zu 2) ist begründet, weshalb unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu Ziffer 3 in der Entscheidungsformel die Klage der Klägerin auf Zahlung von DM 183.000,00 nebst Zinsen abzuweisen war.
1.
Das Landgericht hat zur Begründung, weshalb es das Klagebegehren insoweit für gerechtfertigt erachtet, ausgeführt, der Beklagte zu 2) habe in den Jahren 1993 bis 1995 überhöhte Vergütungen in Höhe von jeweils DM 61.000,00 bezogen. Diesen Bezügen fehle eine Rechtsgrundlage, weshalb der Beklagte zu 2) sie nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen der Beklagten zu 1) zurückzuzahlen habe. In diesem Zusammenhang hat das Landgericht auch auf § 17 der Satzung der Beklagten zu 1)
§ 17
Der oder die Geschäftsführer der Gesellschaft sind nicht berechtigt, einem Gesellschafter oder einer Person oder einer Gesellschaft, die einem Gesellschafter nahe steht, einen handelsüblich unangemessenen, nicht genehmigten und steuerlich nicht anerkannten Vorteil zu gewähren. Im Falle der Zuwiderhandlung hat der Gesellschafter oder die ihm nahe stehende Person oder Gesellschaft den zugewendeten Vorteil einschließlich Zinsen zurückzuerstatten oder wertmäßig zu ersetzen.
verwiesen. Ob vor diesem Hintergrund die Beklagte zu 1) ihrem Geschäftsführer, dem Beklagten zu 2), im Wege des Abschlusses des Geschäftsführeranstellungsvertrages einen handelsüblich unangemessenen und steuerlich nicht anerkannten Vorteil gewähren durfte, wenn er, der Vorteil, nur von der Gesellschafterversammlung mit der satzungsmäßigen Mehrheit genehmigt worden sei, brauche deshalb nicht entschieden zu werden, weil die Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1) einer solchen Vorteilsgewährung jedenfalls nicht zugestimmt habe. Voraussetzung der Bewertung des Abstimmungsverhaltens aller Gesellschafter als Zustimmung in diesem Sinne wäre in jedem Falle gewesen, dass den Gesellschaftern bekannt gewesen wäre oder sie zumindest bewusst billigend in Kauf genommen hätten, dass der den Beklagten zu 2) über die Tantiemeregelung eingeräumte Vorteil handelsüblich unangemessen sei und steuerlich nicht anerkannt werde.
2.
Die vorstehenden Ausführungen des Landgerichtes halten einer rechtlichen Überprüfung durch das Berufungsgericht nicht Stand.
Die hier streitgegenständlichen Bezüge erhielt der Beklagte zu 2) in Übereinstimmung und auf Grundlage seines Gesellschafter-Geschäftsführer-Anstellungsvertrages, dessen Bedingungen allseits zugestimmt worden war. Der Geschäftsführeranstellungsvertrag ist nicht nichtig. Ein Verstoß gegen § 134 BGB scheidet ersichtlich aus, weil keine Auszahlungsverbote (§ 30 GmbHG) verletzt worden sind. Auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 138 BGB liegen nicht vor. Nur ein Gesellschafterbeschluss, der in €rücksichtsloser Verfolgung eigennütziger Zwecke unter gleichzeitiger weitestgehender Zurückdrängung der Gesellschafterrechte€ eines Mitgesellschafters, mithin zu dessen Schädigung veranlasst und durchgesetzt werden soll und damit den Treuepflichten widerstreitet, steht nach gesichertem Erkenntnisstand in der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. Urteil des II. ZS des BGH vom 08.12.1954 in BGH 15, 389) in Widerspruch zum allgemeinen Gebot der guten Sitten. Die vorstehend aufgezeigten Voraussetzungen lägen nicht vor - und werden selbst klägerseits nicht einmal behauptet - als der hier maßgebliche Anstellungsvertrag zwischen Beklagten zu 1) und Beklagten zu 2) geschlossen wurde. Die Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäfts bestimmt sich nach dem Zeitpunkt seiner Vornahme. Im Besonderen kann die prozentuale Höhe des Gewinnanteils des Beklagten zu 2), welcher als Gehaltsbestandteil behandelt wurde, nicht beanstandet werden. Die Rechtstatsachen, die das Finanzgericht Baden-Württemberg in seinem vorzitierten Urteil vom 28. Juni 2001 referiert, belegen, dass selbst Gewinntantiemen von 30 % noch damals durchaus vorkamen. Auch wenn das Landgericht nicht, was geboten erscheint, unterschieden hat zwischen dem Prozentsatz der Tantieme und ihrer betragsmäßigen Höhe, so wird doch deutlich, dass das Landgericht auf die absolute Betragshöhe selbst abgestellt hat. Im Dezember 1992 mussten die Vertragsschließenden nach Aktenstand trotz fehlender Deckelung der dem Beklagten zu 2) zu zahlenden Tantieme nicht davon ausgehen, dass die Gesamtausstattung des Beklagten zu 2) von der Finanzverwaltung zeitlich später teilweise als verdeckte Gewinnausschüttung gewertet werden würde und deshalb der Beklagten zu 1) als auch der Klägerin Nachteile entstehen würden. Für eine Schädigungsabsicht fehlt jeder Anhaltspunkt.
Am 29. Dezember 1992 waren sich nach Dokumentenlage alle Beteiligten über die Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung im Geschäftsführeranstellungsvertrag einig. Grundsätzlich ist ein von den Beteiligten selbst gefundenes Ergebnis von der Rechtsordnung anzuerkennen. Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in seinem vorzitierten Urteil vom 14. Mai 1990 (BGHZ 111, 227) zu Recht darauf hingewiesen, dass die Gesellschafter selbst am besten beurteilen könnten, was es ihnen und ihrem Unternehmen wert sei, einen bestimmten Gesellschafter als Geschäftsführer zu gewinnen, weshalb ihnen ein Ermessensspielraum einzuräumen sei, innerhalb dessen ein bestimmter Vergütungsbetrag nicht deswegen als unangemessen bezeichnet werden könne, weil eine andere Bemessung sich ebenso gut oder sogar besser vertreten lasse.
Ein Rückforderungsanspruch der Gesellschaft, den die Klägerin vorliegend in der Form der actio pro societate geltend macht, lässt sich auch nicht damit begründen, dass die Finanzverwaltung in dem hier relevanten Zeitraum die Vergütung des Beklagten zu 2) als unangemessen bewertet hat und vom Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung ausgegangen ist.
Wenn die Finanzverwaltung eine verdeckte Gewinnausschüttung festgestellt hat, so ist damit naturgemäß eine steuerrechtliche vGA gemeint, die indessen von einer gesellschaftsrechtlichen verdeckten Gewinnausschüttung zu unterscheiden ist. Letztere zielt auf die Erfassung von Vermögensverschiebungen zwischen der Gesellschaft und einem Gesellschafter bzw. einer ihm nahe stehenden Person ab, allerdings unter dem Aspekt, dass mit einer solchen Zuwendung die Gefahr einer Beeinträchtigung der Vermögensinteressen anderer Gesellschafter, häufig die der Minderheitsgesellschafter, verbunden ist. Nicht Gegenstand der Betrachtung der vGA im gesellschaftsrechtlichen Bereich ist daher die Feststellung des körperschaftsteuerpflichtigen Gewinns der Gesellschaft. Steuerrechtlich gilt es indessen, den Gewinn der Kapitalgesellschaft zu ermitteln - unverkürzt durch Vorgänge, die als Gewinnverwendung zu qualifizieren sind. Zivilrechtlich gilt es, die Kapitalbasis der Gesellschaft vor Vermögensverlagerung zu schützen, durch die Gläubiger und/oder Gesellschafter beeinträchtigt werden, die von der Verlagerung keinen Vorteil haben. Die unterschiedliche Zielsetzung gesellschaftsrechtlicher und steuerrechtlicher verdeckter Gewinnausschüttung verbietet es, allein von der steuerrechtlichen Beanstandung der Vergütung auf die zivilrechtliche Unwirksamkeit des Anstellungsvertrages, Rechtsgrundlage der Vergütung, zu schließen. Hierbei wird nicht verkannt, dass eine steuerrechtlich relevante vGA erheblich in die Gewinnverteilungskompetenz der Gesellschafterversammlung eingreift und daher grundsätzlich auch handelsrechtlich zu missbilligen ist. Dies ist auch der Grund dafür, dass vielfach in GmbH-Satzungen Bestimmungen enthalten sind, die die Verpflichtung zur Rückgewähr von Bezügen statuieren, die steuerrechtlich als vGA gewertet wurden. § 17 der Satzung der Beklagten zu 1) statuiert indessen eine solche Verpflichtung nicht. Bereits von dem vorzitierten Wortlaut her erfasst die Vertragsbestimmung nicht den Fall, dass die Gesellschafterversammlung einem Gesellschafter einen Vorteil zukommen lässt. Gegen eine erweiternde Auslegung spricht zumindest der Gesichtspunkt, dass es den Gesellschaftern bei Einstimmigkeit in der Beschlussfassung im Rahmen der Privatautonomie freisteht, welche Sondervorteile sie einem von ihnen gewähren. Wird die Ratio der Satzungsbestimmung gerade darin gesehen, wie der Senat meint, dass sie nur den Gefahren wehren soll, die der Gesellschaft durch das Handeln ihres Geschäftsführers drohen können, zumal wenn dieser von dem Verbot des Selbstkontrahierens befreit ist - wie hier -, verbietet sich gleichfalls eine erweiternde Auslegung, weil dann die Satzungsbestimmung nicht die Gesellschafter vor eigenen und ihnen nachteiligen Entscheidungen schützen soll.
Enthält der Anstellungsvertrag mithin keine Bestimmung - so genannte €Steuerklausel€ -, aufgrund derer der Beklagte zu 2) zur Zurückzahlung der Gehaltsbestandteile verpflichtet ist, die die Finanzverwaltung als vGA qualifiziert hat, und ist er, der Anstellungsvertrag, im Übrigen rechtswirksam, scheidet § 812 BGB als Anspruchsgrundlage für das Klagebegehren aus. Auch § 31 GmbHG analog kommt vorliegend als mögliche Anspruchsgrundlage schon deshalb nicht in Betracht, weil es hier nicht um die Kapitalerhaltungsinteressen der Gesellschaft und ihrer Gläubiger geht, sondern allein um einen Binnenausgleich der Gesellschafter der Beklagten zu 1). Auch der Gedanke der oben angesprochenen Kompetenzwidrigkeit führt hier nicht weiter, weil alle Gesellschafter, also im Besondern auch die Klägerin, einstimmig der in Frage stehenden Vergütungsregelung zugestimmt haben.
3.
Soweit die Klägerin in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 06.12.2004 das Zahlungsverlangen nunmehr in Abkehr zu ihrem bisherigen Vorbringen mit der Erwägung begründet, der Beklagte zu 2) sei mindestens um DM 183.000,00 des Umstandes willen ungerechtfertigt bereichert, weil er über die Geschäftsführerbezüge hinausgehend, deren teilweise Rückerstattung bislang die Klägerin begehrte, einen weiteren geldwerten Vorteil dergestalt erlangt habe, dass ihm Körperschaftssteuerguthaben erteilt worden seien, rechtfertigt dies keine Wiedereröffnung der bereits geschlossenen mündlichen Verhandlung und war deshalb nicht zu berücksichtigen (§ 156 ZPO). Der Senat hat die mündliche Verhandlung nicht vorschnell geschlossen. Die Klägerin weist selbst darauf hin, dass sie bereits in der Berufungserwiderung (dort auf Seite 17, Bl. 1575 d. A.) ausgeführt habe, der der Beklagten zu 1) entstandene körperschaftssteuerliche Mehraufwand von annähernd 2,9 Mio. DM sei teilweise €in Form eines anrechnungsfähigen Körperschaftssteuerguthabens€ - welcher indessen nicht beziffert wurde - wieder dem Beklagten zu 2) zugeflossen. Die Klägerin hat diese schon immer vorhandene Erkenntnis während der mündlichen Verhandlung nicht zum Anlass genommen, das Zahlungsbegehren auch auf diesen Umstand zu stützen.
Im Übrigen ist das neue und bei der Urteilsfällung nicht mehr zu berücksichtigende Vorbringen der Klägerin rechtlich als Klageänderung im Sinne des § 263 ZPO zu qualifizieren, weil sich der Streitgegenstand ändert. Wollte die Klägerin zunächst Vergütungsanteile zurückfordern, möchte sie nunmehr steuerliche Vorteile kondizieren. Die Zulässigkeit einer Klageänderung in der Berufungsinstanz ist von weiteren und besonderen Voraussetzungen abhängig (§ 533 ZPO). Schon die Zulässigkeitsvoraussetzung der Sachdienlichkeit ist vorliegend nicht gegeben, weil die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach Senatansicht hier nicht sachdienlich ist. Auch wenn die Prozessparteien nachhaltig zerstritten sind und weitere gerichtliche Auseinandersetzungen zwischen ihnen zu erwarten stehen, muss doch die €Wohltat einer Rechtsbefriedung€ in e i n e m, nämlich diesem gerichtlichen Verfahren gesehen werden.
III.
Weitere Entscheidungen
1.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 91 a Abs. 1, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 100 ZPO. Soweit die Parteien jeweils in der Hauptsache unterliegen, haben sie die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Der Beklagte zu 2) obsiegt vollumfänglich. Die Berufung der Beklagten zu 1) war, soweit über sie kontradiktorisch zu entscheiden war, zurückzuweisen, weshalb die Berufungskosten insoweit der Beklagten zu 1) zur Last fallen. Soweit die Prozessparteien die Hauptsache teilweise für erledigt erklärt haben, fallen, wie oben bereits ausgeführt, die Kosten insoweit ebenfalls der Beklagten zu 1) zur Last, weil sie ohne Eintritt des erledigenden Ereignisses unterlegen wäre. Die Gerichtskosten haben sich die Parteien im Verhältnis ihres wechselseitigen Obsiegens und Unterliegens zu teilen. Letztlich hatte die Kostenentscheidung auch zu berücksichtigen gehabt, dass das Landgericht bereits die Klage der Klägerin teilweise abgewiesen hatte und dieser Streitteil nicht mehr bei dem Berufungsgericht anfiel.
2.
Die Revision gegen dieses Urteil war nicht zuzulassen, denn die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.
Das Urteil beruht auf einer tatrichterlichen Würdigung unter Anwendung der Grundsätze, die die höchstrichterliche Rechtsprechung herausgearbeitet hat und weicht von diesen im Besonderen nicht ab. Der vorliegenden Rechtssache ist auch eine grundsätzliche Bedeutung abzusprechen, weil sie keine entscheidungserheblichen klärungsbedürftigen und klärungsfähigen Rechtsfragen aufwirft, welche sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen können. Interessen der Allgemeinheit sind nicht berührt. Letztlich erfordert auch nicht die Fortbildung des Rechts die Zulassung der Revision, weil der Sachverhalt ungeeignet ist, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen (vgl. hierzu u. a. die Beschlüsse des V. ZS des BGH vom 29.05. und 04.07.2002 in NJW 2002 Seite 2473 und 2957, sowie Beschluss des XI. ZS des BGH vom 11.05.2004 in NJW 2004 Seite 2222).
3.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Ziffer 10, 711 ZPO. Auch wenn das Berufungsgericht die Revision nicht zugelassen hat, liegen die Voraussetzungen des § 713 ZPO, nach denen Schutzanordnungen unterbleiben können, deshalb nicht vor, weil der Senat die Möglichkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 ZPO in Betracht zu ziehen hatte.
OLG Frankfurt am Main:
Urteil v. 22.12.2004
Az: 13 U 177/02
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/2004157646f0/OLG-Frankfurt-am-Main_Urteil_vom_22-Dezember-2004_Az_13-U-177-02