Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. Mai 2003
Aktenzeichen: 27 W (pat) 177/01
(BPatG: Beschluss v. 13.05.2003, Az.: 27 W (pat) 177/01)
Tenor
Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 28. September 2001 aufgehoben.
Gründe
I Die Bezeichnung Open Airwar als Wortmarke für die Waren
"Elektrotechnische und elektronische Geräte für die drahtlose und drahtgebundene Übertragung von Nachrichten, Signalen, Daten sowie Aufnahme-, Sende-, Vermittlungs-, Empfangs- und Verarbeitungsgeräte hierfür, insbesondere Fernsprechapparate; Modems; Schallwandler; Tonaufnahme- und -wiedergabegeräte; Geräte für die Informationstechnik; drahtlose Fernabfrage- und -steuergeräte; elektronische Bauelemente und daraus zusammengesetzte Baugruppen; elektrische und elektronische Ablesegeräte"
zur Eintragung in das Register angemeldet worden.
Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat mit Beschluss vom 28. September 2001 die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Die aus dem Englischen stammende Wortfolge "Open Air" sei auch in Deutschland für Veranstaltungen unter freiem Himmel geläufig und zu einem feststehenden kulturellen Begriff geworden. Da er jedermann verständlich sei, werde er in Verbindung mit den beanspruchten Waren vom Verkehr nur als Hinweis darauf verstanden, dass es sich bei ihnen um Geräte für Open-Air-Veranstaltungen handele. Die angemeldete Marke sei daher als rein beschreibende Sachangabe mangels der erforderlichen Unterscheidungskraft nicht eintragbar.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Ihrer Ansicht nach ist es zwar richtig, dass der Begriff in erster Linie zur Bezeichnung von Freiluft-Veranstaltungen geläufig sei; wegen der unterschiedlichen Bedeutungsgehalte seiner Bestandteile sei er aber mehrdeutig und ermögliche daher Assoziationen in verschiedene Richtungen. Darüber hinaus gebe es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Wortfolge "Open Air" in Zusammenhang mit den beanspruchten Waren bereits benutzt worden sei. Die mit einem "positiven Image" im Sinne von Freizeit, Sommer, Aufenthalt im Freien versehene angemeldete Bezeichnung lasse keine unmittelbaren Rückschlüsse auf Merkmale der beanspruchten elektrischen und elektronischen Geräte zu, weshalb sie diese nicht unmittelbar beschreibe. Aus diesem Grund sei der Anmeldemarke die erforderliche Unterscheidungskraft zuzusprechen; auch stehe ihrer Eintragung kein Freihaltebedürfnis entgegen.
In der mündlichen Verhandlung hat der Anmelderin ihren Standpunkt aufrechterhalten und vertieft. Darüber hinaus hat sie das Warenverzeichnis wie folgt eingeschränkt:
"Elektrotechnische und elektronische Geräte, nämlich Fernsprechapparate; Modems; elektronische Bauelemente und daraus zusammengesetzte Baugruppen für Fernsprechapparate; elektrische und elektronische Ablesegeräte für den Bürobereich"
II Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg, da der Eintragung der Anmeldemarke nach der in der mündlichen Verhandlung erfolgten Einschränkung des Warenverzeichnisses keine absoluten Schutzhindernisse nach § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG mehr entgegenstehen.
Zutreffend hat die Markenstelle allerdings - was letztlich auch die Anmelderin nicht bestreitet - festgestellt, dass der Begriff "Open Air" vom inländischen Verkehr allgemein als bloßer Hinweis auf Freiluft-Veranstaltungen verstanden wird. Wie zudem in der mündlichen Verhandlung erörtert wurde, werden nach den Internet-Recherchen des Senats bereits jetzt auf dem Markt spezielle elektrische und elektronische Geräte - insbesondere Aufnahme-, Wiedergabe- und Übertragungsgeräte für Ton und Bild - zum alleinigen oder vorangingen Einsatz bei Freiluft-Veranstaltungen unterschiedlicher Art angeboten, wobei es üblich ist, auf den besonderen Bestimmungszweck dieser Produkte durch Verwendung der englischen Wortfolge "Open Air" hinzuweisen.
Auch wenn der Markenstelle somit grundsätzlich darin zuzustimmen ist, dass die angesprochenen Verkehrskreise die ihnen für Freiluft-Veranstaltungen geläufige Wortfolge "Open Air" in Zusammenhang mit bestimmten Waren nur als Hinweis auf ihre Eignung und Bestimmung zur Durchführung von Open-Air-Veranstaltungen verstehen können, kann der Anmeldemarke nach der Einschränkung des Warenverzeichnisses die erforderliche Unterscheidungskraft nicht mehr abgesprochen werden. Denn für die nunmehr noch beanspruchten Waren liegt die Annahme eines ausschließlichen oder vorrangigen Gebrauchs bei Open-Air-Veranstaltungen eher fern, da sie in erster Linie als bloße Büromittel nur in geschlossenen Räumen verwendet zu werden pflegen. Um der angemeldeten Marke in bezug auf diese Produkte den oben genannten Sinn beizulegen, bedürfte es daher schon weiterer analysierender Überlegungen, zu denen der Verkehr aber nicht neigt (st. Rspr., vgl BGH GRUR 1992, 515, 516 - Vamos; BGH GRUR 195, 408, 409 - PROTECH). Da sich den angesprochenen Verkehrskreise ein beschreibender Bedeutungsgehalt der angemeldeten Wortfolge für die noch beanspruchten Waren somit nicht unmittelbar aufdrängt, lässt sich ihre Eignung als betriebliches Unterscheidungsmittel nicht verneinen.
Auch ein mögliches Freihaltebedürfnis im Sinne des § Abs 2 Nr 2 MarkenG steht der Schutzfähigkeit der angemeldeten Kennzeichnung nicht entgegen. Denn da die im eingeschränkten Warenverzeichnis aufgeführten Waren in der Regel bei Freiluft-Veranstaltungen nicht zum Einsatz kommen, ist die angemeldete Bezeichnung nicht als Beschreibung möglicher Merkmale dieser Produkte geeignet.
Da nach der Einschränkung des Warenverzeichnisses absolute Schutzhindernisse, welche der Schutzfähigkeit der Anmeldemarke entgegenstehen können, nicht mehr bestehen, war der ihr die Eintragung versagende Beschluss der Markenstelle auf die Beschwerde der Anmelderin aufzuheben.
Dr. Schermer Dr. van Raden Schwarz Pü
BPatG:
Beschluss v. 13.05.2003
Az: 27 W (pat) 177/01
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