Bundespatentgericht:
Beschluss vom 1. August 2005
Aktenzeichen: 32 W (pat) 64/04
(BPatG: Beschluss v. 01.08.2005, Az.: 32 W (pat) 64/04)
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 21. Januar 2004 aufgehoben.
2. Die Marke 302 27 634 ist zu löschen.
Gründe
I Gegen die am 5. Juni 2002 angemeldete und am 27. August 2002 für
"Kräutertee, pharmazeutisch"
eingetragene Wortmarke 302 27 634 PINK VENUS hat die Widersprechende aus ihrer am 10. Januar 2001 angemeldeten und seit 12. November 2003 u.a. für
"pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost"
eingetragenen Wortmarke 303 32 524 VENUS Widerspruch eingelegt.
Die Markenstelle für Klasse 30 hat den Widerspruch mit Beschluss vom 21. Januar 2004 zurückgewiesen und dazu ausgeführt, die Kennzeichnungskraft der Widerspruchmarke sei durchschnittlich. Die sich gegenüberstehenden Marken seien zwar in entscheidungserheblichem Umfang zur Kennzeichnung ähnlicher Waren bestimmt.
Für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr sei aber der Gesamteindruck der Zeichen maßgeblich. Insofern unterschieden sich die Marken durch den nur in der angegriffenen Marke enthaltenen Wortbestandteil "PINK" ausreichend. "PINK VENUS" bilde einen Gesamtbegriff, in dem "VENUS" nicht eigenständig kennzeichnend hervortrete. Der Verbraucher nehme "PINK VENUS" als "pink(farbene) Venus", was er nicht auf "Venus" verkürze. Venus sei als römische Liebesgöttin und Planet unseres Sonnensystems bekannt. Der Begriff sei als Markenbestandteil gängig und den Verbrauchern vertraut. Eine Internet-Recherche habe über 100 Marken mit diesem Element ergeben. Damit verstehe das Publikum "PINK" als individualisierende Angabe.
Die Marken würden auch nicht gedanklich miteinander in Verbindung gebracht. Die Widersprechende habe keine Serie mit dem Bestandteil "VENUS". Andere Gründe für eine mittelbare Verwechslungsgefahr könnten nicht festgestellt werden.
Diesen Beschluss hat die Widersprechende am 3. Februar 2004 erhalten.
Sie hat am 3. März 2004 Beschwerde eingelegt und ist der Auffassung, "VENUS" komme in der angegriffenen Marke eine prägende Stellung zu. "PINK" beschreibe lediglich die farbliche Eigenschaft der gekennzeichneten Waren. "VENUS" sei kein verbrauchter Begriff sondern durchschnittlich kennzeichnungskräftig; als Bezeichnung eines Planeten und einer römischen Liebesgöttin habe "VENUS" keinen beschreiben Charakter.
Daneben bestehe eine mittelbare Verwechslungsgefahr, weil der Verbraucher annehmen werde, dass "PINK VENUS" eine Abwandlung der Widerspruchmarke sei, die lediglich auf farbliche Eigenschaften hinweise. Es sei nicht erforderlich, dass die Widersprechende bereits eine entsprechende Serie verwende; es genüge, wenn der übereinstimmende Bestandteil als Stammbestandteil einer Serie wirke und dafür auch geeignet sei.
Die Widersprechende beantragt, den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 21. Januar 2004 aufzuheben und die Marke 302 27 634 zu löschen.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert. Vor der Markenstelle hat sie ausgeführt, sie habe die Widerspruchsmarke bei der Anmeldung ihrer Marke nicht gefunden. Sie wolle ihre Marke nur für Tee verwenden. In der angegriffenen Marke liege die Betonung auf "Pink"; "Venus" sei als geographische Angabe (Planet) nicht schutzfähig.
Zur Ergänzung des Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen Bezug genommen; wegen sonstiger Einzelheiten auf den Akteninhalt.
II 1) Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg; die Vergleichsmarken unterliegen der Gefahr einer Verwechslung im Verkehr.
Nach § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die Eintragung einer Marke im Falle eines Widerspruchs zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer eingetragenen Marke älteren Zeitrangs und der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht. Für deren Beurteilung sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, wobei eine Wechselwirkung zwischen den Faktoren Ähnlichkeit der Marken und der mit ihnen gekennzeichneten Waren, Kennzeichnungskraft der älteren Marke sowie Aufmerksamkeit des Publikums besteht. So kann ein höherer Grad an Ähnlichkeit der Waren oder eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke einen geringeren Grad an Ähnlichkeit der Marken ausgleichen und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2002, 626 - IMS; EuGH GRUR Int. 2000, 899, 901 (Nr. 40) - MARCA / ADIDAS).
a) Die Widerspruchsmarke ist durchschnittlich kennzeichnungskräftig.
Eine Minderung der Kennzeichnungskraft durch Drittzeichen in entscheidungserheblichem Umfang ist nicht ersichtlich. Allein aus einer Vielzahl von eingetragenen Marken, die den Bestandteil "VENUS" enthalten, kann nicht auf eine Schwächung der Unterscheidungskraft der Widerspruchsmarke von Hause aus geschlossen werden. Zwar können Drittzeichen, die nur in die Zeichenrolle eingetragen sind, aber nicht benutzt werden, bei der Prüfung bedeutsam sein, welches Maß an Kennzeichnungskraft einem Zeichen von Hause aus zukommt (BGHZ 46, 152, 161 f. - VITAPUR). Aus dem hier vorliegenden Rollenstand kann jedoch ein Hinweis auf eine ursprüngliche Kennzeichnungsschwäche der Widerspruchsmarke gerade im Bereich pharmazeutischer Präparate nicht entnommen werden (vgl. BGH GRUR 1999, 586 - WHITE LION / LIONS), zumal nicht ersichtlich ist, weshalb "VENUS" sich für pharmazeutische Präparate u.ä. einer besonderen Wertschätzung erfreuen könnte.
b) Ausgehend von der Registerlage stehen sich identische Waren gegenüber, da der pharmazeutische Kräutertee der angegriffenen Marke unter den Oberbegriff "pharmazeutische Erzeugnisse" im Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke fällt.
c) Die Aufmerksamkeit der Verbraucher ist durchschnittlich.
d) Damit sind strenge Anforderungen an den erforderlichen Markenabstand zu stellen. Für die Beurteilung der Markenähnlichkeit ist prinzipiell von der registrierten Form der Marken auszugehen (vgl. BGH GRUR 1996, 775, 776 - SALI TOFT; GRUR 1999, 583, 584 - LORA DI RECOARO).
aa) "VENUS" hat vorliegend aber als einzelner Markenbestandteil eine selbständig kollisionsbegründende Bedeutung, weil es den Gesamteindruck der zweigliedrigen Marke prägt. "VENUS" weist innerhalb der Gesamtbezeichnung eine eigenständig kennzeichnende Funktion auf, während "PINK" für die angesprochenen Verkehrskreise in einer Weise zurücktritt, dass es für den Gesamteindruck vernachlässigt werden kann (BGH GRUR 2000, 233, 234 - RAUSCH / ELFI RAUCH).
Allein aus dem Umstand, dass Markenbestandteile nicht zu einem Wort verbunden sind, kann zwar noch nicht zwingend auf die prägende Eigenschaft eines einzelnen Teils der Marke geschlossen werden (BGH GRUR 1996, 775 - SALI TOFT), aber er erleichtert diesen Schluss. Ausschlaggebend hierfür ist vorliegend, dass "Pink" für Tee durchaus beschreibend ist, da Malventee diese Farbe aufweist.
bb) Es besteht außerdem die Gefahr, dass die Marken im Sinn des § 9 Abs. 1 Nr. 2 letzter Halbsatz MarkenG gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Voraussetzung für die Bejahung der Gefahr einer gedanklichen Verbindung von Marken ist, dass der Verbraucher, wenn er die Marken als solche nicht verwechselt, aufgrund konkreter tatsächlicher Umstände der Auffassung sein kann, es handle sich um Marken ein und desselben Unternehmens oder - z.B. konzernmäßig - miteinander verbundener Unternehmen (EuGH GRUR 1998, 387, 389 - SABéL / PUMA).
Im vorliegenden Fall wird das Publikum die angegriffene Marke als weitere Marke der Widersprechenden ansehen.
Die Widersprechende hat zwar nicht geltend gemacht, dass sie außer der Widerspruchsmarke andere Marken benutzt, die unter Verwendung der Bezeichnung "VENUS" oder einer anderen Planetenbezeichnung bzw. eines anderen Götternamens gebildet sind. Der Verbraucher hat aber Veranlassung, in der Farbangabe "PINK" der angegriffenen Marke bloß einen Zusatz zum Stammbestandteil "VENUS" innerhalb einer Markenserie der Widersprechenden zu sehen.
Die angegriffene Marke verkörpert nämlich keinen Gesamtbegriff, wie "Blaue Stunde", "Roter Planet" (= Mars) o.ä..
2. Für die Auferlegung von Verfahrenskosten (gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG) besteht kein Anlass.
Viereck Kruppa Dr. Albrecht Hu
BPatG:
Beschluss v. 01.08.2005
Az: 32 W (pat) 64/04
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