Bundespatentgericht:
Beschluss vom 29. Juli 2008
Aktenzeichen: 29 W (pat) 135/06
(BPatG: Beschluss v. 29.07.2008, Az.: 29 W (pat) 135/06)
Tenor
Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 38 vom 22. Mai 2006 und vom 20. September 2006 werden aufgehoben.
BPatG 152
Gründe
I.
Die Wortmarke DE 304 63 645 STARSAT soll für die Dienstleistungen der Klasse 35: Rundfunkwerbung;
Klasse 38: Ausstrahlung von Rundfunksendungen;
Klasse 41: Rundfunkunterhaltung; Zusammenstellung von Rundfunkprogrammen;
in das Markenregister eingetragen werden.
Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patentund Markenamtes hat die Anmeldung des Zeichens durch die Beschlüsse vom 22. Mai 2006 und vom 20. September 2006 wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Der Begriff "STARSAT" bestehe aus dem in der Werbesprache üblichen und auf eine Spitzenstellung hinweisenden Wortteil "Star", das in seiner Grundbedeutung "Stern" heiße. Das weitere Wortelement "Sat" sei die gebräuchliche Abkürzung für "Satellit". Insgesamt bedeute das angemeldete Zeichen daher nur "Spitzen-Satellit". Die beanspruchten Dienstleistungen "Rundfunkwerbung; Ausstrahlung von Rundfunksendungen; Rundfunkunterhaltung; Zusammenstellung von Rundfunkprogrammen" könnten allesamt mittels Satellitentechnik erbracht werden, so dass der im Vordergrund stehende Begriffsgehalt nur einen Sachhinweis, nicht aber einen individualisierenden Hinweis auf einen bestimmten Hersteller erkennen lasse. Das identische Zeichen Nr. 303 60 040 sei auch für Waren der Klasse 9 zurückgewiesen worden.
Die Beschwerdeführerin hat dargelegt, die Zurückweisung durch das Deutsche Patentund Markenamt sei rechtswidrig, da das angemeldete Zeichen im Hinblick auf die konkret beanspruchten Dienstleistungen falsch beurteilt worden sei. Maßgeblich sei, dass sich die angemeldeten Dienstleistungen auf "Rundfunk", nicht dagegen "Satellitentechnik" bezögen. Mittels welcher Übertragungstechnik die Rundfunkdienstleistungen ausgestrahlt würden, sei irrelevant. Die Bezeichnung "STARSAT" beschreibe diese gerade nicht. Zu berücksichtigen sei ferner, dass die Marke "SAT1" ebenfalls eingetragen worden sei. Daraus könne gefolgert werden, dass der Wortbestandteil "SAT" sich ohne weiteres eigne, die Herkunftsfunktion zu erfüllen.
Die Beschwerdeführerin beantragt daher, die Beschlüsse des DPMA vom 22. Mai und 20. September 2006 aufzuheben.
II.
Die Beschwerde ist gem. § 66 Abs. 1 und 2 MarkenG zulässig und begründet. Für die verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen "Rundfunkwerbung; Ausstrahlung von Rundfunksendungen; Rundfunkunterhaltung; Zusammenstellung von Rundfunkprogrammen" ist die angemeldete Marke weder als beschreibende Angabe noch auf Grund fehlender Unterscheidungskraft von der Eintragung ausgeschlossen (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG).
1. Nicht schutzfähig nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG sind nur solche Zeichen, denen die konkrete Eignung fehlt, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Die Hauptfunktion der Marke besteht nämlich darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (st. Rspr.; EuGH GRUR 2008, 608 ff. -Rn. 66 -EUROHYPO; EuGH GRUR 2006, 229 -Rn. 27 ff. -BioID; GRUR 2005, 763 ff. -Rn. 22 -Nestle/ Mars; GRUR 2004, 1027 - Rn. 42 ff. - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; GRUR 2003, 604 - Rn. 62 - Libertel; BGH 21.02.2008, I ZB 24/05 -Rn. 12 -VISAGE; GRUR 2006, 850 ff. -Rn. 18 -FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 257 - Bürogebäude; BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice; BGH GRUR 2001, 1153, 1154 - anti KALK). Die Unterscheidungskraft ist dabei zum einen im Hinblick auf die Waren oder Dienstleistungen, für die das Zeichen angemeldet worden ist, und zum anderen im Hinblick auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise zu beurteilen, die sich aus den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchern der Waren bzw. Empfängern der Dienstleistung zusammensetzen (std. Rsp; EuGH GRUR 2008, 608 ff. -Rn. 66, 67 -EUROHYPO; EuGH GRUR 2006, 233 ff. -Rn. 25 -Standbeutel). Die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt einer Wortmarke nur dann, wenn das Zeichenwort eine für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehende Sachaussage darstellt, oder es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom angesprochenen Publikum stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (BGH GRUR 1999, 1089 -YES; GRUR 2003, 1050 -Cityservice; GRUR 2005, 417, 418 -BerlinCard). Das ist vorliegend nicht der Fall.
1. 1. Der zweite Zeichenbestandteil "SAT" steht als Akronym für eine Vielzahl von Bedeutungen wie z. B. "Saturday; Scholastic Aptitude Test; Societe anonyme des telecommunications; South African Time; Science and Technology" u. v. a. (www.acronymfinder.com; www.abkuerzungen.de).
Als Kurzform steht er ebenfalls für Satellit. Bereits in seiner Entscheidung zu SAT.2 (GRUR 2004, 943 -Rn. 31) widerspricht der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften dem Gericht Erster Instanz nicht, soweit es Tatsachenfeststellungen dahingehend getroffen hat, dass der Bestandteil "SAT" im Deutschen und im Englischen die gebräuchliche Abkürzung für "Satellit" darstelle. Satellit ist in der Raumfahrt die Bezeichnung eines künstlichen Raumflugkörpers, der einen Himmelskörper auf einer festen Umlaufbahn umrundet, wohingegen in der Astronomie ein Himmelskörper damit gemeint ist, der einen Planeten auf einer festen Bahn umkreist. Der Gerichtshof hat die Entscheidung des Erstgerichts allerdings insoweit aufgehoben, als der durch die Wortzusammenstellung hervorgerufene Gesamteindruck zu Unrecht nur hilfsweise geprüft worden sei (a. a. O., Rn. 35). Eine andere Beurteilung ergibt sich nämlich immer dann, wenn das Gesamtzeichen aufgrund des weiteren Wortbestandteils für die angesprochenen Verkehrskreise eine ohne weiteres verständliche Bedeutung nicht nahelegt. Bei der Beurteilung eines komplexen Zeichens darf sich die Untersuchung nicht auf die isolierte Betrachtung der Einzelteile beschränken. Auch das Gesamtzeichen in Kombination der Einzelbestandteile darf nicht unterscheidungskräftig sein (GRUR 2008, 608 ff. -41 -EUROHYPO). Ergibt nämlich die Zusammensetzung zweier für sich genommen verständlicher Begriffe in der Kombination keinen hinreichend deutlichen Sinngehalt für den angesprochenen Verkehrskreis, der ihn veranlassen könnte, die angemeldete Bezeichnung nur als Hinweis auf Warenund Dienstleistungseigenschaften und nicht als betriebliches Unterscheidungsmittel zu verstehen, fehlt es nicht an der erforderlichen Unterscheidungskraft (GRUR 2006, 229 -Rn. 29 -BioID; GRUR 2004, 680
- Rn. 40 -BIOMILD).
1. 2. Der mit "SAT" kombinierte erste Wortbestandteil lautet "STAR". Das englische Wort "Star" = "Stern" beschreibt in der deutschen Sprache einen gefeierten Künstler oder eine Person, die auf einem bestimmten Gebiet Berühmtheit erlangt hat (Duden -Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. 2006 [CD-ROM]). Die Markenstelle hat sich hinsichtlich einer Übersetzung auf die Entscheidung zu "STARLAB" (BPatG 30 W (pat) 15/00) bezogen, in der "star" im übertragenen Sinn von "Spitzenposition" verstanden wird, und hat daher "STARSAT" als "Spitzen-Satellit" interpretiert. "STAR" ist -nach der Rechtsprechung des Bundespatentgerichts -in der Geschäftsund Werbesprache häufig die Hervorhebung einer Spitzenstellung und stellt insoweit eine gebräuchliche und beliebte Bezeichnung dar (BPatGE 31, 126, 131 -STARKRAFT; BPatG 29 W (pat) 2/96 -Profistar; 32 W (pat) 90/97 -Ministar; 26 W (pat) 16/98 -Ecostar; 27 W (pat) 22/99 -StarKontor; 28 W (pat) 65/99 -HIGH TECH STAR; 33 W (pat) 66/99 -GOLDEN STAR; 32 W (pat) 49/00 -Gemüse Star; 30 W (pat) 15/00 -STARLAB). Diese Übersetzung ist jedoch vorliegend nicht zwingend. Daneben wäre gerade wegen der Kombination mit "Satellit" als Raumflugoder Himmelskörper auch ein Verständnis als "Sternsatellit/ Satellit eines Sterns" denkbar.
1. 3. 1. Geht man von der Übersetzung "Sternsatellit" aus, ist der Anmeldung kein inhaltlicher Bedeutungsgehalt im Hinblick auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu entnehmen, da dieser Begriff keine sinnhafte Konnotation hat. Satelliten werden ihrer Art nach in Low-Earth-Orbit-Satelliten, Medium-Earth-Satelliten, Highly-Elliptical-Orbit-Satelliten, geostationäre Satelliten oder sonnensynchrone Satelliten eingeteilt. Ferner gibt es eine Einteilung nach Aufgabengebieten, bei denen differenziert werden kann nach Erdbeobachtungssatelliten, Nachrichtensatelliten, Astrometriesatelliten und Raumstationen (www.informatik.unihamburg.de/WSV/teaching/sonstiges/EwA-Folien/Rami-Pawlowska-Folien.ppt). Den wissenschaftlichtechnischen Begriff des "Sternsatelliten" gibt es dagegen nicht.
1. 3. 2. Unterstellt man die Übersetzung der Markenstelle als "Spitzensatellit", hat auch diese keine unmittelbar beschreibende Bedeutung für die beanspruchten Dienstleistungen. Rundfunkwerbung kann über Leitungen wie Kabel, terrestrisch oder über Satellit ausgestrahlt werden. Für die Qualität und Effizienz der Werbung kommt es auf die Übertragungsmodalitäten jedoch nicht an. Selbst wenn die Werbung mittels eines einzigartigen, eines "Spitzen-Satelliten" über Rundfunk ausgestrahlt würde, wird damit weder eine Eigenschaft der Dienstleistung "Rundfunkwerbung" als solcher noch deren Zweckbestimmung bezeichnet. Für den Verkehr stünde auch keine Sachangabe im Vordergrund, da der Übertragungsmodus als Hilfsmittel der beanspruchten Dienstleistung allenfalls eine untergeordnete Rolle spielt. Entscheidend ist der Inhalt der Werbung und ihre Wirkung auf die angesprochenen Zielgruppen sowie die Frage des gewählten Mediums, nämlich Rundfunk, Fernsehen, Internet oder Printmedium. Ob die Übertragung durch Satellit beispielsweise über die Frequenzen von Astra oder Eutelsat erfolgt, ist für das Verkehrsverständnis unerheblich.
1. 4. Dasselbe gilt für die ebenfalls beanspruchten Dienstleistungen "Rundfunkunterhaltung; Zusammenstellung von Rundfunkprogrammen". Die Senatsrecherche hat keinen hinreichend engen Sachbezug zum angemeldeten Zeichen ergeben. Verwendung findet die Bezeichnung "STARSAT" für ein Gerät, nämlich einen Satellitenreceiver der Firma Telestar. Im Übrigen lässt sich lediglich eine kennzeichnende Verwendung für eine Rundfunksendung feststellen ("Das bundesweite Klassikprogramm 'Starsat Klassik' ist ab dem 1. Februar auch digitalterrestrisch in Berlin/ Potsdam zu empfangen.").
1. 5. Auch für "Ausstrahlung von Rundfunksendungen" fehlt dem Zeichen der erforderliche enge Sachbezug zur beanspruchten Dienstleistung, und zwar auch dann, wenn man als Übersetzung "Spitzensatellit" wählt. Würde man einen Satelliten als "Spitzensatelliten" bezeichnen, läge es nahe, darin einen Qualitätshinweis auf das entsprechende Gerät zu sehen. Dieser Bezug fehlt aber im Hinblick auf die Dienstleistung "Ausstrahlung von Rundfunksendungen". Der vom Bundesgerichtshof geforderte enge beschreibende Bezug zu den angemeldeten (Waren oder) Dienstleistungen kann immer nur dann bejaht werden, wenn das angemeldete Zeichen eine (Sach-)Angabe enthält, die zwar die (Ware oder) Dienstleistung als solche nicht unmittelbar betrifft, sich aber auf Umstände im Umfeld der (Ware oder) Dienstleistung bezieht (BGH GRUR 2005, 417, 419 -BerlinCard). Für den contentbezogenen Teil der Dienstleistung "Ausstrahlung von Rundfunksendungen" spielen -entsprechend den Ausführungen zur Rundfunkwerbung -die Übertragungsmodalitäten keine Rolle. Für den technischen Bereich der Art und Weise der Übertragung ist dagegen der Begriff "Spitzensatellit" im Umfeld der Übertragungstechnik ohne Bedeutung, da es sich weder um einen Fachbegriff noch eine Definition für Satelliten zur Übertragung von Rundfunksendungen handelt.
1. 6. Soweit Entscheidungen des Bundespatentgerichts die Eintragung von Wortverbindungen mit "Star-" zurückgewiesen haben, handelte es sich vornehmlich um Waren oder Dienstleistungen, für die die Wortkombination eine Sachaussage darstellte oder zumindest einen noch engen beschreibenden Bezug erkennen ließ: So wurde die Bezeichnung "Starform" zurückgewiesen für "Haarwässer, Dauerwellflüssigkeit, Haarpflegeprodukte, ..., Dienstleistungen eines Friseurs" (BPatG 24 W (pat) 182/99); "STAR-LAB" für "Laborgeräte zur chemischen und physikalischen Analyse, ...Pipettenspitzen, ..." (BPatG 30 W (pat) 15/00); "Star Toys" für "Druckereierzeugnisse; Spielkarten; Spiele; Spielzeug; Werbung" (BPatG 32 W (pat) 151/00) oder "STARDANCE" für "Druckereierzeugnisse; ... Erziehung; Ausbildung; ... sportliche und kulturelle Aktivitäten; Produktion von Fernseh-, Internetund elektronischen Medieninhalten". Insoweit sind diese Fälle mit den vorliegenden nicht vergleichbar. Für schutzfähig hielt der 27. Senat demgegenüber das Zeichen "STARDANCE" allerdings im Hinblick auf die Waren "Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Turnund Sportartikel, Spiele; Spielzeug; Schreibwaren". Insoweit stimmt der entscheidende Senat nicht in seiner Begründung mit der des 27. Senats überein.
2. Für das Zeichen in seiner Gesamtheit lässt sich zudem kein Interesse der Mitbewerber an einer beschreibenden Verwendung feststellen, so dass auch das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG der Eintragung nicht entgegensteht.
Grabrucker Dr. Mittenberger-Huber Dr. Kortbein Hu
BPatG:
Beschluss v. 29.07.2008
Az: 29 W (pat) 135/06
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