Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. April 2000
Aktenzeichen: 28 W (pat) 61/00
(BPatG: Beschluss v. 12.04.2000, Az.: 28 W (pat) 61/00)
Tenor
Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen
Gründe
I.
Gegen die am 16. August 1995 für "Hilfsmittel für Behinderte, nämlich körpergerechte Sitz- und Lagerungsschalen (auch solche in Körperform), Rollstühle, Toiletten- und Transportstühle, Wannenlifter, Pflegebetten, Gehwagen und Stehübungstrainer" eingetragene Wortmarke 394 04 390 ProRelaxhat die Inhaberin der älteren, für "appareils et instruments de massage, notamment matelas et chaises massants" geschützen IR-Marke 580 490 RELAXOR Widerspruch erhoben.
Die Markenstelle für Klasse 10 des Deutschen Patentamts hat den Widerspruch mit der Begründung zurückgewiesen, daß eine Verwechslungsgefahr schon deshalb zu verneinen sei, weil die Widersprechende aus dem allein für eine Kollision in Betracht zu ziehendem Markenbestandteil "relax" keine isolierten Schutzrechte herleiten könne; vom Gesamteindruck her hielten die Marken vor dem Hintergrund einer eher mittleren Warenähnlichkeit aber ausreichend Abstand.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde macht die Widersprechende geltend, daß sich die gegenüberstehenden Waren vor allem im Vertrieb und bei den Endabnehmern sehr nahe kämen und der Verkehr sich bei beiden Marken letztlich an dem ihm geläufige Wort "relax" orientiere, das mithin die Marken kollisionsbegründend präge.
Die Widersprechende beantragt, unter Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse die angegriffene Marke aufgrund des Widerspruchs zu löschen.
Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie bezweifelt bereits die Ähnlichkeit der Waren aufgrund ihrer unterschiedlichen Anwendungsbereiche (Pflege- bzw Wellnessbereich) und hält auch die Marken im allein maßgeblichen Gesamteindruck für nicht verwechslungsfähig ähnlich, zumal der Widerspruchsmarke wegen ihres erkennbaren Anklanges an das für die vorliegenden Waren glatt beschreibende Wort "relax" nur unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft zugestanden werden könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten und die patentamtlichen Akten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Auch nach Auffassung des Senats kommt die angegriffene Marke der Widerspruchsmarke nicht verwechselbar nahe im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.
Ob Verwechslungsgefahr besteht, hängt nach der genannten Vorschrift ab von der Identität oder Ähnlichkeit der Marken einerseits und andererseits von der Identität oder Ähnlichkeit der durch diese Marken erfaßten Waren. Daneben sind alle Umstände zu berücksichtigen, die sich auf die Verwechslungsgefahr auswirken können, vor allem die Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke. Nach diesen Grundsätzen kann vorliegend eine Verwechslungsgefahr verneint werden.
Unabhängig von der Frage der Ähnlichkeit der Waren bzw deren hier ggfls anzuwendendem Ähnlichkeitsgrad und unabhängig von der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke scheidet die Annahme einer Verwechslungsgefahr schon deshalb aus, weil es aus Rechtsgründen an einer verwechslungsbegründenden Ähnlichkeit der zu vergleichenden Marken fehlt.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, daß die Marken in ihrer Gesamtheit ausreichend deutliche klangliche wie bildliche Unterschiede aufweisen und kollisionsbegründende Annäherungen nur in Bezug auf den Wortbestandteil "relax" in Betracht zu ziehen sind. Ausgangspunkt für diese zutreffende Überlegung ist der für das Kennzeichnungsrecht maßgebliche Grundsatz, daß zur Beurteilung der zeichenrechtlichen Verwechslungsgefahr von Marken auf den Gesamteindruck des jeweiligen Zeichens abzustellen ist. Der Schutz eines aus einem Zeichen herausgelösten Elements ist dem Markenrecht fremd, so daß es rechtsfehlerhaft wäre, eine Zeichenkollision lediglich auf Grund eines aus einem Gesamtzeichen isoliert entnommenen Bestandteil feststellen zu wollen. Das gilt gleichermaßen für die angegriffene wie die Widerspruchsmarke.
Zutreffend hat die Widersprechende allerdings darauf hingewiesen, daß eine Verwechslungsgefahr "dem Gesamteindruck nach" auch dann gegeben sein kann, wenn nur ein Bestandteil der Marken identisch oder verwechselbar ähnlich ist. Dies ist dann der Fall, wenn die übereinstimmenden Teile der Marken in diesen eine selbständig kennzeichnende Stellung haben und nicht derart in der Gesamtmarke untergehen, daß sie in dieser ihre Eignung verloren haben, für den Verkehr die Erinnerung an die andere Marke wachzurufen. Ob eine Verwechslungsgefahr danach gegeben ist, hängt mithin maßgeblich davon ab, ob und inwieweit der gemeinsame Bestandteil in der Gesamtbezeichnung eine eigenständige, den Gesamteindruck allein oder doch überwiegend bestimmende und prägende Rolle behalten hat und welcher Grad an Kennzeichnungskraft ihm zukommt, wobei die bloße Gleichwertigkeit an Kennzeichnungskraft von Bestandteilen idR für die Annahme einer kollisonsbegründenden Wirkung nicht ausreicht.
Unter Beachtung dieser Grundsätze vermag der Senat die Auffassung der Widersprechenden, sowohl die Widerspruchs- wie die angegriffene Marke seien kollisionsbegründend auf den gemeinsamen Bestandteil "Relax" zu verkürzen, nicht zu teilen. Ein solches Vorgehen würde nicht nur die Abspaltung von Zeichenteilen erfordern, sondern verbietet sich vorliegend schon aus Rechtsgründen, weil sich die Übereinstimmung der Marken dann im glatt beschreibenden Bereich und damit außerhalb des Schutzumfangs der Widerspruchsmarke erschöpfen würde. Das Wort "relax" hat in seinem Bedeutungsgehalt von "entspannen, sich erholen" sowohl als Substantiv wie als Verb seit langem Eingang in die deutsche (auch Umgangs-)Sprache gefunden und wird von breitesten Verkehrskreisen mit diesem Sinngehalt verstanden und in einen glatt beschreibenden Bezug zu den vorliegenden Waren sowohl aus dem Pflege- wie dem Wellnessbereich gesetzt. Eine solche markenrechtlich schutzunfähige Bezeichnung ist ersichtlich nicht geeignet, eine Marke im Rechtssinne zu prägen, zumal die Drittzeichenlage zeigt, wie beliebt und wie vielfältig die Abwandlung dieses Wortes bei der Zeichenbildung gerade in der Warenklasse 10 ist.
Nach Auffassung des Senats besteht auch nicht die Gefahr, daß die Marken im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Insbesondere fällt unter diese Formulierung des Gesetzes nicht jede wie auch immer geartete gedankliche, sondern es sollen primär die zum bisherigen Warenzeichenrecht entwickelten Grundsätze zur mittelbaren Verwechslungsfahr und zur Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne Eingang in das neue Recht finden. Da es sich bei der mittelbaren Verwechslungefahr um einen Ausnahmetatbestand handelt, ist bei seiner Anwendung Zurückhaltung geboten. Auch das neue Recht gibt keinen Anlaß, für die Feststellung einer mittelbaren Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des Serienzeichens neue Maßstäbe anzulegen. Unter Beachtung dieser Grundsätze muß vorliegend die Gefahr des gedanklichen Inverbindungbringens der Marken schon deshalb verneint werden, weil der beiden Marken gemeinsame Bestandteil "relax" sich wie ausgeführt als beschreibende Angabe nicht zur Bildung eines Serienstammes eignet und die Widersprechende letztlich auch weder behauptet noch dargelegt hat, daß dieser Bestandteil in Alleinstellung für ihre Betriebsstätte Hinweischarakter besitzt.
Die Beschwerde der Widersprechenden war daher im Ergebnis zurückzuweisen, wobei der Senat für die Auferlegung von Kosten keine Veranlassung gesehen hat (MarkenG § 71 Abs 1).
Stoppel Grabrucker Martens Hu
BPatG:
Beschluss v. 12.04.2000
Az: 28 W (pat) 61/00
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