Bundesverfassungsgericht:
Beschluss vom 14. Januar 2004
Aktenzeichen: 1 BvR 506/03
(BVerfG: Beschluss v. 14.01.2004, Az.: 1 BvR 506/03)
Tenor
1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 12. Februar 2003 - 13 B 2513/02 - und der Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 5. Dezember 2002 - 3 L 1300/02 - verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem Recht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes; sie werden aufgehoben.
Die Sache wird an das Verwaltungsgericht Minden zurückverwiesen.
2. Das Land Nordrhein-Westfalen hat der Beschwerdeführerin die notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu ersetzen.
3. Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 100.000 € (in Worten: einhunderttausend Euro) festgesetzt.
Gründe
I.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob ein Krankenhaus, das nicht in den Krankenhausplan eines Landes aufgenommen wurde, als konkurrierender Bewerber die Planaufnahme eines anderen Krankenhauses anfechten kann.
1. a) Krankenhauspläne werden gemäß § 6 Abs. 1 des Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Krankenhausfinanzierungsgesetz - KHG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. April 1991 (BGBl I S. 886) von den Ländern zur Verwirklichung der in § 1 des Gesetzes genannten Ziele aufgestellt. Nach § 1 Abs. 1 KHG ist Zweck des Gesetzes die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser, um eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen, eigenverantwortlich wirtschaftenden Krankenhäusern zu gewährleisten und zu sozial tragbaren Pflegesätzen beizutragen. Bei der Durchführung des Gesetzes ist nach § 1 Abs. 2 KHG die Vielfalt der Krankenhausträger zu beachten, insbesondere ist die wirtschaftliche Sicherung freigemeinnütziger und privater Krankenhäuser zu gewährleisten.
Die Aufstellung von Krankenhausplänen und die Regelung des Planungsverfahrens sind nach § 6 KHG Sache der Länder. Die Aufstellung des Krankenhausbedarfsplans wird von der Rechtsprechung als eine verwaltungsinterne Maßnahme ohne unmittelbare Rechtswirkungen nach außen qualifiziert (vgl. BVerwG, NJW 1987, S. 2318 <2319>; BVerwGE 72, 38 <45>). Daran schließen sich die von der zuständigen Landesbehörde zu treffenden Entscheidungen in Form von Feststellungsbescheiden über die Aufnahme oder Nichtaufnahme eines bestimmten Krankenhauses in den Plan an. Die Feststellung der Aufnahme in den Krankenhausplan ist Voraussetzung für eine Investitionsförderung nach §§ 8 ff. KHG und für die Erbringung von Krankenhausleistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 108 Nr. 2 Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V).
b) Im Raum B. bestand im Jahre 1996 zusätzlich zu den sonstigen bestehenden Planbetten ein Bedarf an 20 Planbetten im Bereich Innere Medizin/Hämatologie. Im Juli 1996 beantragte die Beschwerdeführerin, ein freigemeinnütziges Krankenhaus in B., bei der Bezirksregierung die Feststellung von Planbetten für diesen Bereich mit der Begründung, sie halte die Betten bereits vor und erfülle alle personellen und sachlichen Voraussetzungen; insbesondere habe sie schon jetzt einen Chefarzt und zwei Oberärzte mit der Schwerpunktbezeichnung Hämatologie sowie fachkompetentes Pflegepersonal eingestellt. Die Städtischen Kliniken in B. stellten im Sommer 1998 einen gleichlautenden Antrag; sie hatten damals weder Betten noch ärztliches Personal im Fachbereich Hämatologie.
Im Zuge einer vor dem Verwaltungsgericht erfolgreichen Untätigkeitsklage der Beschwerdeführerin, gegen die die beklagte Bezirksregierung zunächst Berufung einlegte, nahm die Bezirksregierung im September 2002 nicht die Beschwerdeführerin, sondern die Städtischen Kliniken mit 20 Betten für das Teilgebiet Hämatologie in den Krankenhausplan auf; anschließend nahm sie die Berufung zurück. Mit weiterem Bescheid stellte sie im Januar 2003 fest, dass die von den Städtischen Kliniken unter dem Teilgebiet Hämatologie ausgewiesenen Betten einstweilen für die internistische Onkologie genutzt werden. Erst wenn die sonstigen Voraussetzungen erfüllt sind, insbesondere die fachärztliche Betreuung der Hämatologie sichergestellt ist, sollen die Betten planmäßig genutzt werden können.
Gegen den Feststellungsbescheid zugunsten der Städtischen Kliniken legte die Beschwerdeführerin Widerspruch ein. Zugleich stellte sie beim Verwaltungsgericht Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs, den das Verwaltungsgericht zurückwies. Der Auswahlentscheidung zugunsten der Städtischen Kliniken komme keine Rechtswirkung gegenüber der Beschwerdeführerin zu. Die Beschwerde hatte keinen Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht führt zur Begründung seiner Entscheidung aus, aufschiebende Wirkung könne nur ein zulässiger Widerspruch haben. Der Widerspruch der Beschwerdeführerin sei aber unzulässig, weil diese durch den Feststellungsbescheid zugunsten der Städtischen Kliniken nicht in subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt sei. Es bestehe lediglich ein Anspruch auf fehlerfreie Auswahl unter mehreren Bewerbern. Dieser Anspruch werde durch die Auswahl eines konkurrierenden Krankenhauses nicht berührt und könne unabhängig von dieser Auswahlentscheidung im Hauptsacheverfahren mit einer Verpflichtungsklage weiter verfolgt werden.
Zuvor war der eigene Antrag der Beschwerdeführerin auf Aufnahme in den Krankenhausplan mit der Begründung abgelehnt worden, die Beschwerdeführerin habe zwar bereits einen Schwerpunkt im Bereich Hämatologie/Onkologie gebildet, die Städtischen Kliniken verfügten jedoch über ein breiteres Spektrum an Fachabteilungen sowie eine fest vereinbarte und praktizierte Kooperation mit der onkologischen Schwerpunkt-Praxis in B. Die mit dem Aufbau der Abteilung Hämatologie geschaffenen Tatsachen und die erheblichen finanziellen Vorleistungen der Beschwerdeführerin könnten nicht zu einem anderen Ergebnis führen. Über den Widerspruch gegen diese Entscheidung erging im Juni 2003 ein Widerspruchsbescheidsbescheid. Ein verwaltungsgerichtliches Verfahren ist anhängig.
2. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde, die sich gegen die zugunsten der Konkurrentin im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ergangenen Entscheidungen richtet, rügt die Beschwerdeführerin vor allem eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 12 und Art. 19 Abs. 4 GG. Die Frage der Klagebefugnis des bei einer Auswahlentscheidung nicht berücksichtigten Krankenhausträgers sei in Literatur und Rechtsprechung umstritten. Eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts liege nicht vor und sei auch nicht zu erwarten, weil kein Krankenhausträger eine mehrjährige Dispositionsunsicherheit auf sich nehme. Die Ablehnung eines Antrags auf Feststellung von Planbetten mit der gleichzeitigen Zuerkennung von Planbetten an den Konkurrenten bedeute jedoch einen erheblichen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit des abgelehnten Bewerbers. Werde diesem kein gerichtlicher Rechtsschutz gewährt, laufe das Grundrecht aus Art. 12 GG leer. Die Auffassung, die Entscheidung für den Konkurrenten sei für den eigenen Anspruch des Benachteiligten nicht von Bedeutung, sei nicht haltbar. Nach der Entscheidung zugunsten eines Bewerbers trete Bedarfsdeckung ein. Lasse man diese außer Betracht, so müsste unter Umständen über den Bedarf hinaus ein Krankenhaus in den Plan aufgenommen werden. Die zuvor erfolgte, dann aber rechtswidrige Feststellung zugunsten eines Konkurrenten könne aber in aller Regel nicht mehr aufgehoben werden.
Im Übrigen sei die Zuweisung der Planbetten an die Städtischen Kliniken sachlich nicht vertretbar. Während die Beschwerdeführerin selbst alle personellen und sachlichen Voraussetzungen erfüllt habe, müssten die Städtischen Kliniken diese erst aufbauen. Dass die Beschwerdeführerin seit 1996 die Abteilung Hämatologie sogar in Abstimmung mit der Bezirksregierung aufgebaut habe, lasse die Entscheidung willkürlich erscheinen.
3. Gelegenheit zur Stellungnahme erhielten alle Landesregierungen, die Präsidenten des Bundessozialgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts sowie die Beteiligten des Ausgangsverfahrens.
a) Das Land Baden-Württemberg hält die Verfassungsbeschwerde für unzulässig. Die Beschwerdeführerin habe den Rechtsweg nicht erschöpft; sie habe das verwaltungsgerichtliche Hauptsacheverfahren noch nicht durchlaufen, obwohl die von ihr aufgeworfenen Rechtsfragen der Klärung im Hauptsacheverfahren bedürften. Jedenfalls aber sei die Verfassungsbeschwerde unbegründet. Die Beschwerdeführerin verkenne, dass sich für die zuständige Landesbehörde das Auswahlermessen bei jedem Antrag eines Krankenhauses auf Aufnahme in den Krankenhausplan - selbst bei Bedarfsdeckung durch die bereits bestandskräftig in den Krankenhausplan aufgenommenen Krankenhäuser - neu eröffne. Anderenfalls könnte sich die Krankenhauslandschaft ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Bedarfsdeckung nicht mehr verändern oder verbessern. Eine Krankenhausbehörde müsse jedoch zu jedem Zeitpunkt die freie Auswahl haben und daher stets neue Krankenhäuser in ihre Planung miteinbeziehen können. Über den Antrag des zunächst übergangenen Bewerbers sei daher so zu entscheiden, dass bei Ausübung des Auswahlermessens alle in Betracht kommenden und sich bewerbenden Krankenhäuser gleich behandelt würden, unabhängig davon, ob sie im Krankenhausplan bereits aufgenommen seien oder sich erst um die Aufnahme bewürben. Gegenüber dem zunächst aufgenommenen Krankenhaus könne ein Widerruf nach § 49 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG erfolgen.
b) Nach Auffassung des Bundessozialgerichts macht es der Anspruch auf effektiven Rechtsschutz erforderlich, vor Aufnahme der konkurrierenden Krankenhausbewerber in den Krankenhausplan dem voraussichtlich unberücksichtigt bleibenden Bewerber einstweiligen Rechtsschutz zu gewähren. Denn durch die Zulassung eines Mitbewerbers würden Tatsachen geschaffen, die durch ein späteres Obsiegen des übergangenen Bewerbers nicht mehr oder nur begrenzt rückgängig gemacht werden könnten. Es sei rechtlich und faktisch schwierig, ein Krankenhaus wieder aus dem Krankenhausplan zu entfernen. Zudem dürfe nicht übersehen werden, dass das in den Krankenhausplan aufgenommene Krankenhaus für seine Investitionen öffentliche Fördermittel erhalte, die bei einer Herausnahme aus dem Krankenhausplan als Fehlinvestitionen betrachtet werden müssten.
c) Die Bezirksregierung als Gegnerin des Ausgangsverfahrens hält die Verfassungsbeschwerde für unzulässig, da der Rechtsweg noch nicht erschöpft sei. Die Beschwerdeführerin habe inzwischen Klage erhoben. Damit stehe eine Klärung der Rechtsfragen im Hauptsacheverfahren noch aus. Gerichtliche Kontrolle bleibe möglich. Die Städtischen Kliniken in B. als Beigeladene des Ausgangsverfahrens teilen mit, dass sie mittlerweile eine Onkologische Klinik eingerichtet hätten. Eine Rücknahme des zu ihren Gunsten ergangenen Feststellungsbescheides oder eine Schließung dieser Abteilung sei ohne rechtliche Schritte und ohne Schadensersatzforderungen ihrerseits nicht denkbar.
II.
Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, da dies zur Durchsetzung eines der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt ist (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93 c Abs. 1 BVerfGG liegen vor. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG.
1. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Insbesondere steht der Zulässigkeit der in § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG zum Ausdruck kommende Grundsatz der Subsidiarität nicht entgegen. Dieser erfordert, dass ein Beschwerdeführer über das Gebot der Erschöpfung des Rechtswegs im engeren Sinne hinaus alle nach Lage der Sache zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreift, um eine Korrektur der geltend gemachten Grundrechtsverletzung zu erwirken oder eine Grundrechtsverletzung zu verhindern (vgl. BVerfGE 73, 322 <325>; 77, 381 <401>). Danach kann bei einer Verfassungsbeschwerde, die sich gegen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ergangene Entscheidungen richtet, auch die Erschöpfung des Rechtswegs in der Hauptsache geboten sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn ausschließlich Grundrechtsverletzungen gerügt werden, die sich auf die Hauptsache beziehen, die tatsächliche und die einfach-rechtliche Lage durch die Fachgerichte noch nicht ausreichend geklärt ist und dem Beschwerdeführer durch die Verweisung auf den Rechtsweg in der Hauptsache kein schwerer Nachteil entsteht (vgl. BVerfGE 77, 381 <401 f.>; 79, 275 <279>; 80, 40 <45>).
Nach diesen Grundsätzen ist es der Beschwerdeführerin angesichts der voraussichtlichen Dauer des Hauptsacheverfahrens und der wirtschaftlichen Bedeutung der Streitsache nicht zumutbar, sie auf die Erschöpfung des Rechtswegs im Hauptsacheverfahren zu verweisen. Seit Einrichtung der Hämatologischen Abteilung durch die Beschwerdeführerin und deren Antragstellung sind knapp acht Jahre vergangen. Über den Widerspruch gegen den sie betreffenden Ablehnungsbescheid und den Widerspruch, der das Hauptsacheverfahren betreffend die Konkurrentenklage in Gang setzen könnte, wurde erst im Juni 2003 entschieden. Bis zum Abschluss in der Hauptsache zuzuwarten, ist für die Beschwerdeführerin unzumutbar, weil die begünstigte Konkurrentin ihre Position inzwischen weiter ausbauen und festigen kann.
2. Die Verfassungsbeschwerde wirft keine Fragen von grundsätzlicher verfassungsrechtlicher Bedeutung auf (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Das Bundesverfassungsgericht hat die für die Beurteilung des Falles maßgeblichen Fragen zum effektiven Rechtsschutz schon entschieden (vgl. BVerfGE 41, 23 <26>; 67, 43 <58>; 69, 220 <227 f.>; 88, 118 <123 ff.>; 94, 166 <213>; 96, 27 <39>). Geklärt ist auch, dass die Verwirklichung der Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 GG eine dem Grundrechtsschutz angemessene Verfahrensgestaltung fordert (vgl. BVerfGE 73, 280 <296>; 82, 209 <227>).
3. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist zur Durchsetzung des Rechts der Beschwerdeführerin aus Art. 19 Abs. 4 GG angezeigt (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die angegriffenen Entscheidungen haben Bedeutung und Tragweite dieses Grundrechts verkannt, indem sie die Drittbetroffenheit der Beschwerdeführerin verneint haben.
a) Die Verfahrensgewährleistung des Art. 19 Abs. 4 GG beschränkt sich nicht auf die Einräumung der Möglichkeit, die Gerichte gegen Akte der öffentlichen Gewalt anzurufen, sie gibt dem Bürger darüber hinaus einen Anspruch auf eine möglichst wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 40, 272 <275>; stRspr). Das Gebot effektiven Rechtsschutzes verlangt daher nicht nur, dass jeder Akt der Exekutive in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht der richterlichen Prüfung unterstellt ist, sondern die Gerichte müssen den betroffenen Grundrechten auch tatsächliche Wirksamkeit verschaffen. Vor diesem Hintergrund sind irreparable Entscheidungen soweit wie möglich auszuschließen (vgl. BVerfGE 35, 263 <274>).
b) Diesen Anforderungen werden die angegriffenen Entscheidungen, die dem unterlegenen Mitbewerber um die Aufnahme in den Krankenhausplan das Recht zur Drittanfechtung absprechen, nicht gerecht.
(aa) Die Aufnahme eines konkurrierenden Bewerbers in den Krankenhausplan schränkt die beruflichen Betätigungsmöglichkeiten für das nicht aufgenommene Krankenhaus ein. Zwar berührt die Nichtaufnahme in den Krankenhausplan nicht das Recht, ein Krankenhaus - oder, wie hier, eine bestimmte Krankenhausabteilung - zu führen. Soweit aber ein Krankenhaus nicht in den Krankenhausplan aufgenommen wird, ist es einem erheblichen Konkurrenznachteil ausgesetzt, der in seinen wirtschaftlichen Auswirkungen einer Berufszulassungsbeschränkung nahe kommt (vgl. BVerfGE 82, 209 <224, 229>).
(bb) Die besondere Grundrechtsbetroffenheit, die für die Beschwerdeführerin vorliegend mit der Aufnahme der Städtischen Kliniken in den Krankenhausplan verbunden ist, macht es erforderlich, der Beschwerdeführerin hiergegen zeitnahen Rechtsschutz zu eröffnen. Hierfür kommt in erster Linie der Weg der Drittanfechtung in Betracht. Hingegen genügt die der Beschwerdeführerin in den angegriffenen Entscheidungen vorgeschlagene isolierte Verpflichtungsklage mit dem Ziel der eigenen Zulassung zum Krankenhausplan dem Anspruch auf effektiven Rechtsschutz nicht, nachdem die Konkurrentin bereits zugelassen wurde.
(1) Die Abwägungssituation wird durch die Zulassung der Konkurrentin verändert. Die Darstellung der Gründe für eine eigene Aufnahme in den Krankenhausplan kommt in aller Regel zu spät, wenn die Argumente nicht im Zusammenhang mit der Aufnahmeentscheidung zugunsten des Konkurrenten vorgebracht werden können. Das aufgenommene Krankenhaus wird dann bereits vollendete Tatsachen geschaffen haben, die eine Rückgängigmachung der Entscheidung praktisch unmöglich machen. Dies widerspricht jedoch der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach irreparable Entscheidungen soweit wie möglich auszuschließen sind (vgl. BVerfGE 35, 263 <274>).
Wie das Bundessozialgericht in seiner Stellungnahme ausführt, werden zudem die öffentlichen Fördermittel bei jeder nachträglichen Herausnahme eines Krankenhauses aus dem Krankenhausplan zu einer Fehlinvestition. Durch die Verfahrensgestaltung muss eine solche Verschwendung tunlichst vermieden werden. Das ist bei einem unabhängigen Nebeneinander der Verpflichtungsklage eines gescheiterten Bewerbers einerseits und der nach Aufnahme in den Plan ins Werk gesetzten Krankenhaustätigkeit des erfolgreichen Bewerbers andererseits aber ausgeschlossen. Denn die Rechtmäßigkeit der Aufnahmeentscheidung steht erst nach rechtskräftigem Abschluss der Verpflichtungsklage fest.
Erweist sich die begünstigende Entscheidung im Nachhinein als falsch, ist absehbar, dass ein Krankenhaus versuchen wird, seine Aufwendungen bei nachträglicher Herausnahme aus dem Krankenhausplan gegenüber der zuständigen Behörde geltend zu machen. Die Behörde muss mit Ersatzforderungen rechnen. Das wird durch die Äußerung der Städtischen Kliniken im vorliegenden Fall bestätigt. Sie haben inzwischen eine Hämatologische Abteilung aufgebaut und kündigen an, die Verluste, die durch ihre Herausnahme aus dem Krankenhausplan verursacht würden, nicht ohne die Geltendmachung von Regressansprüchen hinnehmen zu wollen. Auch solche Regresskosten werden möglicherweise für die Entscheidung darüber, welches Krankenhaus letztlich im Sinne des Krankenhausfinanzierungsgesetzes die wirtschaftlichere Lösung darstellt, Berücksichtigung finden.
(2) Effektiver Rechtsschutz ist daher nur gewährleistet, wenn dem übergangenen Krankenhaus zeitnah die Möglichkeit der Drittanfechtung eingeräumt wird. Nur dann kann die Rechtslage für alle Beteiligten verbindlich geklärt werden, bevor öffentliche Mittel für Investitionen bewilligt werden.
Dafür spricht im Übrigen auch, dass die Entscheidung über die Aufnahme eines Krankenhauses in den Krankenhausplan in aller Regel nicht isoliert, sondern immer auch unter Berücksichtigung gleichzeitig vorliegender anderer Bewerbungen zu erfolgen hat, schon um festzustellen, welches der beteiligten Krankenhäuser nach den maßgeblichen Kriterien am besten geeignet ist (vgl. BVerwGE 72, 38). Entscheidet die Behörde über den Antrag des einen Krankenhauses, so darf sie dies nicht ohne den Vergleich mit gleichzeitig vorliegenden Anträgen anderer Krankenhäuser tun. Die Aufnahme eines von zwei konkurrierenden Krankenhäusern in den Krankenhausplan stellt implizit immer auch eine Entscheidung gegen das andere Krankenhaus dar. In dieser Weise ist die Behörde ausweislich der vorliegenden Begründung gegen die Beschwerdeführerin auch vorgegangen. Bei einer anderen Verfahrensweise hätte sie sich in Widerspruch zu Sinn und Zweck des Krankenhausfinanzierungsgesetzes gesetzt, das ihr aufgibt, eine möglichst wirtschaftliche Lösung zu finden.
(3) Damit ist nicht ersichtlich, inwieweit sich die Bewerbung zweier Krankenhäuser auf begrenzte Bettenplätze noch von den Konkurrenzsituationen unterscheidet, in denen nach inzwischen gefestigter verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung eine Konkurrentenklage zugelassen werden muss (vgl. die Aufzählung der bereits aufgetretenen Fallkonstellationen bei Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 13. Aufl., 2003, § 42 Rn. 45 ff.). In diesen Fällen hat die Rechtsprechung - mit der Begründung, dass die den Konkurrenten begünstigende Entscheidung die Rechtsstellung des Unterlegenen verschlechtere - jeweils anerkannt, dass dem unterlegenen Bewerber die Möglichkeit der Drittanfechtung offen stehen muss (vgl. dazu ausführlich Kopp/Schenke, a.a.O., § 42 Rn. 142 ff.).
4. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34 a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswertes ergibt sich aus § 113 Abs. 2 Satz 3 BRAGO (vgl. auch BVerfGE 79, 365 <366 f.>).
BVerfG:
Beschluss v. 14.01.2004
Az: 1 BvR 506/03
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