Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. März 2001
Aktenzeichen: 32 W (pat) 474/99
(BPatG: Beschluss v. 28.03.2001, Az.: 32 W (pat) 474/99)
Tenor
Auf die Beschwerde des Markeninhabers wird der Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 26 - vom 23. August 1999 aufgehoben soweit die Löschung der angegriffenen Marke wegen des Widerspruchs aus der Marke 757 612 für "Konfektionszubehör, nämlich Nähgarne; Druckknöpfe; Scheren; Maßbänder; Schneiderkreide; Bänder für Hosen, Jacken, Kleider" angeordnet wurde. Insoweit wird der Widerspruch zurückgewiesen.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe
I.
Gegen die für Konfektionszubehör nämlich Nähgarne; Druckknöpfe; Scheren; Maßbänder; Schneiderkreide; Reißverschlüsse, Bänder für Hosen, Jacken, Kleideram 6. März 1996 angemeldete und am 26. August 1996 eingetragene Wort/Bildmarkesiehe Abb. 1 am Endeist Widerspruch erhoben aus der seit 29. Januar 1962 für Reißverschlüsseeingetragenen Wortmarke 757 612 YKK.
Die Markenstelle für Klasse 26 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Löschung der angegriffenen Marke wegen des Widerspruchs angeordnet. Zur Begründung wurde ausgeführt, daß die sich gegenüberstehenden Waren hinsichtlich der Reißverschlüsse identisch und im übrigen durchschnittlich ähnlich seien. Dies ergebe sich durch die Übereinstimmungen im Einsatz und Verwendungszweck sowie der wirtschaftlichen Bedeutung dieser sogenannten Kurzwaren. Daneben kämen sich die sich gegenüberstehenden Waren in den regelmäßigen Vertriebs- und Verkaufsstätten beliebig nahe, so daß die beteiligten Verkehrskreise zur Auffassung kämen, die Waren stammten vom selben Unternehmen, wenn übereinstimmende oder vermeintlich übereinstimmende Kennzeichen verwendet würden. Aufgrund des Regelsatzes "Wort vor Bild" orientiere sich der Verkehr am Wortbestandteil der Marken, weshalb sich die Buchstabenkombinationen "IKK" und "YKK" verwechslungsrelevant gegenüber ständen, die den zum Ausschluß einer Kollision zu fordernden Markenabstand in klanglicher Hinsicht nicht einhielten.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Markeninhabers. Er ist der Auffassung, daß die Beurteilung der Verwechslungsgefahr grundsätzlich nach dem Gesamteindruck zu erfolgen hätte und dieser jeweils deutlich unterschiedlich sei. Im übrigen bestände der Wortbestandteil der angegriffenen Marke aus "TKK", dem Anfangsbuchstaben seines Namens (Türkmen Kanber Koyuncu), so daß eine klangliche Verwechslung mit YKK ausscheide. Er beantragt, den Beschluß der Markenstelle aufzuheben und den Widerspruch zurückzuweisen.
Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, daß sich kein tatsächlicher Anhaltspunkt ergebe, der es nahelege, das angegriffene Zeichen mit TKK zu benennen, so daß sich verwechslungsrelevant IKK und YKK gegenüber ständen, die klanglich nicht auseinander gehalten werden könnten.
II.
Die zulässige Beschwerde ist zum Teil begründet.
Nach §§ 9 Abs 1 Nr 2, 42 Abs 2 Nr 1 Markung ist die Eintragung einer Marke im Falle eines Widerspruchs zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfaßten Waren für das Publikum die Gefahr von Verwechslung besteht, einschließlich der Gefahr, daß die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Die Frage der Verwechslungsgefahr ist dabei unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, wobei eine Wechselwirkung zwischen denen in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke besteht (vgl BGH MarkenR 2000, 359, 360 - Bayer/BeiChem).
Soweit Reißverschlüsse betroffen sind, stehen sich identische Waren gegenüber. Die übrigen Waren sind den durch die Widerspruchsmarke geschützten Reißverschlüssen durchschnittlich ähnlich. Eine Ähnlichkeit von Waren kann dann angenommen werden, wenn zwischen den betreffenden Erzeugnissen unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren so enge Berührungspunkte bestehen, daß die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus denselben oder ggf. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen, sofern sie mit identischen Marken gekennzeichnet sind (vgl Althammer/Ströbele/Klaka, GA, § 9 Rdn 40 mwN). Ähnlichkeitsbegründend ist hier, daß es sich vom Verwendungszweck her um Schneidereibedarfsartikel im weiteren Sinne bzw um Kurzwaren handelt, welche insbesondere auch für den privaten Zweck vertrieben werden um den anfallenden privaten Nähaufwand bewerkstelligen zu können.
Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, die wegen des Y kaum als Wort ausgesprochen wird, ist zwar von Haus aus eher unterdurchschnittlich, jedoch durch langjährige intensive Benutzung gesteigert. Die tatsächliche Entwicklung der üblichen Bildung von Unternehmenskennzeichnungen führt nach der allgemeinen Lebenserfahrung schon derzeit verstärkt zu Abkürzungen, so daß derartigen Zeichen eine gewisse, wenn auch schwache Unterscheidungsfunktion zu entnehmen ist (vgl BGH WRP 2001, 273, 274 - DB Immobilienfonds). Diese unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft ist - soweit Reißverschlüsse betroffen sind - durch die weit verbreitete Verwendung der Widerspruchsmarke deutlich über den Durchschnitt erhöht. Es ist gerichtsbekannt, daß die Widerspruchsmarke zu den zwei bekannten Marken für Reißverschlüsse gehört.
1. Soweit Konfektionszubehör, nämlich Nähgarne, Druckknöpfe, Scheren, Maßbänder, Schneiderkreide und Bänder für Hosen, Jacken und Kleider und nicht Reißverschlüsse beansprucht werden, ist ein durchschnittlicher Markenabstand erforderlich, den die angegriffene Marke gegenüber der Widerspruchsmarke einhält. Bei der Beurteilung des Gesamteindrucks der angegriffenen Marke ist der Erfahrungssatz zu berücksichtigen, daß der Durchschnittsverbraucher eine Marke regelmäßig als Ganzes wahrnimmt und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet. Bei kombinierten Wort/Bildzeichen wird sich der Verkehr jedoch eher an dem Wort als an dem Bildbestandteil orientieren, weil das Kennwort in der Regel die einfachste Form ist die Waren zu bezeichnen (BGH GRUR 2000, 506, 509 - ATTACHÉ/TISSERAND). Somit stehen sich klanglich die von beachtlichen Verkehrskreisen als IKK gelesene Buchstabenfolge und YKK gegenüber, die einen Abstand einhalten, der jedenfalls durchschnittlichen Anforderungen genügt. Eine Benennung mit "Y" ist zwar nicht auszuschließen, weil der im oberen Bereich der angegriffenen Marke befindliche Bogen über dem Strich auch eine Assoziation an ein bildlich ausgestaltetes "Y" als möglich erscheinen läßt. Selbst die Verkehrskreise, aber die den Anfangsbuchstaben als "Y" lesen und die angegriffene Marke mit "YKK" benennen, werden in Verbindung mit Konfektionszubehör - mit Ausnahme von Reißverschlüssen - angesichts des Warenabstandes nicht an die ausschließlich für Reißverschlüsse bekannte Marke "YKK" denken. Zumindest ist die Zahl derjenigen, die die angegriffene Marke in Verbindung mit Konfektionszubehör (ausschließlich Reißverschlüsse) nicht mit "IKK", sondern "YKK" benennen und trotz des Warenabstandes mit der Widerspruchsmarke verwechseln, so gering, daß von einer markenrechtlich beachtlichen klanglichen Verwechslungsgefahr nicht mehr die Rede sein kann, was entsprechend auch für die Gefahr schriftbildlicher Verwechslungen gilt.
2. Soweit die identisch beanspruchten Reißverschlüsse betroffen sind, ist ein deutlicher Markenabstand erforderlich, den die Widerspruchsmarke zumindest in klanglicher Hinsicht nicht einhält. Da das angegriffene Zeichen im Anfangsbuchstaben nicht nur als "I", sondern in noch beachtlichem Umfang durchaus als Y gelesen werden kann, lassen sich insoweit Verwechslungen klanglicher Art in Verbindung mit den durch die Vergleichsmarken geschützten Reißverschlüsse, für die die Widerspruchsmarke über einen gesteigerten Schutzumfang verfügt, angesichts der Warenidentität nicht ausschließen.
Eine Kostenentscheidung (§ 71 MarkenG) ist nicht veranlaßt.
Dr. Fuchs-Wissemann Richterin Klante hat Urlaub und kann daher nicht unterschreiben.
Dr. Fuchs-Wissemann Sekretaruk Hu Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/32W(pat)474-99.1.3.gif
BPatG:
Beschluss v. 28.03.2001
Az: 32 W (pat) 474/99
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/20f3ca1c4944/BPatG_Beschluss_vom_28-Maerz-2001_Az_32-W-pat-474-99