Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. April 2006
Aktenzeichen: 27 W (pat) 222/04

(BPatG: Beschluss v. 04.04.2006, Az.: 27 W (pat) 222/04)

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss der Markenabteilung 3.4 vom 11. März 2004 aufgehoben, soweit die teilweise Löschung für die Dienstleistungen "Dienstleistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation und einer Informationsdatenbank, Vermittlung von Informationen an Dritte, Verbreitung von Informationen über drahtlose oder leitungsgebundene Netze, Online-Dienste" angeordnet worden ist.

Der Löschungsantrag wird auch insoweit zurückgewiesen.

Gründe

I Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin der am 8. April 1995 angemeldeten und am 26. Juli 1996 im Register für verschiedene Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 38 und 42 eingetragenen Wortmarke FREUNDIN.

Aufgrund des von der Beschwerdegegnerin am 12. Februar 2004 erwirkten rechtskräftigen Urteils des Landgerichts München I - Az.: 17HK O 9743/03 -, mit welchem die Markeninhaberin zur Einwilligung in die Löschung eines Teils der beanspruchten Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke verurteilt worden ist, ist diese z. Z. noch für folgende Dienstleistungen geschützt:

"Dienstleistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation und einer Informationsbank, Vermittlung von Informationen an Dritte, Verbreitung von Informationen über drahtlose oder leitungsgebundene Netze; Online-Dienste".

Auf den Antrag der Beschwerdeführerin vom 4. Dezember 2002 hat die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts mit dem angefochtenen Beschluss die teilweise Löschung der angegriffenen Marke für die vorgenannten Dienstleistungen sowie für die bereits aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Landgerichts München I zu löschende Dienstleistung "Online-Sendungen" angeordnet. Zur Begründung ist ausgeführt: Der Eintragung habe bereits zum Eintragungszeitpunkt das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegengestanden, weil das Wort "Freundin" als Bezeichnung einer Person, die einem anderen in Freundschaft verbunden sei, die zu löschenden Dienstleistungen beschreibe, indem es darauf hinweise, dass diese die Kommunikation bzw. Interaktion zwischen Menschen entweder zum Gegenstand hätten oder solche Freundschaften durch Kommunikation initiieren sollten. Die angesprochenen Verkehrskreise würden die angegriffene Marke daher für solche Dienstleistungen ohne weiteres dahin verstehen, dass sie ihrer Konzeption nach dazu geeignet und darauf ausgerichtet seien, die Kommunikation zu einer Freundin möglichst effektiv oder günstig zu gestalten, etwa indem man bei Mobilfunktarifen besondere Tarife für eine vorbestimmte Freundin erhalte, wie dies etwa von sog. "Best Partner"-Tarifen bekannt sei. Bei den übrigen Dienstleistungen würden die Verkehrskreise die angegriffene Marke dahin verstehen, dass sich die Informationsvermittlung auf eine Freundin beziehe. Das Eintragungshindernis sei auch nicht durch Verkehrsdurchsetzung überwunden, weil die Markeninhaberin eine solche nicht glaubhaft gemacht habe.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin, mit der sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses anstrebt, soweit dieser die noch geschützten Dienstleistungen betrifft. Ihrer Ansicht nach ist die angegriffene Marke unterscheidungskräftig und nicht freihaltungsbedürftig. Da der Begriff "FREUNDIN" zwischenmenschliche, sehr persönliche Elemente umfasse, falle es aus dem Rahmen, einem Produkt oder einer Tätigkeit eine derart persönliche Note zu geben. Die Marke sei daher für die gelöschten Dienstleistungen originell und keineswegs rein beschreibend. Die Unterscheidungskraft ergebe sich auch aus der Mehrdeutigkeit der Bezeichnung "FREUNDIN", da diese sowohl für eine Person als auch für die von ihr vertriebene Frauen-Zeitschrift bekannt sei. Der Vergleich zu "Best Partner"-Tarifen greife nicht, weil "Best Partner" keine berühmte Marke sei und sich anders als "FREUNDIN", das eher komisch wirke, zur Vermarktung eigne. Selbst auf der Basis der Argumentation der Markenabteilung könnte die Marke nur für solche Dienstleistungen unmittelbar beschreibend sein, bei denen ein persönlicher oder intimer Zusammenhang bestehe; dies sei aber bei den gelöschten Dienstleistungen nicht der Fall. Durch die Glaubhaftmachung der Verkehrsdurchsetzung der Marke "FREUNDIN" für Zeitschriften sei auch die Verkehrsdurchsetzung für die Telekommunikation glaubhaft gemacht, da das Printmedium und der Online-Auftritt wie "siamesische Zwillinge" seien.

Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß, unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses den Löschungsantrag auch für die noch geschützten Dienstleistungen zurückzuweisen.

Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen und der Beschwerdeführerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

Zur Begründung hat sie im Wesentlichen auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen; den Kostenantrag hat sie mit der "Substanzlosigkeit" der Beschwerde begründet.

In der mündlichen Verhandlung, an welcher die Beschwerdegegnerin wie angekündigt nicht vertreten war, hat die Beschwerdeführerin ihren Standpunkt aufrechterhalten und vertieft.

II Die zulässige Beschwerde der Markeninhaberin hat in der Sache Erfolg.

Entgegen der Ansicht der Markenabteilung ist der auf § 50 Abs. 1 MarkenG gestützte Löschungsantrag auch für die noch geschützten Dienstleistungen zurückzuweisen. Ungeachtet der von der Beschwerdeführerin behaupteten Verkehrsdurchsetzung lässt sich nämlich nicht feststellen, dass der angemeldeten Bezeichnung zum Eintragungs- und zum gegenwärtigen Zeitpunkt für diese Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt. Das ist der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH MarkenR 2003, 187, 190 [Rz. 41] - Gabelstapler, WRP 2002, 924, 930 [Rz. 35] - Philips/Remington) und des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH GRUR 2000, 502, 503 - St. Pauli Girl; GRUR 2000, 720, 721 - Unter Uns) die Eignung, von den Abnehmern, an welche sich die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen richten, als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Unter Berücksichtigung des grundsätzlich gebotenen großzügigen Maßstabs (st. Rspr., vgl. BGH, GRUR 1995, 408 [409] - PROTECH; BGH GRUR 2001, 413, 415 - SWATCH) bestehen nämlich keine tatsächlichen Anhaltspunkte für die Annahme, die durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 605 - Libertel; GRUR 2004, 943, 944 - SAT.2) Abnehmer würden in ihr keinen Hinweis mehr auf die Herkunft der beanspruchten Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen sehen, weil sie ihr insoweit nur einen für diese Dienstleistungen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt entnehmen (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1153 - marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 - City-Service; BGH, GRUR 2001, 162, 163 m. w. N. - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).

Zwar ist der Markenabteilung darin zuzustimmen, dass das Markenwort "FREUNDIN" eine weibliche Person bezeichnet, die einer anderen Person in Freundschaft verbunden ist oder ihr nahe steht (vgl. Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 5. Aufl. Mannheim 2003 [CD-ROM], unter den Stichworten "Freundin" und "Freund"). Daraus kann aber nicht der Schluss gezogen werden, in Zusammenhang mit den in Rede stehenden Dienstleistungen fasse der angesprochene Verkehr - bei dem es sich nach der Art der Dienstleistungen um alle inländischen Verbraucher handelt - die angegriffene Marke nur als Hinweis auf bestimmte Tarife zur Telekommunikation (etwa als Telefontarif) mit einer solchen Person auf. Hiergegen spricht bereits der Umstand, dass Telefontarife, auch wenn sie bestimmte Vergünstigungen gewähren, rein technisch nicht an die anzurufende Person anknüpfen, vorliegend also daran, dass es sich bei dieser tatsächlich um eine weibliche Person handelt, die mit dem Antragsteller persönlich eng verbunden ist, sondern in der Regel an technische Merkmale, wie eine bestimmte Vorwahl oder eine bestimmte Rufnummer, welche der Benutzer selbst vorgibt. Etwas anderes lässt sich auch nicht aus den sog. BEST PARTNER-Tarifen herleiten, denn die Schutzunfähigkeit des Begriffs "best partner" resultiert allein daraus, dass es sich bei ihm um eine werbeübliche Anpreisung des anbietenden Unternehmens gegenüber seinen Kunden handelt (vgl. EuG GRUR Int. 2004, 951 - bestpartner, u. a. für Internet-Dienste); für eine vergleichbare Stellung des hier in Rede stehenden Begriffs "FREUNDIN" im Geschäftsleben sind entsprechende Anhaltspunkte weder vorgetragen noch ersichtlich.

Auch als mögliche Inhaltsbestimmung der betroffenen Dienstleistungen kommt die angegriffene Marke nicht in Betracht. Zunächst kann mit ihr nicht nur ein ganz bestimmter Inhalt verbunden werden. Mit diesem Begriff können im Zusammenhang mit den in Rede stehenden Dienstleistungen spezifische Fraueninteressen assoziiert werden, wie dies ja gerade bei dem unter "http:// www.freundinonline.de" aufrufbaren Internetportal der von der Markeninhaberin herausgegebenen Frauenzeitschrift freundin der Fall ist. Hierauf sind mögliche Assoziationen aber nicht beschränkt, weil der Begriff, der ja lediglich auf die besondere Verbundenheit einer (männlichen oder weiblichen) Person mit einer Frau hinweist, genauso gut auch mit einer Partnervermittlung in Verbindung gebracht werden kann. Entscheidend ist aber, dass "Freundin" aus sich heraus nicht unmittelbar auf einen bestimmten Inhalt der beanspruchten Dienstleistungen hinweist, sondern sich dieser erst aufgrund einer näheren Betrachtung der einzelnen konkreten Dienstleistung ergeben kann; damit setzt die Annahme einer bloßen Sachangabe aber voraus, dass sich die angesprochenen Abnehmer der Dienstleistungen über den möglichen Begriffsinhalt der angegriffenen Marke Gedanken machen; zu solchen analysierenden Betrachtungen neigt der Verkehr aber nach ständiger Rechtsprechung gerade nicht (vgl. BGH GRUR 2001, 240, 241 - SWISS ARMY; GRUR 2000, 502, 503 - St. Pauli Girl). Schließlich spricht gegen die Annahme einer bloßen Inhaltsangabe für die hier in Rede stehenden technischen Dienstleistungen auch, dass sonst die Verwendung üblicher Begriffe als Marke für diese Dienstleistungen gänzlich ausgeschlossen wäre, weil so gut wie alles als Gegenstand dieser Tätigkeiten in Betracht kommen kann. Im Ergebnis mag die angegriffene Marke damit in Zusammenhang mit den in Rede stehenden Dienstleistungen durchaus Assoziationen wecken, so dass sie als sog. "sprechende Marke" anzusehen ist, dies rechtfertigt aber nicht den Schluss, sie nur als eine für diese Dienstleistungen im Vordergrund stehende beschreibende Sachangabe anzusehen, der jegliche Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG abzusprechen wäre.

Auf die Beschwerde der Markeninhaberin war daher der anderslautende Beschluss der Markenabteilung, soweit er noch Gegenstand des Beschwerdeverfahrens war, aufzuheben und der Löschungsantrag der Antragstellerin auch insoweit zurückzuweisen.

Für die von der Beschwerdegegnerin beantragte Kostenauferlegung - die auch im Falle einer Zurückweisung der Beschwerde nicht in Betracht gekommen wäre, weil ein Billigkeitsgrund nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG nach zutreffender Rechtsansicht nicht bereits bei einer bloßen Erfolglosigkeit der Beschwerde gegeben ist (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., § 71 Rn. 16) - besteht bei dieser Sachlage keine Veranlassung, so dass es bei der Grundregel des § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG zu verbleiben hat, derzufolge jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt.






BPatG:
Beschluss v. 04.04.2006
Az: 27 W (pat) 222/04


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