Oberlandesgericht Stuttgart:
Urteil vom 21. Oktober 2010
Aktenzeichen: 2 U 30/10
(OLG Stuttgart: Urteil v. 21.10.2010, Az.: 2 U 30/10)
Die von einer Bank verwendete Allgemeine Geschäftsbedingung
"Alle durch den Abschluss und Vollzug dieses Vertrags einschließlich der Sicherheitenbestellung entstehenden Kosten trägt der Darlehensnehmer. Dies sind: Kontoführungsgebühr ...EUR monatlich"
ist als Preisabrede der Inhaltskontrolle entzogen. Sie hielte einer Inhaltskontrolle aber auch stand.
Tenor
1. Der Berufung des Klägers gegen das Urteil der 2. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Ravensburg vom 25. März 2010 (Az.: 2 O 117/09) wird
z u r ü c k g e w i e s e n .
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beiden Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen sich durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht der Vollstreckende vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des beizutreibenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 10.000,- EUR.
Gründe
I.
Die Berufung des Klägers ist darauf gerichtet, der Beklagten die Verwendung einer Allgemeinen Geschäftsbedingung zu verbieten, durch welche jene sich eine Kontoführungsgebühr für ein Darlehenskonto versprechen lässt. Wegen einer anderen Bestimmung haben die Parteien den Rechtsstreit bereits vor dem Landgericht nach einem Teilvergleich in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Wegen des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem Urteil der 2. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Ravensburg vom 25. März 2010 (Az.: 2 0 117/09 - [GA 113/126]) Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, die Kosten des erledigten Teils der Beklagten auferlegt und ausgeführt:
Die Klage sei zulässig, insbesondere sei der Kläger antragsbefugt, aber die Klausel zu den Kontoführungsgebühren sei wirksam.
Eine AGB liege gem. § 305 Abs. 1 BGB vor, da die Klausel dem Verbraucher durch Vorlage des vorausgefüllten Darlehensvertragsformulars vorformuliert vorgegeben werde. Dass die Erhebung der Kontoführungsgebühr von 2,- EUR monatlich dem Verwender regelmäßig zur Disposition gestellt werde, behaupte letztlich die Beklagte selbst nicht. Vielmehr habe sie vorgetragen, dem Darlehensnehmer werde der von ihr erstellte Darlehensvertragsentwurf vorgelegt und dieser habe dann die Möglichkeit zur Entscheidung, ob er den Darlehensvertrag unterschreibe oder nicht. Sollte ein Kunde im Einzelfall den zunächst vorhandenen Leerraum zum Anlass für Verhandlungen nehmen, berühre dies den AGB-Charakter der Klausel nicht.
Die Klausel unterliege auch der Inhaltskontrolle nach den §§ 307 bis 309 BGB, weil nicht nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB der Inhaltskontrolle entzogene Preisabrede, sondern kontrollfähige Preisnebenabrede, da sie nicht Teil des Gefüges aus Leistung und Gegenleistung des Darlehensvertrages sei. Die Kontoführung diene der internen korrekten Verrechnung der gezahlten Raten sowie der Berechnung der geschuldeten Zinsen und sei damit eine laufende Bearbeitungsgebühr", die nicht als unmittelbare Gegenleistung zur Darlehensgewährung anzusehen sei.
Zwar seien regelmäßig solche Klauseln unwirksam, mit welchen Entgelte für Leistungen erhoben würden, zu deren Erbringung der Verwender schon Kraft Gesetzes oder auf Grund einer vertraglichen Nebenpflicht verpflichtet sei oder welche er im eigenen Interesse vornehme (vgl. BGH, Urteil vom 21.04.2009 - XI ZR 55/08, BB 2009, 905). Es sei allerdings bereits zweifelhaft, ob es tatsächlich Aufgabe des Kreditinstituts sei, dem Kunden gegenüber im einzelnen aufzulisten, in welcher Form eingehende Zahlungen verbucht worden seien. Im Grundsatz treffe den Schuldner die Pflicht zum Nachweis, inwieweit er eine bestehende Forderung getilgt habe. Er habe lediglich einen Anspruch auf Vorlage einer Quittung. Im Übrigen sei für den Kunden eine konkrete Aufstellung über die von ihm bezahlten Zinsen zumindest dann von Bedeutung, wenn er das Darlehen im Rahmen eines Kapitalanlagegeschäftes aufnehme und damit steuerliche Effekte erzielen wolle.
Jedoch könne dies dahinstehen, da § 6 Abs. 3 Nr. 3 PAngV zeige, dass der Gesetzgeber den Anfall von Kontoführungskosten als gängigen Vertragsbestandteil und damit als Teil des gesetzlichen Leitbildes anerkannt habe. Angesichts der Größenordnung der beanstandeten monatlichen Kontoführungsgebühren und der damit verbundenen für den Darlehensnehmer aus wirtschaftlicher Sicht eher überschaubaren Bedeutung könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Regelung den Kunden der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben nach § 307 Abs. 1 S. 1 unangemessen benachteilige.
Den erhobenen Anspruch auf Erstattung der erforderlichen Aufwendungen gem. § 12 Abs. 1 S. 1 UWG sowie § 5 UKlaG i.V.m. § 12 Abs. 1 S. 2 UWG habe der Kläger teilweise. Die in der Vergangenheit ebenfalls streitige Wertermittlungsklausel sei eine AGB über eine Preisnebenabrede und unwirksam gewesen, was das Landgericht näher begründet. Da sich die der Höhe nach nicht bestrittenen vorgerichtlichen Aufwendungen somit auf einen begründeten und einen unbegründeten Anteil bezogen hätten, erscheine es sachgerecht, sie zu teilen. Da eine Wertermittlungsgebühr in der Praxis deutlich größere wirtschaftliche Auswirkungen habe als die Kontoführungsgebühren, erscheine es angemessen, jenen Anspruch bei der Kostenentscheidung höher zu bewerten.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger form- und fristgerecht Berufung eingelegt und sein Rechtsmittel fristgerecht begründet.
Er bringt vor:
Aus § 259 BGB und AGB-Banken Ziffer 7 und 8 ergebe sich eine Rechenschaftspflicht der Bank. Es gehöre somit zur Pflicht der Beklagten, eingehende Raten ordnungsgemäß zu verbuchen und den Kunden darüber zu informieren. Wenn die Raten bankintern verrechnet würden, könne die Bank keine Kosten für Kontoauszüge veranschlagen, noch folglich in Rechnung stellen. Der Hinweis auf eine wegen steuerlicher Fragen gewünschte Dokumentation verfange nicht. Dies sei keine Sonderleistung" im Sinne der Rechtsprechung. Die jährliche Zins- und Saldenbestätigung des abgelaufenen Kalenderjahres stelle auch keine entgeltpflichtige Sonderleistung dar. Es sei einem Kontovertrag vielmehr geradezu immanent, dass die Beklagte entsprechende Zahlungsein- und -ausgänge ordnungsgemäß verbuche und den Kunden hierüber informiere.
Auch der Hinweis auf § 6 Absatz 3 Nr.3 PAngV gehe fehl. Die PAngV nehme hier keine gesetzliche Leitbildfunktion ein und könne auch keine Preishauptabreden schaffen. Die Kontoführungsgebühren seien grundsätzlich und auch hier gerade nicht in den Effektivzins einzuberechnen, sondern nur dann, wenn der Kreditnehmer hierbei keine angemessene Wahlfreiheit habe und diese Kosten ungewöhnlich hoch seien. Dass eine Kontoführungsgebühr von, wie vorliegend, 2,- EUR monatlich i.S.d. § 6 Abs. 3 Nr.3 PAngV ungewöhnlich hoch" sei, werde bestritten. Würde eine Leistung für die Kunden erbracht, so wäre nach dem Wortlaut des § 6 Absatz 3 PAngV jeder erhobene Betrag als Preishauptabrede zu qualifizieren.
Die Rechtsprechung des OLG Stuttgart zur Abschlussgebühr der Bausparkassen (derzeit beim Bundesgerichtshof anhängig zum Az. XI ZR 3/10) beruhe auch bezüglich der PAngV nur auf Besonderheiten der Bausparkassen. Die Beklagte sei nach eigenem Vorbringen aber keine Bausparkasse.
Der Kläger
verfolgt seine erstinstanzlich abgewiesenen Anträge weiter.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor:
Es sei fraglich, ob es sich bei der vorliegenden Gestaltung überhaupt um Allgemeine Geschäftsbedingungen handele.
Die nicht ungewöhnlich hohen Kontoführungskosten seien nach der PAngV Teil des für die Darlehensgewährung zu beanspruchenden Hauptentgeltes und damit der AGB-Kontrolle entzogene Preishauptabreden. Dies gelte sowohl für § 6 Abs. 3 Nr. 3 PAngV in der Fassung bis zum 11.06.2010 als auch in der Neufassung des § 6 Abs. 3 Nr. 3 PAngV nach Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie mit Wirkung zum 11.06.2010.
Entgegen der singulären Auffassung von Nobbe, in WM 2008, 185 ff., sei die Kontoführungsgebühr auch als Preisnebenabrede nicht AGB-widrig und damit wirksam. Sie verstoße nicht gegen das Transparenzgebot, da in den Darlehensverträgen der Beklagten (vgl. K 2, B 1) in einem gesondert hervorgehobenen Feld ausgewiesen. Die Gebühr sei auch nicht unangemessen benachteiligend. Mit der Erhebung des Kontoführungsentgeltes sei auch eine Leistung für den Darlehensnehmer verbunden, zumal die vom Kläger gerügte Vertragsbestimmung ausschließlich bei sog. Kapitalanlegern im Rahmen der Finanzierung von Immobilien zur Fremdnutzung Verwendung finde und der Kunde nach Ablauf des Kalenderjahres die zur Dokumentation gegenüber dem Finanzamt erforderliche Zins- und Saldenbestätigung erhalte. Die Beklagte führe im Rahmen des vereinbarten Kontoführungsentgeltes das Lastschriftverfahren durch.
Weder § 259 BGB noch Ziffer 7 und 8 der AGB-Banken sei auf die vorliegende Sachverhaltskonstellation übertragbar. Eine Rechnungslegungspflicht im Sinne des § 259 BGB sei bei Darlehen grundsätzlich nicht gegeben. Eine Ausnahme stelle lediglich das sog. partiarische Darlehen dar, bei dem der Berechtigte am Gewinn beteiligt sei. Ziffer 7 und 8 der AGB-Banken bezögen sich auf das Kontokorrentkonto, nicht aber auf Darlehenskonten.
Der § 6 Abs. 3 Nr. 3 PAngV, alter wie neuer Fassung, zeige als Leitbild die Zulässigkeit einer Kontoführungsgebühr, was die seit 11.06.2010 geltende Neufassung besonders deutlich mache, indem er die Berücksichtigung der Kontoführungskosten bei Bemessung des effektiven Jahreszinses - anders als noch bei § 6 Abs. 3 Nr. 3 PAngV a. F. - zur Regel erhebe. Der Gesetzgeber zeige, dass ihm bewusst sei, dass Kontoführungsgebühren auf Grundlage von Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Darlehensnehmern erhoben würden. Indem er den Kreditinstituten sodann auferlegt habe, die Kontoführungsgebühren, soweit in allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart, in den effektiven Jahreszins mit einzurechnen, habe er zugleich zum Ausdruck gebracht, dass gegen die entsprechende vertragliche Gestaltung aus seiner Sicht keine Bedenken bestünden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die im zweiten Rechtszug bei Gericht eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsniederschrift vom 30. September 2010 Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Denn die Klage ist zwar zulässig, der zweitinstanzlich noch erhobene Unterlassungsanspruch besteht aber nicht, sodass auch der weitergehende Kostenerstattungsanspruch dem Kläger nicht zusteht.
Der Unterlassungsanspruch setzte nach § 1 UKlaG einen Verstoß der angegriffenen Klausel gegen die §§ 307 bis 309 BGB voraus. Einen solchen hat das Landgericht aber - zumindest im Ergebnis - zu Recht verneint. Der Kläger vermag mit seinen Angriffen das nicht auf von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensfehlern beruhende landgerichtliche Urteil nicht zu erschüttern. Der Senat verweist hierzu auf die Gründe seines Urteils zur Zulässigkeit einer in einer AGB-Klausel einer Bausparkasse vereinbarten Abschlussgebühr (Senatsurteil vom 03.12.2009 - 2 U 30/09, NJOZ 2010, 558; n.rkr.; Az. des Bundesgerichtshofes: XI ZR 3/10; im Ergebnis gleichlaufend wohl - inzident - auch Brandenb. OLG, Urteil vom 22.07.2010 - 5 U 76/09, bei juris Rz. 63; OLG Schleswig, Urteil vom 27.04.2006 - 5 U 176/05, MDR 2006, 1119, bei juris Rz. 20; bei Kontokorrentkonto LG Köln, Urteil vom 23.03.2004 - 3 O 355/02, bei juris Rz. 30; unergiebig für den Streitfall BGHZ 133, 10, bei juris Rz. 8 ff.). Das Vorbringen der Parteien gibt keinen Anlass, von den dort bezogenen rechtlichen Standpunkten abzugehen. Zur Berufung des Klägers ist weiter auszuführen:1.
Da die Klage auf Unterlassung und damit auf ein zukünftiges Verhalten gerichtet ist, kann sie nur Erfolg haben, wenn die nach den Feststellungen des Landgerichts seit April 2010 nicht mehr verwandte Klausel zum Zeitpunkt ihrer Verwendung unwirksam war und dies auch im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz noch wäre; die bloße Einstellung der Benutzung stünde einem Unterlassungsanspruch nicht entgegen.
Die einzige als erheblich in Betracht zu ziehende zwischenzeitliche Rechtsänderung, die Neufassung des § 6 Abs. 3 Nr. 3 PAngV, hat die Rechtslage aber nicht entscheidend verändert. Deshalb bedarf es keiner nach Zeitabschnitten differenzierten Betrachtung.2.
Dass es sich bei der beanstandeten Klausel um eine Allgemeine Geschäftsbedingung (§ 305 Abs. 1 BGB) handelt, die die Beklagte im Geschäftsverkehr mit Verbrauchern (§ 13 BGB) verwendet, hat das Landgericht auf der Grundlage des entscheidungserheblichen Vorbringens zutreffend angenommen. Dieser Passus wird dem Verbraucher vorformuliert vorgegeben und unterliegt nicht der Verhandlungsdisposition. Das Landgericht hat den Vortrag der Beklagten unangegriffen dahin wiedergegeben, dass es dem Interessenten frei stehe, ob er den Darlehensvertrag abschließe oder nicht. Darin liegt aber gerade der Ausschluss jeglichen Verhandlungsspielraumes in Bezug auf die Einzelbestimmung.
Die Berufung stellt dem keine Tatsachen entgegen, sondern lediglich eigene Zweifel. Dies reicht nicht aus, den AGB-Charakter berufungsrechtlich in Zweifel zu ziehen.3.
Die angegriffene Klausel unterliegt jedoch schon nicht der Inhaltskontrolle nach §§ 307 bis 309 BGB. Sie ist eine Preisabrede, die nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB (früher § 8 AGBG) der Inhaltskontrolle nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen entzogen ist, und keine kontrollfähige Preisnebenabrede (so als obiter dictum zum Girovertrag OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.06.2000 - 6 U 145/99, WM 2000, 2239, bei juris Rz. 40 zu § 8 AGB). Der wirtschaftliche Unterschied zwischen der Darlehenskontoführungsgebühr und der Abschlussgebühr der Bausparkassen trägt keine abweichende rechtliche Einordnung im Leistungsgefüge des Vertrages. Außerdem weicht die Vertragsbestimmung nicht von einer gesetzlichen Vorgabe ab.
a) Der verfassungsrechtlich garantierte bürgerlich-rechtliche Grundsatz der Privatautonomie erlaubt es den Parteien, im Zuge eines Vertragsabschlusses Leistung und Gegenleistung grundsätzlich frei zu bestimmen. Dem § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB unterfallen daher weder Bestimmungen über den Preis der vertraglichen Hauptleistung, noch Klauseln über das Entgelt für eine rechtlich nicht geregelte, zusätzlich angebotene Sonderleistung (vgl. BGH, NJW-RR 2005, 1135 = MDR 2005, 405 - Depotgebühren m.w. N.; BGHZ 141, 380, 383 = NJW 1999, 2276; BGHZ 133, 10, 13 = NJW 1996, 2032; BGHZ 137, 27 = NJW 1998, 383; Nobbe, WM 2008, WM 185, 186).
Der AGB-Kontrolle ist eine Klausel aber nicht schon dann entzogen, wenn sie eine Entgeltleistung bestimmt (vgl. BGHZ 146, 377 = NJW 2001, 1419 - Rücklastgebühren; BGHZ 153, 344 = NJW 2003, 1447 - Zeichnungsgebühr). Eine Regelung, die kein Entgelt für Sonderleistungen, die dem Kunden auf rechtsgeschäftlicher Grundlage erbracht werden, zum Gegenstand hat, sondern Aufwendungen für die Erfüllung gesetzlich begründeter eigener Pflichten des Klauselverwenders auf den Kunden abwälzt, stellt eine kontrollfähige Abweichung von Rechtsvorschriften dar. Eine so verstandene Abweichung von einer Rechtspflicht ist nicht nur im Falle eines Abweichens von Gesetzesvorschriften im materiellen Sinne gegeben, sondern auch dann, wenn von allgemein anerkannten Rechtsgrundsätzen oder von wesentlichen Rechten und Pflichten abgewichen wird, die sich aus der Natur des jeweiligen Vertragsverhältnisses ergeben (BGHZ 137, 27, 29 = NJW 1998, 383; BGHZ 136, 261, 264 = NJW 1997, 2752; m. zahlr. w. N. und BGH, NJW-RR 2005, 1135 m.w. N.); dies entspricht den Vorgaben der Richtlinie 93/13 EWG des Rates vom 05.04.1993, in deren Präambel es heißt: Für die Zwecke dieser Richtlinie dürfen Klauseln, die den Hauptgegenstand eines Vertrags oder das Preis-/Leistungsverhältnis der Lieferung bzw. der Dienstleistung beschreiben, nicht als missbräuchlich beurteilt werden. Jedoch können der Hauptgegenstand des Vertrags und das Preis-/Leistungsverhältnis bei der Beurteilung der Missbräuchlichkeit anderer Klauseln berücksichtigt werden.).
Bei der konkreten Ausgestaltung des Preisgefüges sind die Vertragschließenden frei, zwischen einer Pauschalgebühr und Einzelpreisen oder einer Kombination zwischen beidem zu wählen (BGHZ 137, 27, 29 = NJW 1998, 383). Ist die in der Klausel festgesetzte Leistung in diesem Sinne kalkulierter Teil der Gegenleistung, so ist sie als Preisabrede zu qualifizieren (BGH, NJW-RR 2001, 343 = BGHR AGBG § 8 Stichwort: Preisabrede 7 = MDR 2001, 262).
b) An diesem Maßstab gemessen ist die beanstandete Klausel nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB kontrollfrei.
aa) Anders als dies bei einem über ein Kontokorrentkonto geführten Bankvertrag der Fall sein mag, kennt der Darlehensvertrag - unbeschadet eines hier nicht zu prüfenden, in Betracht zu ziehenden Auskunftsrechts des Darlehensnehmers - keine originäre, vertragstypische Pflicht des Darlehensgebers, dem Darlehensnehmer Rechenschaft zu legen über die Verbuchung seiner Zahlungen oder den Stand der Darlehensrestschuld.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den von den Parteien thematisierten AGB der Banken. Diese sind schon keine gesetzlichen Vorgaben und erfassen nach dem unstreitigen Vortrag der Parteien nur Kontokorrentverhältnisse.
Auch § 259 BGB vermag im Darlehensvertrag nicht zu einer Pflicht zu führen, welche die Kontoführung nebst Information als gesetzliche Nebenpflicht des Darlehensgebers erscheinen ließe. Dessen insoweit allenfalls heranzuziehender Abs. 1 setzt eine Pflicht voraus, über eine mit Einnahmen oder Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen. Das Darlehen ist aber schon keine mit Einnahmen und Ausgaben verbundene Verwaltung, so dass die Vorschrift schon ihrem Wortlaut nach nicht einschlägig ist. Eine analoge Anwendung scheitert daran, dass weder eine systemwidrige Regelungslücke festgestellt werden kann noch das Darlehensverhältnis einem auf Verwaltung gerichteten Vertrag vergleichbar ist.
bb) Die Kontoführungsgebühr ist wirtschaftlich betrachtet ein pauschalierter Verwaltungskostenersatz und Teil des Gefüges aus Leistungen und Gegenleistungen des konkreten Vertragsverhältnisses. Die damit einhergehenden Kosten sind Teil der allgemeinen Betriebskosten, welche die Beklagte über eine Kombination aus Darlehenszins und Kontoführungsgebühr zu decken sucht (vgl. insbesondere BGHZ 137, 27, 29 = NJW 1998, 383) und Gegenstand der Preiskalkulation.4.
Darüber hinaus hielte die angegriffene Kontogebührenklausel einer Inhaltskontrolle aber auch stand. Die Klausel ist weder intransparent noch mit wesentlichen Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung unvereinbar (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) und benachteiligt den Kunden der Beklagten auch nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen.
a) Die Auslegung einer AGB-Klausel hat nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so zu erfolgen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden wird, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners zu Grunde zu legen sind (st. Rspr., BGHZ 106, 259, 264 f. = NJW 1989, 582; BGHZ 176, 244 = NJW 2008, 2172, Rn. 19; BGH, NJW 2007, 504 = WM 2007, 1142, Rn. 19).
Zweifel bei der Auslegung gehen nach § 305c Abs. 1 BGB zu Lasten des Verwenders (dazu ausführlich Senatsurteil vom 03.12.2009, a.a.O). Hierzu bedarf es indes keiner weiteren Ausführungen, da eine Mehrdeutigkeit, welche eine Auslegung der angegriffenen Klausel erforderlich machte, vom Kläger nicht geltend gemacht wird. eine solche ist auch nicht zu erkennen. Die Klausel soll den Darlehensnehmer nach ihrem eindeutigen Wortlaut verpflichten, eine Kontoführungsgebühr von 2,- EUR für jeden Monat der Darlehenslaufzeit zu bezahlen.
Aus dem auch für Preisklauseln geltenden Transparenzgebot versucht der Kläger seine Berufung denn auch nicht zu begründen.
b) Von einer gesetzlichen Bestimmung weicht die Klausel - qualifiziert man sie als Preisnebenabrede - nicht in einer zu ihrer Unwirksamkeit führenden Weise ab.
aa) Zu den wesentlichen Grundgedanken auch des dispositiven Rechts gehört, dass jeder Rechtsunterworfene seine gesetzlichen Verpflichtungen zu erfüllen hat, ohne dafür ein gesondertes Entgelt verlangen zu können. Ein Anspruch auf Ersatz anfallender Kosten besteht nur dann, wenn dies im Gesetz vorgesehen ist. Ist das nicht der Fall, können anfallende Kosten nicht auf Dritte abgewälzt werden, indem gesetzlich auferlegte Aufgaben in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu individuellen Dienstleistungen gegenüber Vertragspartnern erklärt werden. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass der Kunde die Kosten, welche auf ihn abgewälzt werden sollen, verursacht habe, da ein dahin gehendes Prinzip für die Preisgestaltung im nicht regulierten Wettbewerb rechtlich bedeutungslos ist. Entgelte können nur für Leistungen verlangt werden, die auf rechtsgeschäftlicher Grundlage für den einzelnen Kunden erbracht werden. Jede Entgeltregelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die sich nicht auf eine solche Leistung stützt, sondern Aufwendungen für die Erfüllung eigener Pflichten oder für Zwecke des Verwenders abzuwälzen versucht, stellt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes eine Abweichung von Rechtsvorschriften dar (BGHZ 146, 377, 380 f. = NJW 2001, 1419; unter Hinweis auf BGHZ 137, 43, 45 f. = NJW 1998, 309; BGHZ 141, 380, 385 f. = NJW 1999, 2276; BGH, NJW 1998, 309 = WM 1997, 2300; NJW 2000, 651 = WM 1999, 2545, 2546).
bb) Diese rein vertragsbezogene Betrachtung reicht jedoch nicht aus, in der durch AGB festgeschriebenen Kontoführungsgebühr eine unangemessene Benachteiligung des Schuldners zu sehen (so wohl unausgesprochen auch BGH, MDR 2010, 691 f., bei juris Rz. 12). Denn der Gesetz- und Verordnungsgeber hat in Rechtsvorschriften, erkennen lassen, dass er Kontoführungsgebühren nicht generell missbilligt, sondern im Gegenteil als im Wirtschaftsleben üblich anerkannt hat.
(1) Bereits das Landgericht hat auf § 6 Abs. 3 Nr. 3 PAngV (vormals § 4 PangV) hingewiesen. In § 6 Abs. 3 Nr. 3 PAngV alter wie neuer Fassung werden im Zusammenhang mit Darlehenskonten Kontoführungsgebühren als typische Vertragsbestandteile zumindest vorausgesetzt. Diese Norm regelt, inwiefern die Kontoführungsgebühr in den effektiven Jahreszins von Darlehen einzurechnen ist, was belegt, dass der Verordnungsgeber sie als gängigen Vertragsbestandteil erkannt und nicht per se verworfen hat.
Die rechtliche Bedeutung dieser Vorschrift wird im Hinblick auf eine etwaige AGB-Kontrolle dadurch verstärkt, dass der Verordnungsgeber zumindest bei der letzten Neufassung Kenntnis von der Praxis hatte, Kontoführungsgebühren für Darlehenskonten durch Allgemeine Geschäftsbedingungen der Banken in die Verträge einzuführen. Dass der § 6 PAngV ändernde Verordnungsgesetzgeber keinen Anstoß an der Kontoführungsgebühr genommen hat, kann nicht damit erklärt werden, dass er diese Frage übersehen habe, da er die PAngV mehrfach und grundlegend überarbeitet (wobei der alte § 4 zu § 6 i.d.F.v. 28. 07.2000, gültig ab 01.09.2000 wurde) und sogar neu gefasst hat durch Bekanntmachung vom 18.10.2002 (BGBl I, 4197), nachdem sie als Art. 1 der Verordnung vom 14.03.1985 (BGBl I, 580) auf Grund des Art. 1 § 1 des Gesetzes zur Regelung der Preisangaben vom 03.12.1984 (BGBl I, 1429) des § 34c Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 GewO vom 01.01.1978 (BGBl I, 97) vom Bundesminister für Wirtschaft mit Zustimmung des Bundesrates erlassen worden war. Auch nach der Neubekanntmachung gab es mehrere Änderungen (so noch mit Wirkung ab 11.06.2010).
Diese Bestimmung kann nicht deshalb für unbedeutend gehalten werden, weil der Verordnungsgeber der PAngV nicht der Gesetzgeber des Vertragsrechts (BGB) ist und die Verordnung im Rang unter dem Gesetz steht. Denn der Gesetzgeber hat bei mehreren Änderungen im Darlehensrecht des BGB ersichtlich keine Beanstandungen dahin erhoben, dass der Verordnungsgeber den ihm eingeräumten Gestaltungsspielraum überschritten habe. Im Gegenteil hat der Gesetzgeber auf § 6 PAngV bei der Neufassung der §§ 491, 501 BGB, die gleichfalls am 11.06.2010 in Kraft getreten ist, Bezug genommen.
Indem der Verordnungsgeber zu erkennen gegeben hat, dass er sie billige, können Kontoführungsgebühren auf der vertraglichen Ebene nicht als Abweichung von einem gesetzlichen Leitbild angesehen werden; solches wäre mit dem Gedanken der Einheit der Rechtsordnung nicht vereinbar.
(2) In § 30 der Verordnung über die Rechnungslegung der Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute (in der Neufassung vom 11.12.1998 - zuletzt geändert durch Art. 2 V v. 18.12.2009 I 3934), welche der Umsetzung der Richtlinie 86/635/EWG des Rates vom 08. Dezember 1986 über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Banken und anderen Finanzinstituten (ABl. EG Nr. L 372 S. 1) und der Richtlinie 89/117/EWG des Rates vom 13. Februar 1989 über die Pflichten der in einem Mitgliedstaat eingerichteten Zweigniederlassungen von Kreditinstituten und Finanzinstituten mit Sitz außerhalb dieses Mitgliedstaats zur Offenlegung von Jahresabschlussunterlagen (ABl. EG Nr. L 44 S. 40) dient, findet sich die Bestimmung: Zu den Erträgen gehören auch Bonifikationen aus der Platzierung von Wertpapieren, Bürgschaftsprovisionen und Kontoführungsgebühren., die zwar die hier zu beantwortende Frage nicht eindeutig regelt, aber im Kontext darauf hindeutet, dass der Verordnungsgeber Kontoführungsgebühren im üblicherweise durch AGB geregelten Bankgeschäft nicht grundsätzlich für unzulässig hält.
(3) In dieselbe Richtung weist § 23 der Verordnung über die Rechnungslegung der Zahlungsinstitute (Zahlungsinstituts-Rechnungslegungsverordnung).
(4) Vor diesem Hintergrund können auch steuerrechtliche Vorgaben nicht dazu führen, die Kontoführung als Nebenpflicht des Darlehensgebers anzusehen. Das Steuerrecht ist Teil des öffentlichen Rechtes und lässt die zivilrechtlich begründeten Rechte und Pflichten der Parteien im Grundsatz unberührt. Nichts anderes ergibt sich daraus, dass der Kreditgeber aus steuerlichen Gründen gehalten ist, dem Kreditnehmer eine Jahresbescheinigung auszustellen, welche allein den Interessen des Kreditnehmers dient.
c) Eine unangemessene Benachteiligung des Kunden durch die angegriffene Vertragsklausel jenseits der Gesetzesabweichung ist im Gesamtgefüge des Darlehensvertrages gleichfalls zu verneinen. Der Kläger trägt denn auch selbst vor, dass die Höhe der tatsächlich von der Beklagten geforderten Gebühr nicht unüblich hoch sei.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 48 Abs. 1, 47 Abs. 1, 43 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO.
Die Revision ist wegen Rechtsgrundsätzlichkeit und zur Fortbildung des Rechts zuzulassen. Der Bundesgerichtshof hat, soweit ersichtlich, bislang ausdrücklich weder über die Einordnung von Klauseln der angegriffenen Art als Preisklauseln oder Preisnebenabreden noch über die anderen aufgeworfenen - vom Senat aber nur hilfsweise erörterten - Rechtsfragen in Bezug auf Kontoführungsgebühren für Darlehenskonten ausdrücklich entschieden, noch lässt sich aus seiner Rechtsprechung hinreichend sicher erkennen, wie er den vorliegenden Fall entschiede, um gleichwohl davon abzusehen, die Revision zuzulassen.
OLG Stuttgart:
Urteil v. 21.10.2010
Az: 2 U 30/10
Link zum Urteil:
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