Oberlandesgericht Hamm:
Urteil vom 30. August 2012
Aktenzeichen: I-4 U 59/12
(OLG Hamm: Urteil v. 30.08.2012, Az.: I-4 U 59/12)
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil der 12. Zivilkammer - Kammer für Handelssachen - des Landgerichts Bochum vom 14.02.2012 teilweise abgeändert und Ziffer 3. wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird ferner verurteilt, an die Klägerin 1.005,40 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.08.2011 sowie weitere 606,30 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.08.2011 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten der Berufungsinstanz.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000,- EUR abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I.
Die Klägerin importiert und verkauft in erheblichem Umfang Elektro- oder Elektronikartikel wie Staubsauger über ihren Onlineshop unter F1-.de sowie über die Verkaufsplattform F unter dem Nutzernamen F1. Der Beklagte verkauft vergleichbare Waren, darunter auch britische Staubsauger der Marke E3 im Internet unter h.de.
Ende Juli 2011 erwarb die Klägerin von dem Beklagten zu Testzwecken einen „E3 DC32 Animal Pro Beutellosen Staubsauger violett“ mit der Artikelnummer 4017. In Bezug auf den Staubsauger hieß es weiter: „EU-Version inklusive Adapter zum Anschluss in Deutschland“. Bei der Lieferung Anfang August 2011 stellte die Klägerin fest, dass die gelieferte Ware nicht mit der sog. WEEE-Nummer versehen war. Das Produkt war nach seiner Bezeichnung in Malaysia für den britischen Markt hergestellt. Wie der Staubsauger in das Bundesgebiet gelangte, ist zwischen den Parteien streitig. Bei einer Recherche der Klägerin im Internet fanden sich die Herstellerangabe oder die Marke des Staubsaugers auch nicht im Verzeichnis der registrierten Hersteller der Stiftung EAR. Die Klägerin schrieb deshalb den Beklagten mit Schreiben vom 19. August 2011 (Anlage FN7) an und forderte ihn auf, mitzuteilen, ob es dennoch eine Registrierung für die von ihm importierten Produkte bei der Stiftung EAR gebe. Im gleichen Schreiben mahnte die Klägerin den Beklagten wegen eines für irreführend gehaltenen Hinweises beim Angebot eines anderen Staubsaugers in dessen Internetauftritt (Anlage FN 1) ab. Dort hieß es:
„Der E3 DC26 ist Produkt des Jahres 2010“.
Der DC26 wood+wool wurde in einer repräsentativen Befragung unter 10.000 deutschen Verbrauchern im März 2010 zum „Produkt des Jahres“ gewählt.
Die Klägerin legte der Abmahnung wegen dieser Werbung einen Streitwert von 30.000,-- € zugrunde. Sie verlangte vom Beklagten neben der Abgabe der Unterlassungserklärung Erstattung von Anwaltskosten in Höhe von 1.081,20 €, wobei sie eine Geschäftsgebühr von 1,4 ansetzte.
Der Beklagte gab mit Schreiben vom 26. August 2011 (Anlage FN 8) wegen der abgemahnten Werbung eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab und erbat sich wegen der Anfrage, ob eine Registrierung bei der Stiftung EAR vorliege, eine Fristverlängerung. Nachdem auch später kein Nachweis einer Registrierung erfolgte, mahnte die Klägerin den Beklagten mit weiterem Abmahnschreiben vom 31. August 2011 ab und forderte von ihm Unterlassung,
Elektronikartikel in Deutschland zu bewerben, anzubieten oder in Verkehr zu bringen,
1) wenn der Hersteller für die Marke, mit der die Geräte versehen seien, nicht entsprechend § 6 Abs. 2 ElektroG bei der Stiftung EAR registriert sei,
2) wenn im geschäftlichen Verkehr die erforderliche WEEE-Nummer nicht angegeben werde.
Unter Ansatz eines Streitwerts von 50.000,-- € und eines Gebührensatzes von 1,4 begehrte die Klägerin zudem die Erstattung von Anwaltskosten in Höhe von 1.484,40 €.
Der Beklagte gab die zusätzliche Unterwerfungserklärung nicht ab und erstattete auch die Kosten nicht. Die Klägerin erwirkte am 13. September 2011 eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Düsseldorf, in der dem Beklagten untersagt wurde, gewerbsmäßig Elektro- oder Elektronikgeräte erstmals in die Bundesrepublik Deutschland einzuführen und in Verkehr zu bringen, ohne entsprechend § 6 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 3 Abs. 11 Nr. 3 Elektrogesetz als Hersteller der Geräte bei der Stiftung EAR registriert zu sein. Diese einstweilige Verfügung wurde dem Beklagten am 20. September 2011 zugestellt. Mit Anwaltsschreiben vom 10. Oktober 2011 ließ die Klägerin den Beklagten zur Abgabe einer Abschlusserklärung auffordern. Für dieses Schreiben wurden ihr Anwaltskosten in Höhe von 543,-- € in Rechnung gestellt.
Zum Zeitpunkt der Versendung des Abschlussschreibens hatte der Beklagte bereits Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung eingelegt, was der Klägerin aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt war. Auf den Widerspruch wurde die Verfügung durch rechtskräftiges Urteil vom 9. Dezember 2011 aufgehoben.
Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin den Unterlassungsanspruch weiter verfolgt, der bereits in ähnlicher Form Grundlage des Verfügungsverfahrens beim LG Düsseldorf gewesen ist. Außerdem hat sie die Erstattung der durch die beiden Abmahnungen entstandenen Kosten sowie die für das Abschlussschreiben angefallenen Kosten begehrt.
Sie hat gemeint, der Beklagte sei als Hersteller des gelieferten Staubsaugers im Sinne des Elektrogesetzes anzusehen. Da eine Registrierung bei der Stiftung EAR fehle, handele er gesetzeswidrig und zugleich unlauter. Es seien deshalb auch beide
Abmahnungen berechtigt gewesen. Die Bezeichnung des E3 DC26 als „Produkt des Jahres“ sei ohne nähere Angaben zu den Umständen der Befragung der entsprechenden Verbraucher eine irreführende geschäftliche Handlung und damit gleichfalls wettbewerbsrechtlich unlauter.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen,
es zu unterlassen, beim gewerbsmäßigen Verkauf von Elektro- oder
Elektronikartikeln in Deutschland diese in den Verkehr zu bringen, ohne dass
eine Registrierung des Herstellers bei der Stiftung EAR vorliegt, wenn dies
geschieht wie beim Testkauf über einen E3-Staubsauger der Klägerin am
29.07.2011 (Anlage FN 14),
sowie den Beklagten ferner zu verurteilen, an die Klägerin 1.081,20 € zzgl.
Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszins seit dem 19.08.2011,
sowie weiterer Abmahnkosten in Höhe von 1.484,40 € zzgl. Zinsen in Höhe
von 5 % über dem jeweiligen Basiszins seit dem 31.08.2011, sowie weiterer
Kosten für ein Abschlussschreiben in Höhe von 543,00 € zzgl. Zinsen in Höhe
von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.11.2011 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat zunächst unter Hinweis auf das Verfügungsverfahren in Düsseldorf die Zuständigkeit des Landgerichts Bochum in Frage gestellt. Er hat gemeint, die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs sei rechtsmissbräuchlich. Sie diene der Klägerin vor allem dazu, sich weitere Einnahmequellen zu verschaffen. Auch in der Sache sei er zu der begehrten Unterlassung nicht verpflichtet. Er sei nicht Hersteller im Sinne des Elektrogesetzes. Der bei der B EU S.a.r.l. in M erworbene Staubsauger sei von einem in Deutschland befindlichen Lager an ihn geliefert worden. Außerdem sei die deutsche Vertriebsgesellschaft der E3 GmbH bei der Stiftung EAR als Hersteller registriert. Insofern sei auch der Erstattungsanspruch in Bezug auf die Kosten der Abmahnung vom 19. August 2011 unbegründet. Auch im Hinblick auf die Werbung für einen Staubsauger mit der Aussage „Produkt des Jahres“ bestehe kein Kostenerstattungsanspruch. Diesem stehe schon entgegen, dass die beanstandete Werbung keine Irreführung bewirke, da der Verbraucher durch nachfolgende Hinweise ausreichend aufgeklärt werde. Zudem seien die geltend gemachten Anwaltskosten auch zu hoch angesetzt. Bereits das Schreiben vom 19. August 2011 sei auch als Abmahnung betreffend die Verstöße gegen das Elektrogesetz anzusehen. Die zusätzliche Abmahnung sei daher nicht notwendig gewesen und hätte ohnehin keine Erstattungsansprüche mehr auslösen können. Zudem sei nur einer der beiden gerügten Verstöße gerichtlich weiterverfolgt worden. Die Kosten für das Abschlussschreiben seien schließlich nicht zu ersetzen, weil zu diesem Zeitpunkt bereits Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung eingelegt und diese daraufhin aufgehoben worden wäre.
Das Landgericht hat seine Zuständigkeit bejaht und mit näheren Ausführungen verneint, dass die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG rechtsmissbräuchlich gewesen sei. In der Sache hat es die Klage auch überwiegend für begründet gehalten. Es hat ausgeführt, der Klägerin stehe gegenüber dem Beklagten der zuletzt geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu. Dabei könne dahinstehen, ob der Beklagte entsprechend seiner Behauptung den Staubsauger aus einem Lager in L an die Kunden versandt habe. Denn entweder habe der Beklagte den Staubsauger selbst erstmals in den Geltungsbereich des Gesetzes eingeführt und in den Verkehr gebracht und sei schon deshalb nach § 3 Abs. 11 Nr. 3 Elektrogesetz als Hersteller anzusehen. Oder der Beklagte gelte jedenfalls als Hersteller, weil er schuldhaft neue Elektrogeräte von Herstellern zum Verkauf angeboten habe, die nicht bei der Stiftung EAR registriert worden seien. So sei die Firma B, auf deren Import sich der Beklagte berufe, dort unstreitig nicht als Herstellerin der fraglichen Staubsauger registriert. Soweit E3 GmbH dort registriert worden sei, beziehe sich das ersichtlich nur auf den Vertrieb der für den deutschen Markt bestimmten Produkte. Nach dem Zweck des Elektrogesetzes, die Hersteller für die Rücknahme und Entsorgung der von ihnen produzierten und in den Verkehr gebrachten Geräte verantwortlich zu machen, könne die Registrierung einer Vertriebsfirma für die für den deutschen Markt bestimmten Geräte nicht zugleich auch ursprünglich für ganz andere Märkte vorgesehene Geräte abdecken. Da er die fehlende Registrierung hätte erkennen können, habe der Beklagte zumindest fahrlässig gehandelt. Gerade bei einem solchen ungewöhnlichen Vertriebsweg habe Veranlassung bestanden, sich danach zu erkundigen, ob im Rahmen des Imports die deutschen Vorschriften eingehalten worden seien.
Die Erstattung der Anwaltskosten könne die Klägerin dagegen nur teilweise verlangen. Die in Zusammenhang mit der Abmahnung vom 19. August 2011 entstandenen Kosten seien der Klägerin allerdings nach § 12 Abs. 1 S. 2 UWG in Höhe von 1.081,20 € zu erstatten. Die Abmahnung sei berechtigt gewesen, weil der Klägerin nach §§ 8, 3, 5, 5a UWG ein Unterlassungsanspruch gegen den Beklagten in Zusammenhang mit der Werbeaussage für den Staubsauger E3 DC26 als „Produkt des Jahres 2010“ zugestanden habe. Durch diese Art der Werbung sei die Entscheidungsfreiheit der angesprochenen Verbraucher dadurch beeinträchtigt worden, dass ihnen wesentliche Informationen im Sinne des § 5 a Abs. 2 UWG vorenthalten worden seien. Die Bewertungen eines Produkts durch andere Verbraucher seien ähnlich wie Testergebnisse ein wichtiges Kriterium für die Kaufentscheidung. Deshalb hätten die angesprochenen Kunden näher über die Umstände der Befragung der Verbraucher informiert oder ihnen jedenfalls eine Fundstelle für weitere Informationen genannt werden müssen. Der bloße Hinweis auf eine repräsentative Befragung unter 10.000 deutschen Verbrauchern im März 2010 sei zur gebotenen Information nicht ausreichend gewesen, weil er keinen Schluss auf die Bedeutung der Wahl zulasse. So fehlten Angaben dazu, wer die Umfrage durchgeführt habe, welche Produkte in den Vergleich einbezogen worden seien und wie groß die Anzahl der einbezogenen Mitbewerber gewesen sei. Es gebe keinen Hinweis darauf, ob sich die Befragung auf alle Elektroprodukte oder jedenfalls alle Staubsauger bezogen habe.
Hinsichtlich der geltend gemachten Kosten des Abmahnschreibens vom 31. August 2011 (1.484,40 €) stehe der Klägerin gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 UWG ein Erstattungsanspruch in Höhe von 606,30 € nebst Zinsen zu. Erst dieses Schreiben sei die Abmahnung in Bezug auf den schon vorher angesprochenen Gesetzesverstoß. Das voraufgegangene Schreiben habe nur Auskunft begehrt und gerade noch keine Unterlassungserklärung verlangt. Der der Kostenforderung zugrunde gelegte Streitwert sei allerdings überhöht. Es sei von einem Streitwert von 40.000,-- € auszugehen. Da die Abmahnung aber zwei deutlich getrennte Beanstandungen zur Grundlage gehabt habe und nur eine von ihnen später weiterverfolgt worden sei, könne auch nur die Hälfte der angefallenen Kosten einschließlich der Auslagenpauschale ersetzt verlangt werden.
Die Klägerin könnte die Kosten des Abschlussschreibens nicht erstattet verlangen. Unter dem maßgeblichen Aspekt der Geschäftsführung ohne Auftrag käme ein solcher Anspruch nur in Betracht, wenn das Schreiben objektiv im Interesse des Beklagten gewesen wäre. Das wäre nur dann der Fall gewesen, wenn es ihm ermöglicht hätte, die einstweilige Verfügung ohne Folgeverfahren als endgültige Regelung anzuerkennen. Dazu habe hier aber keine Veranlassung bestanden. Denn die einstweilige Verfügung sei später durch rechtskräftiges Urteil wieder aufgehoben worden. Es könne nicht im Interesse des Beklagten liegen, eine einstweilige Verfügung anzuerkennen, die später keinen Bestand haben werde.
Der Beklagte greift das Urteil des Landgerichts an, soweit er zur Unterlassung und Erstattung von Anwaltskosten verurteilt worden ist. Er meint, das Landgericht habe § 3 Abs. 12 Satz 2 ElektroG fehlerhaft angewendet. Es habe sich erkennbar nicht auf seine eigene Verantwortlichkeit als Hersteller nach § 3 Abs. 11 Nr. 3 ElektroG gestützt, da es gerade offen gelassen habe, ob der Staubsauger aus einem Lager in L versandt worden sei oder nicht. Seine Verantwortlichkeit könne sich somit nur daraus ergeben, dass er als Vertreiber nach § 3 Abs. 12 Satz 2 ElektroG zur Registrierung nach § 6 ElektroG verpflichtet gewesen sei. Die Feststellungen des Landgerichts dazu seien aber zu oberflächlich. So berufe er sich nicht auf B als Importeur, sondern habe vorgetragen, dass er nicht wissen könne, wer die Ware nach Deutschland eingeführt habe. Er wisse lediglich, dass die Lieferung per Post innerhalb Deutschlands ausgeführt wurde. In Zusammenhang mit dem Begriff des Vertreibers habe er sich auch gerade nicht auf B berufen, sondern auf den Hersteller E3. E3 GmbH sei tatsächlich und unbestritten als Hersteller registriert. Die Tatsache, dass die Registrierung der E3 GmbH ersichtlich nur für den Vertrieb auf dem deutschen Markt erfolgt sei, sei gerade nicht unstreitig. Er habe vielmehr bereits erstinstanzlich vorgetragen, dass bei der Registrierung und auch national nicht festgelegt worden sei, welche und wie viel Staubsauger von der Registrierung der E3 GmbH umfasst sein sollten. Es sei auch aus der gemeldeten Anzahl der Staubsauger nicht nachzuvollziehen, ob zusätzlich auch Produkte von anderen Märkten mitgezählt worden seien oder nicht. Es sei auch grundsätzlich nicht so, dass sich jemand bei der EAR mit Produkten für einen gewissen Markt anmelde. Hersteller, die für einen anderen Markt bestimmte Waren nach Deutschland einführten, gäben diese Produkte regelmäßig gegenüber der Stiftung an. Vorsorglich weist der Beklagte noch darauf hin, dass B nach der Annahme des Landgerichts zwar registriert sein soll, aber nicht in Zusammenhang mit dem konkreten Staubsauger. Warum dies bereits dazu führen sollte, dass er, der Beklagte, dann als Hersteller zu gelten habe, sei nicht erkennbar. Insoweit reiche aus, wenn der Importeur überhaupt registriert sei. Er müsse das nicht in Bezug auf den konkreten Artikel sein. Im Hinblick auf den Vorwurf der Fahrlässigkeit sei zu beachten, dass aus der objektiven Sicht des Beklagten als Hersteller nur der Hersteller im engeren Sinne verstanden werden konnte und dass dies nicht für Weiterverkäufer und Importeure gelte. Vom Schutzzweck reiche es aus Sicht des Vertreibers auch aus, wenn dieser Hersteller überhaupt registriert sei. Wer solche Waren über das Internet vertreibe, müsse nicht auch noch überprüfen, ob der registrierte Hersteller bei seinen Meldungen in Deutschland auch EU-Importe berücksichtige oder nicht. Es reiche, wenn im Hinblick auf den Hersteller nach § 3 Abs. 11 Nr. 1 ElektroG dessen Vertriebsgesellschaft bei der Stiftung EAR registriert sei. Wenn vom Händler auch noch erwartet werde, dass er überprüfe, ob die Registrierung einer solchen Vertriebsgesellschaft ausreiche, werde der Bogen überspannt. Dies gelte insbesondere deshalb, weil es bislang keine Rechtsprechung gegeben habe, die ihm eine solche Überprüfung abverlangt habe. Daher hätte der Beklagte dies auch nach einer rechtlichen Beratung nicht wissen müssen. Das Landgericht hätte jedenfalls seine Verantwortlichkeit verneinen müssen. Da kein Unterlassungsanspruch bestehe, könnte dem Kläger auch kein Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 606,30 € wegen der Abmahnung vom 31. August 2011 zustehen. Diese Abmahnung sei ohnehin nicht erforderlich gewesen, da nach dem deutlichen Wortlaut bereits das Schreiben der Klägerin vom 19. August 2011 als Abmahnung auch in Bezug auf diesen Verstoß anzusehen sei. Das Landgericht habe mit 40.000,-- € einen immer noch zu hohen Streitwert berücksichtigt; tatsächlich seien nur 10.000,-- € angemessen gewesen. Das Landgericht Düsseldorf habe in Bezug auf beide angeblichen Verstöße im Verfügungsverfahren einen Streitwert von 15.000,-- € angenommen. Unter Berücksichtigung dieser Wertfestsetzung kämen allenfalls 11.200,-- € als Streitwert im Hauptsacheverfahren in Betracht. Selbst unter Berücksichtigung der eigenen Argumentation des Landgerichts wäre der Wert auf 25.000,-- € zu kürzen. Bei der Wertfestsetzung sei auch zu berücksichtigen, dass das Interesse der Klägerin daran, dass einem Vertreiber verboten werde, einzelne Artikel zu verkaufen, die nicht von einem registrierten Hersteller stammten, geringer sei, als es einem Importeur generell zu verbieten, nicht registrierte Waren einzuführen.
Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten in Höhe von 1.081,20 €, die sich wegen der Abmahnung vom 19. August 2011 ergeben hätten. Viele Unternehmen würden damit werben, dass eines ihrer Produkte zum Produkt des Jahres gekürt worden sei. Darunter sei auch E3 GmbH gewesen, die eine entsprechende Angabe beim Verkauf ihres DC26 Allergy gemacht habe (Bl.247). Diese Angabe des Herstellers habe er nur übernommen. Die Auszeichnung werde von der Produkt des E GmbH in Köln vergeben. Es sei aber nicht üblich, den Verbraucher auf diese Quelle hinzuweisen. Dafür gibt der Beklagte Beispiele von anderen Werbeformen in Zusammenhang mit der Auszeichnung an. Die Übernahme der Herstellerangaben hätte im vorliegenden Fall als Information für die Verbraucher völlig ausgereicht. Eine Fundstelle hätte er schon deshalb nicht angeben können, weil die näheren Umstände der Auswahl des Produkts überhaupt nicht veröffentlicht worden seien.
Vorsorglich weist der Beklagte noch darauf hin, dass der angenommene Gegenstandswert von 30.000,-- € auch hier zu hoch bemessen sei. Angesichts der Streitwerte, die in Fällen der Werbung mit Testergebnissen angenommen würden, sei auch hier ein Streitwert von 10.000,-- € ausreichend. Der Klägerin hätte allenfalls eine Gebühr in Höhe von 631,80 € zugesprochen werden dürfen.
Der Beklagte beantragt,
auf seine Berufung hin das am 14.02.2012 verkündete Urteil des Landgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin hat zunächst selber Berufung eingelegt, insbesondere weil die Klage auch in Bezug auf die Anwaltskosten für das Abschlussschreiben abgewiesen worden ist. Nach der rechtlichen Erörterung im Senatstermin hat sie Ihre Berufung zurückgenommen.
Sie verteidigt im Hinblick auf die Berufung des Beklagten das angefochtene Urteil. Sie rügt, dass die Beklagtenseite erstinstanzlich ihrer Darlegungslast nicht ausreichend nachgekommen sei. Soweit der Beklagte mit der Berufung den entsprechenden Vortrag nachholen wolle, sei dieser verspätet und nicht mehr zu berücksichtigen. Verspätet sei auch der neue Sachvortrag zur Werbung mit dem „Produkt des Jahres“ auf den Seiten 9 - 12 der Berufungsbegründung. Im Hinblick auf den Verstoß gegen das ElektroG hätte der Beklagte beweisen müssen, dass die von ihm verkaufte Ware vom Hersteller registriert sei. Diesen Beweis habe er nicht erbracht. Weltweit tätige Hersteller registrierten üblicherweise auch nicht ihre gesamte Produktion bei der Stiftung EAR, weil absehbar sei, dass nur ein Bruchteil der Ware auf dem deutschen Markt abgesetzt werde. Dementsprechend registrierten solche Hersteller nur die Ware, die sie selbst dort anböten. Soweit Dritte die Ware in den deutschen Markt einführten, seien diese Dritten selbst für die Registrierung verantwortlich. Hier fehle jeder Beweis dafür, dass die britische Firma E3 ihre ursprünglich für England (UK) bestimmte Ware auch in Deutschland registriere. Unstreitig habe auch B keine entsprechende Registrierung in der streitgegenständlichen Warenart vorgenommen. Der Beklagte selbst habe schließlich auch keine solche Registrierung vorgenommen. Da eine Registrierung fehle, sei letztlich egal, ob der Beklagte Hersteller sei oder aufgrund seines schuldhaften Verhaltens als solcher zu behandeln sei. Da nach dem Gesetzeszweck sichergestellt werden solle, dass für den jeweils verkauften Artikel Entsorgungskosten abgeführt würden, könne eine Registrierung, die sich auf andere Produkte bezöge, den Verstoß nicht heilen. Der Beklagte habe auch schuldhaft gehandelt. Er wisse als Kaufmann um seine Pflichten und hätte sich erkundigen müssen, ob die angebotene Ware vom Hersteller registriert worden sei. Das sei ihm gerade deshalb vorzuwerfen, weil sein Geschäftsmodell den Import von günstiger UK-Ware zum Gegenstand habe. Die Abmahnkosten seien zutreffend berechnet. Wie groß ihr Interesse an der Unterlassung des wettbewerbswidrigen Verhaltens des Beklagten gewesen sei, werde schon daraus deutlich, dass ihr Geschäftsführer freiwillig aus Hannover zum Landgerichtstermin in Bochum angereist sei.
Der Beklagte hat die Berufungserwiderung zum Anlass für eine erneute Stellungnahme genommen. Er meint mit näheren Ausführungen, auf die verwiesen wird, dass die Klägerin die Grundsätze der Beweislast verkenne. Die Klägerin habe immer noch nicht verstanden, dass es nach dem ElektroG erforderlich sei, dass der Hersteller und nicht die Ware registriert sei. Er habe Beweis dafür angeboten, dass der Hersteller in Deutschland registriert sei. Die Klägerin treffe für die Behauptung die Beweislast, die regelmäßige Meldung des Herstellers umfasse nicht die in Rede stehende Ware des Beklagten und die Ware sei auf Veranlassung des Beklagten nach Deutschland eingeführt worden. Wer als Wiederverkäufer eine Ware einkaufe und seine Verpflichtungen aus dem ElektroG kenne, müsse überprüfen, ob der Hersteller bei der Stiftung EAR registriert sei. Wer dann Ware bei der Firma E3 bestelle, stelle bei einer solchen Überprüfung fest, dass diese registriert sei. Nach der entsprechenden Überprüfung habe er, der Beklagte, auch davon ausgehen können, seine gesetzlichen Pflichten erfüllt zu haben. Für ein fahrlässiges Handeln im Sinne des § 3 Abs. 12 ElektroG bleibe da kein Raum.
II.
Die nach der Rücknahme der Berufung der Klägerin allein verbliebene Berufung des Beklagten ist im Wesentlichen unbegründet. Insbesondere steht der Klägerin der geltend gemachte Unterlassungsanspruch wegen eines Verstoßes gegen das ElektroG gegen den Beklagten zu.
1) Mit dem Unterlassungsantrag wendet sich die Klägerin gegen einen Gesetzesverstoß des Beklagten, den sie darin sieht, dass der Beklagte Elektro- oder Elektronikartikel in Deutschland in Verkehr bringt, ohne dass eine Registrierung des Herstellers bei der Stiftung EAR vorliegt. Diese weit gefasste Verbotsfassung hat die Klägerin durch die Einbeziehung der konkreten Verletzungshandlung, nämlich den Verkauf eines bestimmten E3-Staubsaugers an sie durch den Beklagten klargestellt. In den Antrag hat die Klägerin im Gegensatz zum Verfügungsverfahren allerdings nicht mehr das erstmalige Einführen solcher Geräte in die Bundesrepublik Deutschland zum Gegenstand des Verbots gemacht hat. Es fehlt auch die Bezugnahme auf § 3 Abs. 11 Nr. 3 ElektroG. Damit muss sich das Verbot nicht zwingend darauf beziehen, dass der Beklagte als Hersteller nicht registriert ist, weil er die von der Klägerin gekaufte Ware erstmals in den Geltungsbereich des Elektrogesetzes eingeführt und in Verkehr gebracht hat. Es kann sich -nach dem entsprechenden Vortrag in der Abmahnung und der Klagebegründung- auch darauf beziehen, dass der Beklagte als Vertreiber im Sinne von § 3 Abs. 12 Satz 2 ElektroG als Hersteller anzusehen ist und den sich daraus ergebenden gleichgelagerten Herstellerpflichten nicht nachgekommen ist. Entgegen der Auffassung des Landgerichts kann aber nicht offen bleiben, ob der Beklagte Hersteller oder Vertreiber im Sinne des Gesetzes ist, weil er immer nur das eine oder das andere sein kann. Es handelt sich um zwei unterschiedliche Streitgegenstände, je nachdem ob der Beklagte als Hersteller oder als Vertreiber in Anspruch genommen wird. Einmal verstößt der Beklagte als originärer Hersteller wegen fehlender Registrierung gegen seine Pflichten nach dem ElektroG und das andere Mal als Vertreiber und fiktiver Hersteller, der schuldhaft Waren nicht registrierter Hersteller zum Verkauf angeboten hat. Diese unterschiedlichen Lebenssachverhalte, sind auch rechtlich nach unterschiedlichen Anspruchsvoraussetzungen zu beurteilen. Dem steht auch nicht entgegen, dass es im Falle des Inverkehrbringens der fraglichen Elektrogeräte um ein einheitliches Vertriebsverbot gehen kann, das beide Verhaltensweisen rechtfertigen können. Der Beklagte als nicht registrierter Hersteller dürfte nach § 6 Abs. 2 Satz 5 ElektroG Elektrogeräte wie den verkauften Staubsauger nicht in Verkehr bringen. Als Vertreiber dürfte er solche Geräte nicht registrierter Hersteller nicht in Verkehr bringen, wenn er sich nicht zuvor selbst als fiktiver Hersteller hätte registrieren lassen. Ansonsten würde er ebenfalls gegen § 6 Abs. 2 Satz 5 ElektroG verstoßen. Die Klägerin hat nunmehr klargestellt, dass sie in erster Linie den Beklagten als Vertreiber, der aber als Hersteller zu behandeln sei, wegen eines Verstoßes gegen § 6 Abs. 2 Satz 5 ElektroG in Anspruch nehmen will. Erst wenn seine Inanspruchnahme als Vertreiber nicht möglich ist, soll der Beklagte als importierender Hersteller haften.
2) Der Unterlassungsantrag ist als Folge der Einbeziehung des Testkaufs als der konkreten Verletzungshandlung bestimmt genug im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Auch in Bezug auf den vorrangig verfolgten Streitgegenstand kommt es hier auf ein Inverkehrbringen an und nicht etwa auf ein „Anbieten zum Kauf“. Wenn der Vertreiber wegen Verstoßes gegen § 6 Abs. 2 Satz 5 ElektroG in Anspruch genommen werden soll, so ist die Übertragung des Geräts an einen Dritten als eine Form des Inverkehrbringens erforderlich, weil erst danach ein Altgerät zur Entsorgung ansteht. Das bloße Anbieten solcher Elektrogeräte im Internet reicht insoweit noch nicht aus (OLG Naumburg, Urteil vom 18. Juni 2010 -1 Ss (B) 13 / 10). Gerade um den Verkauf und die Übereignung eines solchen Gerätes geht es aber hier.
3) Es ergeben sich keine Bedenken an der Klagebefugnis im Hinblick auf den Unterlassungsanspruch daraus, dass die Klägerin rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG gehandelt haben könnte. Für einen Rechtsmissbrauch fehlen im vorliegenden Fall hinreichende Anhaltspunkte. Die Klägerin mag die Streitwerte zwar hoch angesetzt haben, aber sie sind nicht so überhöht, wie es der Beklagte vorträgt. Außerdem hat die Klägerin auch ein besonderes Interesse an der Unterlassung solcher Verhaltensweisen geltend gemacht. Dafür sprechen der Testkauf, die Anreise ihres Geschäftsführers zum Termin des Landgerichts und die Weiterverfolgung des Unterlassungsanspruchs vor einem anderen Gericht mit einer etwas anderen Ausrichtung, nachdem sie das Verfügungsverfahren nach Zurückweisung ihres Antrages durch das Landgericht Düsseldorf nicht weiterverfolgt hat. Das erstinstanzliche Gericht hat zu diesem Punkt bereits weitere zutreffende Ausführungen gemacht. Der Beklagte hat in seiner ausführlichen Berufungsbegründung auch den Aspekt des Rechtsmissbrauchs überhaupt nicht mehr aufgegriffen.
4) Der Klägerin steht als Mitbewerberin im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG ein Unterlassungsanspruch aus §§ 8 Abs. 1, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 6 Abs. 2 Satz 5 ElektroG gegen den Beklagten zu, wenn in dem Verkauf des Staubsaugers ohne Registrierung unter den gegebenen Umständen eine unlautere geschäftliche Handlung des Beklagten zu sehen wäre, die den Wettbewerb im Interesse der Marktteilnehmer spürbar beeinträchtigt hat. Die Bestimmung des § 6 Abs. 2 Satz 5 ElektroG wurde von der am 24. Februar 2012 erfolgten Änderung dieses Gesetzes auch nicht erfasst, so dass sich aus der Gesetzesänderung für den in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch keine Probleme ergeben.
a) Der Beklagte hat unzweifelhaft mit dem beanstandeten Verkauf eine geschäftliche Handlung vorgenommen. Dieser gehörte zum gewerblichen Warenabsatz des Beklagten und diente damit der Förderung seines Gewerbetriebes. Die Klägerin ist für die Geltendmachung des Anspruchs auch aktivlegitimiert. Zwischen den Parteien besteht nämlich ein konkretes Wettbewerbsverhältnis. Beide bieten im Internet Elektroartikel wie den von der Klägerin beim Beklagten gekauften Staubsauger an. Auch die Klägerin bezieht solche Staubsauger zum Zwecke des Weiterverkaufs über B.
b) Die geschäftliche Handlung des Beklagten ist unlauter, weil mit ihr ein Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG verbunden ist. Gegen § 4 Nr. 11 UWG verstößt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Zu einer solchen Marktverhaltensregelung gehört auch § 6 Abs. 2 Satz 5 ElektroG. Dabei handelt sich nämlich um eine Bestimmung, die produktbezogen ein Absatzverbot regelt (vgl. OLG München GRUR-RR 2011, 424, 425 unter Hinweis auf BGH GRUR 2010, 754 -Golly Telly). Für den Wettbewerb ist es von großer Bedeutung, dass sich alle Anbieter bestimmter Waren an die Sicherung der Rücknahme dieser Produkte halten, die durch das Absatzverbot sichergestellt werden soll. Wer dagegen verstößt, beeinträchtigt in erheblicher Weise den Wettbewerb. Dazu hat die Klägerin im Einzelnen vorgetragen. Weitere Voraussetzung für die Anwendung des § 4 Nr. 11 UWG ist mittlerweile allerdings, dass die Anwendung der Vorschrift auch mit der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken im Einklang ist (vgl. BGH GRUR 2010, 245 -Kamerakauf im Internet). Diese Voraussetzung ist hier gleichfalls erfüllt, weil mit dem Absatzverbot gerade auch die sich aus der WEEE- Richtlinie ergebenden Schutzmaßnahmen in Bezug auf die Sicherstellung der Übernahme der Kosten für die Entsorgung von Altgeräten und Elektroschrott umgesetzt worden sind.
d) Der Beklagte hat mit dem Inverkehrbringen des Staubsaugers in Form des Verkaufs an die Klägerin gegen § 6 Abs. 2 Satz 5 ElektroG verstoßen. Unstreitig ist der Beklagte selbst nicht bei einer nach § 6 Abs. 1 ElektroG eingerichteten Registrierungsstelle nach Maßgabe des § 6 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 ElektroG registriert. Er hätte sich aber registrieren lassen müssen, weil er hier nach § 3 Abs. 12 Satz 2 ElektroG auch als Vertreiber als Hersteller im Sinne des Gesetzes gilt. Vertreiber ist der Beklagte, weil er neue Elektrogeräte gewerblich für den Nutzer anbietet (§ 3 Abs. 12 Satz 1 ElektroG). Als solcher ist er wie ein Hersteller zu behandeln, weil er fahrlässig neue Elektrogeräte nicht oder nicht ordnungsgemäß registrierter Hersteller zum Verkauf angeboten hat.
aa) Der E3 DC 32 AnimalPro, den der Beklagte zum Verkauf angeboten hat, ist ein neuer originalverpackter Staubsauger. Wie die abgebildete Verpackung des dem Geschäftsführer der Klägerin anlässlich des Testkaufs gelieferten Produkts zeigt, war dieses von der Firma E3 ersichtlich für den britischen Markt bestimmt (UK -Kennzeichnung, Lieferung mit Adapter, Sprache der Beschreibung -Bl.38). Das stellt auch der Beklagte nicht in Frage. Es ist nichts dazu vorgetragen, dass die Herstellerfirma E3 mit Sitz in Großbritannien als Herstellerin solcher Marken und für Geräte der Kategorie Haushaltskleinstgeräte bei der Stiftung EAR registriert ist. Das macht auch keinen Sinn, weil in Großbritannien die Bestimmungen des Elektrogesetzes nicht gelten und auf dem britischen Markt befindliche Staubsauger auch nicht in Deutschland entsorgt werden müssen. Der Beklagte hat vorgetragen und im Verfügungsverfahren eidesstattlich versichert, dass er solche für den britischen Markt bestimmte Ware auch nicht unmittelbar vom Hersteller, sondern von B S.a.r.l. in M über B UK beziehe. Die Lieferungen erfolgten per Post aus einem deutschen Auslieferungslager, so dass aus seiner Sicht ein Import durch ihn nicht mehr stattfinde. Der Beklagte hat aber auch den Vortrag der Klägerin nicht bestritten, dass B in Bezug auf solche Marken und Geräte nicht als Hersteller bei der Stiftung EAR registriert sei. Er trägt vielmehr selbst vor, dass er schon nicht wisse und wissen könne, wer die Ware nach Deutschland eingeführt habe. Es ist also mit dem Landgericht im Ergebnis davon auszugehen, dass weder der britische Hersteller noch der vermeintliche Importeur B registriert war in Bezug auf Geräte der fraglichen Art. Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 1 ElektroG obliegt es dem Hersteller gerade, monatlich die Art der Geräte und die Menge der von ihm in Verkehr gebrachten Elektroartikel der Stiftung EAR mitzuteilen. Gerade die Mengenmitteilungen sind die Grundlage für die Berechnungen der gemeinsamen Stelle, die die Kosten der Entsorgung verteilt. Keiner der in Frage kommenden Hersteller hätte hier insoweit auch das entsprechende Gerät bei der Stiftung in Bezug auf die mutmaßlichen Entsorgungskosten registrieren lassen können. Darauf kommt es aber nach dem Gesetzeszweck entscheidend an; es reicht nicht aus, dass etwa B als vermeintlicher Importeur und Hersteller für irgendwelche Elektrogeräte oder Elektronikprodukte registriert ist. Dem Beklagten kann insoweit auch nicht helfen, dass E3 GmbH bei der EAR Stiftung als Hersteller in Bezug auf die Geräte der Marke E3 registriert ist. Bei dieser Firma handelt es sich um die deutsche Vertriebsgesellschaft des britischen Herstellers mit Sitz in Köln. Nach dem Vortrag der Klägerin ist es Aufgabe dieser Vertriebsgesellschaft, für die sachgemäße Registrierung der für den deutschen Markt bestimmten E3-Geräte zu sorgen und entsprechende Geräte später auch anzumelden. Dem ist der Beklagte nicht mit substantiiertem Vortrag entgegen getreten. E3 GmbH hat demnach nichts mit Geräten zu tun, die an sich für den britischen Markt bestimmt sind, dann aber über B M auf den deutschen Markt gelangen, gleichgültig ob sie von B oder dem Abnehmer endgültig in den Markt eingeführt werden. Das behauptet der Beklagte auch selbst nicht; dagegen spricht schon die Lebenserfahrung. Es handelt sich bei dem Vertrieb über die deutsche E3 GmbH und dem Vertrieb über B UK oder B S.a.r.l. um zwei völlig unterschiedliche Vertriebswege, mit denen die Mutterfirma E3 ihre Produkte europaweit absetzen kann. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass Einzelheiten über den einen Weg auf dem anderen Weg bekannt werden. Auch dazu hat der Beklagte nichts vorgetragen. Somit spricht alles dafür, dass E3 GmbH von den Verkäufen auf dem alternativen Vertriebsweg nichts erfährt, jedenfalls nichts so Konkretes, dass sie die Menge der so vertriebenen Geräte benennen könnte. Schon deshalb könnte sie die entsprechenden Geräte gar nicht melden und dafür Sorge tragen, dass auch für diese auf andere, wahrscheinlich unerwünschte Art eingeführten Geräte anteilige Entsorgungskosten gezahlt würden. Auch der Beklagte weiß nach seinem eigenen Vortrag nicht, ob E3 GmbH Produkte von anderen Märkten mitzählt und wie sie das bewerkstelligen sollte. Es bleibt somit dabei, dass in Bezug auf die vom Beklagten zum Verkauf angebotene Ware eine ordnungsgemäße Registrierung von Seiten des Herstellers nicht erfolgt ist.
bb) Auch das schuldhafte Handeln des Vertreibers als weitere Voraussetzung, die für einen solchen Fall an die Herstellerfiktion geknüpft ist, liegt hier vor. Insoweit genügt nach allgemeinen Grundsätzen Fahrlässigkeit. Diese liegt vor, wenn der Vertreiber aufgrund mangelnder Sorgfalt nicht erkennt, dass er Geräte nicht registrierter Hersteller anbietet (Giesberts/Hilf, § 3 ElektroG Rdn. 73). Davon ist hier auszugehen. Angesichts der Besonderheiten eines solchen „Parallelimports“ von für den britischen Markt produzierter Ware musste sich der Beklagte bei seinen Vorlieferanten erkundigen oder Nachforschungen anstellen, wie es mit der Registrierung bei der EAR Stiftung aussah, die zwangsläufig notwendig werden musste. Bereits im Zweifelsfall musste er sicherstellen, dass er selbst sich registrieren ließ, bevor er die Elektrogeräte in Verkehr brachte. Der Beklagte hat sich aber weder bei B erkundigt noch hat er vor der Abmahnung Nachforschungen etwa bei der EAR Stiftung angestellt. Bis heute kann er nicht genau sagen, wie die Ware nach Deutschland gelangt ist und wer die Registrierung denn vorgenommen haben sollte. Das macht besonders deutlich, dass er nicht recherchiert, sondern sich darauf verlassen hat, dass der Hersteller oder B die Geräte schon registriert haben würde. Das widerspricht aber der fachlichen Sorgfalt eines Händlers, der seinen Handel auf solche Importe gründet. Auf die Anmeldung der E3 GmbH durfte er sich aus den oben genannten Gründen auch nicht verlassen. Entgegen seinem Vortrag hätte er dafür überprüfen müssen, ob die registrierte Vertriebsfirma für den deutschen Markt bei ihren Meldungen in Deutschland auch EU-Importe durch andere Firmen berücksichtigen konnte und wollte.
e) Der Verstoß ist aus den oben schon dargestellten Gründen auch geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber im Sinne des § 3 UWG spürbar zu beeinträchtigen. Die Mitbewerber müssen für die Registrierung erhebliche Mittel und Zeit aufwenden, die sich sog. „Trittbrettfahrer“ ersparen, die mit den Produkten, in Bezug auf die eine Registrierungspflicht besteht, handeln, sich aber um die Beteiligung an den Entsorgungskosten gerade nicht kümmern. Es liegt im Übrigen auch im Wesen eines Vertriebsverbotes, das gleiche Bedingungen im Wettbewerb sicherstellen soll, dass ein Verstoß dagegen den Wettbewerb zwangsläufig spürbar beeinträchtigen muss.
5) Der Klägerin steht auch der Anspruch auf Erstattung von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 606,30 € nebst Zinsen in Zusammenhang mit dem Schreiben vom 31. August 2011 zu. Bei diesem Schreiben handelt es sich um eine Abmahnung, die zwei getrennte Unterlassungsansprüche zum Gegenstand hatte. Die Tatsache, dass die Klägerin vor dieser förmlichen Abmahnung in Bezug auf die fehlende Registrierung des Beklagten Gelegenheit zur Stellungnahme und einem eventuellen Nachweis gab, ändert daran nichts und war vielmehr aus Gründen der anwaltlichen Vorsorge ähnlich wie eine Berechtigungsanfrage sogar ratsam. Da die Abmahnung sich im Hinblick auf den ersten geltend gemachten Anspruch auf den hiesigen Unterlassungsanspruch bezog und auch die fiktive Herstellereigenschaft und ihre Folgen ausdrücklich einbezogen worden waren, war sie teilweise berechtigt und verpflichtete den Beklagten nach § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG zur anteiligen Erstattung der erforderlichen Kosten. Die Klägerin nimmt hin, dass das Landgericht nur die Hälfte der Kosten für berechtigt angesehen hat, weil der weiter geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu Ziffer 2 nicht weiterverfolgt worden ist. Es erscheint auch angemessen, insoweit von einem Gesamtstreitwert von 40.000,-- € für die beiden Unterlassungsansprüche auszugehen. Das stellt auch keinen Widerspruch zur hiesigen Streitwertfestsetzung von 30.000,-- € dar. Denn vom Gewicht her erscheint der erste Antrag, bei dem es um das Inverkehrbringen der Ware trotz eines Vertriebsverbotes geht, erheblich gewichtiger als die fehlende Angabe der WEEE-Nummer, die nur ein besserer Annex ist, der hier auch noch nicht einmal passte. 30.000,-- € und 10.000,-- € erscheinen als unterschiedliche Streitwerte für beide Anträge deshalb angemessen. Auch der Ansatz einer 1,4 Gebühr ist insoweit nicht zu beanstanden. Zwar kann eine Erhöhung der Geschäftsgebühr über die Regelgebühr von 1,3 hinaus nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit des Anwalts umfangreich oder schwierig war (vgl. klarstellendes Urteil des BGH vom 11. Juli 2012 -VIII ZR 323 /11). Das war aber in Bezug auf den geltend gemachten Verstoß gegen das ElektroG angesichts der komplexen Materie der Fall. Die hälftige Gebühr ist also zutreffend berechnet.
6) Daneben steht der Klägerin ein weiterer Anspruch auf Zahlung von 1.005,40 € nebst Zinsen in Verbindung mit der Abmahnung vom 19. August 2011 aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG zu. Insoweit ist die Klage im Hinblick auf die Differenz zum geltend gemachten höheren Betrag von 1.081,20 € abzuweisen. Insoweit hat die Berufung des Beklagten Erfolg.
a) Auch diese Abmahnung war berechtigt, wie das Landgericht zutreffend erkannt hat. Sie hat auch ihre Aufgabe, mitzuhelfen, einen Rechtsstreit im Hinblick auf den damals geltend gemachten Anspruch auf Unterlassung zu vermeiden, erfüllt. Der Beklagte hat im Hinblick auf diesen Anspruch eine Unterlassungserklärung abgegeben. Allein diese Tatsache vermag allerdings eine Pflicht zur Erstattung der Abmahnkosten noch nicht zu begründen. Der Klägerin stand aber im Hinblick auf die beanstandete Werbung für den Staubsauger E3 DC26 mit „Produkt des Jahres“ ein Unterlassungsanspruch aus §§ 8, 3, 5, 5 a Abs. 2 UWG gegen den Beklagten zu. In dieser Art von Werbung ist eine irreführende geschäftliche Handlung zu sehen. Diese liegt im Rahmen der Irreführung durch Unterlassen auch vor, wenn dem Verbraucher im Rahmen einer Werbung wesentliche Informationen vorenthalten werden, die dieser benötigt, um eine sachgerechte Marktentscheidung zu treffen. Wenn ein Produkt auf diese Weise hervorgehoben wird, wie es hier in Bezug auf den E3-Staubsauger durch den Beklagten geschehen ist, muss der Verbraucher wenigstens bestimmte Grundinformationen über den Veranstalter der Wahl und die Art und Auswahl der ausgezeichneten Produkte erhalten, um für sich einschätzen zu können, was sich hinter dieser auf erste Sicht so positiven Werbeaussage verbirgt. In der Abmahnung hat die Klägerin insoweit ganz konkret beanstandet, dass es an Informationen dazu fehlte, wer die Befragung durchgeführt hat und wo nähere Angaben dazu zu finden seien. Für eine sachgerechte Einschätzung der Wahl zum „Produkt des Jahres“ genügte es insoweit gerade nicht, wenn darauf hingewiesen wurde, dass die Wahl im Rahmen einer repräsentativen Befragung unter 10.000 Verbrauchern erfolgt ist. Danach fehlten jedenfalls weiterhin die Information, wer genau die Wahl veranlasst hat, und nähere Angaben zu ihren Voraussetzungen. An dieser Einschätzung ändert sich auch durch den ergänzenden Vortrag in der Berufungsbegründung des Beklagten nichts, so dass offen bleiben kann, ob dieser angesichts der Regelung des § 531 Abs. 2 ZPO noch berücksichtigt werden könnte. Der Beklagte hat sich darauf berufen, dass ohnehin nicht viel mehr in Erfahrung zu bringen gewesen sei, als dass die Auszeichnung durch die Produkt des E GmbH, T-Gasse - ... in ...5 Köln vergeben werde. Zum einen hätte diese unterbliebene Information schon sehr deutlich gemacht, dass angesichts des Veranstalters der Wahl das Ergebnis in seiner Aussagekraft keinesfalls mit einem Testergebnis einer anerkannten und unabhängigen Stiftung wie Warentest verglichen werden konnte. Zum anderen ist auch nicht darüber informiert worden, dass sehr viele „Produkte des Jahres“ ausgewählt worden sind, was einer Informationsseite des Veranstalters einfach zu entnehmen gewesen wäre. Schließlich entlastet die Tatsache, dass keine näheren Angaben zu erhalten gewesen wären, den Beklagten auch nicht. Dann darf er eben auf eine so pauschale hervorgehobene Weise überhaupt nicht werben. Auch die Tatsachen, dass auf vielen Produkten ein auffälliges rotes Emblem mit der Aufschrift „Gewählt zum Produkt des Jahres 2011“ aufgedruckt worden ist und der Verbraucher ein solches Enblem möglicherweise nicht als ernsthafte Information ansehen könnte, helfen vorliegend dem Beklagten nicht weiter. Denn er hat gerade kein solches Emblem auf der Ware angebracht, sondern im Internet in der Beschreibung der Produkteigenschaften die entsprechende Wahl durch Fettdruck und Unterstreichung hervorgehoben, also auf andere nachhaltigere Weise auf die entsprechende Wahl verwiesen, über deren nähere Umstände er nichts wusste. Jedenfalls hätte schon im Rahmen der Werbung mindestens darauf hingewiesen werden müssen, dass eine solche Auszeichnung zeitgleich in vielen verschiedenen Produktbereichen durch eine private Gesellschaft aus Köln vergeben wurde. Gerade diese wichtige Information ist den Verbrauchern aber vorenthalten worden.
b) Der Erstattungsanspruch ist aber nur in Höhe von 1.005,40 € begründet. Die Klägerin konnte insoweit einen Streitwert von 30.000,-- € zugrunde legen. Bei solchen Wettbewerbsverstößen im Bereich der Irreführung geht der Senat regelmäßig von einem solchen Hauptsachewert aus. Hier war aber keine höhere Gebühr als die Regelgebühr von 1,3 anzusetzen. Es handelte sich um einen für das Wettbewerbsrecht typischen Irreführungsfall, der keine umfangreiche oder schwierige Anwaltstätigkeit erforderte. In einem solchen Fall kann auch unter dem Gesichtspunkt der Toleranzrechtsprechung keine höhere Gebühr erstattet verlangt werden. Auch wenn man die Entscheidung BGH NJW 2011, 1603 des 9. Zivilsenats möglicherweise so hätte verstehen können, hat der 8. Zivilsenat in seinem Urteil vom 11. Juli 2012, das oben bereits angeführt wurde, klargestellt, dass die Anwendung der Toleranzrechtsprechung für den Fall einer typischen Tätigkeit nicht gelten kann. Legt man aber eine 1,3 Gebühr wie regelmäßig in solchen Fällen zugrunde, kann kein höherer Betrag als 1.005,40 € erstattet verlangt werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2, 516 Abs. 3 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
OLG Hamm:
Urteil v. 30.08.2012
Az: I-4 U 59/12
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/21c490e0a332/OLG-Hamm_Urteil_vom_30-August-2012_Az_I-4-U-59-12