Oberlandesgericht Hamburg:
Urteil vom 8. November 2013
Aktenzeichen: 11 U 192/11
(OLG Hamburg: Urteil v. 08.11.2013, Az.: 11 U 192/11)
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird, unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels, das Schlussurteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 18, vom 21. April 2011, Geschäfts-Nr. 318 O 226/08, hinsichtlich der Hauptsache und hinsichtlich der Kostenentscheidung teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte zu 1. wird verurteilt, an den Kläger € 816.794,14 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf € 105.621,07 seit dem 6. Dezember 2008 sowie auf weitere € 711.173,07 seit dem 29. Oktober 2010 zu zahlen.
Dem Beklagten zu 1. wird vorbehalten, nach Erstattung des Verurteilungsbetrags an die Masse seine Gegenansprüche, die sich nach Rang und Höhe mit den Beträgen decken, welche die durch die verbotswidrigen Zahlungen begünstigten Gesellschaftsgläubiger im Insolvenzverfahren erhalten hätten, gegen den Kläger als Insolvenzverwalter zu verfolgen.
Es wird im Streitverhältnis des Klägers zum Beklagten zu 1. festgestellt, dass sich die Berufung in Höhe von € 193.000,00 in der Hauptsache erledigt hat.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger zu 2/3 und der Beklagte zu 1. zu 1/3 zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren hat der Beklagte zu 1. zu 1/3 zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 3. und 4. sowie die Kosten der Nebenintervention hat in beiden Rechtszügen der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten zu 3. und 4. sowie der Nebenintervenientin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten zu 3. und 4. sowie die Nebenintervenientin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten. Der Beklagte zu 1. darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Ergänzend hierzu wird festgestellt:
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der C. H. GmbH (im Folgenden: Schuldnerin). Er nimmt die Beklagten auf die Erstattung von Zahlungen in Anspruch, die nach dem Eintritt der von ihm behaupteten Überschuldung bzw. Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin geleistet worden sind.
Die Schuldnerin, deren satzungsgemäßer Unternehmensgegenstand "die Errichtung eines Systemhauses für die Verkehrswirtschaft im Bereich Inneneinrichtung für Fahrzeuge zu Wasser, Land und Luft" sein sollte, wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 14. Juli 2004 gegründet. In Ziffer 7. des Gesellschaftsvertrags der Schuldnerin war die Möglichkeit zur Bildung eines Aufsichtsrats vorgesehen. Nach der Errichtung des Aufsichtsrats der Schuldnerin wurde der Beklagte zu 3. zu dessen Vorsitzendem bestellt, der Beklagte zu 4. war seit dem 14. April 2005 weiteres Mitglied des Aufsichtsrats der Schuldnerin. Geschäftsführer der Schuldnerin war seit dem 1. Oktober 2004 der Beklagte zu 1.
Nachdem der Beklagte zu 1. sein Amt als Geschäftsführer der Schuldnerin am 6. Oktober 2006 niedergelegt hatte, wurde durch den neu bestellten Geschäftsführer der Schuldnerin am 24. November 2006 Insolvenzantrag gestellt, das Insolvenzverfahren wurde nachfolgend am 27. Dezember 2006 eröffnet.
Der Kläger hat gegen die Beklagten zu 1., 3. und 4. am 5. Dezember 2008 Klage erhoben. Nach wiederholten Klageerhöhungen und mehreren Teilklagerücknahmen hat der Kläger vor dem Landgericht zuletzt im Umfang von € 510.242,77 die Erstattung von 18 Einzahlungen in der Zeit vom 4. Januar bis zum 7. Juli 2006 auf ein debitorisch geführtes Konto der Schuldnerin bei der H. Bank eG (im Folgenden: H.) sowie im Umfang von weiteren € 763.744,00 die Erstattung der Beträge aus insgesamt 282 Zahlungsvorgängen in der Zeit vom 20. Januar bis zum 4. Oktober 2006 über ein Konto der Schuldnerin bei der H Bank AG verlangt, die jeweils € von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen € aus Guthaben der Schuldnerin erfolgt sind. Von dem sich hiernach ergebenden Gesamtbetrag in Höhe von € 1.273.986,77 hat der Kläger die von ihm aus Insolvenzanfechtungen gegenüber den jeweiligen Zahlungsempfängern in Höhe von € 235.590,51 erlösten Beträge abgesetzt.
Der Kläger hat behauptet, die Schuldnerin sei bereits seit dem 30. Juni 2005 überschuldet gewesen. Hierzu hat er sich auf einen auf seine Veranlassung von der H. Steuerberatungsgesellschaft mbH erstellten Überschuldungsstatus (Anlagen K 13/K 82) bezogen, der per 30. Juni 2005 eine Überschuldung der Schuldnerin in Höhe von € 2.696.658,67 ausweist. Die Einzelansätze dieses Überschuldungsstatus entsprechen im Wesentlichen dem auf Veranlassung der Schuldnerin durch eine H. Treuhand GmbH am 29. November 2005 geprüften Jahresabschluss der Schuldnerin zum 30. Juni 2005 (Anlage K 9), in dessen Bilanz demgegenüber aber zusätzlich mit € 4.410.000,00 Aufwendungen der Schuldnerin für die Ingangsetzung des Geschäftsbetriebs aktiviert worden sind. Die Aufwendungen der Schuldnerin für die Ingangsetzung ihres Geschäftsbetriebs sind in einer weiteren Bilanz der Schuldnerin zum 30. November 2005, die ebenfalls durch die H. Treuhand GmbH geprüft worden ist (Anlage K 14), mit nunmehr insgesamt € 7.975.290,93 aktiviert worden. Auf diesen Stichtag hat der Kläger einen weiteren Überschuldungsstatus erstellen lassen (Anlage K 15), der eine Überschuldung der Schuldnerin in Höhe von nunmehr € 3.687.440,79 ausweist. Für die von ihm behauptete Überschuldung der Schuldnerin hat der Kläger sich ergänzend auf mehrere Stellungnahmen der Staatsanwaltschaft Hamburg vom 11. Januar 2008 (Anlage K 85), 12. Juni 2008 (Anlage K 86) sowie vom 10. Mai 2010 (Anlage K 87) aus einem wegen der Insolvenz der Schuldnerin unter anderem gegen den Beklagten zu 1. geführten Ermittlungsverfahren bezogen.
Der Kläger hat ferner behauptet, die Schuldnerin sei bereits seit November 2004, spätestens aber seit 2005, zahlungsunfähig gewesen. In diesem Zusammenhang hat der Kläger sich unter anderem auf ein Schreiben des Beklagten zu 1. an die A. & O. LLP vom 17. März 2005 (Anlage K 3) bezogen, demzufolge die Schuldnerin dieser gegenüber bestehende Verbindlichkeiten in Höhe von insgesamt € 146.249,01 in Teilbeträgen bis zum 31. März bzw. bis zum 30. April 2005 hatte zahlen wollen, ohne dass diese Teilzahlungsankündigung, was als solches unstreitig gewesen ist, nachfolgend zeitgerecht eingehalten worden sei. Es ergebe sich darüber hinaus auch aus einem Schreiben der Rechtsanwälte einer P. P. D. T. GmbH vom 11. Mai 2006 (Anlage K 5), dass die Schuldnerin eine mit dieser geschlossene Ratenzahlungsvereinbarung, die Ratenzahlungen für den Zeitraum von November 2004 bis Februar 2005 vorgesehen habe, nicht eingehalten habe.
Die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin ergebe sich ferner auch daraus, dass sich aus den Forderungsanmeldungen verschiedener Gläubiger zur Insolvenztabelle eine Vielzahl von Forderungen ergebe, deren Fälligkeit bereits in das Jahr 2004 zurückreiche. Dies lasse sich dementsprechend auch aus der Insolvenztabelle (Anlagen K 21/K 74) entnehmen.
Schließlich erschließe sich die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin auch aus einer Vielzahl von Protokollen einerseits der regelmäßigen Sitzungen des Lenkungsausschusses der Schuldnerin (vgl. etwa Anlagen K 29, K 30, K 32) und andererseits der sog. Finanzstatus-Runden der Schuldnerin (vgl. etwa Anlagen K 33, K 35, K 36, K 40, K 45, K 53), in denen die kritische Liquiditätslage der Schuldnerin bzw. deren Unvermögen zur vollständigen Erfüllung sämtlicher laufenden Verbindlichkeiten ebenfalls wiederholt zur Sprache gekommen sei.
Der Kläger hat gemeint, dass neben der Haftung des Beklagten zu 1. als Geschäftsführer der Schuldnerin auch eine Haftung der Beklagten zu 3. und 4. wegen der nach Eintritt der Insolvenzreife der Schuldnerin geleisteten Auszahlungen bzw. der auf ein debitorisches Konto der Schuldnerin geleisteten Einzahlungen begründet sei. In diesem Zusammenhang hat der Kläger behauptet, die Beklagten zu 3. und 4. hätten über ihre Mitwirkung insbesondere an den Lenkungsausschusssitzungen der Schuldnerin maßgeblichen Einfluss auf die Geschäfte der Schuldnerin genommen. Insofern habe es sich bei den Beklagten zu 3. und 4. um faktische Geschäftsführer der Schuldnerin gehandelt.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagten zu 1., 3. und 4. zu verurteilen, an ihn € 1.038.396,28 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz als Gesamtschuldner seit Rechtshängigkeit an ihn zu zahlen.
Die Beklagten und die Nebenintervenientin der Beklagten zu 3. und 4. haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte zu 1. hat behauptet, der Kläger habe im Rahmen der von diesem zum 30. Juni und 30. November 2005 erstellten Überschuldungsbilanzen im Vermögen der Schuldnerin vorhandene stille Reserven unberücksichtigt gelassen. Diese hätten aber insbesondere dergestalt bestanden, dass die Unternehmensbeteiligungen der Schuldnerin lediglich mit den jeweiligen Buchwerten berücksichtigt worden seien. Dies sei aber deshalb unzutreffend, weil eine A. a. t. Holding GmbH als Gegenleistung für eine 49 %-ige Beteiligung an der C. C. S. M. S. GmbH einen Betrag in Höhe von € 500.000,00 hinterlegt habe. Auch die 49 %-ige Beteiligung der Schuldnerin an der C. C. S. I. T. GmbH sei deshalb mit weitaus mehr als lediglich dem Buchwert von € 12.985,00 zu bewerten gewesen, weil, was als solches unstreitig gewesen ist, die Schuldnerin ihre übrige 51 %-ige Beteiligung an dieser Gesellschaft im November 2005 für € 2.500.000,00 verkauft habe. Im Übrigen habe für die Schuldnerin auch eine positive Fortführungsprognose bestanden, namentlich sei die Finanzierung der Schuldnerin aufgrund der entsprechenden Kaufpreiszahlung der T-S. AG in Höhe von € 2.500.000,00 bis in das Jahr 2006 gesichert gewesen.
Von einer Überschuldung der Schuldnerin sei hiernach nicht auszugehen. Die Schuldnerin sei zudem auch frühestens im September 2006 zahlungsunfähig gewesen. Der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin habe es bereits entgegengestanden, dass die Schuldnerin mit sämtlichen ihrer Gläubiger, und zwar jeweils schon im Zusammenhang mit der Aufnahme der Geschäftsbeziehung, Stundungsvereinbarungen geschlossen habe. Derartige Stundungsvereinbarungen seien insbesondere mit einer W. B. KG (Anlage B 1), einer Firma P. Projektbegleitung (Anlage B 3) sowie mit einer P. M. Baugesellschaft mbH (Anlage B 4) zustande gekommen. Im Übrigen sei die Zahlungsfähigkeit der Schuldnerin aber auch fortwährend überwacht worden. Zu diesem Zweck habe, was als solches unstreitig gewesen ist, unter anderem der Mitarbeiter M. der Nebenintervenientin der Beklagten zu 3. und 4. insbesondere an den laufend stattfindenden Finanzstatus-Runden der Schuldnerin regelmäßig teilgenommen. Diese fortwährende Überwachung der laufenden Zahlungsfähigkeit der Schuldnerin unter Inanspruchnahme fachkundiger Dritter stünde zugleich seinem haftungsbegründend vorauszusetzenden Verschulden entgegen.
Die Beklagten zu 3. und 4. haben unter anderem behauptet, dass sie von der finanziellen Situation der Schuldnerin keine ausreichende Kenntnis gehabt hätten, die es ihnen ermöglicht hätte, gegenüber dem Beklagten zu 1. auf eine frühere Insolvenzantragstellung hinzuwirken. Im Übrigen komme eine Haftung in ihrer Funktion als Mitglieder des nur fakultativ eingerichteten Aufsichtsrats der Schuldnerin aber auch schon aus Rechtsgründen nicht in Betracht.
Nach dem am 11. Februar 2009 im schriftlichen Vorverfahren über einen Betrag in Höhe von € 525.949,89 vorangegangenen Erlass eines Versäumnis-Teil-Urteils gegen den Beklagten zu 2., das diesem am 14. Februar 2009 zugestellt und über dessen Vermögen nachfolgend am 27. Februar 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, hat das Landgericht die Klage gegenüber den Beklagten zu 1., 3. und 4. mit Schlussurteil vom 21. April 2011 abgewiesen.
Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger die der Klage zu Grunde liegenden Zahlungsvorgänge auf den Konten der Schuldnerin bei der H. Bank und der H: Bank AG nicht hinreichend dargetan habe. Der Kläger habe sich darauf beschränkt, die behaupteten Zahlungen über die beiden Konten mit einer zuletzt in einem Schriftsatz enthaltenen selbstgefertigten Tabelle und kommentarlos eingereichten Kontoauszügen zu belegen. Neben dem Verstoß gegen das Gebot, wesentlichen Sachvortrag nicht in Anlagen zu "verstecken", habe der Kläger zu den einzelnen Zahlungspositionen auch bis zuletzt keinerlei Sachvortrag geleistet, weswegen es den Beklagten insgesamt nicht möglich gewesen sei, sich auf die Zahlungen, die den Anspruch des Klägers nach Grund und Höhe belegen sollen, zu erklären. Mit dem pauschalen Verweis auf die selbstgefertigten Tabellen nebst Kontoauszügen habe der Kläger ungeachtet der an ihn ergangenen Hinweise der Kammer den Anforderungen an einen substanziierten Parteivortrag nicht genügt, es wäre im Sinne eines ausreichenden Sachvortrags an ihm gewesen, zu jeder einzelnen behaupteten Zahlung, die über die debitorisch geführten Konten beider Banken geflossen ist, detailliert vorzutragen.
Gegen dieses ihm am 27. April 2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27. Mai 2011 Berufung eingelegt, die er nach entsprechender Fristverlängerung bis zum 27. Juli 2011 mit am 26. Juli 2011 eingegangener Berufungsbegründung begründet hat.
Der Kläger rügt, dass das Landgericht die Anforderungen an seine Darlegungspflicht überspannt habe. Angesichts der Vielzahl der haftungsbegründend geltend gemachten Zahlungsvorgänge sei es sachgerecht gewesen, diese tabellarisch darzustellen und ergänzend die diese Zahlungsvorgänge betreffenden Kontounterlagen abschriftlich einzureichen, womit er im Übrigen lediglich einer früheren Auflage des Gerichts nachgekommen sei. Mit seinem Vorbringen habe er die streitgegenständlichen Zahlungen nach Betrag, Zahlungsempfänger und Datum sowie dem jeweiligen Kontoauszug individualisiert. Eine weitergehende Konkretisierung auch nach dem Rechtsgrund der Zahlungen sei teilweise erfolgt, allerdings ohnehin nicht veranlasst gewesen, insbesondere nicht hinsichtlich derjenigen Zahlungen, die auf dem debitorisch geführten Konto der Schuldnerin bei der H. Bank eingegangen seien. Für die insoweit bestehende Haftung der Beklagten komme es nämlich nicht darauf an, aus welchem Rechtsgrund Zahlungen an die Schuldnerin erfolgt seien. Auch für die Auszahlungen von dem Konto der Schuldnerin bei der H. Bank AG gelte aber deshalb nichts anderes, weil es allein der Darlegungslast der Beklagten unterfalle, soweit einzelne Auszahlungen zu Lasten des Vermögens der Schuldnerin mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters vereinbar gewesen sein sollten.
Nachdem er die Berufung im Hinblick auf zwischenzeitlich weitere Massezuflüsse aufgrund von Insolvenzanfechtungen in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat im Umfang von € 193.000,00 in der Hauptsache für erledigt erklärt hat, beantragt der Kläger zuletzt noch,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Hamburg, 318 O 226/08, vom 21. April 2011 die Beklagten zu 1., 3. und 4. als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn € 845.396,28 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
sowie
im Hinblick auf den Beklagten zu 1. festzustellen, dass sich in Höhe von € 193.000,00 das Rechtsmittel der Berufung in der Hauptsache erledigt habe.
Die Beklagten und die Nebenintervenientin der Beklagten zu 3. und 4. beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte zu 1. macht geltend, das Landgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger den klagegegenständlichen Anspruch mangels hinreichender schriftsätzlicher Darlegung der einzelnen Zahlungsvorgänge nicht schlüssig dargelegt habe. Deren bloß tabellarische Auflistung unter gleichzeitiger unkommentierter Einreichung sämtlicher, insgesamt einen Aktenordner füllenden Kontounterlagen der Schuldnerin, die unter anderem auch solche Zahlungsvorgänge umfassten, die seitens des Klägers überhaupt nicht klagebegründend herangezogen worden seien, sei prozessual unzureichend. Es hätten insbesondere Angaben des Klägers zum Rechtsgrund der jeweiligen Zahlungen gefehlt, die ihm, dem Beklagten zu 1., eine Darlegung privilegierter Zahlungen bzw. solcher Zahlungen, die mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar gewesen seien, ermöglicht hätten.
Die Beklagten zu 3. und 4. verteidigen das angefochtene Urteil im Anschluss an ihr jeweiliges erstinstanzliches Vorbringen ebenfalls. Abgesehen davon, dass der Kläger die von ihm haftungsbegründend herangezogenen Zahlungsvorgänge schon nicht hinreichend dargetan habe, habe der Kläger insbesondere auch zu einer hierdurch im Vermögen der Schuldnerin eingetretenen Schädigung nichts vorgetragen. Entgegen dem erstinstanzlichen Vorbringen des Klägers habe es sich bei ihnen auch nicht etwa um faktische Geschäftsführer der Schuldnerin gehandelt, namentlich habe der Kläger ein hierfür vorauszusetzendes Verhalten im Außenverhältnis der Schuldnerin nicht dargelegt.
II.
Die Berufung des Klägers ist zulässig und gegenüber dem Beklagten zu 1. auch im Wesentlichen begründet (dazu 1.). Gegenüber den Beklagten zu 3. und 4. verbleibt es demgegenüber bei der Abweisung der insoweit unbegründeten Klage (dazu 2.).
1.a) Der Kläger kann von dem Beklagten zu 1. gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 a.F. GmbHG (jetzt: § 64 Satz 1 GmbHG) die Zahlung eines Betrags in Höhe von € 816.794,14 nebst Zinsen verlangen. In diesem Umfang sind von der Schuldnerin trotz deren Überschuldung Zahlungen geleistet worden, die mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns nicht vereinbar gewesen sind und für die der Beklagte zu 1. als seinerzeitiger Geschäftsführer der Schuldnerin einzustehen hat.
aa) Die Schuldnerin war bereits spätestens seit dem 30. November 2005 überschuldet. Von einer Überschuldung ist nach Maßgabe des § 19 Abs. 2 InsO in der bis zum 17. Oktober 2008 gültigen Fassung dann auszugehen gewesen, wenn das Vermögen des Schuldners die Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, wobei bei der Bewertung des Vermögens jedoch die Fortführung des Unternehmens zugrunde zu legen ist, wenn diese nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich ist. Die Feststellung der Überschuldung ist insofern das Ergebnis einer Bilanz, die an dem alleinigen Zweck ausgerichtet ist, das Schuldendeckungspotential zu ermitteln.
Gemessen hieran hat der Kläger mit dem von ihm auf den 30. November 2005 erstellten Überschuldungsstatus (Anlage K 15) die Überschuldung der Schuldnerin nachgewiesen. Es begegnet insofern zunächst keinen Bedenken, dass der Kläger diese Überschuldungsbilanz auf der Grundlage der geprüften Handelsbilanz der Schuldnerin zum 30. November 2005 (Anlage K 14) erstellt hat. Den Bilanzansätzen einer Handelsbilanz kommt nämlich auch im Rahmen der Überschuldungsprüfung eine zumindest indizielle Bedeutung zu (BGH, Urt. v. 16. März 2009 - II ZR 208/07 - ZIP 2009, 860 ff., juris Rn. 10; Versäumnisurt. v. 12. März 2007 - II ZR 315/05 - ZIP 2007, 1060 ff., juris Rn. 14; Urt. v. 7. März 2005 - II ZR 138/03 - ZIP 2005, 807 f., juris Rn. 6). Im Übrigen weichen die Überschuldungsbilanz zum 30. November 2005 und die zu diesem Stichtag erstellte Handelsbilanz der Schuldnerin aber ohnehin nur insoweit erheblich voneinander ab, als es die in der Handelsbilanz der Schuldnerin mit insgesamt € 7.975.290,93 aktivierten Aufwendungen der Schuldnerin für die Ingangsetzung ihres Geschäftsbetriebs betrifft, die der Kläger im Rahmen des von ihm erstellten Überschuldungsstatus nicht als Aktiva der Schuldnerin berücksichtigt hat. Abgesehen hiervon hat der Kläger als Aktiva der Schuldnerin lediglich als Sachanlagen Bauten auf fremdem Grund und Boden sowie Forderungen gegen Unternehmen unberücksichtigt gelassen, die die Schuldnerin ihrerseits mit € 39.709,15 und € 4.230,44 in Ansatz gebracht hatte. Dem steht allerdings gegenüber, dass der Kläger zu Gunsten der Schuldnerin Forderungen gegen Gesellschafter mit zusätzlich € 133.540,78 aktiviert und zudem die in der Handelsbilanz ausgewiesenen sonstigen Rückstellungen der Schuldnerin mit einem nur um € 85.500,00 geringeren Betrag passiviert hat.
Mit Blick auf die in der Überschuldungsbilanz zum 30. November 2005 ausgewiesenen Passiva der Schuldnerin in Höhe von € 4.430.935,21 und diesen gegenüberstehenden Aktiva in Höhe von lediglich € 707.718,64 ergibt sich hiernach, dass die Überschuldung der Schuldnerin zum 30. November 2005 nur dann zu überwinden gewesen wäre, wenn die in der Handelsbilanz der Schuldnerin mit € 7.975.290,93 aktivierten Aufwendungen für die Ingangsetzung des Geschäftsbetriebs auch im Rahmen der Überschuldungsprüfung zu berücksichtigen wären.
Dies ist allerdings nicht der Fall. Der Kläger hat in diesem Zusammenhang unter anderem unter Bezugnahme auf die Ausführungen des von ihm beauftragten Wirtschaftsprüfers v. S. in dessen Stellungnahme vom 28. September 2007 (Anlage K 10, dort S. 4) sowie unter Verweis auf die Stellungnahme der Wirtschaftsreferentin N. der Staatsanwaltschaft Hamburg vom 11. Januar 2008 (Anlage K 85, dort S. 7) unwidersprochen vorgetragen, dass den Aufwendungen für die Ingangsetzung des Geschäftsbetriebs der Schuldnerin kein Erwerb von Vermögensgegenständen gegenüber gestanden hat, der im Rahmen der Aufstellung einer Überschuldungsbilanz nach Liquidationswerten für eine Aktivierung entsprechender Aufwendungen Raum ließe.
Ob die Aufwendungen für die Ingangsetzung des Geschäftsbetriebs der Schuldnerin demgegenüber für den Fall der Aufstellung einer Überschuldungsbilanz nach Fortführungswerten zu aktivieren sein könnten, kann deshalb dahinstehen, weil die Voraussetzungen für eine zu Gunsten der Schuldnerin positive Fortführungsprognose zum Stichtag 30. November 2005 nicht vorgelegen haben. Eine positive Fortführungsprognose, für deren tatsächliche Voraussetzungen der aus § 64 Abs. 2 Satz 1 a.F. GmbHG in Anspruch genommene Geschäftsführer darlegungs- und beweispflichtig ist (BGH, Urt. v. 18. Oktober 2010 - II ZR 151/09 - ZIP 2010, 2400 ff., juris Rn. 11) setzt voraus, dass der Geschäftsführer davon ausgehen können muss, dass das Unternehmen trotz der wirtschaftlichen Krise nach dem Willen der Gesellschafter fortgeführt werden soll und dass die Gesellschaft ihre Verbindlichkeiten jedenfalls in der nächsten Zeit, im Allgemeinen mindestens bis zum Ende des laufenden und des folgenden Geschäftsjahres, mit überwiegender Wahrscheinlichkeit wird erfüllen können. Die Fortführungsprognose ist insofern im Kern eine Zahlungsfähigkeitsprognose, die einer nachvollziehbaren Vermögens-, Finanz- und Ertragsplanung bedarf (BGH, Urt. v. 18. Oktober 2010, a.a.O., Rn. 13; Beschl. v. 9. Oktober 2006 - II ZR 303/05 - ZIP 2006, 2171, juris Rn. 3).
Für eine in diesem Sinne positive Fortführungsprognose sind vorliegend keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich, insbesondere ergibt eine solche sich nicht aus dem von den Parteien in diesem Zusammenhang angesprochenen Businessplan der Schuldnerin in dessen für den Stichtag 30. November 2005 maßgeblichen Version 1.13 vom 4. Mai 2005 (Anlage K 72). Diesem Businessplan der Schuldnerin hat sich nämlich schon keine Aussage dazu entnehmen lassen, wie die bereits entstandenen Verbindlichkeiten der Schuldnerin, die sich zum 30. November 2005 auf insgesamt € 2.801.740,16 belaufen haben, zumindest mittelfristig hätten zurückgeführt werden können. Darüber hinaus hat der Businessplan die für die Annahme einer positiven Fortführungsprognose maßgeblichen wirtschaftlichen Verhältnisse der Schuldnerin im November 2005 aber auch insofern nicht mehr zutreffend abbilden können, als sowohl die für das Jahr 2005 in Höhe von € 50.000.000,00 zu Grunde gelegten Umsatzerlöse nicht mehr erzielt werden konnten als auch der bis zum Jahresende 2005 prognostizierte Eigenkapitalzufluss in Höhe von insgesamt € 7.500.000,00 nicht mehr zu erreichen gewesen ist. Insofern gilt nämlich, dass die Schuldnerin in den Jahren 2005 und 2006 überhaupt keine Umsätze erzielt und sich das gezeichnete Eigenkapital der Schuldnerin am 30. November 2005 auf lediglich € 1.450.000,00 belaufen hat.
Der bereits zum 30. November 2005 eingetretenen Überschuldung der Schuldnerin steht auch das Vorbringen des Beklagten zu 1. zu etwaigen stillen Reserven im Anlagevermögen der Schuldnerin nicht entgegen. Der Beklagte zu 1. hat in diesem Zusammenhang sinngemäß geltend gemacht, die Beteiligung der Schuldnerin an der C. C. S. M. S. GmbH sei mit insgesamt € 500.000,00 zu bewerten, auch die nach der Veräußerung der 51 %-igen Mehrheitsbeteiligung an der C. C. S. T. GmbH weiterhin von der Schuldnerin gehaltene 49 %-ige Beteiligung an dieser Gesellschaft sei mit € zumindest annähernd € € 2.500.000,00, dem für die veräußerte Beteiligung an die Schuldnerin unstreitig geleisteten Kaufpreis, zu bewerten, weshalb der auf die Beteiligungen der Schuldnerin in Höhe von € 12.985,00 entfallende Bilanzansatz entsprechend zu erhöhen sei. Selbst wenn hiernach aber mit dem Vorbringen des Beklagten zu 1. von stillen Reserven im Vermögen der Schuldnerin zum 30. November 2005 im Umfang von rund € 3.000.000,00 auszugehen gewesen sein sollte, so wäre die in dem Überschuldungsstatus des Klägers zu diesem Stichtag im Umfang von € 3.687.440,79 ausgewiesene Überschuldung hierdurch noch nicht abgewendet worden, sondern hätte sich lediglich um den auf die stillen Reserven entfallenden Differenzbetrag vermindert. Auch danach verbliebe aber eine Überschuldung der Schuldnerin im Umfang von immer noch mehr als € 700.000,00.
bb) Aus dem Vermögen der Schuldnerin sind nach dem Eintritt der Überschuldung spätestens zum 30. November 2005 in der Zeit vom 4. Januar bis zum 4. Oktober 2006 im Umfang von insgesamt € 1.249.384,65 Zahlungen geleistet worden, die der grundsätzlichen Erstattungspflicht des Beklagten zu 1. als Geschäftsführer der Schuldnerin unterliegen. Zahlungen im Sinne des § 64 Abs. 2 Satz 1 a.F. GmbHG sind hierbei nicht nur Auszahlungen aus dem liquiden Vermögen der Gesellschaft, sondern auch Einzahlungen auf ein debitorisch geführtes Bankkonto, durch die das Aktivvermögen der Gesellschaft ebenfalls, und zwar zu Gunsten der kontoführenden Bank, vermindert wird (BGH, Urt. v. 26. März 2007 - II ZR 310/05 - ZIP 2007, 1006 ff., juris Rn. 12).
Hiervon ausgehend besteht eine Erstattungspflicht des Beklagten zu 1. zunächst hinsichtlich sämtlicher Zahlungseingänge auf dem im streitgegenständlichen Zeitraum durchgängig debitorisch geführten Konto der Schuldnerin bei der H. Bank. Diese Zahlungseingänge im Umfang von insgesamt € 510.242,77 hat der Kläger erstinstanzlich zuletzt mit Schriftsatz vom 11. Oktober 2010 (dort S. 2, Bl. 634 d. A.) hinreichend dargelegt und durch die bereits zuvor als Anlagenkonvolut K 78 abschriftlich eingereichten Kontounterlagen ergänzend belegt.
Der Erstattungspflicht des Beklagten zu 1. unterliegen, von den einzelnen nachfolgend erörterten Ausnahmen abgesehen, darüber hinaus aber auch die im Umfang von € 763.744,00 aus dem ganz überwiegend auf Guthabenbasis geführten Konto der Schuldnerin bei der H. Bank AG geleisteten Zahlungen. Auch diese Zahlungen hat der Kläger, entgegen der Auffassung des Landgerichts, mit der tabellarischen Darstellung in seinem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 11. Oktober 2010 (dort S. 3 bis S. 10, Bl. 635 bis Bl. 642 d. A.) in prozessual ausreichender Weise und damit schlüssig vorgetragen, soweit er die einzelnen Zahlungsvorgänge nach Datum, Zahlungsempfänger und Betrag sowie mit dem Verweis auf die Nummer des jeweiligen Kontoauszugs der zuvor mit dem Anlagenkonvolut K 79 überreichten Kontounterlagen des Kontos der Schuldnerin bei der H. Bank AG individualisiert hat. Dies gilt auch für die am 24. Juli 2006 erfolgte Überweisung eines Betrags in Höhe von € 30.104,97, den der Kläger lediglich im Umfang des an diesem Tag restlichen Kontoguthabens der Schuldnerin in Höhe von € 7.164,68 haftungsbegründend berücksichtigt hat, sowie für die beiden Einzahlungen in Höhe von € 50.000,00 und € 13.432,00 auf das am 28. Juli und am 4. Oktober 2006 mit € 22.940,29 bzw. mit einem € 13.432,00 übersteigenden Betrag im Soll befindliche Konto, die der Kläger seiner Forderungsberechnung dementsprechend mit € 22.940,29 und € 13.432,00 zu Grunde gelegt hat.
Eine Erstattungspflicht des Beklagten zu 1. besteht aus Rechtsgründen allerdings insoweit nicht, als es die Überweisung vom 7. Juli 2006 in Höhe von € 21.000,00 von dem Konto der Schuldnerin bei der H. Bank AG auf das debitorisch geführte Konto der Schuldnerin bei der H. Bank betrifft. Dieser Zahlungsvorgang ist nämlich bereits vorstehend als Einzahlung auf jenes Konto haftungsbegründend berücksichtigt worden. Da dieser zuvor als Guthabenbetrag auf dem Konto bei der H. Bank AG verfügbare Betrag aus dem Aktivvermögen der Schuldnerin aber nur einmal, nämlich durch die Gutschrift auf deren debitorischem Konto bei der H. Bank, ausgeschieden ist, besteht für die mit einer zusätzlichen Berücksichtigung zugleich auch als Auszahlung von dem Guthabenkonto der Schuldnerin bei der H. Bank AG verbundene Haftungsverdoppelung kein Raum.
Zudem können auch die insgesamt sechs Barauszahlungen von dem Konto der Schuldnerin bei der H. Bank AG vom 15. und 22. Mai sowie vom 13. Juni und vom 4. und 15. August 2006 in Höhe von zusammen € 1.420,00 dem Beklagten zu 1. nicht haftungsbegründend entgegengehalten werden. Allein aus dem Umstand einer entsprechenden Barauszahlung erschließt es sich nämlich noch nicht, dass die entsprechenden Auszahlungsbeträge durch nachfolgende Barzahlung an einen Dritten als Zahlungsempfänger aus dem Aktivvermögen der Schuldnerin ausgeschieden sind. Es ist ebenso gut möglich, dass die entsprechenden Beträge nach ihrer Barabhebung zunächst als Barmittel in den Kassenbestand der Schuldnerin gelangt sind.
Schließlich sind die Voraussetzungen einer Zahlung im Sinne des § 64 Abs. 2 Satz 1 a.F. GmbHG auch insoweit zu Lasten des Beklagten zu 1. nicht festzustellen, wie es die seitens des Klägers insgesamt sechs haftungsbegründend herangezogenen Zahlungsvorgänge vom 2. Oktober 2006 in Höhe von insgesamt € 2.182,12 betrifft. An diesem Tag ist das Konto der Schuldnerin bei der H. Bank AG nämlich ins Soll geraten, weshalb hinsichtlich der in Rede stehenden sechs Zahlungsvorgänge eine Erstattungspflicht des Beklagten zu 1. nur dann bestehen könnte, wenn diese (noch) aus Guthaben der Schuldnerin geleistet worden wären. Dies wäre zu Lasten des Beklagten zu 1. wiederum nur dann verlässlich festzustellen, wenn davon auszugehen wäre, dass der Kontoauszug der Schuldnerin vom 2. Oktober 2006 auch die Buchungsreihenfolge der auf dem betreffenden Konto der Schuldnerin an diesem Tag erfolgten insgesamt 23 Buchungen zutreffend wiedergibt. Dies erscheint zwar als möglich, lässt sich indes zur Überzeugung des Senats allein anhand des Kontoauszugs noch nicht sicher feststellen.
Hiernach handelt es sich bei den im Umfang von € 763.744,00 klagebegründend herangezogenen Zahlungsvorgängen über das Konto der Schuldnerin bei der H. Bank AG im Umfang von € insgesamt € 739.141,88 um einer Erstattung gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 a.F. GmbHG zugängliche Zahlungen.
cc) Der Erstattungspflicht des Beklagten zu 1. aus § 64 Abs. 2 Satz 1 a.F. GmbHG steht auch nicht dessen etwa mangelndes Verschulden an den trotz eingetretener Überschuldung der Schuldnerin geleisteten Zahlungen entgegen.
Insoweit gilt, dass der Ersatzanspruch aus § 64 Abs. 2 Satz 1 a.F. GmbHG Verschulden voraussetzt, wobei allerdings Fahrlässigkeit genügt (BGH, Urt. v. 6. Juni 1994 - II ZR 292/91 - BGHZ 126, 181 ff., juris Rn. 32). Haftungsbegründend ist deshalb bereits die Erkennbarkeit des Insolvenzeintritts, die ihrerseits vermutet wird, wobei die Darlegungs- und Beweislast für die mangelnde Erkennbarkeit dem in Anspruch genommenen Geschäftsführer obliegt (BGH, Urt. v. 29. November 1999 - II ZR 273/98 - BGHZ 143, 184 ff., juris Rn. 6).
Gemessen hieran hat der Beklagte zu 1. sich von dem vermuteten Verschulden hinsichtlich der trotz eingetretener Überschuldung der Schuldnerin geleisteten Zahlungen nicht entlastet. Der Beklagte zu 1. bezieht sich in diesem Zusammenhang zwar auf die durch die H. GmbH geprüften Bilanzen der Schuldnerin zum 30. Juni und 30. November 2005. Diesen Bilanzen hat es sich aber ohne weiteres entnehmen lassen, dass die bilanzielle Überschuldung der Schuldnerin jeweils nur durch die Aktivierung der in Millionenhöhe ausgewiesenen Aufwendungen für die Ingangsetzung des Geschäftsbetriebs der Schuldnerin vermieden worden ist, denen aber, wie bereits vorstehend ausgeführt (siehe oben aa), keine im Liquidationsfall verwertbaren Vermögensgegenstände der Schuldnerin gegenübergestanden haben. Dass der Schuldnerin auf der Grundlage der noch bis zum Jahresanfang 2006 maßgeblichen Version ihres Businessplans, dessen Annahmen zur wirtschaftlichen Entwicklung der Schuldnerin zum Jahresende 2005 drastisch verfehlt worden waren, keine positive Fortführungsprognose mehr gestellt werden konnte, hat sich auch dem Beklagten zu 1. aufdrängen müssen.
Auch das von dem Beklagten zu 1. in diesem Zusammenhang zum Zweck der Exkulpation herangezogene laufende "Auditing" durch den Mitarbeiter M. der Nebenintervenientin spielt für die Beurteilung, ob die bei der Schuldnerin eingetretene Überschuldung für den Beklagten zu 1. erkennbar gewesen ist, keine Rolle. Ausweislich der über die unter Beteiligung dieses Mitarbeiters der Nebenintervenientin zum Teil mehrfach pro Woche durchgeführten sog. Finanzstatus-Runden vorliegenden Protokolle ist dort nämlich jeweils lediglich die aktuelle Liquiditätslage der Schuldnerin zur Sprache gekommen. Dass die Nebenintervenientin darüber hinaus auch mit der fortlaufenden Prüfung der etwaigen Insolvenzreife der Schuldnerin unter dem Gesichtspunkt der Überschuldung befasst gewesen und einem in dieser Hinsicht etwa bestehenden Prüfauftrag auch nachgekommen ist, ist demgegenüber nicht ersichtlich. In welcher anderen Weise sich der Beklagte zu 1. stattdessen fortwährend darüber vergewissert haben will, dass die Schuldnerin nicht überschuldet gewesen ist, ist ebenso wenig vorgetragen.
dd) Dem haftungsbegründend vorauszusetzenden Verschulden des Beklagten zu 1. steht es auch nicht entgegen, dass der Beklagte zu 1. auf die klagegegenständlichen Zahlungsvorgänge keinen Einfluss gehabt hätte und diese von ihm mithin nicht zurechenbar veranlasst worden wären.
Hinsichtlich der Einzahlungen auf das debitorische Konto der Schuldnerin bei der H. Bank gilt insofern, dass der Beklagte zu 1. kraft seiner Stellung als alleiniger Geschäftsführer der Schuldnerin ohne weiteres dazu in der Lage gewesen wäre, für die Schuldnerin ein weiteres kreditorisches Konto zu eröffnen und die entsprechenden Zahlungen an die Schuldnerin auf dieses neu eröffnete Konto bzw. auch nur auf das zu den in Rede stehenden Zahlungszeitpunkten durchweg ein Guthaben ausweisende Konto der Schuldnerin bei der H. Bank AG zu veranlassen.
Auch für die Auszahlungen von dem Konto der Schuldnerin bei der H. Bank AG gilt aber nichts anderes. Dem steht auch für die Zahlungsvorgänge nach dem 4. Mai 2006 nicht etwa das Protokoll der an diesem Tag stattgefundenen Sitzung des sog. Lenkungsausschusses der Schuldnerin (Anlage K 20) entgegen, dem zufolge der Beklagte zu 1. zur Beschränkung seiner Alleinvertretungsbefugnis im Innenverhältnis einem Vier-Augen-Prinzip mit dem Beklagten zu 2. unterworfen worden ist. Auch hierdurch ist die tatsächliche Möglichkeit des Beklagten zu 1., gegen das Auszahlungsverbot des § 64 Abs. 2 Satz 1 a.F. GmbHG verstoßende Zahlungen kraft seiner Rechtsmacht als alleiniger Geschäftsführer der Schuldnerin effektiv zu verhindern, nicht entfallen.
ee) Der seitens des Klägers nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen in einem Umfang von insgesamt € 1.249.384,65 schlüssig vorgetragene Erstattungsanspruch ist lediglich im Umfang von € 4.000,00 um solche Zahlungen zu kürzen, die im Sinne des § 64 Abs. 2 Satz 2 a.F. GmbHG mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar gewesen sind.
In diesem Zusammenhang hat der Kläger seiner Forderungsberechnung hinsichtlich der Zahlungen an Krankenkassen bereits von sich aus lediglich einen Anteil von jeweils 50 % zu Grunde gelegt und damit dem Umstand Rechnung getragen, dass die gemäß § 266a StGB strafbewehrte Zahlung der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung auch im Rahmen des § 64 Abs. 2 a.F. GmbHG privilegiert ist (BGH, Urt. v. 25. Januar 2011 - II ZR 196/09 - ZIP 2011, 422 ff., juris Rn. 17).
Der strafbewehrten Verpflichtung zur Zahlung der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung steht die als solche demgegenüber nicht straf- oder bußgeldbewehrte Verpflichtung zur Zahlung der Kraftfahrzeugsteuer indes nicht gleich, weshalb im Hinblick auf die am 10. Mai 2006 in Höhe von € 297,00 seitens der Steuerkasse vereinnahmte Zahlung der Kraftfahrzeugsteuer für ein Fahrzeug der Schuldnerin entgegen der Auffassung des Beklagten zu 1. auch nicht von einer im Sinne des § 64 Abs. 2 Satz 2 a.F. GmbHG mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmann zu vereinbarenden Zahlung auszugehen ist.
Zu Gunsten des Beklagten zu 1. sind demgegenüber aber die am 14. Juni, 13. Juli, 9. August und 29. September 2006 in Höhe von jeweils € 1.000,00 an die Tochtergesellschaft C. C. S. P. GmbH der Schuldnerin erfolgten Überweisungen gemäß § 64 Abs. 2 Satz 2 a.F. GmbHG von der Forderungsberechnung des Klägers abzusetzen. Der Beklagte zu 1. hat hierzu unwidersprochen vorgetragen, die entsprechenden Überweisungen hätten lediglich der Weiterleitung von Beträgen gedient, die seitens des Landkreises R. jeweils mit einer entsprechenden Zweckbindung zu Gunsten der C. C. S. P. GmbH an die Schuldnerin überwiesen worden seien. Unter der hiernach gerechtfertigten Annahme einer treuhänderischen Bindung der Schuldnerin zu Gunsten der C. C. S. P. GmbH stellt sich die Weiterleitung der entsprechenden Beträge aber als mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar dar (BGH, Urt. v. 5. Mai 2008 - II ZR 38/07 - ZIP 2008, 1229 f., juris Rn. 13 f.).
Soweit der Beklagte zu 1. darüber hinaus geltend macht, Gehaltszahlungen, unter anderem in Höhe von insgesamt € 65.874,11 an ihn selbst, sowie Zahlungen für Miete und Strom seien ebenfalls mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar gewesen, sind derartige Zahlungen erst beginnend mit dem 4. Mai 2006 klagegegenständlich. Ausgehend von einem überschuldungsbedingten Eintritt der Insolvenzreife der Schuldnerin bereits zum 30. November 2005 sind derartige Zahlungen aber ersichtlich nicht mehr erforderlich gewesen, um einen unkontrollierten Zusammenbruch der zu diesem Zeitpunkt schon seit Monaten insolvenzantragspflichtigen Schuldnerin zu verhindern.
Insofern nach alledem Zahlungen der Schuldnerin im Umfang von € 1.245.384,65 der Erstattungspflicht des Beklagten zu 1. aus § 64 Abs. 2 Satz 1 a.F. GmbHG unterlegen haben, von denen der Kläger bereits erstinstanzlich die von ihm in Höhe von € 235.590,51 aus Insolvenzanfechtungen erlangten Zahlungen zur Insolvenzmasse in Abzug gebracht hat, war die Berufung des Klägers zunächst im Umfang eines gegenüber dem Beklagten zu 1. in Höhe von € 1.009.794,14 bestehenden Zahlungsanspruchs begründet. Unter Berücksichtigung der während des Berufungsverfahrens zusätzlich im Umfang von weiteren € 193.000,00 aufgrund von Insolvenzanfechtungen erfolgten Zahlungszuflüsse zur Insolvenzmasse verbleibt hiernach ein gegenüber dem Beklagten zu 1. noch in Höhe von € 816.794,14 auszuurteilender Erstattungsanspruch.
ff) Der Zinsanspruch folgt im zuerkannten Umfang aus §§ 288 Abs. 1 Satz 2, 291 BGB.
Hinsichtlich des Beginns des Zinslaufs ist zu berücksichtigen, dass Gegenstand der von dem Kläger ursprünglich erhobenen Teilklage lediglich Zahlungen der Schuldnerin ab dem 10. Mai 2006 gewesen waren und der Kläger die Klage erst mit dem Beklagten zu 2. am 28. Oktober 2010 zugestelltem Schriftsatz vom 11. Oktober 2010 hinsichtlich der in einem Umfang von insgesamt € 711.173,07 weiteren Zahlungsvorgänge aus der Zeit vom 4. Januar bis zum 9. Mai 2006 erweitert hat.
gg) Zur Vermeidung einer Bereicherung der Insolvenzmasse ist dem Beklagten zu 1. vorzubehalten, seinen Gegenanspruch, der sich nach Rang und Höhe mit dem Betrag deckt, den der begünstigte Gesellschaftsgläubiger im Insolvenzverfahren erhalten hätte, nach Erstattung an die Masse gegen den Insolvenzverwalter zu verfolgen (BGH, Urt. v. 11. Juli 2005 - II ZR 235/03 - ZIP 2005, 1550 ff., juris Rn. 14).
Soweit der Beklagte zu 1. darüber hinaus erstinstanzlich ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der in entsprechender Anwendung des § 255 BGB an ihn abzutretenden Anfechtungsansprüche gegen Empfänger der streitgegenständlichen Zahlungen geltend gemacht hat, lässt es sich dem Vorbringen des Beklagten zu 1., namentlich in Ansehung der Vielzahl der von dem Kläger bereits in einem Umfang von insgesamt € 428.590,51 erfolgreich durchgesetzten Insolvenzanfechtungen, nicht in der für einen entsprechenden Urteilsausspruch vorauszusetzenden erforderlichen Bestimmtheit entnehmen, die Abtretung welcher etwaigen weiteren Anfechtungsansprüche der Beklagte zu 1. gegenwärtig noch beansprucht.
b) Aus den vorstehenden Erwägungen folgt zugleich, dass sich die Berufung des Klägers im Streitverhältnis zum Beklagten zu 1. in dem Umfang erledigt hat, in dem der Kläger während der Dauer des Berufungsverfahrens in unstreitiger Höhe von € 193.000,00 weitere Zahlungen, deren Erstattung zugleich Gegenstand der gegen den Beklagten zu 1. gerichteten Klage gewesen ist, im Wege der Insolvenzanfechtung erfolgreich zur Insolvenzmasse zurückgefordert hat. Dementsprechend ist in diesem Umfang die Erledigung des Rechtsmittels festzustellen, nachdem der Beklagte zu 1. sich, anders als die Beklagten zu 3. und 4., der diesbezüglichen Erledigungserklärung des Klägers nicht angeschlossen hat.
2. Gegenüber den Beklagten zu 3. und 4. ist die Berufung demgegenüber unbegründet. Der Kläger kann die gesamtschuldnerische Erstattung der klagegegenständlichen Zahlungen neben dem Beklagten zu 1. zugleich auch von den Beklagten zu 3. und 4. unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt beanspruchen.
a) Als Mitglieder des fakultativen Aufsichtsrats der Schuldnerin hätte eine Haftung der Beklagten zu 3. und 4. wegen einer Verletzung ihrer Überwachungspflicht hinsichtlich der Beachtung des Zahlungsverbots aus § 64 Abs. 2 Satz 1 a.F. GmbHG nur dann zu einer Ersatzpflicht gemäß §§ 93 Abs. 2, 116 AktG, 52 GmbHG führen können, wenn die Schuldnerin durch die regelwidrigen Zahlungen in ihrem Vermögen im Sinne der §§ 249 ff. BGB geschädigt worden wäre, nicht jedoch, wenn die Zahlungen nur zu einer Verminderung der Insolvenzmasse und damit zu einem Schaden allein der Insolvenzgläubiger geführt haben (BGH, Urt. v. 20. September 2010 - II ZR 78/09 - BGHZ 187, 60 ff., juris Rn. 11, 21). Einen haftungsbegründend vorauszusetzenden Schaden im Vermögen der Schuldnerin hat der Kläger im Hinblick auf die streitgegenständlichen Zahlungen indes nicht dargelegt.
b) Eine Haftung der Beklagten zu 3. und 4. kommt entgegen der Auffassung des Klägers aber auch insofern nicht Betracht, als der Kläger die Beklagten zu 3. und 4. als sog. faktische Geschäftsführer in Anspruch nimmt.
Eine faktische Geschäftsführerstellung erfordert den Nachweis, dass der Betreffende die Geschicke der Gesellschaft durch eigenes Handeln im Außenverhältnis, das die Tätigkeit des rechtlichen Geschäftsführungsorgans nachhaltig prägt, maßgeblich in die Hand genommen hat (BGH, Beschl. v. 11. Februar 2008 - II ZR 291/06 - ZIP 2008, 1026 f., juris Rn. 5; Urt. v. 11. Juli 2005, a.a.O., Rn. 8; Urt. v. 25. Februar 2002 - II ZR 196/00 - BGHZ 150, 61 ff., juris Rn. 25).
Diese Voraussetzungen hat der Kläger nicht vorgetragen, sie ergeben sich auch nicht schon aus der Beteiligung der Beklagten zu 3. und zu 4. an dem sog. Lenkungsausschuss der Schuldnerin. Der Kläger hat in diesem Zusammenhang erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 25. März 2011 darzulegen versucht, dass tatsächlich dieser Lenkungsausschuss die Geschäfte der Schuldnerin geführt habe. Dem steht allerdings bereits das eigene Vorbringen des Klägers entgegen, demzufolge dem Lenkungsausschuss ausweislich eines Protokolls über seine Sitzung vom 23. September 2005 (Anlage B 6 des Beklagten zu 4.) lediglich die den Geschäftsverlauf signifikant beeinflussenden Sachverhalte zu präsentieren gewesen seien. Hieraus folgt nämlich im Gegenschluss, dass der Lenkungsausschuss mit den gewöhnlichen Geschäftsführungsmaßnahmen der Schuldnerin gerade nicht zu befassen gewesen ist.
Dem entspricht auch das weitere Vorbringen des Klägers, der Lenkungsausschuss habe die Unternehmenspolitik der Schuldnerin bestimmt. Eine derartige Einflussnahme auf die Grundlagen der Geschäftstätigkeit der Schuldnerin geht nämlich über die üblicherweise von den Gesellschaftern einer GmbH bestimmten unternehmerischen Grundsatzentscheidungen nicht hinaus und hat wiederum nichts mit deren laufender Geschäftsführung zu tun. Die Richtigkeit dieser Überlegungen wird unter anderem durch das eigene Vorbringen des Klägers zu den Umständen der im Herbst 2005 in Höhe von € 7.500.000,00 beabsichtigten Kreditaufnahme der Schuldnerin bei der H. Bank AG insofern bestätigt, als dass ausweislich des von dem Kläger hierzu in Bezug genommenen Protokolls vom 8. November 2005 (Anlage K 90) die Beklagten zu 3. und 4. an den begleitenden Gesprächen mit der Freien und Hansestadt Hamburg über die Modalitäten einer Absicherung des gewünschten Kreditengagements durch Stellung einer Bürgschaft gerade nicht teilgenommen haben. Auch diesbezüglich ist ein Verhalten der Beklagten zu 3. und 4. im Außenverhältnis der Schuldnerin mithin ebenso wenig ersichtlich wie ein solches sich auch nicht im Hinblick auf die von dem Kläger insoweit in Bezug genommenen Entscheidungen etwa über das Geschäftsgebaren gegenüber A., über die Suche der Schuldnerin nach einem strategischen Partner in Frankreich oder über die Teilnahme der Schuldnerin an branchenbezogenen Messen erschließt.
Etwas anderes folgt auch nicht aus einzelnen Entscheidungen des sog. Lenkungsausschusses der Schuldnerin dazu, inwieweit deren bestehende Verbindlichkeiten mit den verfügbaren liquiden Mitteln der Schuldnerin bedient werden sollten. Selbst wenn derartigen Entscheidungen im Verhältnis zum Beklagten zu 1. als Geschäftsführer der Schuldnerin irgendeine Verbindlichkeit hätte zukommen können, so hätte es sich hierbei doch ebenfalls nur um einen Vorgang im Bereich der ausschließlich internen Willensbildung der Schuldnerin gehandelt. Gleiches gilt für die von dem Kläger in diesem Zusammenhang herangezogenen Grundsatzentscheidungen des Lenkungsausschusses etwa dazu, dass über Neueinstellungen von Personal erst in Abhängigkeit vom Kapital- bzw. Geldzufluss der Schuldnerin entschieden werden solle, welche Personalbezeichnungen vergeben werden und inwieweit Geschäftsführerpositionen von Tochtergesellschaften der Schuldnerin aus dem Kreis der Gesellschafter der Schuldnerin besetzt werden sollten.
Dass von einem haftungsbegründend vorauszusetzenden maßgeblichen Verhalten der Beklagten zu 3. und 4. im Außenverhältnis der Schuldnerin nicht die Rede sein kann, erhellt ferner auch aus dem Vorbringen des Klägers, der Lenkungsausschuss der Schuldnerin habe deren Unternehmensorganisation bestimmt und sich hierbei namentlich im Zusammenhang mit der Suche nach einem weiteren Geschäftsführer der Schuldnerin Kompetenzen der Gesellschafterversammlung der Schuldnerin angemaßt. Ein derartiges Tätigwerden auf der Ebene der Organisationszuständigkeit der Gesellschafter, wie der Kläger dies auch im Zusammenhang mit der "Aufstockung" des Aufsichtsrates der Schuldnerin oder hinsichtlich der Gestaltung von Gesellschafterbeitritten ausdrücklich geltend macht, hat nämlich wiederum nichts mit der laufenden Geschäftsführung der Schuldnerin zu tun.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 91a Abs. 1 Satz 1, 92 Abs. 2 Nr. 1, 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO.
Die Abänderung der Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils ist deshalb veranlasst, weil das gegenüber dem Beklagten zu 2. ergangene Versäumnisurteil wegen der diesem gegenüber gemäß § 240 Satz 1 ZPO eingetretenen Unterbrechung des Rechtsstreits bislang nicht rechtskräftig geworden ist. Insofern besteht, mit Ausnahme der Entscheidung über die Verpflichtung des Klägers zur Erstattung auch der erstinstanzlich entstandenen außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 3. und 4. und der Nebenintervenientin, zurzeit kein Raum für eine Entscheidung über die im ersten Rechtszug entstandenen Kosten des Rechtsstreits.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 Satz 1 und Satz 2 ZPO.
Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Rechtsstreit hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Die Entscheidung des Senats erschöpft sich vielmehr in der Anwendung gesicherter höchstrichterlicher Rechtsprechungsgrundsätze auf den vorliegenden Einzelfall.
OLG Hamburg:
Urteil v. 08.11.2013
Az: 11 U 192/11
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/21cc7e4c90c9/OLG-Hamburg_Urteil_vom_8-November-2013_Az_11-U-192-11