Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. August 2002
Aktenzeichen: 9 W (pat) 17/02
(BPatG: Beschluss v. 09.08.2002, Az.: 9 W (pat) 17/02)
Tenor
Die Beschwerde des Anmelders gegen den Beschluss der Patentabteilung 11 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 5. Dezember 2001 wird zurückgewiesen.
Gründe
I Der Anmelder hat für die am 31. Juli 1999 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangene Patentanmeldung mit der Bezeichnung
"Schwermassiv-Hebescheibe vertikal für Wasserpotentialgewinnung"
einen Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe und Beiordnung eines Patentanwaltes gestellt.
Unter Bezugnahme auf ihren Bescheid vom 11. Juli 2001 hat die Patentabteilung 11 des Deutschen Patent- und Markenamtes mit Beschluss vom 5. Dezember 2001 die Verfahrenskostenhilfe verweigert, da eine für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe notwendige Voraussetzung, die hinreichende Aussicht auf Erteilung eines Patents, nicht erfüllt sei. Zur Begründung führt sie aus, dass der angemeldete Gegenstand technisch nicht brauchbar sei, da er dem Erhaltungssatz der Energie widerspreche.
Gegen den Zurückweisungsbeschluss hat der Anmelder Beschwerde eingelegt. Seiner Meinung nach lässt sich mit der angemeldeten Hebescheibe sehr wohl Wasser energiesparend auf eine höhere Potentialebene bringen. Außerdem erwarte er, dassseine Erfindung zB in einem patentamtseigenen Labor untersucht werde. Im übrigen liege ihm der dem angefochtenen vorausgehende Bescheid vom 11. Juli 2001 nicht vor.
Der Anmelder beantragt in Auslegung seines Vorbringens, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und ihm Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen sowie einen Patentanwalt als Vertreter beizuordnen.
II Die statthafte Beschwerde ist frist- und formgerecht eingelegt worden und auch im übrigen zulässig. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg, da die nach § 130 Abs 1 S 1 PatG für die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe erforderliche Aussicht auf Erteilung des Patents nicht besteht.
1. Wie den Anmeldungsunterlagen zu entnehmen ist, hat sich der Anmelder die Aufgabe gestellt, Wasser auf "sehr energiesparende Weise" nach oben auf ein höheres Niveau zu fördern.
Der angemeldete Gegenstand besteht aus einer "Schwermassiv-Hebescheibe" mit großer Masse, die sich um eine horizontale Achse dreht. Im Inneren der "Hebescheibe" sind mehrere spiralförmig gekrümmte Kanalrohre vorgesehen, die von der Drehachse der "Hebescheibe" ausgehen und an ihrem Außenumfang etwa tangential münden. Der Austrittsbereich der Kanalrohre ist mit Ventilklappen verschlossen. Lediglich für den oberen Bereich der "Hebescheibe" (zB in einem Bereich von 30 bis 45¡ vor und hinter der senkrechten Ebene) werden die Ventilklappen geöffnet.
Diese Hebescheibe soll folgendermaßen funktionieren:
Zunächst wird die "Hebescheibe" in Rotation versetzt. Im Achsbereich der "Hebescheibe" tritt Wasser in die gekrümmten Kanalrohre ein und wird durch die Zentrifugalkraft nach außen gefördert. Im oberen Bereich der "Hebescheibe", in dem die Kanalrohre nicht durch die Ventilklappen verschlossen sind, kann das Wasser aus den Kanalrohren austreten, das anschließend in einer Wasserauffangrinne gesammelt wird. Nach Auffassung des Anmelders lässt sich auf diese Weise bei einer Hebescheibe mit einem Radius von 20 m Wasser auf eine Höhe von etwa 17 m anheben, ohne dass hierfür nennenswert Energie zugeführt werden muss. Es werde nämlich die Zentrifugalkraft genutzt und es sei energetisch gleich, ob die Kanalrohre durch die Ventilklappen verschlossen oder offen seien.
2. Dem Antrag des Anmelders auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe kann nicht stattgegeben werden. Voraussetzung für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe ist neben der Bedürftigkeit des Anmelders eine hinreichende Aussicht auf Erteilung eines Patents. Diese ist hier nicht gegeben, da mit dem angemeldeten Gegenstand die angestrebte Wirkung nicht erreicht werden kann, Wasser ohne Energiezufuhr auf ein höheres Niveau zu fördern. Der angemeldete Gegenstand ist folglich technisch nicht brauchbar und somit einem Patentschutz nicht zugänglich (vgl BGH BlPMZ, 1985, S 117, 118).
Die mit dem Anmeldungsgegenstand beabsichtigte Förderung von Wasser widerspricht nämlich dem Satz von der Erhaltung der Energie, der inhaltlich zum Ausdruck bringt, dass Energie, durch welche technischphysikalischen Maßnahmen auch immer, nicht gleichsam aus dem Nichts entstehen kann. Sie kann nur aus einer Energieform in eine andere umgewandelt werden. Um daher einem physikalischen System Energie zur Nutzung entziehen zu können, muss dem System dafür mindestens dieselbe Energie, gegebenenfalls in anderer Form, zugeführt werden. In der Praxis ist wegen der unvermeidlichen Verluste bei einer Energieumwandlung die dem System zuzuführende Energie sogar stets größer als die dem System wieder zur Nutzung entziehbare. Diese fundamentale Lehre gilt für jedes technische System, wie immer es auch aufgebaut sein mag. Dieser Satz von der Erhaltung der Energie hat sich bei allen überprüften Fällen immer wieder als richtig erwiesen und wird deshalb von der Fachwelt allgemein anerkannt.
Im Falle der anmeldungsgemäßen Vorrichtung bedeutet dies, dass die dauernde Förderung von Wasser auf ein Niveau höherer potentieller Energie in der vom Anmelder angestrebten Weise nicht möglich ist, da dem System von außen keine entsprechende Energie zugeführt wird. Der Anmelder übersieht bei seinen Überlegungen, dass es sehr wohl energetisch von Bedeutung ist, dass die Kanalrohre im oberen Bereich der "Hebescheibe" geöffnet sind. Für das im oberen Bereich der "Hebescheibe" aus den Kanalrohren ausfließende Wasser strömt nämlich von unten Wasser nach, das dabei gegen die Erdanziehungskraft auf ein Niveau höherer potentieller Energie angehoben werden muss. Hierfür ist nach dem Energieerhaltungssatz Energie erforderlich, die von außen zuzuführen ist. Dies ist jedoch nicht vorgesehen, so dass mit dem angemeldeten Gegenstand eine dauernde Förderung von Wasser nicht möglich ist. Soweit der Anmelder gleichwohl eine "patentamtliche Falluntersuchung" zur Feststellung der Funktionsfähigkeit anregt, fehlt es hierfür an einer Rechtsgrundlage. Eine wie auch immer geartete Unterstützung von Untersuchungen zur Funktionsfähigkeit eines angemeldeten Gegenstandes ist im Patentgesetz nicht vorgesehen, so dass dem diesbezüglichen Ansinnen des Anmelders mangels Rechtsgrundlage nicht entsprochen werden kann.
3. Da die Beiordnung eines Patentanwalts die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe voraussetzt, kann diesem Antrag ebenfalls nicht entsprochen werden.
Für die Entscheidung des erkennenden Senats ist es unbeachtlich, ob dem Anmelder der Bescheid der Patentabteilung vom 11. Juli 2001 noch vorliegt. Der Anmelder hat nämlich selbst in seiner Eingabe vom 27. August 2001 vorgetragen, dass er diesen Bescheid zwar erhalten, "aber leider verlegt" habe. Mit der zweifellos gegebenen Zustellung des Bescheides waren dem Anmelder die dem angefochtenen Beschluss zugrunde liegenden Tatsachen bekannt gemacht worden, so dass die Patentabteilung zu Recht entscheiden konnte.
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BPatG:
Beschluss v. 09.08.2002
Az: 9 W (pat) 17/02
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