Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. Oktober 2004
Aktenzeichen: 21 W (pat) 327/03

(BPatG: Beschluss v. 14.10.2004, Az.: 21 W (pat) 327/03)

Tenor

Nach Prüfung des Einspruchs wird das Patent widerrufen.

Gründe

I.

Auf die am 18. November 2000 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte und am 6. Juni 2002 offengelegte Patentanmeldung ist das nachgesuchte Patent unter der Bezeichnung "Verfahren zum Betrieb eines Gasbrenners für ein Heizgerät" erteilt worden; die Veröffentlichung der Erteilung ist am 17. April 2003 erfolgt.

Gegen das Patent ist Einspruch erhoben worden.

Dem Einspruchsverfahren liegt der erteilte, einzige Patentanspruch zugrunde, der, mit Gliederungspunkten versehen, lautet:

a) Verfahren zum Betrieb eines Gasbrenners für ein Heizgerät, insbesondere zur Einstellung des Gas-Luft-Verhältnisses auf einen entsprechenden Lambda-Sollwert nach den Signalen eines Verbrennungssensors, b) der eine von der Verbrennungstemperatur bzw. dem Lambda-Wert abgeleitete elektrische Größe an eine Regelschaltung legt, c) welche diese Größe mit einem gewählten elektrischen Sollwert in einem zulässigen Regelbereich vergleicht und einstelltd) sowie eine Sicherheits- oder Störabschaltung vornimmt, wenn die Signale des Verbrennungssensors den zulässigen Regelbereich verlassen, dadurch gekennzeichnet, e) dass nach einer Sicherheitsabschaltung der Gasbrenner erneut startetf) und ein in den Startablauf integrierter Kalibrierungsablauf durchgeführt, wird, g) wobei eine Störabschaltung erfolgt, wenn nach einer vorgegebenen Zahl von Sicherheitsabschaltungen mit darauffolgenden Kalibrierungsabläufen die Signale des Verbrennungssensors immer noch außerhalb des zulässigen Regelbereichs liegen.

Dem Gegenstand des Patents liegt die Aufgabe zugrunde, den Betrieb eines Gasbrenners für ein Heizgerät zu optimieren, Störabschaltungen zu vermeiden und die Verfügbarkeit zu verbessern (Patentschrift Spalte 1, Absatz 0006).

Zur Begründung des Einspruchs hat die Einsprechende u.a. auf die Druckschriften D2) EP 0 770 824 B1 D3) WO 97/18417 A1 D4) Firmenschrift krom schröder, Brennersteuerungen BCU, Juli 2000, Seiten 1 bis 21 verwiesen.

Sie führt dazu im Wesentlichen aus, dass in der Patentschrift zwar die Begriffe Störabschaltung und Sicherheitsabschaltung erwähnt seien, doch aus dem Text nicht hervorgehe, was Störabschaltungen und Sicherheitsabschaltungen seien. Dem Text sei lediglich zu entnehmen, dass mehrere Sicherheitsabschaltungen eine Voraussetzung für eine Störabschaltung seien. Der Fachmann könne dem Text weder entnehmen, was konkret in dem einen Fall, noch was in dem anderen Fall als Voraussetzung vorliegen müsse. Somit könne der Fachmann dem Streitpatent keine Lehre zum technischen Handeln entnehmen. Außerdem beruhe der Verfahrensanspruch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit weil es einerseits aus der Druckschrift D4 bekannt sei, bei Störungen mehrere Brennerstarts durchzuführen und es andererseits aus der Druckschrift D3 bekannt sei, bei Brennerstarts eine Kalibrierung durchzuführen, und somit der Fachmann durch Zusammenfassung der Lehren der beiden Druckschriften D3 und D4 zum Verfahrensanspruch gelange.

Die Einsprechende stellt den Antrag, das Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin stellt den Antrag, das Patent aufrechtzuerhalten.

Sie hält die durch den Patentanspruch vermittelte Lehre für klar und vollständig offenbart, so dass der Fachmann sie ausführen könne, weil in den Absätzen 0009 und 0010 der Patentschrift erläutert sei, was unter einer Störabschaltung und einer Sicherheitsabschaltung zu verstehen sei. Im Übrigen sei keiner der Druckschriften die Lehre entnehmbar, dass nach einer Sicherheitsabschaltung des Brenners ein erneuter Start erfolge und gleichzeitig eine Kalibrierung durchgeführt werde und das mehrere Male und erst dann, wenn alle diese Versuche zu keinem stabilen Brennverhalten führten, eine Störabschaltung, das heißt eine endgültige Abschaltung des Brenners, erfolge. Anregungen in Richtung dieser Maßnahmen seien im Stand der Technik ebenfalls nicht ersichtlich.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Der Senat entscheidet im Einspruchsverfahren aufgrund mündlicher Verhandlung in entsprechender Anwendung von PatG § 78 (vgl. BPatG Mitt. 2002, 417, 418 - Etikettierverfahren).

Der frist- und formgerecht eingelegte Einspruch ist zulässig, denn es sind innerhalb der Einspruchsfrist die den Einspruch rechtfertigenden Tatsachen im Einzelnen dargelegt, so dass die Patentinhaberin und insbesondere der Senat daraus abschließende Folgerungen für das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Widerrufsgrundes ziehen können.

1.) Der Patentanspruch vermittelt dem Fachmann, das ist hier der mit der Steuerung von Brennern befasste Ingenieur, der genaue Kenntnisse über Regeltechniken und Verbrennungszusammenhänge besitzt, eine vollständige und ausführbare Lehre. Die Begriffe "Störabschaltung" und "Sicherheitsabschaltung" sind in der Beschreibung so dargestellt und erläutert, dass der Fachmann weiß, was darunter zu verstehen ist. Es ist dazu auf die Spalte 1, Zeilen 42 bis 46 und die Spalte 2, Zeilen 6 bis 12 sowie insbesondere auf Spalte 1, Zeilen 62 bis 66 zu verweisen. Danach erfolgt eine "Sicherheitsabschaltung" wenn der Brenner nicht mehr die eingestellten Sollwerte der Umgebungsbedingungen (hinsichtlich Gas und Verbrennungsluft) vorfindet. Wesentlich ist hierbei, dass der Brenner aus einer Sicherheitsabschaltung heraus einige Wiederanläufe durchführt und erst wenn eine vorgegebene Anzahl von fehlgeschlagenen Wiederanläufen erfolgt ist, eine endgültige Abschaltung durchführt, was als "Störabschaltung" bezeichnet wird (vgl. auch Absatz 0009 in Spalte 1). Mit diesen Definitionen ist der Fachmann nach der Überzeugung des Senats in der Lage, das Verfahren nach dem Patentanspruch zu realisieren. Weitere Ausführungen dazu erübrigen sich aber, da 2.) das Verfahren nach dem Patentanspruch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

Aus der Druckschrift D3 ist ein Verfahren zum Betrieb eines Gasbrenners für ein Heizgerät, insbesondere zur Einstellung des Gas-Luft-Verhältnisses auf einen entsprechenden Lambda-Sollwert nach den Signalen eines Verbrennungssensors (Merkmal a)) bekannt, vgl. D3, Seite 1, Punkt 1. und Seite 4, Zeilen 10 bis 19. Hierbei wird eine von der Verbrennungstemperatur beziehungsweise dem Lambda-Wert abgeleitete elektrische Größe an eine Regelschaltung gelegt (Merkmal b); D3: Figur 1 mit Beschreibung, Seite 14, Zeilen 15 bis 20, insbesondere Ionisationssensor 26 und Computer 24, welche diese Größe mit einem gewählten elektrischen Sollwert in einem zulässigen Regelbereich vergleicht und einstellt (Merkmal c); D3: insbesondere Figur 7 mit Beschreibung, Seite 20, ab Zeile 11) und eine Sicherheits- oder Störabschaltung vornimmt, wenn die Signale des Verbrennungssensors den zulässigen Regelbereich verlassen (Merkmal d); D3: Seite 6, Zeilen 14 bis 16 und Seite 15, Zeilen 7 bis 14). Mit diesem bekannten Verfahren wird beim Einschalten des Brenners auch ein Verfahrensschritt durchgeführt, der dem beim Gegenstand des Streitpatentanspruchs als Kalibrierungsablauf bezeichneten Verfahrensschritt entspricht, wie zum Beispiel der Seite 23, Zeilen 15 bis 18 zu entnehmen ist. Dass es sich beim Verfahren nach D3 um einen Gebläsebrenner, beim Verfahren nach dem Patentanspruch um einen atmosphärischen Brenner handelt, wie die Patentinhaberin einwendet, ist insoweit unbedeutend, als der Patentanspruch nicht auf atmosphärische Brenner beschränkt ist.

Von dem genannten Stand der Technik unterscheidet sich der Verfahrensanspruch nach dem Streitpatent dadurch, dass nach einer Sicherheitsabschaltung ein Neustart mit Kalibrierung erfolgt (Merkmale e) und f)) und nach einer vorgegebenen Zahl von Sicherheitsabschaltungen eine Störabschaltung erfolgt, wenn die Kalibrierungsabläufe fehlgeschlagen sind, also die Signale des Verbrennungssensors immer noch außerhalb des zulässigen Regelbereichs liegen (Merkmal g)).

Diese Unterschiede vermögen indes nicht die erfinderische Tätigkeit zu begründen.

Dem Fachmann ist nämlich einerseits z.B. aus D2 (Spalte 2, Zeilen 8 bis 12) bekannt, nach einer gewissen Betriebszeit, die entweder durch einen Betriebsstundenzähler oder durch Zählen der Einschaltvorgänge des Brenners erfasst werden kann, die Regelung für kurze Zeit auszuschalten und einen Kalibrierungszyklus zu durchfahren. Das heißt, hier wird von Zeit zu Zeit die Gas-Luft-Gemischeinstellung überprüft und gegebenenfalls die Einstellung zu einem optimalen Wert hin geändert.

Andererseits ist dem Fachmann aber auch bekannt, z.B. aus D4, bei Störungen bis zu vier Anlaufversuche für den Brenner durchzuführen (D4, Seite 3, rechte Spalte, 1. Absatz), bevor eine endgültige Störabschaltung erfolgt. Eine solche Vorgehensweise führt aber dazu, dass der Gasbrenner bei jedem Wiederanlauf mit demselben Regelsollwert in Betrieb geht, der vor dem Wiederanlauf eingestellt war. Es ist in diesem Fall die Wahrscheinlichkeit dafür groß bzw. es stellt sich im praktischen Betrieb direkt heraus, dass zwar eine gewisse Zahl von Wiederanläufen erfolgt, dass aber dennoch kein stabiles Brennverhalten erzielt wird, weil die Ursache für die Brennerstörung, die beispielsweise in veränderten Umgebungsbedingungen oder veränderter Gasqualität liegt, gleich geblieben ist. Somit wird der Fachmann ohne weiteres erkennen, dass die mehrmaligen Wiederanlaufversuche mit stets dem gleichen Sollwert wenig effizient sind. Also wird er, um die Zahl der Störabschaltungen zu verringern und die Verfügbarkeit zu verbessern, das aus D2 bekannte Kalibrierungsverfahren den Wiederanlaufversuchen voranstellen und so zu einem wesentlich effizienteren Betriebsverfahren kommen, weil bei jedem Anlaufversuch auf die tatsächlich vorliegenden Verhältnisse hinsichtlich der Umgebungsbedingungen und der Gasqualität abgestellt wird.

Ein solches Vorgehen, für das es keiner erfinderischen Tätigkeit bedarf, führt dann zwangsweise zu einem Betriebsverfahren bei dem nach einer Sicherheitsabschaltung der Gasbrenner erneut startet (Merkmal e)), ein in den Startablauf integrierter Kalibrierungsablauf durchgeführt wird (Merkmal f)) und bei dem eine Störabschaltung erfolgt, wenn nach einer vorgegebenen Zahl von Sicherheitsabschaltungen mit darauffolgenden Kalibrierungsabläufen die Signale des Verbrennungssensors immer noch außerhalb des zulässigen Regelbereichs liegen (Merkmal g)).

Dr. Winterfeldt Klosterhuber Kätker Dr. Maksymiw Pr






BPatG:
Beschluss v. 14.10.2004
Az: 21 W (pat) 327/03


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