Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. November 2008
Aktenzeichen: 32 W (pat) 34/07

(BPatG: Beschluss v. 05.11.2008, Az.: 32 W (pat) 34/07)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die am 14. März 2005 als Wortmarke angemeldete Bezeichnung Pure Blackist für folgende Waren bestimmt:

5: Tee und teeähnliche Erzeugnisse (Kräuterund Früchtetees) für medizinische Zwecke, auch vitaminisiert und/oder aromatisiert und/oder instantisiert und/oder mineralisiert und/oder granuliert und/oder gewürzt;

30: Tee und teeähnliche Erzeugnisse (Käruterund Früchtetees) für Genusszwecke, auch vitaminisiert und/oder aromatisiert und/oder instantisiert und/oder mineralisiert und/oder granuliert und/oder gewürzt; Eistee; Getränke mit oder auf der Basis von Tee/Kräutertee/Früchtetee (auch in trinkfertiger Form und/oder Beimischung von Fruchtgetränken und/oder Fruchtsäften);

32: alkoholfreie Getränke, insbesondere Fruchtgetränke und Fruchtsäfte unter Beimischung von Tee/Kräutertee/Früchtetee; Energie-Getränke (Energy-Drinks); Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Mineralwässer und andere kohlensäurehaltige Wässer; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken.

Seitens der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patentund Markenamts ist die Anmeldung nach vorangegangener Beanstandung in einem ersten Beschluss vom 8. Dezember 2005 insgesamt wegen fehlender Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) zurückgewiesen worden. Es werde in unmittelbarer und unmissverständlicher Weise der Sachhinweis gegeben, dass mit "Pure Black" gekennzeichnete Waren entweder nur aus reinem schwarzen Tee bestünden oder unter dessen Verwendung bzw. auf seiner Grundlage hergestellt würden. Mithin sei das Zeichen nicht als betrieblicher Herkunftshinweis geeignet.

Die Erinnerung der Anmelderin hat teilweise Erfolg gehabt, nämlich bezüglich der Waren in Klasse 32; insoweit wurde mit Beschluss vom 31. Januar 2007 der Erstbeschluss aufgehoben.

Im Übrigen (d. h. bezüglich der beanspruchten Waren in den Klassen 5 und 30) wurde die Erinnerung zurückgewiesen, wobei der Erinnerungsprüfer seine Entscheidung auf das Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG stützt. Der Verkehr sehe "Pure Black" als Beschaffenheitsangabe an, weil er sie gedanklich ohne weiteres mit der Warenbezeichnung "tea" ergänzen werde.

Gegen diese Entscheidung, soweit die Eintragung weiterhin versagt wird, richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

Sie hat zunächst vorgetragen, die angemeldete Bezeichnung möge zwar für einzelne -nicht für alle -der beanspruchten Waren suggestiv sein, stelle aber keine eindeutig beschreibende oder generische Angabe dar. Teilweise sei überhaupt kein Bezug zur Farbe "schwarz" vorhanden. Schon deshalb sei eine differenzierte Betrachtung geboten. Anders als z. B. "Schwarztee", "Black Tea" oder geläufige Sortenund Herkunftsbezeichnungen sei "Pure Black", selbst für schwarzen Tee, keine Gattungsbezeichnung. Ergänzend weist die Anmelderin auf Ihrer Ansicht nach vergleichbare eingetragene Marken (u. a. die für Tee registrierten deutschen Marken "WHITE" und "Black and White") hin.

Zusammen mit der aus Gründen der Sachdienlichkeit erfolgten Ladung zur mündlichen Verhandlung sind der Anmelderin Ausdrucke von Internet-Seiten (6 Bl.) zur Verwendung der Bezeichnungen "Pure Black" und "Pure Black Tea" (jeweils für Tee) übermittelt worden.

Die Anmelderin hält an ihrer Auffassung fest, der Bezeichnung "Pure Black" könne kein unmittelbar beschreibender Hinweis auf die beanspruchten Waren entnommen werden. Vielmehr handele es sich um einen offenen, verschwommenen und nicht eindeutig greifbaren Ausdruck, der keinem Freihaltungsinteresse unterliege. Es sei unzulässig, die angemeldete Marke "Pure Black" um die Angabe "Tea" zu ergänzen. Das erforderliche -geringe -Maß an Unterscheidungskraft sei ebenfalls vorhanden. Außerdem verweist die Anmelderin (z. T. nochmals) auf eine Reihe eingetragener, ihrer Ansicht nach ähnlicher deutscher Marken. Derartige Voreintragungen seien beachtlich (unter Hinweis auf den Vorlagebeschluss des 29. Senats des Bundespatentgerichts zu "Schwabenpost", MarkenR 2008, 124).

Die Anmelderin stellt den Antrag, 1. den Beschluss des Deutschen Patentund Markenamts vom 31. Januar 2007 aufzuheben, soweit die Erinnerung zurückgewiesen wurde, 2.

den Beschluss vom 8. Dezember 2005 vollständig aufzuheben, 3.

die Markenanmeldung Nr. 305 15 056 "Pure Black" zur Eintragung in das Register zuzulassen.

In der mündlichen Verhandlung am 5. November 2008 ist die Anmelderin eingangs darauf hingewiesen worden, dass die angemeldete Bezeichnung für sämtliche Waren außer für "Tee" (in den Klassen 5 und 30) unter Umständen täuschend i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG sein könnte; ihr ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu diesem rechtlichen Gesichtspunkt gegeben worden.

Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist in der Sache nicht begründet, weil für die jetzt noch verfahrensgegenständlichen Waren in den Klassen 5 und 30 gesetzliche Eintragungshindernisse bestehen.

1. Soweit die angemeldete Bezeichnung "Pure Black" für "Tee" (in den Klassen 5 und 30) beansprucht wird, steht einer Registrierung -insoweit jedenfalls im Ergebnis in Übereinstimmung mit der Auffassung des Erinnerungsprüfers -das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Nach dieser Bestimmung sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, wenn sie ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung u. a. der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Produktmerkmale dienen können.

Die mit Art. 3 Abs. 1 lit. c) Markenrichtlinie übereinstimmende Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG verfolgt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. z. B. GRUR 1999, 723, Nr. 35 -Chiemsee; GRUR 2004, 674, Nr. 54, 55 -Postkantoor) das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass sämtliche Zeichen oder Angaben, die Merkmale der Waren beschreiben, für welche die Eintragung beantragt ist, von allen frei verwendet werden können; diese dürfen nicht nur einem Unternehmen vorbehalten werden. Entscheidendes Kriterium für den Ausschluss von der Registrierung ist allein die Eignung zur beschreibenden Verwendung, was durch den Wortlaut des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ("dienen können") unterstrichen wird (vgl. Ströbele in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 8 Rdn. 199).

Die Auffassung der Anmelderin, die Bezeichnung "Pure Black" sei auch für die Ware "Tee" (in den Klassen 5 und 30) nicht unmittelbar beschreibend, allenfalls vermittele sie einen vagen (suggestiven) Hinweis auf etwas Düsteres oder Geheimnisvolles, vermag der Senat nicht nachzuvollziehen. Vielmehr zeigen die ermittelten und der Anmelderin rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung zur Kenntnis gegebenen Belegstellen aus dem Internet eindeutig den warenbeschreibenden Charakter der Bezeichnung "Pure Black" für schwarzen Tee auf. Zahlreiche Anbieter dieses Produkts -aus unterschiedlichen Herkunftsgebieten wie Indien (Assam und Darjeeling), Ceylon, China und Afrika -verwenden diesen Gattungsbegriff (für reinen schwarzen Tee) in einem unmittelbar warenbeschreibenden Sinn. Zwar ist der Argumentation der Anmelderin zu folgen, die angemeldete Bezeichnung dürfe nicht um das Wort "Tea" ergänzt werden -insoweit sind die Darlegungen des Erinnerungsbeschlusses zumindest missverständlich -, jedoch hat die Prüfung der Schutzfähigkeit von Markenanmeldungen stets im Blick auf die konkret beanspruchten Waren (d. h. hier "Tee") zu erfolgen (Ströbele in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rdn. 21, 202). Erscheint nun auf einer üblichen Verpackung für "Tee" (Karton, Blechdose) der Begriff "Pure Black", so muss der angesprochene Interessent zwangsläufig zu dem Schluss kommen, beim Inhalt der Packung bzw. des Behältnisses handele es sich um (reinen) schwarzen Tee.

2. Für die sonstigen beanspruchten Erzeugnisse in den Klassen 5 und 30, d. h. die teeähnlichen Erzeugnisse (Kräuterund Früchtetees) sowie die auf der Basis von Tee hergestellten Getränke, ist die angemeldete Bezeichnung geeignet, das Publikum über die Art und die Beschaffenheit der Waren zu täuschen (gem. § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG). Der Senat sieht sich nicht gehindert, diesen rechtlichen Gesichtspunkt von sich aus aufzugreifen und (bezüglich dieser Waren) zur Grundlage seiner Entscheidung zu machen, da er bei dieser gem. § 70 Abs. 1, § 73 Abs. 1 MarkenG in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht nicht an die Begründung der angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle oder an das Vorbringen der Beschwerdeführerin gebunden ist (vgl. Ströbele in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 70 Rdn. 2). Die gebotenen rechtlichen Hinweise sind der Anmelderin in der mündlichen Verhandlung gegeben worden -unbeschadet der Frage, ob der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs gem. § 78 Abs. 2 MarkenG sich auch auf Rechtsansichten bezieht -, so dass die Anmelderin insoweit Gelegenheit hatte, inhaltlich Stellung zu nehmen, von der sie auch Gebrauch gemacht hat.

Wenn der Verbraucher -wie oben ausgeführt -die Angabe "Pure Black" als beschreibende Angabe für reinen schwarzen Tee versteht, so wird er sich bei einer Verwendung dieser Bezeichnung für andere Produkte, die -wie teeähnliche Erzeugnisse (Kräuterund Früchtetee) oder wie Getränke auf der Basis von Tee -eben keinen schwarzen Tee als solchen verkörpern, zwangsläufig getäuscht fühlen. Denn er kann zu Recht erwarten, unter der Gattungsbezeichnung "Pure Black" ausschließlich reinen schwarzen Tee (in den üblichen Abgabeformen, d. h. als lose Teeblätter bzw. Teebeutel) angeboten zu bekommen, nicht aber andere Erzeugnisse, selbst soweit diese -wie bestimmte Getränke -u. U. unter Mitverwendung oder auf der Grundlage von reinem Schwarztee hergestellt wurden. Die Täuschungsgefahr geht hier von der Marke (d. h. von ihrem Wortlaut) als solcher aus (Ströbele in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rdn. 364). Die Eignung zur Täuschung ist auch ersichtlich i. S. v. § 37 Abs. 3 MarkenG, da in Anbetracht der insoweit maßgeblichen Waren eine andere als täuschende Verwendung nicht in Betracht kommt (vgl. dazu Ströbele in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rdn. 378).

3. Aus der Registrierung und Schutzgewährung für andere, vermeintlich ähnliche Marken vermag die Anmelderin keinen Anspruch auf Eintragung abzuleiten. Die deutsche Rechtsprechung geht von jeher davon aus, dass Voreintragungen -selbst identischer Marken -weder für sich, noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen führen, welche über die Eintragung zu befinden haben (vgl. z. B. BGH GRUR 1995, 410, 411 -TURBO; GRUR 1997, 527, 529 -Autofelge; BlPMZ 1998, 248 -Today; BPatGE 32, 5 -CREATION GROSS; zuletzt ausführlich BPatG GRUR 2007, 333, 335 -Papaya; BlPMZ 2008, 29 -Topline). Denn die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke stellt keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage dar. Im Recht der Europäischen Gemeinschaft (Markenrichtlinie, GMV) gilt nichts Abweichendes, wie der Europäische Gerichtshof in den letzten Jahren mehrfach festgestellt hat (vgl. z. B. GRUR 2004, 428, Nr. 63 -Henkel; GRUR 2004, 674, Nr. 43, 44 -Postkantoor; GRUR 2006, 229, Nr. 47 -BioID). Eintragungen von Marken in das Gemeinschaftsmarkenregister oder in die Register einzelner Staaten können zwar Beachtung finden, führen aber nicht zu einer rechtlichen Bindung der nationalen Eintragungsbehörden. Die seitens der Anmelderin angeführten, angeblich vergleichbaren eingetragenen Marken -wobei zumindest die Registrierung der englischsprachigen Farbbezeichnung "WHITE" für "Tee" angesichts des Umstands, dass es auch weißen Tee gibt, schon sehr erstaunt sind nicht Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens; von daher verbietet sich die Prüfung, ob deren Registrierung im Einzelfall rechtmäßig war oder nicht.

Dass ein Marken-Beschwerdesenat des Bundespatentgericht (von insgesamt neun) unter Hinweis auf das gemeinschaftsrechtliche Gebot der Gleichheit der Wettbewerbschancen und den (verwaltungsrechtlichen) Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung eine -durch allgemeine Verwaltungsvorschriften gesteuerte -nachvollziehbare und vorhersehbare Amtspraxis der Markenstellen des Deutschen Patentund Markenamts im (absoluten) Verfahren der Eintragung von Marken anmahnt, rechtfertigt ebenfalls keine andere Entscheidung (und auch nicht die Aussetzung des anhängigen Verfahrens). Denn auch der Europäische Gerichtshof betont die Verpflichtung zur Kohärenz in der Entscheidungsfindung (MarkenR 2008, 160, 163, Nr. 50 -HAIR-TRANSFER), ohne allerdings deshalb von seiner bisherigen Rechtsprechung zur ausschließlichen Maßgeblichkeit der rechtlichen Regelungen (und nicht einer vorherigen Entscheidungspraxis) abzuweichen. Nur der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass auch der Bundesgerichtshof -zeitlich nach Veröffentlichung des Vorlagebeschlusses zu "Schwabenpost" -an der gefestigten bisherigen Rechtsprechung zur (fehlenden) Bedeutung von Voreintragungen festhält (vgl. WRP 2008, 1428, 1431, Nr. 18 -Marlene-Dietrich-Bildnis).

Der Beschwerde der Anmelderin ist somit der Erfolg zu versagen.

Prof. Dr. Hacker Bayer Viereck Hu






BPatG:
Beschluss v. 05.11.2008
Az: 32 W (pat) 34/07


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