Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. Januar 2000
Aktenzeichen: 25 W (pat) 49/99
(BPatG: Beschluss v. 20.01.2000, Az.: 25 W (pat) 49/99)
Tenor
Die Beschwerde des Inhabers der angegriffenen Marke wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die am 18. November 1994 angemeldete Bezeichnung Renaproist am 16. August 1995 für "Arzneimittel und diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, insbesondere bei Niereninsuffizienz" in das Markenregister eingetragen worden. Die Veröffentlichung der Eintragung erfolgte am 10. Oktober 1995. Im Beschwerdeverfahren hat der Inhaber der angegriffenen Marke die Beschränkung des Warenverzeichnisses auf "Diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, insbesondere Eiweißkonzentrate für Dialysepatienten bei Niereninsuffizienz", hilfsweise "Diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, nämlich Eiweißkonzentrate für Dialysepatienten bei Niereninsuffizienz" erklärt.
Widerspruch erhoben hat die Inhaberin der älteren, am 18. August 1995 für "Pharmazeutische Erzeugnisse" eingetragenen Marke 2 910 367 REOPRO, deren Benutzung nicht bestritten ist.
Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat in dem angefochtenen Beschluß - noch ausgehend von einer im Widerspruchsverfahren hilfsweise erklärten Einschränkung des Warenverzeichnisses auf "Arzneimittel bzw diätetische Lebensmittel ausschließlich bei Niereninsuffizienz" - die Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken bejaht und die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet. Auch wenn der Hilfsantrag dahingehend ausgelegt werden könne, daß es sich danach ausschließlich um Mittel zur Behandlung bei Niereninsuffizienz handeln solle, könnten sich die Vergleichsmarken aufgrund des weit gefaßten Oberbegriffs der Widerspruchswaren auf identischen Waren begegnen. Da mangels Festschreibung einer Rezeptpflicht in den Warenverzeichnissen als Verkehrsbeteiligte Laien zu berücksichtigen seien, welche im Umgang mit Arzneimitteln nicht so viel Erfahrung wie Fachkreise besäßen, und von einer normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen sei, könnten Verwechslungen wegen der starken klanglichen Annäherung der Markenwörter nicht mit ausreichender Sicherheit ausgeschlossen werden. Begriffsanklänge wirkten schon deshalb nicht verwechslungsmindernd, weil die klanglichen Differenzen so gering seien, daß die Abweichung von dem angesprochenen Verkehr nicht wahrgenommen würden.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Inhabers der angegriffenen Marke mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben, den Widerspruch zurückzuweisen und der Widersprechenden die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Bei den sich nunmehr nach weiterer Beschränkung des Warenverzeichnisses noch gegenüberstehenden Waren "diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke" und "pharmazeutischen Erzeugnissen" fehle es bereits im Hinblick auf die unterschiedlichen Herkunfts- und Vertriebsstätten, die Vorstellung der Verbraucher sowie der abweichenden Zweckbestimmung der Produkte an der erforderlichen Warenähnlichkeit. Allenfalls könne von einer ganz entfernten Ähnlichkeit der Waren ausgegangen werden, so daß eine Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken nicht bestehe. Dies gelte insbesondere unter Berücksichtigung der hilfsweise erklärten weiteren Beschränkung des Warenverzeichnisses auf die ausschließlich für Dialysepatienten bestimmten Eiweißkonzentrate. Aber selbst wenn man dennoch eine Warenähnlichkeit zu Arzneimitteln bejahen wollte, sei zunächst davon auszugehen, daß die angesprochenen Verkehrskreise nicht nur rezeptpflichtigen Arzneimitteln, sondern allen zum Gesundheitsbereich zählenden Produkten mit einer erhöhten Aufmerksamkeit begegneten. Die sich gegenüberstehenden Markenwörter seien klanglich in ihrem maßgeblichen Gesamteindruck wegen der abweichenden Silbenanzahl und Anfangssilben "Reo" und "Rena" sowie ihres differierenden Wortrhythmus vollkommen unterschiedlich. Hierbei sei auch zu berücksichtigen, daß es sich bei dem jeweiligen Endbestandteil "pro" um einen bei Kennzeichnungen in der Klasse 5 häufig vorkommenden, beschreibenden Bestandteil handele, der den beteiligten Verkehrskreisen ohne weiteres geläufig und auch als Endung in über 50 weiteren Markeneintragungen nachweisbar sei. Die sich gegenüberstehenden Markenwörter würden deshalb in ihrem Gesamteindruck ganz wesentlich durch ihren jeweiligen ersten Wortbestandteil geprägt, der auch die erhöhte Aufmerksamkeit der Verbraucher erfahre. Die hierdurch begründeten deutlichen Unterschiede würden noch dadurch verstärkt, daß die mit dem Bestandteil "Rena" in der angegriffenen Marke verbundene Assoziation "Niere" ("Ren" bzw "renal" für "nierenbedingt") auch Laien, insbesondere Dialysepatienten als Indikationshinweis verständlich sei.
Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen und der Inhaberin der angegriffenen Marke die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.
Die Markenstelle habe zutreffend festgestellt, daß sich die Vergleichsmarken insbesondere in klanglicher Hinsicht so nahe kämen, daß Verwechslungen nicht auszuschließen seien. Der einzige Unterschied der jeweils dreisilbigen Wörter bestehe in dem zusätzlichen, klangschwachen Konsonanten "n" der angegriffenen Marke, während die sich gegenüberstehenden Vokale "o" und "a" klanglich nahe verwandt seien. Unabhängig davon, ob "pro" in Marken der Klasse 5 häufig benutzt werde oder nicht, sei es nach ständiger Praxis nicht zulässig, diesen Bestandteil für die Beurteilung des maßgebenden Gesamteindrucks völlig unberücksichtigt zu lassen. Eine verwechslungsmindernde Bedeutung des in der angegriffenen Marke enthaltenen Anfangsbestandteils "Rena" komme bereits wegen der klanglichen und schriftbildlichen Ähnlichkeit nicht zum Tragen und entfalle im übrigen auch deshalb, weil die angesprochenen Verkehrskreisen diesem keinen bestimmten Begriffsgehalt zuordneten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluß sowie die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke ist zulässig, insbesondere statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt (§ 66 Abs 1 Satz 1, Abs 2 MarkenG).
In der Sache hat die Beschwerde jedoch keinen Erfolg. Es besteht auch nach Auffassung des Senats unter Berücksichtigung der im Beschwerdeverfahren erklärten weiteren Beschränkung des Warenverzeichnisses - auch in der Fassung des Hilfsantrages - Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG, der nach §§ 152, 158 Abs 2 Satz 2 MarkenG Anwendung findet. Die Markenstelle hat deshalb zu Recht die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet (§§ 42 Abs 2 Nr 1, 43 Abs 2 Satz 1 MarkenG).
Der Senat geht bei seiner Entscheidung von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft und einem normalen Schutzumfang der Widerspruchsmarke aus, auch wenn die Bestandteile "Reo" ("Rheo" von "rheos" griechisch für "Fluß, Fließen", vgl Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 255. Aufl, siehe auch dort "Rheologische Störungen") eine beschreibende, zB auf die Fließbarkeit des Blutes hinweisende, Indikationsangabe enthält und "pro" gleichfalls einen allgemeinen Warenbezug aufweist, der nach einer von dem Inhaber der angegriffenen Marke vorgelegten Markenrecherche auch in seiner nachgestellten Verwendung in Einwortmarken eine gewisse Häufigkeit aufweist und an den sich der Verkehr deshalb gewöhnt hat (vgl zur Bedeutung des Rollenstandes BGH GRUR 1999, 242, 243 - Lions; BGH GRUR 1967, 246, 250 und 251 - Vitapur). Denn für die Beurteilung der Kennzeichnungskraft ist allein der durch die Wortverbindung erzielte Phantasiegehalt des Gesamtzeichens maßgebend, welches deshalb selbst bei einer Zusammenziehung mehrerer beschreibender Angaben eine normale Kennzeichnungskraft besitzen kann (vgl hierzu BGH GRUR 1998, 815, 817 - Nitrangin), so daß aus der isolierten Kennzeichnungsschwäche der einzelnen Wortbestandteile nicht ohne weiteres auf die allein maßgebliche Kennzeichnungskraft der Gesamtbezeichnung geschlossen werden kann. Zu berücksichtigen ist auch, daß es bei pharmazeutischen Erzeugnissen der üblichen Praxis entspricht, Marken in der Weise zu bilden, daß einzelne Zeichenteile Art, Zusammensetzung, Wirkung, Indikation und dergleichen jedenfalls für den Fachmann erkennen lassen (vgl hierzu Althammer/Ströbele, MarkenG, 5. Aufl, § 9 Rdn 121 aE; BGH, aaO, - Nitrangin).
Nach der vorliegend maßgebenden Registerlage ist zwar unter Berücksichtigung der im Beschwerdeverfahren erklärten weiteren Beschränkung des Warenverzeichnisses auf "diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, insbesondere Eiweißkonzentrate für Dialysepatienten bei Niereninsuffizienz" ausgeschlossen, daß sich die gegenüberstehenden Marken auf identischen Waren begegnen. Allerdings können diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke mit den gegenüberstehenden "pharmazeutischen Erzeugnissen" noch einen hohen Ähnlichkeitsgrad aufweisen. Dies gilt auch, soweit der Inhaber der angegriffenen Marke hilfsweise die Fassung des Warenverzeichnisses "diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, nämlich Eiweißkonzentrate für Dialysepatienten bei Niereninsuffizienz" begehrt.
Bei dem Begriff der Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen nach dem MarkenG handelt es sich gegenüber dem Warengleichartigkeitsbegriff nach dem WZG prinzipiell um einen neuen, eigenständigen Rechtsbegriff. Nach der dazu bereits ergangenen Rechtsprechung des EuGH und BGH ist der 10. Erwägungsgrund zur Markenrechtsrichtlinie heranzuziehen, wonach der Zweck des Markenschutzes insbesondere in der Gewährleistung der Herkunftsfunktion der Marke liegt und der Begriff der Ähnlichkeit im Hinblick auf die Verwechslungsgefahr auszulegen ist. Anders als nach der früheren Rechtsprechung ist Voraussetzung nicht mehr die Vorstellung (vermeintlich) gleicher örtlicher Herstellungsstätten, wenngleich eine solche Feststellung natürlich nach wie vor große Bedeutung hat. Vielmehr wird die Frage der Warenähnlichkeit nunmehr im Sinne einer umfassenderen "betrieblichen Zuordnung" gesehen, die auch durch die Erwartung des Verkehrs von einer Verantwortlichkeit desselben Unternehmens für die Qualität der Waren begründet sein kann (EuGH MarkenR 1999, 22, 24, Ziff. 28, 29 - CANON; BGH MarkenR 1999, 242, 245 - Canon II mwN). Auch bei einem solchen Verständnis kann an Kriterien angeknüpft werden, wie sie bereits zur Warengleichartigkeit entwickelt wurden, zB die stoffliche Beschaffenheit, die regelmäßige Vertriebs- und Erbringungsart, der Verwendungszweck, die wirtschaftliche Bedeutung oder die Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte und Leistungen (vgl BGH GRUR 1999, 158, 159 - GARIBALDI; MarkenR 1999, 61, 63 - LIBERO; MarkenR 1999, 93 ff - TIFFANY; GRUR 1998, 925, 926 - Bisotherm-Stein; GRUR 1999, 164, 166 - JOHN LOBB jeweils mwN).
So entspricht es ständiger Rechtsprechung der Senate des BPatG, daß insbesondere "diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke" enge Berührungspunkte zu "pharmazeutischen Erzeugnissen" und deshalb eine große Warenähnlichkeit aufweisen können (zB BPatG PAVIS PROMA, Kliems, 25 W (pat) 99/97 BIOGRAN = Biocarn; PAVIS PROMA, Knoll, 25 W (pat) 134/96 - INNOCEPT = IN-NOHEP; PAVIS PROMA, Knoll, 30 W (pat) 144/96 ISI 3 = ISIS; vgl auch Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 11. Aufl, "Diätetische Erzeugnisse" mit weiteren Hinweisen auf die ständige Rspr). Denn wenn diätetische Erzeugnisse einschließlich solcher für medizinische Zwecke auch in erster Linie als diätetische Lebensmittel der Ernährung dienen, so bestehen dennoch deutliche Überschneidungen mit pharmazeutischen Erzeugnissen bei den Herstellerbetrieben, den Vertriebswegen, Verkaufsstätten, insbesondere auch bei den Abgabeformen und Aufmachungen der Produkte sowie der stofflichen Beschaffenheit. Es darf weiterhin nicht vernachlässigt werden, daß diätetische Erzeugnisse für medizinischen Zwecke vor allem auch der Vorbeugung, Linderung und Heilung von Krankheitszuständen dienen und deshalb wegen ihrer medizinischen Zweckbestimmung und der damit verbundenen Berührungspunkte zu pharmazeutischen Erzeugnissen der Warenklasse 5 zugeordnet sind.
Dies gilt auch für diätetische "Eiweißpräparate für Dialysepatienten", welche im Hinblick auf ihre Anpassung im Eiweiß-, Aminosäure- und Elektrolytgehalt zu den in § 1 Abs 2 Nr 1 DiätVO genannten Diäterzeugnissen für Personen mit besonderen Ernährungserfordernissen gehören (vgl auch Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, C 20 zu § 10 DiätVO Rdn 18; § 3 Abs 2 Ziff 3 DiätVO) und von diesem Personenkreis neben unterschiedlichsten Arzneimitteln - ua zur Regulation des Mineralstoff-, Vitamin- oder Proteinhaushalts (zB L-Carnitin, vgl Helwig/Otto Arzneimittel Bd II 54-1) - als spezielle, der hochwertigen Proteinzufuhr dienende, diätetische Ernährung zum Ausgleich von Mangelerscheinungen und krankheitsbedingten Fehlfunktionen benötigt wird (vgl MSD-MANUAL der Therapie und Diagnostik, 4. Aufl, S 2429; vgl auch die in der "Grünen Liste" 1995 unter "Niereninsuffizienz" enthaltenen diätetischen Eiweißpräparate). Die sich gegenüberstehenden Waren können deshalb nicht nur hinsichtlich der krankheitsbedingten funktionellen Anwendungsbereiche für den angesprochenen Personenkreis engste Berührungspunkte aufweisen, sondern werden auch sehr häufig als einander ergänzende Produkte in denselben Vertriebsstätten, wie Apotheken, Drogerien oder Supermärkten - oft sogar ohne jegliche räumliche Trennung - angeboten und dort direkt vom Endverbraucher erworben.
Es sind deshalb unter Berücksichtigung dieser Umstände eher strenge Anforderungen an den von der jüngeren Marke einzuhaltenden Markenabstand zu stellen. Diesen wird die angegriffene Marke in klanglicher Hinsicht nicht gerecht, auch wenn zu berücksichtigen ist, daß der vorliegend uneingeschränkt einzubeziehende Verkehrskreis medizinischer Laien allem, was mit der Gesundheit zusammenhängt, eine gesteigerte Aufmerksamkeit beizumessen pflegt (BGH GRUR 1995, 50, 53 - Indorektal/Indohexal).
Die jeweils dreisilbigen Markenwörter "Renapro" und "Reopro" weisen nicht nur mit der ersten Silbe "Re" im erfahrungsgemäß eher beachteten Wortanfang und dem identischen Endbestandteil "pro" eine Übereinstimmung auf, welche bereits bei formaler Betrachtung den deutlich überwiegenden Teil der Wörter ausmacht. Diese identischen Wortbestandteile bestimmen zudem wegen des betont gesprochenen und deutlich nachklingenden Endvokals "o" sowie des hellen Vokals "e" der jeweils ersten Wortsilbe das klangliche Gesamtbild der Markenwörter auch ganz wesentlich. Demgegenüber vermag die Klangabweichung der Mittelsilben kein hinreichendes Gegengewicht zu bilden, da die sich gegenüberstehenden Vokale "o" und "a" eine deutliche Klangverwandtschaft aufweisen und der schwache Konsonant "n" in der angegriffenen Marke unauffällig bleibt. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, daß Marken im Verkehr nicht nebeneinander aufzutreten pflegen, der Vergleich oftmals aufgrund eines undeutlichen Erinnerungsbildes erfolgt (vgl Althammer/Ströbele, MarkenG, 5. Aufl, § 9 Rdn 72) und auch ungünstige Übermittlungsbedingungen bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr einzubeziehen sind. Auch weisen die Markenwörter entgegen der Ansicht des Inhabers der angegriffenen Marke keinen unterschiedlichen Sprech- und Betonungsrhythmus auf, da diese lediglich durch die identischen Endsilbe "pro" jeweils eine deutliche klangliche Zäsur erfahren, während "Reo" ebenso wie "Rena" keine deutliche Silbenabsetzung bei normaler Sprechweise beinhalten.
Ebenso läßt sich aus der Tatsache, daß es sich bei "pro" um einen auch in Klasse 5 häufig verwendeten, beschreibenden Markenbestandteil handelt, nicht die Schlußfolgerung zu, daß der Gesamteindruck der Vergleichsmarken ganz wesentlich durch ihren jeweiligen ersten Wortbestandteil geprägt würden und deshalb "pro" auch für die Aufmerksamkeit der Verbraucher nur untergeordnete Bedeutung besitze. Dem steht bereits entgegen, daß der Verkehr bei der vorliegenden Verwendung von "pro", welche nicht der sprachüblichen Voranstellung entspricht und welche nicht - wie es zB bei mehrgliedrigen Marken der Fall sein kann - durch die Art der Markenbildung deutlicher hervorgehoben wird, für den Verkehr weniger Veranlassung zu einer analytischen, zergliedernden Betrachtungsweise der einheitlichen Gesamtbezeichnung besteht. Selbst wenn man aber eine Kennzeichnungsschwäche von "pro" berücksichtigt und ferner davon ausgeht, daß erhebliche Teile des Verkehrs sich zudem eher an dem weiteren Bestandteil "Reo" der Widerspruchsmarke orientieren, darf nicht vernachlässigt werden, daß auch kennzeichnungsschwache oder gar schutzunfähige Markenbestandteile bei der Beurteilung des Gesamteindrucks der Marken nicht unberücksichtigt bleiben dürfen (vgl Althammer/Ströbele, MarkenG, 5. Aufl, § 9 Rdn 129, 161; BGH GRUR 1996, 200 - Innovadiclophlont; BGH MarkenR 2000, 20, 21 "RAUSCH / ELFI RAUCH). Dies gilt vorliegend um so mehr, als auch in dem weiteren Bestandteil "Reo" ein auf die Fließbarkeit des Blutes hinweisender Indikationshinweis anklingt, der auch als Anfangsbestandteil entsprechend gebildeter Arzneimittelkennzeichnungen gleichfalls häufiger Verwendung findet. So sind all ein in der Roten Liste 1999 über sieben mit "Reo" ("Rheo") als Anfangsbestandteil gebildete Präparatebezeichnungen unter den Hauptgrupppen 52 (Infusionspräparate) und 79 (Thrombozytenaggregationshemmer) aufgeführt und auch das Marken Lexikon 1999 enthält eine Vielzahl entsprechend eingetragener Drittzeichen für Klasse 5.
Letztlich wirkt sich auch der in der angegriffenen Marke mit "Rena" enthaltene begriffliche Anklang auf Niere ("Ren") nicht in entscheidungserheblichen Umfang verwechslungsmindernd aus, da sich jedenfalls für erhebliche Teile des vorliegend uneingeschränkt einzubeziehenden Verkehrskreises medizinischer Laien der Sinngehalt von "Ren" nicht erschließt, zumal auch "Ren" bzw "Rhen" keine sprechenden Markenbestandteile darstellen, welche dem Verkehr wegen ihrer häufigen Verwendung für bestimmte Waren eine Orientierung erleichtern und deshalb verwechslungsmindernd wirken.
Es ist deshalb davon auszugehen, daß die angegriffene Marke in ihrem klanglichen Gesamteindruck der Widerspruchsmarke so stark angenähert ist, daß eine hinreichend sichere Unterscheidung unter Zugrundelegung eher strenger Anforderungen an den Markenabstand nicht gewährleistet ist. Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, ob sich die Vergleichsmarken auch zusätzlich in ihrem Schriftbild als verwechselbar erweisen.
Nach alledem war die Beschwerde des Inhabers der angegriffenen Marke zurückzuweisen.
Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlaß, § 71 Abs 1 MarkenG.
Kliems Knoll Engels Pü
BPatG:
Beschluss v. 20.01.2000
Az: 25 W (pat) 49/99
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