Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. Juni 2000
Aktenzeichen: 26 W (pat) 179/99

(BPatG: Beschluss v. 28.06.2000, Az.: 26 W (pat) 179/99)

Tenor

Die Beschwerden der Widersprechenden werden zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die am 24. Juni 1996 für die Waren "Kleine Geräte sowie Behälter für Haushalt und Küche; Bürsten, einschließlich Zahnbürsten" eingetragene Wortmarke 395 45 950 DR. BEST CONTOUR ist Widerspruch erhoben worden:

1. aus der Marke 394 00 178 CONTURA, die für "Zahnbürsten; elektrische Zahnbürsten; Zahnstocher; Halter für Zahnstocher; Futterale, Halter und Behälter für alle vorgenannten Waren sowie Teile aller vorgenannten Waren" geschützt ist, 2. aus der am 30. September 1981 eingetragenen Marke DD 64 36 69 CONTOUR und 3. aus der Marke DD 653 895 CONTOUR PLUS

- die Marken zu 2. und 3. jeweils ua geschützt für "Rasierapparate, Rasierklingen".

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat gegenüber der Marke zu 2. den Nichtbenutzungseinwand erhoben, worauf die Widersprechende Unterlagen zur Benutzung dieser Widerspruchsmarke für "Rasierklingen" eingereicht hat.

Die Markenstelle für Klasse 21 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Verwechslungsgefahr zwischen den jeweiligen Vergleichsmarken verneint und die Widersprüche aus allen drei Widerspruchsmarken mit Beschluß vom 23. August 1999 zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie im wesentlichen ausgeführt: Unabhängig von der Warensituation käme eine Verwechslungsgefahr nur dann in Betracht, wenn zum Ähnlichkeitsvergleich der Marken aus der angegriffenen Marke das Wort "CONTOUR" isoliert herausgegriffen werden könnte. Ein solcher isolierter Vergleich dieses Markenwortes mit den Widerspruchmarken sei im vorliegenden Fall jedoch nicht zulässig. Ausgehend von dem Grundsatz, daß zur Beurteilung der Ähnlichkeit von Marken auf deren Gesamteindruck abzustellen sei, wäre Voraussetzung für einen isolierten Ähnlichkeitsvergleich einzelner Markenwörter, daß diesen eine den Gesamteindruck der jeweiligen Kombinationsmarke prägende Kennzeichnungskraft zukomme, wobei bei bloßer Gleichgewichtigkeit mit anderen Markenbestandteilen eine prägende Bedeutung eines Elements nicht angenommen werden könne. Eine derart prägende Bedeutung komme dem Wort "CONTOUR" in der jüngeren Marke nicht zu. Einer derartigen Annahme stehe entgegen, daß das Wort "CONTOUR" englisch und französisch = Kontur = Umriß(Linie) insbesondere für Zahnbürsten einen dem Verkehr erkennbar stark beschreibenden Anklang besitze, denn die Umrißlinie, die Kontur, die etwa der Bürstenkopf oder der ergonomische Griff einer Zahnbürste aufweise, stelle ein wesentliches Produktmerkmal dar. Andererseits weise der weitere Markenbestandteil "DR. BEST" durch die Personifizierung trotz seines beschreibenden Anklangs Kennzeichnungskraft auf. Es komme hinzu, daß "DR. BEST" nicht der Firmenname oder das Firmenschlagwort der Inhaberin der angegriffenen Marke sei, so daß dieser Bestandteil auch nicht als Herstellerangabe hinter einer das einzelne Produkt individualisierenden Kennzeichnung zurücktrete. Selbst wenn man diesem Bestandteil eine ähnlich auf den Hersteller hinweisende Funktion beimessen würde, wäre der Verkehr wegen der ausgeprägten Kennzeichnungsschwäche des Bestandteils "CONTOUR" genötigt, sich mit an dem Bestandteil "DR. BEST" zu orientieren.

Hiergegen wenden sich die beiden Widersprechenden mit ihren Beschwerden. Sie halten die Vergleichsmarken für verwechselbar. Der Markenbestandteil "DR. BEST" sei zwar nicht der eingetragene Firmenname der Inhaberin der jüngeren Marke, entscheidend sei jedoch, daß der Verkehr diesen Bestandteil als Herstellername oder zumindest als Herstellerkurzbezeichnung auffassen bzw von einer herstellerähnlichen Dachmarke ausgehen werde, die grundsätzlich für alle Produkte dieses Unternehmens Verwendung finde. Neben der herstellerähnlichen Dachmarke "DR. BEST" verwende die Beschwerdegegnerin für alle ihre Zahnpflegeprodukte zahlreiche Zweit- bzw Untermarken. Dieser Umstand veranlasse die Verbraucher dazu, nur die betreffende jeweilige markenspezifische Kennzeichnung zu gebrauchen. Auf dem Warengebiet der Mundhygiene sei eine Vielzahl von Produkten auf dem Markt, die alle mit dem Firmennamen versehen seien, wobei die Einzelerzeugnisse durch eine Unterbezeichnung differenziert würden. Im Verhältnis zu Zahnbürsten stelle "CONTURA" eine Phantasiebezeichnung dar. Ein direkter beschreibender Bezug sei für den Verkehr nicht erkennbar.

Demnach beantragen die beiden Widersprechenden übereinstimmend, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.

Dagegen stellt die Markeninhaberin den Antrag, die Beschwerden der Widersprechenden zurückzuweisen.

Gegenüber dem Widerspruch aus der Marke zu 2. "CONTOUR" bestreitet sie eine Warenähnlichkeit von "Rasierklingen" mit den Waren der angegriffenen Marke. Im übrigen könne nicht davon ausgegangen werden, daß der Verkehr den Bestandteil "DR. BEST" als Dachmarke ansehen und deshalb bei einer Benennung vernachlässigen werde. Selbst wenn man davon ausgehe, daß sich der Verkehr bezüglich der angegriffenen Marke ausschließlich an "CONTOUR" orientiere, sei zu beachten, daß dieser Bestandteil ebenso wie "CONTURA" kennzeichnungsschwach sei, weil er auf die Relevanz der Form der damit gekennzeichneten Produkte hinwiese, so daß den Widerspruchsmarken nur ein äußerst geringer Schutzumfang zukomme. Die Unterschiede zwischen "CONTURA" und "CONTOUR" reichten aus, um Verwechslungen hinreichend auszuschließen.

II.

Die zulässigen Beschwerden erweisen sich in der Sache als unbegründet, denn auch nach Auffassung des Senats besteht zwischen der jüngeren Marke "DR. BEST CONTOUR" und den drei Widerspruchsmarken "CONTURA", "CONTOUR" und "CONTOUR PLUS" keine Verwechslungsgefahr iSd § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

1. Widerspruch aus der Marke "CONTURA":

Grundsätzlich ist die Gefahr markenrechtlich erheblicher Verwechslungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, die zueinander in einer Wechselbeziehung stehen, umfassend zu beurteilen. Zu den maßgeblichen Umständen gehören insbesondere die Ähnlichkeit der Marken und der damit gekennzeichneten Waren sowie die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke (vgl EuGH GRUR 1998, 387 - Sabel/PUMA; BGH GRUR 1995, 216, 219 - Oxygenol II).

Selbst wenn im vorliegenden Fall davon ausgegangen wird, daß die beiderseitigen Marken zur Kennzeichnung gleicher Waren, nämlich "Zahnbürsten", eingesetzt werden und die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke "CONTURA" allenfalls geringfügig vermindert ist, weil sie mit dem Sinngehalt "Umrißlinie, Linienführung" für die angesprochenen breiten Abnehmerkreise nur einen vagen beschreibenden Hinweis auf die Formgebung des Bürstenkopfs oder des Griffs der betreffenden Zahnbürsten darstellt, jedoch nichts über die konkrete, spezielle "Linienführung" aussagt, wird die jüngere Marke auch strengen Anforderungen an den Markenabstand gerecht.

Bei der Beurteilung der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr ist von dem Grundsatz auszugehen, daß auf den jeweiligen Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Kennzeichnungen abzustellen ist (vgl EuGH aaO - Sabel/Puma; BGH GRUR 1996, 198 - Springende Raubkatze, mwNachw), ohne daß es darauf ankommt, welches Zeichen prioritätsälter ist (BGH GRUR 1999, 583 - LORA DI RECOARO). Hiervon ausgehend scheidet eine Verwechslungsgefahr der Marken in ihrer Gesamtheit offensichtlich aus.

Der genannte Grundsatz schließt aber nicht aus, daß einem einzelnen Zeichenbestandteil ausnahmsweise eine besondere, das Gesamtzeichen prägende Kennzeichnungskraft beizumessen ist, wenn diesem Bestandteil in der Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung zukommt und er deshalb geeignet ist, die Erinnerung an das Gesamtzeichen wach zu rufen, während die weiteren Elemente der Marke nur eine eher untergeordnete Bedeutung haben und deshalb bei Übereinstimmung von Zeichen in dem jeweils prägenden Bestandteil die Gefahr einer Verwechslung der beiden (Gesamt-)Bezeichnungen zu bejahen ist (vgl BGH WRP 2000, 173 - RAUSCH/ELFI RAUCH, mwNachw). Die Feststellung der Prägung des Gesamteindrucks eines mehrteiligen Zeichens durch einen Bestandteil setzt mithin voraus, daß die weiteren Bestandteile so in den Hintergrund treten, daß sie zum Gesamteindruck des Zeichens nichts beitragen.

Entgegen der Auffassung der Widersprechenden kann im vorliegenden Fall nicht davon ausgegangen werden, daß der Bestandteil "CONTOUR", der der Widerspruchsmarke "CONTURA" ähnelt, den Gesamteindruck der angegriffenen Marke "DR. BEST CONTOUR" kollisionsbegründend prägt. Gegen diese Annahme spricht vielmehr, daß der Anfangsbestandteil "DR. BEST" keine Herstellerangabe darstellt, bei der grundsätzlich eine gewisse Gefahr besteht, daß sie im Rahmen der markenmäßigen Orientierung in den Hintergrund tritt, mit der Folge, daß der Verkehr in dem weiteren Markenbestandteil (hier: CONTOUR) die eigentliche Produktkennzeichnung sieht und sich markenmäßig nur hieran orientiert (vgl BGH GRUR 1996, 404 - Blendax Pep" und 1997, 897 - IONOfil).

Eine den Gesamteindruck der jüngeren Marke bestimmende Bedeutung kann dem Markenbestandteil "CONTOUR" auch nicht mit der Begründung zugeschrieben werden, der Bestandteil "DR. BEST" wirke wie eine Dachmarke oder ein Firmenname, was für den Verkehr die Annahme nahelege, die Markeninhaberin verwende ihn zusammen mit produktbezogenen Sortennamen, weshalb diesem anderen Zeichenteil eine das Gesamtzeichen prägende Bedeutung zukomme (vgl dazu BGH BlPMZ 1996, 499 - DRANO/P3-drano). Abgesehen davon, daß einer Herstellerangabe als Bezeichnungsbestandteil ohnehin nicht stets eine prägende Kraft abzusprechen ist (vgl BGH aaO - IONOFIL), tritt hier die Angabe "DR. BEST" nicht in den Hintergrund. Denn entweder ist sie dem Verkehr bereits als Marke für "Zahnbürsten" bekannt oder er wertet den weiteren Bestandteil "CONTOUR" als Zeichenelement mit zumindest warenbeschreibendem Anklang, dessen Kennzeichnungskraft dadurch geschwächt ist (s oben). Bei der Kombination eines von Hause aus kennzeichnungskräftigen Stammbestandteils (hier: DR. BEST) mit einem die Ware beschreibenden Zusatz kann und wird sich der Verkehr jedoch zumindest nicht allein an der die Warenbeschaffenheit andeutenden Angabe orientieren. Dies gilt um so mehr, als auf den hier in Rede stehenden Warensektor häufig einer Stammmarke warenbeschreibende Sortenzusätze hinzugefügt werden, die sich allein zur Bezeichnung eines bestimmten Produkts nicht eignen und die deshalb auch nicht eine zusammengesetzte Bezeichnung allein zu prägen vermögen. So werden beispielsweise Zahnbürsten der Marke "aronal" mit Zusätzen wie "Compact", "ökodent" und "Kinder" vertrieben. In die Reihe dieser Angaben über die Art von Zahnbürsten fügt sich auch die Bezeichnung "CONTOUR" zwanglos ein.

2. Widerspruch aus der Marke "CONTOUR":

Bei dieser Widerspruchsmarke ist eine Verwechslungsgefahr ebenfalls zu verneinen. Nach den von der Widersprechenden eingereichten Benutzungsunterlagen wird diese Marke nur für "Rasierklingen" benutzt. Es bestehen erhebliche Zweifel, ob derartige Waren noch mit den "Bürsten" der angegriffenen Marke als ähnlich anzusehen sind. Im Hinblick auf den großen Warenabstand ist deshalb trotz der Übereinstimmung dieser Widerspruchsmarke mit dem Bestandteil "CONTOUR" die Gefahr von Verwechslungen zu verneinen, wobei im übrigen auf die Ausführungen zu 1. Bezug genommen wird.

3. Widerspruch aus der Marke "CONTOUR PLUS":

In diesem Fall ist eine Verwechslungsgefahr erst recht zu verneinen, zumal die Widerspruchsmarke noch einen weiteren Markenbestandteil ("PLUS") enthält, was zu einer größeren Markenferne führt.

Für eine Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens aus Billigkeitsgründen (§ 71 Abs 1 MarkenG) bestand kein Anlaß.

Vorsitzender Richter Schülke ist infolge Urlaubs an der Unterschriftsleistung gehindert Kraft Reker Kraft Mr/prö






BPatG:
Beschluss v. 28.06.2000
Az: 26 W (pat) 179/99


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