Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. März 2009
Aktenzeichen: 27 W (pat) 85/09

(BPatG: Beschluss v. 10.03.2009, Az.: 27 W (pat) 85/09)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

BPatG 152

Gründe

I.

Die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patentund Markenamts hat mit Erstbeschluss vom 13. März 2008 sowie mit Erinnerungsbeschluss vom 11. September 2008 die Anmeldung der Wortmarkefashion4EVA als Kennzeichnung für die Waren Lederwaren; Textilien; Bekleidungnach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG als nicht unterscheidungskräftige und freihaltungsbedürftige Angabe zurückgewiesen, da die Verbraucher die Anmeldemarke nur im Sinne von "Mode für Eva" und damit als bloßen Sachhinweis darauf verstünden, dass die so gekennzeichneten Waren für Frauen bestimmt und geeignet seien. Hiervon führe auch die übliche grafische Schriftgestaltung der angemeldeten Bezeichnung nicht weg.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patentund Markenamtes vom 13. März 2008 und vom 11. September 2008 aufzuheben.

Sie hält die Anmeldemarke für schutzfähig, was sie im Wesentlichen auf die Behauptung stützt, dass das Publikum die von der Markenstelle unterstellte Bedeutung nur aufgrund einer analysierenden Betrachtung ermitteln könnte und vergleichbare Marken bereits eingetragen seien.

II.

Die nach § 66 MarkenG zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen anschließt, hat die Markenstelle der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG versagt. Die Beschwerdebegründung bietet für eine abweichende Beurteilung keinen Anlass.

1. Mit der Markenstelle geht auch der Senat davon aus, dass die angemeldete Bezeichnung nach § 37 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG mangels jeglicher Unterscheidungskraft von der Eintragung ausgeschlossen ist.

a) Die Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG geht auf die Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b) der Ersten Richtlinie des Rates der EG Nr. 89/104 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. Nr. L 40 vom 11.2.1989) zurück, der wiederum mit Art. 7 Abs. 1 Buchst. b) GMV wortidentisch ist. Da die Auslegung der vorgenannten europarechtlichen Normen nach Art. 234 EGV allein dem Europäischen Gerichtshof vorbehalten ist, ist auch für die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der "Unterscheidungskraft" in § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ausschließlich dessen Rechtsprechung maßgeblich und für alle nationalen Gerichte bindend. Danach ist für die Beurteilung, ob einer angemeldeten Bezeichnung die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt, auf die Hauptfunktion einer Marke abzustellen, derzufolge diese den Abnehmern die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen garantieren soll, indem sie es ihnen ermöglicht, diese ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 927 [Rz. 30] -Philips/Remington; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 23] -SAT.2; GRUR 2006, 229, 230 [Rz. 27] -BioID). Unter Berücksichtigung des Allgemeininteresses an der nicht ungerechtfertigten Einschränkung der Verfügbarkeit der angemeldeten Kennzeichnung für die anderen Wirtschaftsteilnehmer, die entsprechende Waren oder Dienstleistungen anbieten (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 26] -SAT.2), ist deshalb die Unterscheidungskraft einer angemeldeten Bezeichnung zu verneinen, wenn diese nicht geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, in der Anschauung ihrer durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 607 [Rz. 46] -Libertel; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 24] -SAT.2) Abnehmer als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 930 [Rz. 35] -Philips/Remington; MarkenR 2003, 187, 190 [Rz. 41] -Gabelstapler; MarkenR 2005, 22, 25 f. [Rz. 33] -Das Prinzip der Bequemlichkeit).

b) Dies ist bei der vorliegend zu beurteilenden angemeldeten Kennzeichnung der Fall, weil sie nur einen im Vordergrund stehenden, die beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreibenden Begriffsinhalt hat (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1153 -marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 -City-Service; BGH, GRUR 2001, 162, 163 m. w. N. -RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (vgl. EuGH GRUR 2003, 58, 59 [Rz. 21] -Companyline; MarkenR 2003, 450, 453 [Rz. 32] -DOUBLEMINT; MarkenR 2004, 99, 109 [Rz. 97] -POSTKANTOOR; MarkenR 2004, 111, 115 [Rz. 38] -BIOMILD); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht (vgl. EuGH MarkenR 2004, 99, 109 [Rz. 98] -POSTKANTOOR; MarkenR 2004, 111, 115 [Rz. 39 f.] -BIOMILD; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 28] -SAT.2; GRUR 2006, 229, 230 [Rz. 29] -BioID; MarkenR 2007, 204, 209 [Rz. 77 f.] -CELLTECH).

Wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, besteht die Anmeldemarke aus dem allgemein geläufigen englischen Begriff "fashion" für "Mode", dem allgemein, insbesondere aber auch in der Werbung gebräuchlichen Ziffernkürzel "4" für "for" und dem als Synonym für das weibliche Geschlecht bekannten Namen "EVA". Ohne jedes Nachdenken werden breiteste Kreise der angesprochenen Verbraucher die Anmeldemarke damit im Sinne von "Mode für Eva" verstehen. In dieser Bedeutung werden große Teile der Verbraucher, welche der Anmeldemarke an den beanspruchten Lederund Bekleidungswaren und Textilien begegnen, diese lediglich als werbeüblich ausgestalteten Sachhinweis darauf ansehen, dass es sich bei diesen Waren um solche handelt, die sich vorrangig an Frauen richten. Für ein solches Verständnis der Anmeldemarke bedarf es entgegen der Ansicht der Anmelderin keinerlei analysierender Betrachtung, weil sich den Verbrauchern ein solches Verständnis der Anmeldemarke wegen seiner Üblichkeit ohne Weiteres aufdrängt. Auch die grafische Gestaltung (Zusammenschreibung, Ersetzen des englischen Begriffs "for" durch die Ziffer "4" und Großschreibung von "EVA") führt von einem solchen, die Kennzeichnung lediglich als Sachhinweis auffassenden Verständnis nicht weg, weil es sich um allseits gebräuchliche Gestaltungsmittel handelt, welchen die Verbraucher so häufig begegnen, dass dies ihnen keinerlei Veranlassung gibt, die Anmeldemarke über die bloße Sachbedeutung auch als Hinweis auf die Herkunft der so gekennzeichneten Waren aus einem bestimmten Unternehmen anzusehen (vgl. BGH WRP 2001, 1201, 1202 -anti-KALK).

2.

Ob bei dieser Sachlage auch ein Freihaltungsbedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gegeben ist, bedarf keiner Vertiefung.

3.

Auch aus der Schutzgewährung für andere, nach Ansicht der Anmelderin vergleichbare Marken kann die Anmelderin keinen Anspruch auf Eintragung ableiten. Ob die von ihr genannten Marken tatsächlich mit der hier zu beurteilenden Marke vergleichbar sind, bedarf dabei keiner Vertiefung. Voreintragungen führen nämlich weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Eintragung zubefinden haben, denn die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke ist keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage (vgl. EuGH MarkenR 2008, 163, 167 [Rz. 39] Terranus; GRUR 2004, 674, Nrn. 43, 44 Postkantoor; GRUR 2004, 428, Nr. 63 Henkel; BPatG MarkenR 2007, 351, 352 f. Topline; GRUR 2007, 333, 335 ff. Papaya). Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung vermag der Senat der gegenteiligen Auffassung des 29. Senats (vgl. MarkenR 2008, 124 -Schwabenpost) nicht näherzutreten. Im Hinblick darauf und die vorgenannte Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs scheidet auch eine Aussetzung des vorliegenden Beschwerdeverfahrens bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über das Vorabentscheidungsersuchen des 29. Senats aus (§ 82 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 148 ZPO).

4.

Da die Markenstelle somit im Ergebnis der Anmeldemarke zutreffend die Eintragung versagt hat, war die Beschwerde zurückzuweisen.

Dr. Albrecht Kruppa Schwarz Ju/Fa






BPatG:
Beschluss v. 10.03.2009
Az: 27 W (pat) 85/09


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