Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 11. Dezember 2014
Aktenzeichen: I-15 U 62/14

(OLG Düsseldorf: Urteil v. 11.12.2014, Az.: I-15 U 62/14)

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 08.11.2013 - 38 O 52/12 - unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

I.

Die Beklagte wird verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000,- Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft - zu vollstrecken an ihren Geschäftsführern - zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im Rahmen der Bewerbung von Anschlussverträgen, die auf Mobilfunktechnik basieren, gegenüber potentiellen Kunden, die ein solches Produkt anstelle ihres bisherigen Festnetzanschlusses beauftragen sollen, pauschal zu behaupten und/oder behaupten zu lassen,

a) dass alles beim Alten bleiben würde

und/oder

b) dass sie ihren jetzigen Anrufbeantworter weiterhin benutzen könnten.

2. an die Klägerin 1.580,- Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 24.04.2012 zu zahlen.

II.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Klägerin zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3 zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.

IV.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 70.000,- Euro abwenden, wenn die Klägerin nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

V.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

A.

Die Parteien sind bundesweit tätige Telekommunikationsdienstleister. Die Klägerin bietet den Kunden insbesondere Festnetzanschlüsse an, die Beklagte mobilfunkbasierte Telefonanschlüsse zur stationären Nutzung, die einen herkömmlichen Festnetzanschluss ersetzen sollen.

Mitarbeiter der Beklagten riefen Kunden der Klägerin an und bewarben das mobilfunkbasierte Telefonanschlussprodukt. Zur Nutzung des Anschlusses ist ein SIM-Karten fähiges Telekommunikationsgerät erforderlich. Die Beklagte stellt zu diesem Zweck ihren Kunden kostenlos wahlweise ein Funktelefon oder eine Telefonbox zur Verfügung, in die eine SIM-Karte integriert ist und mit welcher der Kunde sein vorhandenes Telefon für den Anschluss der Beklagten nutzen kann. In jedem Falle muss der Kunde beim Anschluss der Beklagten auch für Ortsgespräche die Ortsnetzvorwahl einwählen.

Die Klägerin beanstandet Äußerungen der Beklagten in diesen Telefongesprächen als wettbewerbswidrig. Sie mahnte die Beklagte deswegen mit anwaltlichem Schreiben vom 21.03.2012 ab und forderte sie vergeblich zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Außerdem verlangte sie von der Beklagten die Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten in Höhe von 1.780,20 Euro bis zum 23.04.2012.

Die Klägerin hat vorgetragen, dem Kunden B sei in einem derartigen Telefonat im November 2011 vom Mitarbeiter der Beklagten mitgeteilt worden, dass bei einem Wechsel zur Beklagten "alles beim Alten bleiben" werde und er sein jetziges Telefon und/oder seinen jetzigen Anrufbeantworter weiterhin benutzen könnte. Hinsichtlich des Telefons sei er nicht darauf hingewiesen worden, dass dies allenfalls mit einer Telefonbox der Beklagten möglich sei. Diese Äußerungen seien irreführend gewesen und stellten eine gezielte Behinderung durch unlauteres Abfangen von Kunden dar. Die Mitteilung, dass "alles beim Alten bleiben" werde, erwecke den unzutreffenden Eindruck, dass die Beklagte den Kunden einen Festnetzanschluss anbiete, obwohl es sich tatsächlich um einen mobilfunkbasierten Tarif handelt, der mit einer Vielzahl von Einschränkungen verbunden sei. Die pauschale Erklärung, der Kunde könne weiterhin sein jetziges Telefon benutzen, sei deshalb irreführend, weil er dafür eine Telefonbox mit integrierter SIM-Karte benötigt. Werde er darüber nicht aufgeklärt, werde verschleiert, dass für ein mobilfunkbasiertes Produkt geworben werde.

Die Beklagte hat vorgetragen: Die Äußerung ihres Kundenberaters, dass der Kunde sein jetziges Telefon weiterhin benutzen könne, sei zutreffend und stelle keine Irreführung des Verbrauchers dar. Herr B sei wie alle Kunden im Beratungsgespräch ausdrücklich darüber aufgeklärt worden, dass ihr Telefonanschluss auf Funktechnik basiere. Ferner habe der Kundenberater Herrn B auf dessen Nachfrage, ob er sein vorhandenes Telefon weiter nutzen könnte mitgeteilt, dass dies über den Einsatz der kostenlosen Telefonbox möglich sei.

Das Landgericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 23.11.2012 (Bl. 112 GA) durch Vernehmung der Zeugen B und Petersen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsprotokolle des Amtsgerichts Groß-Gerau vom 21.02.2013 (Bl. 124 ff. GA) und des Amtsgerichts Schleswig vom 10.04.2013 (Bl. 137 ff. GA) Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 08.11.2013 wie folgt stattgegeben:

"Die Beklagte wird verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft - zu vollstrecken an ihren Geschäftsführern - zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im Rahmen der Bewerbung von Anschlussverträgen, die auf Mobilfunktechnik basieren, gegenüber potentiellen Kunden, die ein solches Produkt anstelle ihres bisherigen Festnetzanschlusses beauftragen sollen, pauschal zu behaupten und/oder behaupten zu lassen,

a) dass alles beim Alten bleiben würde und/oder

b) dass sie ihr jetziges Telefon und/oder ihren jetzigen Anrufbeantworter weiterhin benutzen könnten.

2. an die Klägerin 1.780,20 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 24.04.2012 zu zahlen."

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die zulässige Klage sei im Hinblick auf die weitere Benutzungsmöglichkeit des Telefons gemäß dem Antrag zu 1 b) nicht zu weit gefasst. Auch wenn theoretisch eine weitere Benutzung mit Telefonbox technisch möglich sein dürfte, sei die pauschale Behauptung nicht erlaubt und unterfalle dem Verbotstenor, weil sie so zu verstehen sei, dass sich bei der Benutzung des Telefons praktisch nichts gegenüber dem jetzigen Festnetzanschluss ändere. Dies sei jedoch technisch und bedienungsmäßig unzutreffend, weil die Telefonbox das Umschalten ins Mobilfunknetz bewirke und deshalb z. B. bei Ortsgesprächen die Vorwahl einzuwählen sei. Da die Behauptungen der Klägerin nach der Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen B bewiesen seien, habe die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung der im Tenor beschriebenen Äußerungen gemäß §§ 3, 5 UWG. Die Werber der Beklagten hätten unwahre Angaben über wesentliche Merkmale der angebotenen Dienstleistung gemacht. Der Zeuge B habe den Sachvortrag der Klägerin glaubhaft bestätigt. Danach sei auch zu keiner Zeit von einer Zusatzbox die Rede gewesen. Vielmehr habe nach der Aussage des Zeugen alles beim Alten bleiben sollen. Die theoretische Alternative des Zwischenschaltens einer Box sei nicht thematisiert worden. Der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Erstattung der Abmahnkosten in Höhe von 1.780,20 Euro folge aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG.

Gegen dieses Urteil richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, mit der sie ihren erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag nur insoweit weiterverfolgt, als sie zur Unterlassung der Behauptung gegenüber Kunden, dass sie ihr jetziges Telefon weiterhin benutzen können, und zur Zahlung von mehr als 1.186,80 Euro nebst Verzugszinsen verurteilt worden ist.

Die Beklagte führt zur Begründung an: Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei die Aussage ihres Kundenberaters, der Kunde könne sein jetziges Telefon auch über ihren Telefonanschluss weiter nutzen, zutreffend und nicht wettbewerbswidrig, weil eine Weiternutzung des "alten" Telefons ohne Beeinträchtigung seiner Funktionen über die von ihr zur Verfügung gestellte Telefonbox tatsächlich unstreitig möglich sei und es dem Kunden insoweit ausschließlich darauf ankomme. Demgegenüber verstehe er die Äußerung nicht so, dass sich bei der Nutzung des Telefons gegenüber dem Festnetzanschluss nichts ändere. Ebenso unerheblich seien in diesem Zusammenhang die mit der Telefonbox verbundene Umschaltung in das Mobilfunknetz und die Notwendigkeit, bei Ortsgesprächen die Ortsnetzvorwahl einzuwählen, weil dies mit der Funktion des Telefons nichts zu tun habe, die Klägerin bei dem Unterlassungsantrag zu 1 b) jedoch allein auf die objektive Tatsache einer insoweit möglichen Weiternutzung abstelle. Das Landgericht verknüpfe insoweit in unzulässiger Weise die Unterlassungsanträge zu 1 a) und b). Dadurch werde ihr mit dem angegriffenen Verbotstenor ein rechtmäßiges Verhalten untersagt.

Des Weiteren würdige das Landgericht die Vernehmung des Zeugen B und die Beweislastverteilung unzutreffend. Aus dessen Aussage ergebe sich nicht, dass ihr Kundenberater gegenüber dem Zeugen die Telefonbox nicht erwähnt habe oder er diesem mitgeteilt habe, dass eine weitere Nutzung seines Telefons auch ohne Telefonbox möglich sei. Daher habe die Klägerin den ihr obliegenden Beweis unwahrer Angaben durch ihren Kundenberater nicht geführt.

Da der Klägerin die geltend gemachten Unterlassungsansprüche nicht in vollem Umfang, sondern nur zu 2/3 zustehen, sei auch der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten in entsprechender Höhe unbegründet und zu kürzen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 08.11.2013, Az. 38 O 52/12, aufzuheben und die Klage abzuweisen, soweit sie verurteilt wird,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft - zu vollstrecken an ihren Geschäftsführern - zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im Rahmen der Bewerbung von Anschlussverträgen, die auf Mobilfunktechnik basieren, gegenüber potentiellen Kunden, die ein solches Produkt anstelle ihres bisherigen Festnetzanschlusses beauftragen sollen, pauschal zu behaupten und/oder behaupten zu lassen,

dass sie ihr jetziges Telefon weiterhin benutzen könnten;

2. an die Klägerin einen 1.186,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 24.04.2012 übersteigenden Betrag zu zahlen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und führt an: Wettbewerbswidrig sei gemäß dem Antrag zu 1 b) auch die pauschale Behauptung, das jetzige Telefon weiter benutzen zu können. Wie sich aus der Aussage des Zeugen B ergebe, verstehe der angesprochene Verkehr diese Äußerung so, dass sich gegenüber dem Festnetzanschluss nichts ändere und in technischer Hinsicht sowie bei der Bedienung keine Veränderungen bzw. Nachteile eintreten. Insbesondere gehe er nicht davon aus, dass die Verbindungen beim Anschluss der Beklagten über Mobilfunk zustande kommen. Im Übrigen ändere sich mit dem Wechsel zum Produkt der Beklagten durch die Notwendigkeit der Eingabe der Ortsnetzvorwahl bei Ortsgesprächen die Benutzung des Telefons. Damit rechne der angesprochene Verkehr jedoch nicht, wenn man ihm pauschal erkläre, er könne sein Telefon weiter benutzen.

B.

Die zulässige Berufung hat in der Sache weit überwiegend - bis auf einen Teil der vorgerichtlichen Abmahnkosten - in der Sache Erfolg.

I.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Unterlassung der pauschalen Behauptung gegenüber potentiellen Kunden, dass sie ihr jetziges Telefon weiterhin benutzen könnten, aus § 8 Abs. 1 UWG i. V. m. §§ 5 Abs. 1 S. 2, 3 Abs. 1 UWG.

1.

Die Behauptung ist nicht irreführend im Sinne von § 5 Abs. 1 S. 2 UWG.

Nach dieser Vorschrift ist eine geschäftliche Handlung irreführend und damit unlauter, wenn sie unwahre oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben enthält. Dies richtet sich nach dem Verständnis des situationsadäquat aufmerksamen, durchschnittlich informierten und verständigen Mitglied des angesprochenen Verkehrskreises (BGH, GRUR 2004, 244 - Marktführerschaft). Adressat der streitgegenständlichen Äußerung sind Kunden von Telekommunikationsdienstleistungen. Die Erwartungen dieses Verkehrskreises, der aufgrund der weit verbreiteten Inanspruchnahme solcher Leistungen dem allgemeinen Publikum entspricht, kann der Senat ohne weiteres selbst beurteilen.

Die pauschale Erklärung, sie könnten ihr "jetziges Telefon" weiterhin benutzen, wird vom Adressaten nach ihrem Wortsinn ausschließlich auf die Hardware - mithin das Gerät und seine Funktionen - bezogen und daher nur so verstanden, dass für das Anschlussprodukt der Beklagten kein neues Telefongerät erforderlich ist, sondern er das "alte" Telefongerät weiterhin nutzen kann. Diese Aussage ist zutreffend, weil eine Weiternutzung des Telefons ohne Beeinträchtigung seiner Gerätefunktionen über eine dem Kunden auf Nachfrage von der Beklagten kostenlos zur Verfügung gestellte Telefonbox tatsächlich unstreitig möglich ist. Die streitgegenständliche Äußerung ist somit weder unwahr noch in sonstiger Weise zur Täuschung geeignet im Sinne von § 5 Abs. 1 S. 2 UWG.

Die Klägerin beruft sich ohne Erfolg darauf, der Adressat verstehe die Äußerung dahingehend, dass sich bei der Nutzung des Telefons gegenüber dem Festnetzanschluss in technischer Hinsicht sowie bei der Nutzung nichts ändere, und er werde insbesondere darüber in die Irre geführt, dass die Verbindungen beim Anschluss der Beklagten über Mobilfunk zustande kommen. Der durchschnittliche Verbraucher zieht diese Schlussfolgerungen aus der beanstandeten Erklärung nicht. Auch der Zeuge B hat sie nicht so aufgefasst. Soweit dieser bei seiner Vernehmung geschildert hat, er habe kein Funktelefon und keine Mobilfunkverbindung gewollt, beruht dies zum Einen darauf, dass der Anrufer den wettbewerbsrechtlich erforderlichen Hinweis unterlassen hat, der Anschluss bei der Beklagten werde über Mobilfunk realisiert, und zum Anderen auf dessen unlauterer Behauptung, alles würde beim Alten bleiben. Beides ist zugunsten der Klägerin rechtskräftig tituliert, wobei die genannte Hinweispflicht im Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 07.06.2013 - 38 O 20/12 -, bestätigt durch Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 05.08.2014 - 20 U 140/13 - festgestellt ist.

Außerdem wird im Fall B, welche die einzige insoweit von der Klägerin angeführte Verletzungshandlung ist, anhand der Zeugenaussage besonders deutlich, dass sich die Behauptung des Mitarbeiters der Beklagten erkennbar nur auf die weitere Nutzbarkeit des Telefongeräts bezog, indem dieser dem Zeugen B zufolge erklärt hat, er könne sein Telefon und seinen Anrufbeantworter weiter behalten. Die gleichzeitige Erwähnung des Anrufbeantworters bestätigt, dass die Zusage ausschließlich die Geräte selbst betrifft. Der Äußerung lässt sich somit insbesondere nicht entnehmen, dass die Anschlussart der Verbindung - Festnetz- und kein Mobilfunkanschluss -, die technischen Voraussetzungen zur Herstellung von Verbindungen sowie die Art und Weise der Nutzung des Anschlusses gegenüber dem Anschluss bei der Klägerin unverändert bleiben. Daher ist die Aussage des Mitarbeiters der Beklagten zur weiteren Nutzbarkeit des Telefons auch nicht deswegen unwahr, weil mit der an das "Festnetztelefon" anzuschließenden Telefonbox eine Umschaltung in das Mobilfunknetz verbunden und/oder es bei Ortsgesprächen notwendig ist, die Ortsnetzvorwahl einzuwählen. Beides hat schließlich mit den Gerätefunktionen des Telefons nichts zu tun, die nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Beklagten bei ihrem Anschlussprodukt uneingeschränkt weiter nutzbar sind.

Eine andere Beurteilung ergibt sich nicht daraus, dass die Klägerin lediglich die pauschale Behauptung einer weiteren Nutzbarkeit des Telefons beanstandet. Denn dies ändert nichts daran, dass der angesprochene Verkehr die Äußerung ausschließlich auf die Hardware bezieht und sie daher aus den angeführten Gründen nicht irreführend ist. Er entnimmt ihr insbesondere nicht, dass beim Anschluss der Beklagten auch im Übrigen alles gleich bleibt. Sie ist ferner nicht deswegen zur Täuschung geeignet, weil es für die Weiternutzung des "alten" Telefons beim Telefonanschluss der Beklagten zusätzlich einer Telefonbox mit SIM-Karte bedarf. Abgesehen davon, dass die Klägerin insoweit keine Irreführung geltend macht und eine entsprechende Hinweispflicht nicht Streitgegenstand ist, handelt es sich dabei um einen Umstand, der für einen durchschnittlichen Kunden ohne jede Relevanz ist, jedenfalls wenn ihm die Telefonbox mit SIM-Karte - wie dies unstreitig durch die Beklagte geschieht - kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Dies bedeutet, der angesprochene Verkehr muss über diese Tatsache nicht zusätzlich aufgeklärt werden, weil sie nicht geeignet ist, die Entscheidung für oder gegen das Telefonanschlussprodukt der Beklagten zu beeinflussen.

Nach alledem werden die Verbraucher durch die in Rede stehende pauschale Behauptung "dass sie ihr jetziges Telefon weiterhin benutzen könnten" nicht irregeführt, weshalb ein Unterlassungsanspruch insoweit nicht besteht.

II.

Die Klägerin kann Unterlassung der streitgegenständlichen Behauptung ferner nicht gemäß § 8 Abs. 1 UWG i. V. m. §§ 4 Nr. 10, 3 Abs. 1 UWG beanspruchen, da sie mangels Irreführung des potentiellen Kunden - und weil ein unlauteres Verhalten unter einem anderen rechtlichen Aspekt nicht ersichtlich ist - auch keine gezielte Behinderung der Klägerin im Sinne von § 4 Nr. 10 UWG darstellt.

III.

Die Klägerin hat ferner gegen die Beklagte lediglich einen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten in Höhe von 1.580,- Euro aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG.

Die Beklagte hat die Forderung zu Recht mit der Berufung dem Grunde nach nicht angegriffen. In der Höhe besteht sie nicht in vollem Umfang, da die Klägerin mit dem Abmahnschreiben Unterlassung von drei Behauptungen gefordert hat, die in der Berufungsinstanz allein noch streitgegenständliche Äußerung aus den unter I. und II. angeführten Gründen indes wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden hat.

Dies führt allerdings nicht zu einer anteiligen Kürzung des geltend gemachten Betrages um ein Drittel, sondern die Höhe des Erstattungsanspruchs richtet sich vielmehr nach dem Gegenstandswert, welcher der berechtigten Forderung entspricht (vgl. für Ansprüche auf Schadenersatz BGH, NJW 2008, 1888 m. w. N.). Da der Streitwert insgesamt nach den Angaben der Klägerin und der von den Parteien zu Recht nicht beanstandeten Festsetzung des Landgerichts 100.000,- Euro beträgt und die wirtschaftliche Bedeutung der drei beanstandeten Behauptungen mangels entgegenstehender Anhaltspunkte gleich hoch zu bewerten ist, ist für jede von ihnen ein Betrag von 33.333,33 Euro anzusetzen. Daraus ergibt sich für die beiden Äußerungen, wegen der die Beklagte rechtskräftig zur Unterlassung verurteilt worden ist, ein Streitwert in Höhe von 66.666,67 Euro. Dieser Wert ist für die Kosten der berechtigten vorgerichtlichen Abmahnung zugrunde zu legen.

Demzufolge belaufen sich die Anwaltskosten bei einer 1,3 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300, Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG a. F. und mit der Kostenpauschale von 20,- Euro gemäß Nr. 7002 VV auf insgesamt 1.580,- Euro.

IV.

Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.580,- Euro seit dem 24.04.2012 kann die Klägerin von der Beklagten aus §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 BGB beanspruchen.

V.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Die Anordnung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Es besteht keine Veranlassung, gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO die Revision zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern.

VI.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 51 Abs. 2 GKG auf 33.333,- Euro festgesetzt.






OLG Düsseldorf:
Urteil v. 11.12.2014
Az: I-15 U 62/14


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