Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 17. August 2015
Aktenzeichen: AnwZ (Brfg) 22/15
(BGH: Beschluss v. 17.08.2015, Az.: AnwZ (Brfg) 22/15)
Tenor
Auf Antrag des Klägers wird die Berufung gegen das Urteil des 1. Senats des Sächsischen Anwaltsgerichtshofs vom 27. Februar 2015 zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger wendet sich gegen eine ihm durch die Beklagte mit Bescheid vom 19. März 2014 erteilte missbilligende Belehrung. Er wurde am 28. März 2012 von Frau G. W. mit der Vertretung in einer erbrechtlichen Angelegenheit mit vier Erben beauftragt. Mit Schreiben vom 21. März 2013 übersandte er Frau W. einen Erbauseinandersetzungsvertrag, nachdem ein erstes, ebenfalls diesen Vertrag enthaltendes Schreiben des Klägers vom 17. Dezember 2012 Frau W. nicht zugegangen war. Frau W. reichte mit Schreiben vom 31. März 2013 vier, ihr vom Kläger übermittelte Vertragsexemplare unterschrieben zurück und bat den Kläger bei der Zusendung der Vertragsexemplare an die beteiligten Parteien um Erwähnung, dass ihr der Vertrag erstmals am 23. März 2013 zugegangen sei. Daraufhin übersandte der Kläger, ohne dieser Bitte nachzukommen, die Vertragsexemplare mit Schreiben vom 5. April 2013 an die Gegenseite mit der Bitte um Rückübersendung dreier gegengezeichneter Ausfertigungen. Frau W. bat den Kläger mit ihm am 9. April 2013 zugegangenem Schreiben vom 8. April 2013 erneut, die Miterben über den Posteingang des Erbauseinandersetzungsvertrags am 23. März 2013 zu unterrichten. Weiterhin sei für sie die dreifache Ausfertigung des Vertrags als Rücksendung nicht verständlich. Sie bitte um Prüfung der Angelegenheiten. Der Kläger antwortete auf dieses Schreiben nicht. Am 21. April 2013 übersandte der neue Verfahrensbevollmächtigte von Frau W. dem Kläger per Telefax ein Kündigungsschreiben vom 18. April 2013 betreffend das Mandatsverhältnis mit Frau W. .
In dem angefochtenen Bescheid vom 19. März 2014 belehrte die Beklagte den Kläger darüber, dass jede Anfrage eines Mandanten unverzüglich zu beantworten sei, unabhängig davon, ob diese als unwichtig angesehen werde. Sie warf ihm vor, gegen § 11 Abs. 2 BORA verstoßen zu haben, indem er auf das Schreiben der Frau W. vom 8. April 2013 nicht geantwortet habe, obwohl diese um Erläuterung der Übersendung der dreifachen Ausfertigung des Vertrags gebeten habe.
Der Anwaltsgerichtshof hat die gegen den Bescheid vom 19. März 2014 gerichtete Klage abgewiesen. Der Kläger beantragt die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Anwaltsgerichtshofs.
II.
Der nach § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 4 VwGO statthafte Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat Erfolg.
Die Berufung ist schon deshalb zuzulassen, weil ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils bestehen (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1, § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).
Die Antragsbegründung stellt mit schlüssigen Argumenten in Frage, ob der Kläger dadurch gegen § 11 Abs. 2 BORA verstoßen hat, dass er auf die mit Schreiben vom 8. April 2013 geäußerte Bitte seiner Mandantin, die dreifache Ausfertigung des Erbauseinandersetzungsvertrages als Rücksendung zu prüfen, bis zur Kündigung des Mandats nicht geantwortet hat. Nach § 11 Abs. 2 BORA sind Anfragen des Mandanten unverzüglich zu beantworten. Der Kläger hat mit der Begründung seines Antrags auf Zulassung der Berufung vom 13. Mai 2015 die Kopie eines Schreibens des J. Krankenhauses B. vom 17. April 2013 vorgelegt, aus der sich ergibt, dass er sich dort vom 15. bis 17. April 2013 in stationärer Behandlung befand. Sein neuer Vortrag ist im Rahmen der Überprüfung der Richtigkeit des Urteils des Anwaltsgerichtshofs (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, NVwZ-RR 2002, 894; Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 124 Rn. 7b; Eyermann/Happ, VwGO, 14. Aufl., § 124 Rn. 20). Angesichts des Krankenhausaufenthalts des Klägers ist zweifelhaft, ob er die vorgenannte Bitte seiner Mandantin, die allein Gegenstand des Vorwurfs der missbilligenden Belehrung der Beklagten vom 19. März 2014 ist, bis zum 21. April 2013 (Sonntag) mit schuldhaftem Zögern (§ 11 Abs. 2 BORA i.V.m. § 121 Abs. 1 BGB) nicht beantwortet hatte, als die Mandantin mit ihm an diesem Tag zugegangenem Schreiben vom 18. April 2013 das Mandatsverhältnis kündigte. Der Umstand, dass der Kläger nach seinen eigenen Einlassungen eine Antwort nicht für notwendig hielt und sie auch bei einer späteren Mandatskündigung nicht erteilt hätte, ist ohne Belang, da nur ein tatsächlich festgestellter und nicht ein lediglich hypothetischer Verstoß gegen § 11 Abs. 2 BORA die von der Beklagten ausgesprochene missbilligende Belehrung zu begründen vermag.
Offen bleiben kann, ob die Zulassung der Berufung auch aufgrund der weiteren vom Kläger geltend gemachten Gründe angezeigt ist.
III.
Das Verfahren wird als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 5 Satz 5 VwGO).
Rechtsmittelbelehrung:
Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag vom Vorsitzenden verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Wegen der Verpflichtung sich im Berufungsverfahren vertreten zu lassen, wird auf die Rechtsmittelbelehrung in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
Limperg König Remmert Martini Kau Vorinstanz:
AGH Dresden, Entscheidung vom 27.02.2015 - AGH 3/14 (I) -
BGH:
Beschluss v. 17.08.2015
Az: AnwZ (Brfg) 22/15
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