Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. September 2003
Aktenzeichen: 30 W (pat) 150/02
(BPatG: Beschluss v. 22.09.2003, Az.: 30 W (pat) 150/02)
Tenor
Die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Gegen die für ein umfangreiches Verzeichnis von Waren und Dienstleistungen, ua auch für Druckereierzeugnisse; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung sowie weitere Dienstleistungen unter der Nr 398 59 637 am 25. Oktober 1999 eingetragene Marke Daax Vitalhat die Inhaberin der unter der Nr 398 19 140 ua auch für Druckereierzeugnisse, Veröffentlichungen (Schriften) seit 24. August 1999 eingetragenen Marke DAX
(beschränkt) Widerspruch erhoben. Der Widerspruch richtet sich ua gegen "Druckereierzeugnisse, Veröffentlichungen (Schriften)".
Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat durch Beschluß eines Beamten des höheren Dienstes auf den Widerspruch hin die teilweise Löschung der angegriffenen Marke angeordnet, nämlich hinsichtlich der Waren "Druckereierzeugnisse" und den Widerspruch im übrigen zurückgewiesen. Insoweit werde bei der gegebenen Warenidentität der von der angegriffenen Marke zur Vermeidung von Verwechslungen einzuhaltende Abstand nicht eingehalten, da dem Zeichenbestandteil Vital, der als beschreibende Angabe bezüglich des Inhalts von Druckereierzeugnissen in Betracht komme, gegenüber der Phantasiebezeichnung Daax allenfalls untergeordnete Kennzeichnungskraft beigemessen werden könne. Der prägende Bestandteil Daax komme der Widerspruchsmarke DAX jedoch zu nahe.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat Beschwerde eingelegt, die sie mit näheren Ausführungen insbesondere darauf stützt, bei Druckereierzeugnissen habe das Adjektiv vital keine beschreibende Bedeutung. Deshalb sei auch Vital verschiedentlich für Druckereierzeugnisse als Marke eingetragen. Ebenso habe das HABM im umgekehrten Fall, nämlich bezüglich des Widerspruchs aus der Gemeinschaftsmarke Daax Vital gegen DAX den Widerspruch zurückgewiesen und dabei begründend dargelegt, daß Vital nicht rein beschreibend sei.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, den angefochtenen Beschluß insoweit aufzuheben, als die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet ist und den Widerspruch insgesamt zurückzuweisen.
Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, Vital sei auch im Bereich der hier maßgebenden Druckereierzeugnisse ein häufig verwendeter Begriff im Zusammenhang mit Zeitschriften oder Büchern, weil dadurch zum einen auf den gesundheitlichen Sektor hingewiesen werde oder aber auch auf Themenbereiche, die besonders wichtig, dh von vitaler Bedeutung seien. Dementsprechend ließen sich über das Internet im Buchhandel zahlreiche Titel von Büchern und Zeitschriften belegen, in denen Vital einen Teil des Titels bilde. Deshalb trete dieses Wort gegenüber der Phantasiebezeichnung Daax so in den Hintergrund, daß es zum Gesamteindruck der Marke nicht beitrage. Vielmehr werde das angegriffene Zeichen durch den Bestandteil Daax geprägt.
In der mündlichen Verhandlung hat die Widersprechende ergänzend ausgeführt, DAX sei eine sehr bekannte Marke, der ein erhöhter Schutzbereich zukomme.
II.
Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen ist noch so deutlich, daß sie bei der gegebenen Warenidentität und unter Berücksichtigung der sonstigen Umstände, insbesondere der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke die Gefahr von Verwechslungen im Sinn von § 9 Absatz 1 Nr 2 MarkenG begründet.
Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist als durchschnittlich einzustufen. DAX ist heute der allgemein übliche Begriff für den deutschen Aktienindex. Es handelt sich dabei jedoch nicht um eine nach allgemein üblichen Abkürzungsregeln gebildete Abkürzung, da diese entweder nach den Anfangsbuchstaben eines längeren Wortes erfolgt oder aber nach dem Anfangsbuchstaben einzelner Hauptwörter, während hier gleichsam regelwidrig die Anfangsbuchstaben der beiden Wörter deutscher bzw Aktenindex mit dem Schlußlaut des zweiten Wortes kombiniert wurden. Eine Steigerung der Kennzeichnungskraft für die hier maßgebenden Waren ist nicht schlüssig vorgetragen. Die Behauptung, die Marke habe einen erhöhten Schutzumfang, steht als Rechtsbehauptung nicht zur Disposition der Beteiligten. Tatsachen, die diese Rechtsfolge stützen könnten, sind nicht vorgetragen.
Aber auch bei Zugrundelegung normaler Kennzeichnungskraft und damit normalem Schutzumfang hält das angegriffene Zeichen den bei der gegebenen Warenidentität zur Vermeidung von Verwechslungen einzuhaltenden Markenabstand nicht ein. Zwar unterscheiden sich die Marken im Gesamteindruck, auf den primär abzustellen ist, ausreichend, jedoch kann nicht ausgeschlossen werden, daß jedenfalls von einem maßgeblichen Teil des Publikums der Markenbestandteil Vital in der angegriffenen Marke vernachlässigt wird. Da hier für die Beurteilung Druckereierzeugnisse schlechthin maßgebend sind, können sich demnach auf beiden Seiten auch solche Druckereierzeugnisse begegnen, bei denen Vitalität zum speziellen Inhaltsthema gemacht ist. Jedenfalls bei einem solchen vitalen Thema ist vital das Eigenschaftswort, das den Inhalt darauf bezogener Druckschriften deutlich und unmittelbar umreißt (vgl hierzu zB BGH GRUR 2000, 882 - Bücher für eine bessere Welt; 2001, 1 042 - REICH UND SCHÖN (dort bezüglich des möglichen Inhalts von Unterhaltungssendungen).
Soweit die Inhaberin der angegriffenen Marke auf verschiedene Eintragungen des Wortes Vital für Druckereierzeugnisse verweist, ist dies für die Entscheidung ohne Bedeutung. Im Rahmen von Widerspruchsverfahren stehen andere Markeneintragungen nicht zur rechtlichen Überprüfung an. Es mag iü sein, dass dem isoliert verwendeten Eigenschaftswort vital weniger unmittelbar beschreibende Bedeutung zukommt (weil offen bleibt, was vital sein soll) als wenn - wie hier - vital neben einem Hauptwort steht, weil dann besonders deutlich wird, worauf sich das Eigenschaftswort bezieht. So kann hier das Adjektiv vor allem auch unmittelbar zur Abgrenzung anderer mit Daax gekennzeichneter, aber nicht den Vitalitätsbereich betreffender Druckereierzeugnisse dienen und damit unmittelbar beschreibend sein. Auf die von der Widersprechenden vorgelegten Beispiele von Titeln (zB Vital Programm, Vital-Tips, Vital-Ernährung, Vital-Plus-Diät ua) wird ergänzend verwiesen.
Soweit aber das Markenwort Vital bei einzelnen Druckereierzeugnissen beschreibende Bedeutung hat, tritt es in der Gesamtbetrachtung neben dem kennzeichnenden Markenteil Daax eher in den Hintergrund und kann jedenfalls von einem Teil des angesprochenen allgemeinen Publikums, das hier alle maßgebenden Verkehrskreise umfaßt, vernachlässigt werden (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl., § 9 Rdn. 371 ff, insbes. 411).
Stehen sich aber Daax und DAX gegenüber, so sind die klanglichen Unterschiede, die sich auf eine gewisse Dehnung der Aussprache des Vokals a im angegriffenen Zeichen beschränken können, nicht ausreichend, um Verwechslungen ausreichend sicher auszuschließen.
Soweit die Inhaberin der angegriffenen Marke auf die Entscheidung des HABM 2180/2001 vom 7. September 2001 verweist, vermag sich hier der Senat dieser Entscheidung nicht anzuschließen, da dort die Verneinung des beschreibenden Charakters des Markenteils Vital nur behauptet, aber in keiner Weise näher begründet worden ist.
Die Beschwerde hat deshalb keinen Erfolg. Zu einer Auferlegung von Kosten bietet der Streitfall jedoch keinen Anlaß (§ 71 Abs. 1 MarkenG).
Dr. Buchetmann Winter Schramm Na
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Beschluss v. 22.09.2003
Az: 30 W (pat) 150/02
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