Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 13. August 1993
Aktenzeichen: 6 U 33/93
(OLG Köln: Urteil v. 13.08.1993, Az.: 6 U 33/93)
Tenor
Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 5. Januar 1993 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 31 O 672/92 - wird mit folgender Maßgabe zurückgewiesen:Die einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln vom 3. Dezember 1992 wird dahingehend bestätigt, daß die Antragsgegnerin es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,-- DM - ersatzweise Ordnungshaft - oder der Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen hat,im Zusammenhang mit der Verteilung ihres Katalogs mit der Aufschrift "Die D." im Schalterraum eines Postamtes anzukündigen:"Die D. BITTE FRAGEN SIEAM SCHALTERNACH KATALOGEN!"Wie nachstehend wiedergegeben: (Es folgt eine Seite Ablichtung) Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt.
Gründe
E n t s c h e i d u n g s g r ü n
d e
Die Berufung ist zulässig; das
Rechtsmittel hat aber in der Sache keinen Erfolg. Der Senat hat
sich lediglich veranlaßt gesehen, den Tenor der einstweiligen
Verfügung deutlicher der konkreten Verletzungshandlung
anzupassen.
Das Landgericht hat der Antragsgegnerin
zu Recht aufgegeben, die beanstandete Wettbewerbshandlung zu
unterlassen. Das hierauf gerichtete Begehren des Antragstellers ist
gemäß §§ 3, 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG gerechtfertigt. Auch ohne die
Vorlage von Glaubhaftmachungsmitteln, die über die Präsentation
der angegriffenen Werbung hinausgehen, ist die behauptete
Irreführungsgefahr jedenfalls mit dem für das summarische Verfahren
gebotenen Grad an Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht.
Es erscheint hinreichend
wahrscheinlich, daß die angegriffene Werbemaßnahme der
Antragsgegnerin geeignet ist, einem nicht unerheblichen Teil des
Verkehrs wirtschaftliche Zusammenhänge zwischen der Antragsgegnerin
und der Deutschen Bundespost zu suggerieren, die in dieser Form
nicht bestehen. Die Beziehung zwischen der Antragsgegnerin und der
Deutschen Bundespost beschränkt sich tatsächlich auf die
Inanspruchnahme der Verteilung von Werbeprospekten in den
Schalterräumen der Deutschen Bundespost und die Benutzung von
Prospektständern der Deutschen Postreklame GmbH. Demgegenüber legen
die konkreten Umstände der Werbung die Wahrscheinlichkeit nahe,
daß ein Teil des angesprochenen Verkehrs auf unternehmerische
Verflechtungen zwischen der Deutschen Bundespost und der
Antragsgegnerin schließt. Wegen der Begründung kann zunächst auf
die zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen des
angefochtenen Urteils Bezug genommen werden.
Im Hinblick auf die Einwendungen der
Antragsgegnerin im Berufungsrechtszug ist ergänzend folgendes
auszuführen:
Soweit die Antragsgegnerin darauf
hinweist, daß es mindestens 149 Zeitungs- und Zeitschriftentitel
mit dem Bestandteil "-post" in mannigfachen Kombinationen gebe,
kann dahinstehen, ob die genannte Zahl den Tatsachen entspricht.
Die Antragsgegnerin berücksichtigt nämlich nicht hinreichend, daß
Gegenstand des Verfahrens nicht allgemein die Verwendung des
Katalogtitels "Die D." ist, sondern die Aufforderung angegriffen
ist, am Schalter nach Katalogen zu fragen. Auf diese Aufforderung,
die zu dem Umstand, daß der Katalog mit "Die D." bezeichnet ist,
und zu der weiteren Besonderheit, daß die gesamte Werbung -
ausschließlich - in den Schalterräumen von Postämtern präsentiert
wird, hinzutritt, und die mit diesen Umständen in Zusammenhang zu
sehen ist, ist der Gegenstand des vorliegenden Verfahrens
beschränkt. Wenn in dem durch die Schalterhalle eines Postamts
gebildeten äußeren Rahmen unter dem Stichwort "Die D." dazu
aufgefordert wird, am Schalter nach Katalogen zu fragen, stellt
dies eine Einbeziehung des Postbetriebes und -personals in die
Werbemaßnahme dar, die in ihrem Ausmaß bislang wenn nicht einmalig,
so doch zumindest ungewöhnlich ist. Insbesondere mit der
Einbeziehung von Schalterbeamten der Deutschen Bundespost in
Werbemaßnahmen privater Unternehmen in der von der Antragsgegnerin
praktizierten Art und Weise rechnet der Verbraucher - jedenfalls
derzeit - nicht. Aus diesem Grunde rechtfertigt auch der Hinweis
der Antragsgegnerin darauf, daß seit mehr als einem Jahrzehnt in
den Schalterräumen der Deutschen Bundespost vielfältige Werbung
für Unternehmen zugelassen werde, die von der Deutschen Bundespost
gänzlich unabhängig seien, keine abweichende Beurteilung. Im
Streitfall geht es nämlich - wie dargelegt - gerade nicht allein um
irgend eine Werbung innerhalb eines Schalterraums der Post.
Vielmehr ist es gerade wegen der vorbeschriebenen Besonderheiten
wahrscheinlich, daß ein nicht unerheblicher Teil der
Werbungsadressaten den Schluß zieht, die Bundespost sei
neuerdings mit Unternehmen organisatorisch verbunden, die Parfums
bzw. Duftwässer vertreiben.
Ohne Erfolg macht die Antragsgegnerin
weiter geltend, der Vertrieb von Markenkosmetik sei angesichts der
traditionellen Dienste der Deutschen Bundespost so weit von deren
eigentlichem Betätigungsfeld entfernt, daß niemand auf den
Gedanken verfalle, die Deutsche Bundespost erstrecke ihre
Aktivitäten jetzt auch auf dieses Gebiet. Auch für einen
verständigen Verbraucher liegt angesichts der vorgenannten Umstände
die Annahme keineswegs gänzlich fern, die Deutsche Bundespost sei
dabei, sich - ähnlich wie bekannte Unternehmen der Tabakindustrie,
berühmte Modedesigner u.a. - einen zusätzlichen Erwerbszweig zu
eröffnen, sei es auch nur über ein mit ihr wirtschaftlich
verflochtenes Parfum- und Kosmetikvertriebsunternehmen, das im Wege
des Versandhandels, also unter Ausnutzung der traditionellen
Dienstleistung der Post, die Kosmetikprodukte namhafter Hersteller
vertreibt (vgl. insoweit auch OLG München, Urteil vom 27.05.1993 in
Sachen 29 U 1678/93).
Nicht von ausschlaggebender Bedeutung
ist entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin, daß die werbliche
Aufforderung, die Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist, erst
zu sehen ist, wenn alle Kataloge aus dem zu diesem Zweck an den
Werbeständer angebrachten Drahtkörbchen entfernt sind. Dem steht
schon entgegen, daß das Körbchen auch nach der eigenen Darstellung
der Antragsgegnerin lediglich 10 Exemplare des Katalogs aufnehmen
kann. Diese geringe Zahl, die im übrigen nach dem durch den Senat
anhand der vorgelegten Originalstücke gewonnenen Eindruck noch zu
hoch gegriffen erscheint, legt vielmehr die Annahme nahe, daß die
Drahtkörbchen häufig leer und der beanstandete Hinweis demgemäß
entsprechend häufig zu sehen sein wird. Daß auch die
Antragsgegnerin schon bei Beginn der Werbeaktion davon ausgegangen
ist, der Postkunde werde immer wieder auf leere Werbekörbchen
treffen, ergibt sich nicht zuletzt gerade aus dem hier
beanstandeten Hinweisschild selbst.
Hinreichend wahrscheinlich erscheint
schließlich auch, wie das Landgericht zutreffend angenommen hat,
daß die durch die Werbemaßnahme der Antragsgegnerin bei Teilen des
Verkehrs ausgelöste Fehlvorstellung, ein mit der Post verbundenes
Unternehmen sei in das Geschäft mit Kosmetik eingestiegen,
geeignet ist, die Kunden dazu zu veranlassen, sich mit dem Angebot
der Antragsgegnerin irgendwie zu befassen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97
Abs. 1 ZPO.
Das Urteil ist mit seiner Verkündung
rechtskräftig (§ 545 Abs. 2 ZPO).
OLG Köln:
Urteil v. 13.08.1993
Az: 6 U 33/93
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